Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss der Vergabekammer des Bundes vom 23.01.2009 (Az.: 3-194/08) wird zurückgewiesen. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Es wird festgestellt, dass die Hinzuziehung eines anwaltlich Bevollmächtigten durch die Antragsgegnerinnen und die Beigeladene zu 1) notwendig war.
Gründe:
I.
Umstritten ist die Rechtmäßigkeit der Ausschreibung von Arzneimittelrabattverträgen.
Die Antrags- und Beschwerdegegnerinnen (AG) haben den Abschluss von Rabattvereinbarungen gemäß § 130a Abs. 8 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) in einem EU-weit bekannt gemachten offenen Verfahren (Bekanntmachungsnummer 2008/S 154-20 79 65) für eine Vertragslaufzeit von zwei Jahren ausgeschrieben. Gegenstand der wirkstoffbezogenen Ausschreibung sind nicht patentgeschützte Arzneimittel (Generika) in (jetzt noch) 63 Fachlosen (Wirkstoffe) und 5 Gebietslosen. Das Gebietslos 1 umfasst die AOK Bayern mit etwa 4,1 Millionen Versicherten, das Gebietslos 2 die AOK Rheinland-Hamburg und AOK Westfalen-Lippe (ca. 5 Millionen Versicherte), das Gebietslos 3 die AOK Hessen und AOK Plus (ca, 4,3 Millionen Versicherte), das Gebietslos 4 die AOK Baden-Württemberg, AOK Rheinland-Pfalz und AOK Saarland (ca. 5 Millionen Versicherte) und das Gebietslos 5 die AOK Berlin, AOK Brandenburg, AOK Bremen/Bremerhaven, AOK Mecklenburg-Vorpommern, AOK Niedersachsen, AOK Sachsen-Anhalt und AOK Schleswig-Holstein mit ca. 5,6 Millionen Versicherten.
Gegenstand der Ausschreibung waren (zunächst) die folgenden 64 Wirkstoffe:
Alendronsäure Levodopa + Benserazid
Alfuzosin Levodopa + Carbidopa
Allopurinol Lisinopril
Amiodaron Lisinopril + HCT
Amisulprid Melperon
Amlodipin Metformin
Azathioprin Metoclopramid
Bisoprolol Metoprolol
Bisoprolol + Hydrochlorothiazid (HCT) Metoprolol + HCT
Captopril Mirtazapin
Captopril + HCT Molsidomin
Carvedilol Moxonidin
Cefaclor Nifedipin
Cefuroxim Nitrendipin
Ciprofloxacin Olanzapin
Citalopram Omeprazol,
Clarithromycin Paroxetin
Diclofenac Ramipril
Doxazosin Ramipril + HCT
Doxepin Ranitidin
Enalapril Risperidon
Enalapril + HCT Roxithromycin
Felodipin Sertralin
Finasterid Simvastatin
Furosemid Spironolacton
Gabapentin Sumatriptan
Glimepirid Tamsulosin
Hydrochlorathiazid Terazosin
Ibuprofen Torasemid
Isosorbiddinitrat Tramadol
Isosorbidmononitrat Trimipramin
Itraconazol Verapamil
Hinsichtlich des Wirkstoffs Olanzapin ist die Ausschreibung wegen eines bestehenden Patentrechts zwischenzeitlich aufgehoben worden.
Nach den Verdingungsunterlagen hat jeder Bieter pro angebotenem Fachlos (Wirkstoff) und je Gebietslos einen "Rabatt-ApU" (Rabatt-Apothekenverkaufspreis) für alle Pharmazentralnummern (PZN) anzubieten, die er für den angebotenen Wirkstoff nach der "Lauer-Taxe" am 01. August 2008 (im Laufe des Ausschreibungsverfahrens geändert auf den 01.09.2008 – sog. Stichtag) im Sortiment hat. Gemäß § 2 Abs. 2 Rabattvertrag (RV) errechnet sich der Rabatt je PZN nach der Formel Rabatt = ApU (Apothekenverkaufspreis) – Rabatt-ApU. Der Rabatt-ApU wird dabei für die Vertragslaufzeit fest vereinbart. Im Falle einer Erhöhung der Abgabepreise nach Vertragsschluss erhöht sich der Rabatt entsprechend. Der Rabatt ist von den pharmazeutischen Unternehmern direkt an die AG zu zahlen.
Die "Lauer-Taxe", auch ABDA-Artikelstamm oder große deutsche Spezialitätentaxe genannt, die in 14-tägigem Rhythmus aktualisiert wird, enthält die Daten aller bei der Informationsstelle für Arzneimittelspezialitäten gemeldeten, in Deutschland zugelassenen Fertigarzneimittel unter Angabe der Arzneimittelbezeichnung, des Arzneimittelherstellers, des Wirkstoffs, der Wirkstoffmenge, der Darreichungsform und der Packungsgröße. Die jedem Fertigarzneimittel zugeordnete PZN erlaubt die eindeutige Identifizierung jedes Arzneimittels nach den dargestellten Kriterien.
Je Wirkstoff und Gebietslos soll allein ein Bieter den Zuschlag erhalten, nämlich der, der das wirtschaftlichste Angebot unterbreitet. Die Wirtschaftlichkeit des Angebots wird an Hand von zwei Kriterien ermittelt werden: Zum einen mit dem Kriterium "Wirtschaftlichkeit des Rabatt-ApU s", zum anderen an Hand des Ausschlusskriteriums "Ausgleich der Mehrkosten der Überschreitung des zum Zeitpunkt der Bewertung geltenden Festbetrags für jede der angebotenen PZN durch den absoluten Rabatt". Im Rahmen des ersten Kriteriums soll die Höhe der möglichen Einsparungen auf der Grundlage von "Gesamtwirtschaftlichkeitsmaßzahlen" (GWMZ) ermittelt werden. Hierbei werden die durchschnittlichen Abgabepreise von vergleichbaren Arzneimitteln der sog. Preisvergleichsgruppe, Verordnungszahlen aus der Vergangenheit und bestimmte weitere Vergleichsgrößen (bereinigte Rabatt-ApU s und bereinigte durchschnittliche ApU s der Preisvergleichsgruppe, jeweils pro Milligramm Wirkstoff) berücksichtigt. In die Berechnung der GWMZ wird auch die Produktbreite des jeweiligen Bieters einbezogen, also die Anzahl der vom Bieter je Gebietslos angebotenen Arzneimittel innerhalb einer Preisvergleichsgruppe. Den Bietern wurde von den AG zum Eintrag der von ihnen angebotenen Rabatte ein sog. Produkt- und Rabattblatt in elektronischer Form (Excel-Tabelle) zur Verfügung gestellt. Diese Tabelle enthielt bereits alle von pharmazeutischen Unternehmen zum Stichtag in der Lauer-Taxe geführten PZN der von den AG nachgefragten Produkte. Der Bieter seinerseits konnte Eintragungen in der Spalte Rabatt-ApU vornehmen (diese Eintragungen wurden automatisch weiterverarbeitet). In einer weiteren Spalte wurde dem Bieter das "Ergebnis Wirtschaftlichkeitsmaßzahl (WMZ) Angebot je PZN angezeigt". Aus den WMZ wurden sodann durch Addition der jeweiligen WMZ je PZN die GWMZ errechnet, die sich auf die einzelnen Gebietslose bezogen und grundsätzlich über die Bieterreihenfolge je Wirkstoff und je Gebietslos entscheiden sollten (Teil A IV.2 der Verdingungsunterlagen).
Nach Ziff. III 2 1 der Bekanntmachung brauchten folgende Eignungsnachweise erst auf gesonderte Aufforderung des Auftraggebers vorgelegt werden:
Gewerbezentralregisterauszug, Unbedenklichkeitsbescheinigung des zuständigen Finanzamtes, Bescheinigung einer Krankenkasse, aus der hervorgeht, dass der Bieter seine Verpflichtung zur Zahlung der Sozialversicherungsbeiträge nach den einschlägigen Rechtsvorschriften erfüllt.
Die Parteien treten nach § 3 des Vertragsentwurfs in einigen Fällen unverzüglich in Nachverhandlungen ein: Das ist nach § 3 Abs. 2 RV der Fall, wenn die Auftragnehmerin bei unverändertem Festbetrag den Abgabepreis eines rabattierten Arzneimittels, für das eine Zuzahlungsbefreiung nach § 31 Abs. 3 Satz 4 SGB V besteht, erhöht, mit der Folge, dass dieses Rabattarzneimittel zuzahlungspflichtig wird. Das gleiche gilt, wenn der Festbetrag für ein Arzneimittel abgesenkt oder ein Festbetrag nach Abschluss des Rabattvertrages neu festgesetzt wird oder wenn die Auftragnehmerin den Abgabepreis erhöht und infolge dessen der Apothekenverkaufspreis den Festbetrag unterschreitet (§ 3 Abs. 4 RV). Wenn sich die Vertragsparteien nicht innerhalb von vier Wochen einigen, kann die Auftraggeberin eine Teilkündigung mit einer Frist von 14 Tagen zum Monatsende aussprechen (§ 9 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. § 3 Abs. 2 Satz 2 bzw. Abs. 2 Satz 2 RV).
Gemäß § 8 RV ist die Auftraggeberin berechtigt, bei einem vollständigen oder teilweisen Lieferausfall für ein Rabattarzneimittel oder, wenn nach Mitteilung der Auftragnehmerin ein solcher Lieferausfall droht, für den Zeitraum des voraussichtlichen Lieferausfalls Ersatzbeschaffungen/Ersatzversorgungen vorzunehmen. Die erforderlichen Mehrkosten sind grundsätzlich von der Auftragnehmerin zu erstatten, es sei denn, sie weist nach, dass sie den Lieferausfall oder dessen fehlende Behebung nicht verschuldet hat.
Die Antragstellerin und Beschwerdeführerin (AS) bildet zusammen mit ihren Schwesterunternehmen c pharma GmbH und h GmbH eine unabhängige Gruppe von pharmazeutischen Unternehmen mit Sitz in I (Nordrhein-Westfalen), die ausschließlich in Deutschland tätig ist. Die AS deckt mit ihren Wirkstoffen die Krankheitsbereiche Bluthochdruck, Herzinsuffizienz, koronare Herzkrankheit, Herz-Rhythmusstörungen und erhöhte Blutfette ab. Die Arzneimittel werden überwiegend in Deutschland von spezialisierten Lohnherstellern produziert. Die AS reichte am 03.11.2008 Angebote u.a für die Wirkstoffe Amlodipin (Fachlos Nr. 6), Bisoprolol (Fachlos Nr. 8), Carvedilol (Fachlos Nr. 12), Enalapril (Fachlos Nr. 21), Enalapril + HCT (Fachlos Nr.22), Nintrendipin (Fachlos Nr. 46), Ramipril (Fachlos Nr. 50), Ramipiril + HCT (Fachlos Nr. 51), Simvastatin (Fachlos Nr. 56) und Torasemid (Fachlos Nr. 61) – jeweils für alle 5 Gebietslose – ein. Die AG teilten der AS unter dem 28.11.2008 und 04.12.2008 gemäß § 13 der Verordnung über die Vergabe öffentlicher Aufträge (Vergabeverordnung – VgV) mit, dass die AS keinen Zuschlag auf eines ihrer Gebote erhalten solle, sondern dass vielmehr die beigeladenen pharmazeutischen Unternehmen für den Zuschlag vorgesehen seien.
Am 12.12.2008 hat die AS bei der Vergabekammer (VK) Niedersachsen einen Antrag auf Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens wegen der Vergabe der Rabattvereinbarungen für die o.g. Gebiets- und Fachlose gestellt. Die VK des Bundes, an die das Verfahren durch Beschluss vom 16.12.2008 verwiesen worden war, hat den Nachprüfungsantrag durch Beschluss vom 23.01.2009 als unbegründet zurückgewiesen. Hinsichtlich des Vorbringens der Beteiligten und der Einzelheiten der Begründung wird auf die Gründe Bezug genommen.
Dagegen hat die AS am 27.02.2009 sofortige Beschwerde vor dem Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen eingelegt.
Sie ist der Auffassung, dass die VK den Nachprüfungsantrag zu Unrecht zurückgewiesen habe. Insbesondere macht sie geltend:
Es sei zweifelhaft, ob die Antragsgegnerinnen als öffentliche Auftraggeber im Sinne von § 98 Nr. 2 GWB zu beurteilen seien. Der Rechtsstreit sei auszusetzen, bis diese Frage durch den Europäischen Gerichtshof (EuGH) in dem Verfahren C-300/07 beantwortet sei. Auch verstoße die Ausschreibung der Antragsgegnerin gegen Art. 81, 82 EG-Vertrag (EGV) sowie § 69 Abs. 2 Satz 1 SGB V i.V.m. den §§ 19, 20 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB). Diese Vorschriften seien auch im Vergabenachprüfungs- und Beschwerdeverfahren vollinhaltlich zu prüfen. Der von den AG gewählte Loszuschnitt verletze die den Mittelstandsschutz bezweckenden Vorschriften des § 97 Abs. 3 GWB und des § 5 Nr. 1 der Verdingungsordnung für Leistungen Teil A (VOL/A). Die Aufteilung auf lediglich 5 Gebietslose benachteilige mittelständische Unternehmen wie die AS in unzulässiger Weise. Der Gesichtspunkt des Mittelstandsschutzes verpflichte die AG dazu, Gebietslose entsprechend den 15 AOK-Landesverbänden zu bilden. Darüber hinaus verlange § 97 Abs. 3 GWB i.V.m. dem Grundsatz der Chancengleichheit der Bieter nach § 97 Abs. 2 GWB und dem Wettgewerbsgrundsatz des § 97 Abs. 1 GWB eine Loslimitierung vorzunehmen. Die AG seien gehalten gewesen, eine Beschränkung dahingehend vorzusehen, dass an jeden Bieter nur eine bestimmte Zahl von Gebietslosen vergeben werde.
Ferner liege ein Verstoß gegen § 3a Nr. 4 Abs. 2 VOL/A vor, wonach das Instrument der Rahmenvereinbarung nicht missbräuchlich oder in einer wettbewerbsbehindernden oder -verzerrenden Art und Weise angewendet werden dürfe. Es sei vergaberechtswidrig, dass es der AS wegen der Stichtagsregelung (01.09.2008) verwehrt gewesen sei, ihr Produktportfolio gemäß den Bedingungen der Ausschreibung zu optimieren. Mit allen Arzneimitteln, die sie zu dem betreffenden Stichtag nicht in der Lauertaxe gelistet habe, sei sie von der Teilnahme an der Ausschreibung ausgeschlossen gewesen. Dies wiege umso schwerer, als die AG im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsbewertung der Angebote gerade auch auf die Produktbreite eines Bieters abstellten. Zumindest seien die AG dazu verpflichtet gewesen, eine Vorabinformation gemäß § 17a Nr. 3 VOL/A zu veröffentlichen, so dass sich die AS auf den angestrebten Umfang der Ausschreibung hätte einstellen können. Dem Vergaberecht sei es fremd, auf einen Stichtag vor der Bekanntmachung der Ausschreibung abzustellen. Auch sei es unzulässig, dass die AG die Produktbreite im Rahmen der Bewertung der Angebote berücksichtigten. Kleinere Unternehmen würden so von vornherein benachteiligt. Das in den Fällen des § 9 Abs. 3 und Abs. 4 RV vorgesehene Teilkündigungsrecht stelle ein ungewöhnliches Wagnis dar und belaste die Bieter einseitig. Ferner verstoße die Regelung zur Ersatzbeschaffung in § 8 RV ebenso wie die zu knapp bemessene Vorlaufsfrist zwischen Zuschlagserteilung und Vertragsbeginn gegen Vergaberecht. Schließlich ist die AS der Auffassung, der Rechtsstreit müsse wegen der von ihr aufgeworfenen Rechtsfragen dem europäischen Gerichtshof zur Vorabentscheidung vorgelegt werden.
Die Antragstellerin beantragt,
1) den Beschluss der dritten Vergabekammer des Bundes vom 23.01.2009, VK 3-1941/08, aufzuheben,
2) hilfsweise, die dritte Vergabekammer des Bundes zu verpflichten, unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen über die Sache erneut zu entscheiden,
3) den Antragsgegnerinnen die Kosten des Verfahrens sowie die zu zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen aufzuerlegen,
4) die Hinzuziehung eines Verfahrensbevollmächtigten durch die Antragsteller für notwendig zu erklären.
Die Antragsgegnerinnen beantragen,
1) die sofortige Beschwerde zurückzuweisen,
2) der Antragstellerin die Kosten des Verfahrens einschließlich der für die zweckentsprechende Rechtsverfolgung notwendigen Auslagen der Antragsgegnerin aufzuerlegen,
3) festzustellen, dass die Hinzuziehung eines anwaltlich Bevollmächtigten durch die Antrags- und Beschwerdegegnerinnen notwendig war.
Sie entgegnet:
Das kartellrechtliche Vorbringen der AS sei im vergaberechtlichen Beschwerdeverfahren nicht zu prüfen. Eine Verpflichtung zur Bildung von 15 Gebietslosen sei nicht zu begründen. Die Teilnahme der AS an der Ausschreibung belege, dass sie sich in der Lage gesehen habe, Gebietslose dieser Größe zu bedienen. Eine Pflicht zur Loslimitierung gebe es im Vergaberecht nicht. Dies werde auch durch den Mittelstandsschutz nicht gefordert. Kleine und mittelständische pharmazeutische Unternehmer gehörten zu den erfolgreichen Bietern. Von einer missbräuchlichen Verwendung von Rahmenvereinbarungen nach § 3a Nr. 4 VOL/A könne keine Rede sein.
Weder die Wahl der Lauer-Taxe als Anknüpfungspunkt für die Beschreibung des Beschaffungsbedarfs der AG noch die Wahl des Stichtags 01.09.2008 sei zu beanstanden. Faktisch könnten nur die in der Lauer-Taxe und damit in der Apothekensoftware gelisteten Arzneimittel mit einer PZN zu Lasten der gesetzlichen Krankenkassen abgegeben und rabattiert werden. Dies stelle einen sachgerechten Anknüpfungspunkt dar. Die Ausschreibung knüpfe ferner diskriminierungsfrei an den letzten Marktstand an, der vor Bekanntmachung der Ausschreibung erreichbar gewesen sei. Der Zugang zur Lauer-Taxe habe allen pharmazeutischen Unternehmen offen gestanden. Auch sei das Zuschlagskriterium der Produktbreite insgesamt zulässig. Angesichts der verschiedenen Therapiebedürfnisse der Versicherten sei es nicht zu rechtfertigen, wenn die AG Rabattverträge ohne jede Ansehung der Produktbreite des Rabattvertragspartners abschließen würden. Die Regelungen des RV seien entgegen der Auffassung der AS nicht zu beanstanden.
Die Beigeladene zu 1) beantragt,
1) die sofortige Beschwerde zurückzuweisen,
2) der Antragstellerin Kosten der Beigeladenen zu 1) aufzuerlegen,
3) festzustellen, dass die Hinzuziehung eines anwaltlichen Bevollmächtigten durch die Beigeladene zu 1) notwendig war.
Sie hält die kartellrechtlichen Vorschriften im Vergabeverfahren ebenfalls nicht für anwendbar und ist der Ansicht, dass die Stichtagsregelung des 01.09.2008 zulässig sei. Die Beigeladenen zu 3) und 5) beantragen,
ihnen eine Schriftsatzfrist von 1 Woche zu gewähren.
Die übrigen Beigeladenen haben keine Anträge gestellt.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den übrigen Inhalt der Gerichts- und Vergabeakten sowie der Akten der Vergabekammer Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde der AS ist sowohl nach dem Haupt- als auch nach dem Hilfsantrag unbegründet. Die VK hat den Nachprüfungsantrag zu Recht abgewiesen. Die von den AG durchgeführte Ausschreibung ist vergaberechtlich nicht zu beanstanden.
Der Nachprüfungsantrag ist zulässig.
Die Anwendbarkeit der §§ 97 – 115, 128 GWB für die Zeit ab 18.12.2008 ergibt sich aus § 69 Absatz 2 Satz 1 Halbsatz 2 SGB V in der Fassung des Gesetzes zur Weiterentwicklung der Organisationsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-OrgWG) vom 15.12.2008 (BGBl I S.2426); für die Zeit vor dem 18.12.2008 folgt dies aus einer EU-Richtlinien-konformen Auslegung der bis zu diesem Zeitpunkt geltenden Fassung des § 69 SGB V (§ 69 in der Fassung des Gesetzes vom 23.04.2002, BGBl I S. 1412).
Die AG sind öffentliche Auftraggeber im Sinne des § 98 Nr. 2 GWB. Dies folgt (jedenfalls) daraus, dass sie als staatlich kontrollierte Einrichtungen zu beurteilen sind. Sie unterliegen einer nachträglichen Rechtsaufsicht (§ 87 ff Viertes Buch Sozialgesetzbuch – SGB IV) wie auch einer präventiven Aufsicht (z.B. § 34 SGB IV). Die staatliche Regelungsdichte ist derart hoch, dass den gesetzlichen Krankenkassen im Ergebnis eine eigenverantwortliche Gestaltung des Satzungs-, Organisations-, Beitrags- und Leistungsrechts weitgehend verwehrt ist (vgl. LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 23.01.2009, Az L 11 WB 5971/08 m.w.N.). Ob darüber hinaus die Eigenschaft der gesetzlichen Krankenkassen als öffentliche Auftraggeber aus einer wenn auch mittelbaren staatlichen Finanzierung abzuleiten ist (so der Schlussantrag des Generalanwaltes Mazak vom 16.12.2008 in der Rechtssache C-300/07; OLG Düsseldorf, Beschluss 19.12.2007 VII – Verg 51/07, NZ Bau 2008, 194 ff.; siehe auch Engelmann in Juris PK-SGB X § 69 Rdnr. 195 ff.) kann der Senat hier offen lassen.
Bei den zu schließenden RV handelt es sich – dies ist unter den Beteiligten auch nicht umstritten – um öffentliche Lieferaufträge nach § 99 Abs. 1 und 2 GWB. Zwar betrifft der RV keine Waren iSv Art. 1 Abs. 2 Buchstabe c) der Richtlinie 2004/18 EG, denn Ausschreibungsgegenstand ist die Einräumung von Rabatten (vergl. LSG Baden-Württemberg aaO). Auch kann nicht von einer typischen Beschaffungssituation ausgegangen werden, weil die Krankenkassen auf das Verordnungverhalten der Ärzte keinen Einfluss haben (vgl. Engelmann in: jurisPK-SGB V, § 69, Rdn. 226 ff. m.w.N.). Entscheidend ist aber der Umstand, dass dem Rabattvertragspartner nach § 7 Abs. 1 RV Exklusivität zugesichert wird, so dass ein öffentlicher Auftrag in Form eines Rahmenvertrages (§ 3a Nr. 4 Abs. 1 VOL/A) anzunehmen ist. Zu berücksichtigen ist nämlich, dass in einem solchen Fall der RV i.V.m. der Ersetzungsverpflichtung des Apothekers nach § 129 Abs. 1 Satz 3 SGB V zu einem echten Wettbewerbsvorteil führt, den der Auftraggeber dem Rabattvertragspartner einräumt, um seinerseits einen möglichst hohen Rabatt zu erzielen (LSG Baden-Württemberg, Beschlüsse vom 23.01.2009, a.a.O. und vom 28.10.2008 – L 11 KR 4810/08 ER-B).
Unbegründet ist der Nachprüfungsantrag im Hinblick auf die kartellrechtlichen Rügen der AS (Verstoß gegen § 69 Abs. 2 Satz 1 SGB V i.V.m. §§ 19 – 21 GWB). Der Senat hält im Anschluss an die Rechtsprechung des OLG Düsseldorf (Beschluss vom 10.04.2002 – Verg- 6/02) daran fest, dass im Hinblick auf eine geltend gemachte Verletzung kartellrechtlicher Vorschriften der Rechtsweg in das vergaberechtliche Nachprüfungs- und Beschwerdeverfahren nicht eröffnet ist (vgl. bereits Senat, Beschluss vom 30.01.2009 – L 21 KR 1/08 SFB). Das ergibt sich bereits aus den §§ 107 Abs. 2 Satz 1, 97 Abs. 7 GWB. Danach ist im Vergabenachprüfungsverfahren allein zu prüfen, ob der Auftraggeber die Bestimmungen über das Vergabeverfahren einhält. Hierzu gehören die §§ 19 und 20 GWB jedoch nicht, weil sich diese Normen auf Verstöße außerhalb des Vergabeverfahrens beziehen (LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 23.01.2009, a.a.O.; Summa in: jurisPK-VergR, § 97, Rdn. 120). Bestimmungen über das Vergabeverfahren sind u.a. die Regelungen in den Verdingungsordnungen, die das Verfahren betreffenden Grundsätze des Wettbewerbs, der Transparenz und der Gleichbehandlung sowie weitere ungeschriebene Vergaberegeln, wie z.B. das Gebot der Fairness im Vergabeverfahren (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 10.04.2002, a.a.O.). Die VK hat in dem angefochtenen Beschluss zutreffend darauf verwiesen, dass sich an dieser Bewertung nichts durch die in § 104 Abs. 2 Satz 1 GWB geregelte Rechtswegkonzentration ändert. Denn die von der AS geltend gemachten kartellrechtlichen Abwehransprüche beziehen sich nicht auf Handlungen in einem Vergabeverfahren im zuvor beschriebenen Sinne, sondern sind gemäß § 104 Abs. 2 Satz 2 GWB durch die Kartellbehörden und/oder im Sekundärrechtsschutz durch die ordentlichen Gerichte zu prüfen. Deshalb ist der Rechtsweg in das Nachprüfungs- und Beschwerdeverfahren insoweit nicht eröffnet.
Der von der AS gerügte "Zusammenschluss" der AG zu einer "Einkaufsgemeinschaft" kann schon deshalb nicht in dem hier anhängigen Verfahren unter dem Gesichtspunkt des Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung gerügt werden, weil dieses Verhalten der AG zeitlich und sachlich vor dem Beginn des Vergabeverfahrens lag. Wie bereits das OLG Düsseldorf (Beschluss vom 10.04.2002, a.a.O.) ausgeführt hat, liegt die Bildung eines "Einkaufskonsortiums" zeitlich vor dem Beginn des eigentlichen Vergabeverfahrens und stellt sich mithin lediglich als eine vorbereitende Handlung, jedoch nicht als Verfahrenshandlung im Vergabeverfahren dar. Abgesehen davon ist zu berücksichtigen, dass missbräuchlichen Verhaltensweisen gerade durch das Vergabeverfahren vorgebeugt werden soll und sich dieses – wie hier bei fehlerfreier Durchführung – als Ausgleich für die gebündelte öffentliche Nachfragemacht der Krankenkassen darstellt (vgl. LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 23.01.2009, a.a.O.; Zeiss in: jurisPK-VergR, Einl. VergR, Rdn. 181).
Ein Verstoß gegen die Artikel 81, 82 des EGV liegt nicht vor, denn die AG handeln beim Abschluss von Rabattverträgen nach § 130a Abs. 8 SGB V nicht als Unternehmen im Sinne dieser Vorschriften. Hinsichtlich der Krankenkassen der gesetzlichen Krankenversicherung in Deutschland hat der EuGH bereits explizit entschieden (Urteil vom 16.03.2004, Az C-264/01), dass diese von dem Begriff des Unternehmens im Rahmen des gemeinschaftlichen Wettbewerbsrechts nicht erfasst werden, weil sie ohne die Möglichkeit der Einflussnahme ihren Mitgliedern im Wesentlichen die gleichen Pflichtleistungen zu gewähren hätten und zudem untereinander zu einer Art Solidargemeinschaft zusammengeschlossen seien. Dies hat der EuGH für die Berufsgenossenschaften unter Bezugnahme auf diese Rechtsprechung jüngst noch einmal bestätigt (Urteil vom 05.03.2009, Az.: C – 350/07). Diese Erwägungen des EuGH beanspruchen auch im Hinblick auf die zwischenzeitlich eingetretenen Änderungen im deutschen Krankenversicherungsrecht (Einführung von Wahltarifen zum 01.04.2007 – § 53 SGB V – sowie die Schaffung des Gesundheitsfonds zum 01.01.2009 – § 266 SGB V) weiterhin Gültigkeit, weil trotz dieser gesetzlichen Änderungen die relevanten Grundstrukturen erhalten geblieben sind (vergl. insoweit auch LSG Baden-Württemberg Beschluss vom 23.01.2009 aaO).
Entgegen der Ansicht der AS haben die AG das Instrument der Rahmenvereinbarung nicht missbräuchlich oder wettbewerbseinschränkend angewendet (§ 3a Nr. 4 Abs. 2 VOL/A). Sie waren auch nicht verpflichtet, diese Rahmenverträge mit mehr als nur einem pharmazeutischen Unternehmen abzuschließen, mehr als 5 Gebietslose zu bilden oder die Anzahl der Lose, für die ein Unternehmen bieten und/oder den Zuschlag erhalten kann, zu begrenzen (Loslimitierung).
Der Abschluss von Rahmenvereinbarungen stellt für die AG das einzige Instrument dar, die ihnen gesetzlich eingeräumte Möglichkeit des Abschlusses von Rabattverträgen nach § 130a Absatz 8 SGB V praktisch umzusetzen. Die Krankenkassen haben keine Möglichkeit, vor Ort auf Art und Umfang der Versorgung ihrer Versicherten mit bestimmten Arzneimitteln in irgendeiner Weise Einfluss zu nehmen. Diese "Einzelaufträge" werden allein durch die Verordnungen der Vertragsärzte bestimmt und sind somit dem Zugriff der AG in vollem Umfang entzogen. Diese wären aus der Natur der Sache heraus – auch als Rabattverträge – gar nicht ausschreibungsfähig. Der Rahmenvertrag ist demzufolge die allein in Betracht kommende Handlungsform. Wettbewerbsrechtlich für bedenklich wird der Rahmenvertrag aber allenfalls deshalb gehalten, weil er die unter der Geltung des Rahmenvertrages erfolgenden Einzelaufträge dem Wettbewerb entzieht. Dieser Gesichtspunkt ist aber hier – wie dargelegt – von vornherein überhaupt nicht einschlägig. Schon deshalb können sich durchgreifende Bedenken gegen den Abschluss von Rahmenverträgen hier nicht ergeben.
Die AG waren auch nicht gehalten, den Abschluss derartiger Rahmenverträge – bezogen auf ein Gebiets- und Fachlos – mit mehr als nur einem pharmazeutischen Unternehmer vorzusehen. Denn hierdurch wäre das Wettbewerbsprinzip eingeschränkt worden. Notwendigerweise wäre das Angebot des einen wirtschaftlicher als das des anderen Unternehmers ausgefallen. Es würde den (gewollten) Wettbewerb unter den pharmazeutischen Unternehmern massiv behindern, könnten (z.B.) drei Bieter mit den insgesamt wirtschaftlichsten Angeboten in gleichem Umfang die Versicherten der AG mit Arzneimitteln versorgen. Der Anreiz, das wirtschaftlichste Angebot abzugeben, würde beeinträchtigt und die Spekulation, mit dem zweit- oder gar drittwirtschaftlichsten Angebot weiter an der Versorgung der Versicherten teilhaben zu können, befördert. Eine derartige Folge lässt sich mit § 3a Nr. 4 Abs. 2 VOL/A nicht begründen.
§ 97 Abs. 3 GWB erfordert auch – ebenso wie § 5 Nr.1 VOL/A – (jedenfalls) keine Aufteilung in mehr als 5 Gebietslose. Nach § 97 Abs. 3 GWB sind mittelständische Interessen vornehmlich durch Teilung der Aufträge in Fach- und Teillose angemessen zu berücksichtigen. § 5 Nr. 1 VOL/A regelt, dass der Auftraggeber in jedem Falle, in dem dies nach Art und Umfang der Leistung zweckmäßig ist, diese – z.B. nach Menge und Art – in Lose zu zerlegen hat, damit sich auch kleine und mittlere Unternehmen um Lose bewerben können.
Die AG haben hier neben den 5 Gebietslosen (jetzt noch) 63 Fachlose gebildet, sodass insgesamt 315 Lose zu vergeben waren. Theoretisch hätten somit ebenso viele verschiedene Bieter den Zuschlag erhalten können. Diese Vorgehensweise eröffnet – worauf die VK zu Recht hingewiesen hat – einer erheblichen Anzahl von verschiedenen pharmazeutischen Unternehmern die Möglichkeit, zumindest für ein oder mehrere Fachlose innerhalb eines Gebietsloses den Zuschlag zu erhalten. Bei der Aufteilung und Bildung der Gebietslose sind die AG zunächst von der AOK Bayern als versichertenstärkster AOK ausgegangen. Die weiteren AOK sind derart auf weitere Gebietslose verteilt worden, dass zum einen vergleichbare Gebietslosgrößen erreicht und zum anderen den Interessen mittelständischer Unternehmer dadurch Rechnung getragen werden sollte, dass jeweils nur zusammenhängende bzw. benachbarte AOK’en zu Gebietslosen zusammengefasst worden sind (Vergabevermerk, S. 12). Darüber hinaus haben die AG die Zahl der Gebietslose aus dem Gesichtspunkt heraus erklärt, dass bei einem disproportionalen Loszuschnitt die Gefahr bestanden hätte, dass mitgliederschwachen AOK’en möglicherweise wesentlich ungünstigere Rabattkonditionen eingeräumt werden könnten und die Aufteilung der Gebiete einzelner AOK’en zu einer unwirtschaftlichen Zersplitterung der Auftrags führen könnte (Vergabevermerk, S. 11). Die AG haben damit sachliche Gründe für die vorgenommen Aufteilung der Gebietslose aufgezeigt. Wie die VK zu Recht dargestellt hat, entspricht es einem legitimen Interesse, dass die nach dem Regionalprinzip ( § 143 Abs. 1 SGB V) nicht miteinander im Wettbewerb stehenden AG (im Hinblick auf Mitglieder ergibt sich dies aus § 173 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB V) vergleichbare und optimale Rabattkonditionen anstreben, zumal die Erzielung von Arzneimittelrabatten der Finanzierbarkeit der GKV – einem überragenden Gemeinwohlinteresse – dient.
Unter angemessener Berücksichtigung dieser Beweggründe der AG sowie der Gesamtzahl der zu vergebenden Lose ist es für den Senat nicht ersichtlich, dass die Vorgehensweise der AG mittelständische Interessen nicht angemessen berücksichtigt. Dies gilt umso mehr, als dem Vorbringen der AS keine konkrete Darlegung der Schwierigkeiten zu entnehmen ist, denen sie sich durch die Bildung von Gebietslosen mit 4,1 Mio. bis 5,6 Mio. Versicherten und einem entsprechenden Versorgungsbedarf als mittelständisches Unternehmen mit Vergleich zu Großunternehmen ausgesetzt gesehen hat. Sie hat nichts dazu dargelegt, wie die Kalkulation ihrer Angebote durch die Größe der Gebietslose zu ihrem Nachteil beeinflusst worden ist und aus welchen Gründen für größere Unternehmen sich hier ein Wettbewerbsvorteil ergeben hat. Immerhin hat sich die AS in Lage gesehen, auf 10 Fachlose für alle 5 Gebietslose (!) zu bieten. Diese Sachlage – die gerade die Behauptung der AS nicht stützt – hätte es erfordert, die konkreten Nachteile bei ihrer Angebotskalkulation nachvollziehbar darzulegen. Gegen derartige spezifische Nachteile kleinerer Unternehmen bei der Kalkulation ihrer Angebote aufgrund der Größe des Loszuschnitts spricht auch das Ausschreibungsergebnis. Die Angebotsauswertung hat nämlich ergeben, dass insgesamt 22 verschiedene pharmazeutische Unternehmer (unterschiedlichster Größe) und Bietergemeinschaften pharmazeutischer Unternehmer für Zuschläge vorgesehen sind.
Nicht zu beanstanden ist schließlich, dass die AG auf eine Loslimitierung – die dem Zweck dient, von vornherein einer größeren Zahl von Bietern Chancen für einen Auftrag zu geben (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 15.06.2000 – Verg 6/00, NZBau 2000, 440) – verzichtet haben. Auch wenn der erkennende Senat in seiner Entscheidung vom 30.01.2009 (L 21 KR 1/08 SFB) ausgeführt hat, dass sich eine Pflicht zur Loslimitierung in bestimmten Konstellationen unter Umständen durchaus als wettbewerbsfördernd darstellen könne, lässt sich aus diesem obiter dictum nicht die Schlussfolgerung ableiten, dass stets eine Pflicht zur Loslimitierung besteht. Sofern ein Auftraggeber zu der Entscheidung gelangt, eine Loslimitierung vorzunehmen, kann dies nur zu einer entsprechenden Selbstbindung für die Vergabe führen. Eine von vornherein bestehende Verpflichtung zur Loslimitierung besteht jedoch nicht (LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 23.01.2009, a.a.O., OLG Düsseldorf, Beschluss vom 15.06.2000, a.a.O.). Hier jedenfalls hätte eine Loslimitierung – sowohl in Form der Zuschlagslimitierung wie der Gebotslimitierung – wettbewerbsbeschränkende Auswirkungen, ohne dass andere konkrete Vorteile (Mittelstandschutz) hier nach dem Vorbringen der AS ersichtlich wären.
Auch haben die AG durch die Anknüpfung der Ausschreibung an die Lauer-Taxe zu einem in der Vergangenheit liegenden Stichtag (01.09.2008) nicht gegen Vorschriften des Vergaberechts verstoßen.
Eine Verletzung von § 97 Abs. 2 GWB (Gebot der Chancengleichheit) oder des Gebotes der Produktneutralität (§ 8 Nr.3 Abs.3 VOL/A) liegt nicht vor. Gemäß § 97 Abs. 2 GWB sind die Teilnehmer an einem Vergabeverfahren gleich zu behandeln, es sei denn, eine Benachteiligung ist auf Grund dieses Gesetzes ausdrücklich geboten oder gestattet. Nach § 8 Nr. 3 Abs. 3 VOL/A dürfen bestimmte Erzeugnisse oder Verfahren sowie bestimmte Ursprungsorte und Bezugsquellen nur dann ausdrücklich vorgeschrieben werden, wenn dies durch die Art der zu vergebenden Leistung gerechtfertigt ist. Festzuhalten ist in diesem Zusammenhang zunächst, dass Gegenstand der Ausschreibung der AG nicht die Beschaffung der generischen Arzneimittel selbst ist, sondern dass es vielmehr um die Einräumung von Rabatten "für die zu ihren Lasten abgegebenen Arzneimittel" durch den Abschluss von Rabattverträgen gemäß § 130a Abs. 8 SGB V geht. Allerdings zeitigt die im Rabattvertrag vorgesehene Exklusivität für den Ausschreibungsgewinner das Ergebnis, dass er für das betreffende Fachlos innerhalb des jeweiligen Gebietsloses die Versicherten der AG mit Arzneimitteln versorgt. Es handelt sich somit zwar um einen Liefervertrag (vergl. oben "öffentlicher Auftrag"), der allerdings durch die gesetzliche Regelung des § 130a Abs. 8 SGB V modifiziert wird. Diese – gesetzliche – Ausgestaltung rechtfertigt es, bei der Ausschreibung der Rabattverträge genau auf diesen "Pool" von Arzneimittel abzustellen, aus dem die zu Lasten der AG verordneten Generika stammen: die Lauer-Taxe. Dass diese Arzneimittel aufgrund der bestehenden vertraglichen Vereinbarungen zwischen den AG und den Apothekern nahezu ausnahmslos in der Lauer-Taxe mit einer PZN und den dazu gehörigen weiteren Spezifikationen gelistet sind, ist zwischen den Beteiligten auch nicht umstritten. Die Bezugnahme auf die Lauer-Taxe rechtfertigt sich somit aus der Art der Ausschreibung und ihrem Gegenstand – den Rabatten – heraus. Deshalb durften die AG ihren Beschaffungsbedarf unter Zugrundelegung der Lauer-Taxe festlegen. Hervorzuheben ist, dass durch das Abstellen auf die Listung in der Lauer-Taxe kein Unternehmen diskriminiert wird, denn der Zugang zur Lauer-Taxe steht allen – inländischen und ausländischen – pharmazeutischen Herstellern mit ihren Produkten offen. Sie repräsentiert damit die auf dem deutschen Markt zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung erhältlichen Arzneimittel.
Allerdings haben es die AG nicht allein bei der Anknüpfung an die Listung eines generischen Arzneimittels in der Lauer-Taxe als Voraussetzung für die Teilnahme an der Ausschreibung belassen, sondern es weiter zur Bedingung gemacht, dass dies zu einem bestimmten Stichtag (01.09.2008) der Fall gewesen sein muss. Auch dies ist nicht zu beanstanden.
Die gesetzliche Formulierung in § 130a Abs. 8 Satz 1 SGB V ("zu ihren Lasten abgegebene Arzneimittel") sowie der Aussschreibungsgegenstand ("Rabatt") rechtfertigen es, im Rahmen der Ausschreibung auf solche Arzneimittel abzustellen, die bereits (in der Vergangenheit) zu Lasten der AG an Versicherte abgegeben worden sind. Der Gesetzgeber knüpft damit selbst – allerdings auch notwendigerweise – an den bestehenden Markt oder Bestand von Arzneimitteln an, der aktuell der Versorgung der Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherung dient. Auf diesem Markt können die gesetzlichen Krankenkassen tätig werden und Rabattverträge mit pharmazeutischen Unternehmern schließen. Jedenfalls ist es bei dieser Gesetzeslage nicht erforderlich, dass die AG den pharmazeutischen Unternehmern vor Durchführung der Ausschreibung durch die Wahl eines in der Zukunft liegenden Stichtages Gelegenheit geben, ihre autonomen unternehmerischen Entscheidungen hinsichtlich der sich aktuell auf jenem Markt befindlichen Arzneimittel zu korrigieren und ergebnisorientiert zu optimieren. Für das Abstellen auf den real existierenden, der Versorgung der Versicherten in der Vergangenheit dienenden Markt gibt es weitere sachliche Gründe: Nur bei solchen Arzneimitteln besteht nämlich für die AG die Möglichkeit, das Einsparungsvolumen durch den Rabattvertrag realistisch zu beurteilen, weil nur in diesem Fall das Verordnungsvolumen der Vergangenheit bekannt ist. Darüber hinaus erscheint es auch fraglich, ob die Wirtschaftlichkeit eines Angebots, dass (auch) auf einem zu einem späteren Zeitpunkt – als dem Ausschreibungsbeginn – erstmals gelisteten generischen Arzneimittel beruht, im Vergleich zu anderen, länger auf dem Markt befindlichen Generika zuverlässig zu beurteilen wäre. Insoweit ist nämlich auch die Akzeptanz des generischen Arzneimittels bei Ärzten und Versicherten, die trotz der Regelung des § 129 Abs.1 Satz 3 SGB V, eine Rolle spielen dürfte, zu berücksichtigen. Gerade diese lässt sich aber wegen fehlender Erfahrungswerte überhaupt nicht beurteilen. Dabei verkennt der Senat nicht, dass bei den pharmazeutischen Unternehmern im Hinblick auf den Umfang der Ausschreibung und das Recht, für einen Zeitraum von 2 Jahren die Versicherten der AG im Rahmen des Zuschlags exklusiv mit Arzneimitteln zu versorgen, der nachvollziehbare Wunsch entsteht, die in der Vergangenheit getroffenen unternehmerischen Entscheidungen nunmehr den geänderten Rahmenbedingungen anzupassen. Das gesetzgeberische Konstrukt des Rabattvertrages mit der Anknüpfung an die in der Vergangenheit erfolgte Versorgung der Versicherten sowie die diesen Regelungen zugrunde liegenden sachlichen Erwägungen stehen dem jedoch entgegen.
Darüber hinaus ist die Stichtagsregelung durch von den AG angestrebte Transparenz gerechtfertigt. Ohne die Wahl des Stichtags 01.09.2008 wäre es nicht möglich gewesen, den Interessenten unmittelbar nach der Bekanntmachung der Ausschreibung ein Produkt- und Rabattblatt zur Verfügung zu stellen, in dem sämtliche zur Angebotsabgabe und Kalkulation erforderlichen Daten hinterlegt sind. Dieses Produkt- und Rabattblatt ermöglicht nicht nur die sichere Kalkulation des eigenen Angebots und den Vergleich mit möglichen Angeboten anderer Bieter durch die Gegenüberstellung der aus verschiedenen Rabatthöhen resultierenden WMZ (so auch VK Baden-Württemberg, Beschluss vom 27.11.2008 – 1 VK 52/08). Durch die in dem Produkt- und Rabattblatt hinterlegten PZN sämtlicher pharmazeutischer Unternehmen wurden sämtliche Interessenten in die Lage versetzt, geeignete Partner zur Bildung von Bietergemeinschaften auszuwählen, deren Zulassung wiederum dem Schutz mittelständischer Interessen dient. Abgesehen davon haben die AG mit dem Produkt- und Rabattblatt klar gestellt, auf welche Arzneimittel sich der gewünschte Rabatt beziehen soll.
Es ist auch fernliegend in der Anknüpfung der AG an diesen "Zustand" diskriminierende Wirkungen zu sehen, zumal sie den Stichtag jedenfalls nicht willkürlich gewählt, sondern auf den letzten Termin ("aktueller Pool") vor der Ausschreibung abgestellt haben.
Auch ein Verstoß gegen das Gebot der Produktneutralität (§§ 8 Nr. 3 Abs. 3, 8a Nr. 5 VOL/A) ist nicht gegeben. Diese Normen schließen es nicht aus, bei der Bestimmung des Beschaffungsbedarfs und unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Auftragsgegenstandes – hier: Nachfrage nach Rabattangeboten für ohnehin zu vergütende Arzneimittel in Gestalt sog. Rabatt-ApU s – an die auf dem Markt anerkannte Lauer-Taxe anzuknüpfen. Die Bestimmungen zur Produktneutralität (vgl. etwa § 8 Nr. 3 Abs. 3 VOL/A und § 8 Nr. 5 VOL/A) sind solche, die "Leistungsbeschreibungen" bzw. "technische Spezifikationen" betreffen. Diese Normen sind von vornherein nicht einschlägig bei der Bestimmung des Beschaffungsbedarfs. Die Anknüpfung an den Produkt- und PZN-Stand der Lauer-Taxe gewährleistet vielmehr die Beachtung des § 8 Nr. 1 Abs. 1 VOL/A, wonach die Anforderungen an die Leistung/Lieferung so genau zu fassen sind, dass sie den Bietern ein klares Bild vom Auftragsgegenstand vermitteln und dem Auftraggeber die Erteilung des Zuschlags ermöglichen.
Unerheblich ist, dass möglicherweise auch eine andere Gestaltung der Ausschreibung – insbesondere mit einem späteren Stichtag – zulässig in Betracht hätte kommen können.
Im übrigen hat es die AS verabsäumt, konkret darzulegen, inwieweit sie bei der Wahl eines späteren Stichtages ein – dann zuschlagfähiges – Angebot hätte vorlegen können. Sie hat keine Wirkstoffe und/oder Darreichungsformen und/oder Packungsgrößen bezeichnet, die sie kurzfristig zur Lauer-Taxe hätte nachmelden können. Sie hat lediglich geltend gemacht, für den Wirkstoff Lisinopril habe sie eine "Zulassung in der Schublade" gehabt. Dieser Wirkstoff ist aber gar nicht Gegenstand der Beschwerde der AS. Insofern hätte die AS aber konkret darlegen müssen, inwieweit sie die Möglichkeit gehabt hätte, ihr Produktportfolio zu verändern (optimieren), und ferner, dass sich diese Veränderung positiv auf ihre Chancen, den Zuschlag für die betreffenden Fachlose zu erhalten, ausgewirkt hätte. Es hätte in diesem Zusammenhang auch weiterer konkreter Darlegungen dazu bedurft, in welchem Zeitraum die AS die betreffenden Veränderungen an ihrem Produktportfolio hätte vornehmen können. Klar dürfte sein, dass die Einräumung einer nach Monaten bemessenen Frist in jedem Fall ausscheidet, weil dies mit den berechtigten Interessen der AG nicht in Einklang stehen würde. Es käme somit darauf an, ob die AS selbst unmittelbar die Möglichkeit der Meldung von weiteren Arzneimitteln zur Lauer-Taxe gehabt hätte oder ob sie diese Voraussetzung erst durch Kauf von Zulassungen oder Kooperationen mit anderen Herstellern hätte schaffen müssen. Träfe Letzteres zu, erschiene zumindest fraglich, ob es der AS überhaupt möglich gewesen wäre, in einem zeitlich noch akzeptablen Rahmen Veränderungen an ihrem Produktportfolio vorzunehmen. Zu all dem hat die AS nichts vorgetragen. Es ist deshalb nicht vom Eintritt eines Schadens der AS aufgrund des Abstellens auf die Lauer-Taxe zu dem Stichtag 01.09.2008 auszugehen.
Ohne Erfolg macht die AS geltend, dass die Ermittlung der Wirtschaftlichkeit der Angebote in einem intransparenten Verfahren durchgeführt worden sei. Nach § 9a Nr. 1 lit. c) VOL/A sind sämtliche Zuschlagskriterien, einschließlich deren Gewichtung, spätestens in den Verdingungsunterlagen zu benennen. Dabei müssen die Kriterien so klar formuliert sein, dass professionelle Bieter keine Verständnisschwierigkeiten haben (BGH, Urteil vom 03.06.2004 – X ZR 30/03). Bei der Auswahl der Zuschlagskriterien steht dem Auftraggeber ein lediglich beschränkt überprüfbarer Ermessensspielraum zu. Beanstandungen können lediglich darauf gestützt werden, dass die Vergabestelle einen falschen Sachverhalt zugrunde gelegt, aus willkürlichen bzw. sachfremden Erwägungen heraus gehandelt oder Bieter ungleich behandelt hat. Sowohl den VK als auch den gerichtlichen Nachprüfungsinstanzen ist es bei der Überprüfung verwehrt, ihre eigene Beurteilung an die Stelle der Bewertung der Vergabestelle zu setzen (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 27.07.2005 – Verg 108/04; Summa/Kullack in jurisPK-VergR, § 97 GWB, Rdn. 92; Otting in: Bechtold, GWB, 5. Aufl. 2008, § 97, Rdn 38, m.w.N.). Die Zuschlagskriterien müssen jedoch gemäß § 25a Nr. 1 Abs. 1 Satz 1 VOL/A durch den Auftragsgegenstand gerechtfertigt sein.
Nach Maßgabe dieser Voraussetzungen sind die von den AG benannten Zuschlagskriterien unter vergaberechtlichen Gesichtspunkten nicht zu beanstanden. Die VK hat zutreffend dargelegt, dass die Kriterien zur Ermittlung von WMZ und GWMZ ausführlich in den Verdingungsunterlagen beschrieben worden sind. Darüber hinaus wurden den Bietern Ausfüllhinweise für das Produkt- und Rabattblatt (Anlage 2 der Verdingungsunterlagen) und ein Filmbeitrag zur Verfügung gestellt, der sich sowohl mit der korrekten Bearbeitung des Produkt- und Rabattblatts als auch mit den maßgeblichen Kriterien zur Bildung der wertungserheblichen GWMZ befasst hat. Die AG haben zu Recht darauf abgestellt, dass die für die Gesamtwirtschaftlichkeitsbewertung erforderlichen Daten einschließlich der verwendeten Formeln jedem Bieter zugänglich gemacht wurden. Mit diesen Unterstützungsleistungen konnten professionelle Bieter ohne weiteres erkennen, dass ein Angebot um so wirtschaftlicher ist, je höher die GWMZ ausfällt. Anders ausgedrückt: Je geringer der Rabatt-APU, desto kleiner die GWMZ.
Es ist nicht zu beanstanden, dass die AG (auch) auf das Kriterium "Produkt- bzw. Sortimentsbreite" abgestellt haben. Die Produktbreite stellt ein Kriterium dar, das zuverlässig die Leistungsfähigkeit eines Unternehmens repräsentiert. Je mehr Produkte eines Wirkstoffs ein Unternehmen anbietet, desto umfassender sind die Möglichkeiten zur Versorgung der Versicherten mit den unterschiedlichen Präparaten eines Wirkstoffs. Entsprechend größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass die AG insoweit die Versorgung zu den rabattierten Preisen vornehmen lassen können, ohne auf unrabattierte Arzneimittel zurückgreifen zu müssen. Demgegenüber kann der von der AS ins Feld geführte Gesichtspunkt des Mittelstandschutzes aus § 97 Abs.3 GWB nicht durchgreifen.
Ebenfalls unbegründet ist der Einwand der AS, die (Vorlaufs-) Frist zwischen der Erteilung des Zuschlages und Beginn des RV sei zu kurz bemessen. Die ursprünglich vorgesehene Frist zwischen dem Versand der Mitteilungen nach § 13 VgV am 28.11.2008 bzw. 04.12.2008 und dem (zunächst beabsichtigten) Beginn des Vertrages am 01.04.2009 belief sich auf nahezu vier Monate. Die AS (und alle anderen Bieter, insbesondere auch die Beigeladenen) haben durch die Abgabe ihrer Gebote erklärt, diese Frist – im Falle des Zuschlags – einhalten zu können. Eine nähere Begründung ihrer Behauptung, diese Frist sei zu kurz bemessen, hat die AS nicht vorgenommen. Bei dieser Sachlage besteht kein Anhaltspunkt für die Annahme, die Ausführungsfristen seien unangemessen kurz iSd § 11 Nr.1 VOL/A.
Die in § 8 Abs. 1 und 2 RV vorgenommene Risikoverteilung begegnet ebenfalls keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Zu beachten ist hier zunächst, dass den pharmazeutischen Unternehmen eine Frist von zwei Monaten zur Herstellung der vollen Lieferfähigkeit eingeräumt worden ist und das erste Quartal der Vertragslaufzeit erst am 01.07.2009 beginnt. Zu berücksichtigen ist ferner, dass im ersten Quartal zusätzlich eine Karenzzeit von 20 Tagen eingeräumt wird, so dass eine Ersatzpflicht erst ab dem 21. Tag des Lieferausfalls entstehen kann und der pharmazeutische Unternehmer zudem eine Exkulpationsmöglichkeit hat (§ 8 Abs. 2 Satz 2 RV i.V.m. § 8 Abs. 1 Satz 2 RV). Ferner hat die VK in diesem Zusammenhang zu Recht darauf verwiesen, dass die pharmazeutischen Unternehmen sich nicht zur Lieferung völlig neuer Produkte (mit den dann nicht ganz unwahrscheinlichen "Anlaufproblemen"), sondern – durch die Anbindung an die Lauer-Taxe – zur Versorgung der Versicherten mit in ihrem Produktportfolio befindlichen Arzneimitteln, mit deren Produktion hinlängliche Erfahrungen bestehen. Ein ungewöhnliches Wagnis iSd § 8 Nr.1 Abs.3 VOL/A liegt nicht vor.
Das Gleiche gilt, soweit die AS wegen der (angeblich) bevorstehenden Einführung einer Logistikgebühr sowie eines Zwangsrabatts das Fehlen eines Sonderkündigungsrechts oder einer Nachverhandlungsklausel im RV rügt. Das Risiko des Eintritts von Rechtsänderungen tragen – je nach Adressat der jeweiligen Regelung – die Vertragspartner; im übrigen gelten die allgemeinen Regeln (z.B. § 313 BGB, Wegfall der Geschäftsgrundlage).
Auch im Hinblick auf das in § 3 Abs.4 RV vorgesehene Teilkündigungsrecht wird den Bietern nach Auffassung des Senats ein außergewöhnliches Wagnis nicht auferlegt. Der Umstand der Absenkung des Festbetrags für ein rabattiertes Arzneimittel entzieht sich der direkten Einflussnahme beider Vertragsparteien. Es erscheint deshalb nur sachgerecht und angemessen, in Nachverhandlungen eine Lösung zu suchen und – vor dem Hintergrund der Regelung des § 31 Abs. 2 Satz 3 SGB V – für den Fall, dass eine Einigung nicht erfolgt, ein Teilkündigungsrecht vorzusehen.
Das Fehlen einer Preisanpassungsklausel bürdet den Bietern kein außergewöhnliches Wagnis auf. Die AS hat zu ihrer Erwartung, dass während der Laufzeit des Vertrages von 2 Jahren wesentliche Änderungen der Preisermittlungsgrundlagen zu erwarten sind, nichts Konkretes vorgetragen. Für die Ausnahme des § 15 Nr. 2 VOL/A ist auch sonst nichts ersichtlich. Es verbleibt deshalb bei dem Grundsatz des § 15 Nr. 1 VOL/A, wonach die Leistungen zu festen Preisen vergeben werden sollen.
Es hat keine Notwendigkeit bestanden, ein Vorabentscheidungsersuchen an den EuGH zu richten; offene entscheidungserhebliche Fragen zur Auslegung europäischen Rechts sind nicht ersichtlich.
Dem Begehren der Beigeladenen zu 3) und 5) auf Gewährung einer Schriftsatzfrist von 1 Woche war nicht zu entsprechen, denn § 283 Zivilprozeßordnung (ZPO) findet im vergaberechtlichen Beschwerdeverfahren keine Anwendung (vergl. Bechtold, GWB, Kommentar, 5. Aufl., § 69 Rdnr. 3). In Betracht kommt allein die Vertagung der mündlichen Verhandlung (vergl. Bechtold aaO). Hierauf ist der Prozeßbevollmächtigte der Beigeladenen zu 3) und 5) in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich hingewiesen worden. Da er trotzdem nicht die Anberaumung einer weiteren mündlichen Verhandlung, sondern ausdrücklich Schriftsatzfrist beantragt hat, verbietet sich eine Auslegung seines Begehrens.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 2 VwGO. Es entspricht gemäß § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 162 Abs. 3 VwGO schon deshalb der Billigkeit, der AS auch die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 1) aufzuerlegen, weil diese erfolgreich Anträge gestellt hat (vgl. BSG, Urteil vom 31.05.2006 – B 6 KA 62/04 R, NZS 2007, 391).
Der Beschluss ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar (§§ 177, 142a SGG).
Erstellt am: 14.04.2009
Zuletzt verändert am: 14.04.2009