Der Rechtsweg zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit ist zulässig. Die Beschwerde zum Bundessozialgericht wird zugelassen.
Gründe:
I.
Die Klägerin wendet sich gegen einen Auskunftsbeschluss des Bundeskartellamtes. Umstritten ist die Zulässigkeit des Rechtswegs.
1.
Mit dem Gesetz zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz (GKV-WSG) vom 26.03.2007, BGBl I S. 378 ff.) wurde die Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) zum 01.01.2009 durch Einführung eines Gesundheitsfonds neu geregelt. Das Bundesversicherungsamt (BVA) verwaltet den Gesundheitsfond als Sondervermögen (§ 271 Abs. 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch ( SGB V )). Aus dem Fond erhalten die Krankenkassen Zuweisungen zur Deckung ihrer Aufwendungen (§ 270 SGB V). Ab dem 01.01.2009 legt die Bundesregierung durch Rechtsverordnung den allgemeinen Beitragssatz nach Auswertung der Ergebnisse eines beim BVA gebildeten Schätzerkreises fest (§ 241 Abs. 2 SGB V). Soweit die Zuweisungen aus den Gesundheitsfonds den Finanzbedarf einer Krankenkasse übersteigen, kann sie in ihrer Satzung bestimmen, dass Prämien an ihre Mitglieder ausgezahlt werden (§ 242 Abs. 2 Satz 2 SGB V). Soweit der Finanzbedarf einer Krankenkasse durch die Zuweisungen aus dem Fond nicht gedeckt ist, hat sie in ihrer Satzung zu bestimmen, dass von ihren Mitgliedern ein Zusatzbeitrag erhoben wird (§ 242 Abs. 1 SGB V).
2.
Am 25.01.2010 fand in Berlin eine Pressekonferenz zum Thema "Finanzentwicklung in der GKV – Einstieg in den Zusatzbeitrag" statt, an der neben dem Vorstandsvorsitzenden der Klägerin weitere Vorstandsvorsitzende bzw. -mitglieder gesetzlicher Krankenversicherungen, der gesundheitspoltische Sprecher der CDU-Bundestagsfraktion, ein Vertreter des Patientenverbandes DGVP e.V. sowie der Direktor des Institutes für Gesundheitsökonomik teilnahmen. Die anwesenden Vertreter der Krankenkassen gaben folgende Presseerklärung ab:
2010 werden Zusatzbeiträge zur Regel
Berlin, 25.2.2010 Fast alle gesetzlichen Krankenkassen werden bis Ende des Jahres 2010 einen Zusatzbeitrag in Höhe von monatlich rund acht Euro erheben. Das erwarten Gesundheitsökonomen und anderen Experten. Anlässlich eines Presse-Gesprächs mit Krankenkassenvorständen, Politikern, Wissenschaftlern und Patientenvertretern betonte der Gesundheitswissenschaftler Professor Günter Neubauer vom Münchener Institut für Gesundheitsökonomik: "Zusatzbeiträge sind eine gesetzlich verankerte und politisch gewollte Säule zur Finanzierung der gesundheitlichen Versorgung in Deutschland. 2010 wird es eine Unterfinanzierung des Gesundheitsfonds von vier Milliarden Euro geben. Die durch den Gesetzgeber angelegte Finanzarchitektur des Fonds hat zur Konsequenz, dass die meisten Krankenkassen im Laufe des Jahres 2010 Zusatzbeiträge nicht vermeiden können." Es werde bei vielen Krankenkassen bereits in den nächsten Wochen und Monaten Beschlüsse für einen Zusatzbeitrag geben. Darunter werden auch Krankenkassen sein, die besonders leistungsstark sind und sich durch innovative Versorgungskonzepte sowie einen überdurchschnittlichen Service auszeichnen. Wolfram-Arnim Candidus von der Deutschen Gesellschaft für Versicherte und Patienten (DGPV) e.V. forderte die Versicherten auf, nicht vorschnell die Kasse zu wechseln. "Die Zusatzbeiträge sind durch vorangegangene politische Entscheidungen unvermeidbar und werden die Probleme des Gesundheitswesens nicht lösen. Zum jetzigen Zeitpunkt kann ich allerdings keinem Versicherten empfehlen, aufgrund eines Zusatzbeitrages die Kasse zu wechseln, da er damit weder seine Versorgungssituation verbessert, noch weiß, ob er dabei günstiger abschneidet.
Finanzbedarf durch Gesundheitsfonds nicht gedeckt Die Finanzausstattung des Gesundheitsfonds war von Anfang an nicht kostendeckend. Die Krankenkassen haben diese Unterdeckung durch ihre Rücklagen eine Zeit lang kompensieren können. Darüber hinaus gab es 2009 politisch induzierte Kostensteigerungen: die Erhöhung der Arzthonorare und der Krankenhausvergütung. Hinzu kommen steigende Leistungsausgaben der Krankenkassen in den Jahren 2009 und 2010, beispielsweise im Bereich der Arzneimittelversorgung. Auch hier entstand zusätzlicher Finanzbedarf für die Krankenkassen, der mit den Zuweisungen des Gesundheitsfonds nicht mehr gedeckt werden kann. Auch wenn für die deutsche Wirtschaft 2010 wieder ein leichtes Wachstum auf stark abgesenkter Basis zu erwarten ist, zeichnet sich als Folge der Wirtschafts- und Finanzkrise auf dem Arbeitsmarkt eine deutliche Verschlechterung ab. Der einmalige Bundeszuschuss in Höhe von 3,9 Milliarden Euro, den die Krankenkassen zum Ausgleich der krisenbedingten Einnahmeausfälle zusätzlich für 2010 erhalten werden, reicht nicht aus, um die Einnahmeverluste durch die gestiegene Kurzarbeit und Arbeitslosigkeit sowie die teilweise politisch induzierten Kostensteigerungen zu decken. Der Schätzerkreis der Gesetzlichen Krankenversicherung hat für das Jahr 2010 ein Defizit im Gesundheitsfonds in Höhe von 7,9 Milliarden Euro prognostiziert. Nach Abzug des einmaligen Steuerzuschusses von 3,9 Milliarden Euro verbleibt ein zusätzlicher Finanzbedarf der Krankenkassen für 2010 von rund 4,0 Milliarden Euro, der durch Zusatzbeiträge gedeckt werden kann. Neubauer appellierte an die Krankenkassen, in dieser Situation die finanzpolitische Stabilität nicht vermeintlichen kurzfristigen Wettbewerbsvorteilen zu opfern.
In ihrer Sitzung am 27.01.2010 beschloss die Klägerin mit dem 2. Nachtrag zu ihrer Satzung vom 27.08.2009:
Die Betriebskrankenkasse erhebt von ihren Mitgliedern ab 01.02.2010 einen Zusatzbeitrag nach § 242 Abs. 1 SGB V. Die Höhe des Zusatzbeitrages beträgt pauschal 12 Euro monatlich, maximal jedoch 1 v.H. der beitragspflichtigen Einnahmen des Mitglieds. ( …)
Die Aufsichtsbehörde – das Ministerium für Arbeit, für Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen (MAGS NRW) – genehmigte am selben Tag die Satzungsänderung. In der Folgezeit beschlossen weitere Krankenkassen, deren Vertreter an der Pressekonferenz am 25.01.2010 teilgenommen hatten, ebenfalls die Erhebung von Zusatzbeiträgen. Mit Auskunftsbeschluss vom 17.02.2010 gab das Bundeskartellamt u.a. der Klägerin zur Prüfung eines möglichen Verstoßes gegen § 1 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) auf, bis spätestens 10.03.2010 die in der Anlage zu diesem Beschluss aufgeführten Fragen zu beantworten und die dort beschriebenen Daten bzw. Unterlagen zu übermitteln. Der Inhalt der Anlage lautet:
Beantworten Sie bitte folgende Fragen: 1. Wann hat der Vorstand Ihrer Krankenkasse beschlossen, den Zusatzbeitrag gemäß § 242 SGB V von den Versicherten zu erheben ? 2. Wann hat der Verwaltungsrat Ihrer Krankenkasse die Entscheidung über die Einführung des Zusatzbeitrages getroffen bzw. wann wird er sie treffen ? 3. Wann und auf welchem Wege haben die anderen an der gemeinsamen Pressekonferenz beteiligten Krankenkassen Ihre Krankenkasse jeweils von ihren Plänen zur Erhebung von Zusatzbeiträgen gemäß § 242 SGB V informiert ?- 4. Wann und auf welchem Wege haben die anderen an der gemeinsamen Pressekonferenz beteiligten Krankenkassen Ihre Krankenkasse jeweils von der konkret geplanten Höhe und dem voraussichtlichen Termin der Einführung der Zusatzbeiträge informiert ?- 5. Wann und auf welchem Wege hat Ihre Krankenkasse jeweils andere Krankenkassen über die Erhebung eines Zusatzbeitrages, dessen Höhe und das voraussichtliche Einführungsdatum unterrichtet ?- 6. Wie erfolgte die Auswahl des Veranstalters der gemeinsamen Pressekonferenz ? 7. Nach welchen Kriterien wurden die an der Veranstaltung teilnehmenden Krankenkassen sowie die externen Sachverständigen ausgewählt, welche Krankenkassen waren zur Teilnahme an der Veranstaltung eingeladen und wer nahm tatsächlich teil ? 8. Wie erfolgte die Abstimmung für Ort und Zeitpunkt der Pressekonferenz ? – Machen Sie die Angaben bitte jeweils unter Benennung der einzelnen Krankenkasse Übermitteln Sie bitte folgende Unterlagen an das Bundeskartellamt: 9. Sämtliche im Zusammenhang mit der Empfehlung der Einführung eines Zusatzbeitrages an den Verwaltungsrat stehende Dokumente, insbesondere den Vorstandsbeschluss, das Protokoll der Vorstandssitzung, auf der der Beschluss gefasst wurde, Entscheidungsvorlagen aber auch Strategiepapiere und Präsentationen. 10. Den Beschluss des Verwaltungsrates zur Einführung des Zusatzbeitrages, soweit bereits beschlossen. 11. Das (Wort-)Protokoll der Verwaltungsratssitzung, auf der die Einführung des Zusatzbeitrages beschlossen wurde. 12. Den vollständigen Antrag auf Genehmigung des Zusatzbeitrages durch die zuständige Aufsichtsbehörde und – soweit bereits ergangen – den Bescheid der Aufsichtsbehörde. 13. Sämtlichen Schriftverkehr sowie E-Mail-Korrespondenz zwischen Ihrer Krankenkasse und anderen Krankenkassen, die im Zusammenhang mit der Pressekonferenz am 25.01. 2010 geführt wurde. 14. Sämtlichen Schriftverkehr sowie E-Mail-Korrespondenz zwischen Ihrer Krankenkasse und der Vincentz Network GmbH & Co. KG, die im Zusammenhang mit der Pressekonferenz am 25.01.2010 geführt wurde. 15. Kopien der Einladungsschreiben zu der gemeinsamen Pressekonferenz. 16. Das Protokoll zur gemeinsamen Pressekonferenz vom 25.01.2010 bzw. die Redebeiträge sowohl der Vertreter der Krankenkassen als auch der externen Sachverständigen im Wortlaut.
In der Verfügung des Beklagten wird weiter ausgeführt: Es bestehe der Verdacht, dass über den Zeitpunkt und die Höhe der Beitragserhebungen im Sinne des § 1 GWB eine unzulässige Vereinbarung zwischen den beteiligten Unternehmen getroffen worden sei, diese sich zumindest aber über die gemeinsame Ankündigung der erstmaligen Erhebung der Zusatzbeiträge im Sinne des § 1 GWB abgestimmt hätten. Auch gesetzliche Krankenkassen seien Normadressaten des Kartellrechts. Sie seien Anbieter von Versicherungen und damit Unternehmen im Sinne des GWB. Auch bestehe zwischen den Krankenkassen Wettbewerb um Mitglieder und deren mitversicherte Familienangehörige. Die entgegenstehende Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) zur Unternehmenseigenschaft von Krankenkassen sei überholt, da gesetzliche Krankenkassen jedenfalls seit Geltung der zuletzt durch das GKV-WSG und das Gesetz zur Weiterentwicklung der Organisationsstukturen in der GKV (GKV-OrgWG) geänderten Rahmenbedingungen den Auslegungskriterien für die Auslegung der Unternehmenseigenschaft von Krankenkassen im Sinne der Rechtsprechung der europäischen Gerichte genügten. Als Preisvereinbarung in Form der gleichzeitigen oder jedenfalls innerhalb einer engen Zeitspanne geplanten Erhebung von Zusatzbeiträgen sowie als abgestimmtes Verhalten bei der Ankündigung der erstmaligen Erhebung von Zusatzbeiträgen sei das Verhalten der beteiligten Krankenkassen objektiv geeignet, den Wettbewerb auf dem Markt für die Krankenkassen zu beschränken oder zu verfälschen. Zur Feststellung, in welchem Umfang die gemeinsame Pressekonferenz auf einer vorangegangenen Abstimmung der beteiligten Krankenkassen über das gemeinsame Vorgehen sowie auch über die Höhe und Zeitpunkt beruhe, sei die Beantwortung der Fragen und die Übermittlung der Unterlagen erforderlich.
Die Aufsichtsbehörde (MAGS NRW) verpflichtete die Klägerin mit Bescheid vom 08.03.2010, den Auskunftsbeschluss im Rechtsweg anzugreifen und bei zukünftigen Maßnahmen des Bundeskartellamtes davon auszugehen, dass Krankenkassen in Angelegenheiten der Sozialversicherung, insbesondere der Beitragsbemessung, keine Unternehmen im kartellrechtlichen Sinne seien und auch nicht im kartellrechtlich-relevanten Sinn handelten, soweit sich nicht durch eine Änderung der Rechtslage etwas anderes ergebe. Gesetzliche Krankenkassen unterfielen nicht dem kartellrechtlichen Wettbewerbrechts, da das Kartellrecht dem Privatrecht und nicht dem öffentlichen Recht zuzurechnen sei. Der Gesetzgeber mache schon mit der Regelung des § 69 Abs. 2 SGB V, wonach die §§ 19 bis 21 GWB für die Rechtsbeziehungen der Krankenkassen und ihrer Verbände zu den Leistungserbringern entsprechend gelte, deutlich, dass das GWB auf öffentlich-rechtliche Rechtsbeziehungen nicht anwendbar sei. Im Übrigen fehle den Krankenkassen, soweit sie sozialversicherungsrechtliche Aufgaben wahrnehmen, die Unternehmenseigenschaft i.S.d. § 1 GWB. Diesen Bescheid hat die Klägerin angegriffen. Das Verfahren ist vor dem Senat zum Az. L 11 KR 200/10 KL anhängig.
Auch den Auskunftsbeschluss hat die Klägerin am 16.03.2010 mittels Klage angegriffen. Zudem hat sie am 19.03.2010 vorsorglich beim Bundeskartellamt Beschwerde gegen den Auskunftsbeschluss eingelegt. Dieses hat die Beschwerde an das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf weitergeleitet. Das Beschwerdeverfahren ist dort seit 24.03.2010 unter dem Az. VI Kart 4/10 anhängig.
Die Klägerin trägt vor: Der Sozialrechtsweg sei gemäß § 51 Abs. 1 Nr. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) eröffnet, da eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit über eine Angelegenheit der gesetzlichen Krankenversicherung vorliege. In der Sache gehe es um ihre Aufgabenwahrnehmung nach dem SGB V und damit um Angelegenheiten der GKV. Soweit ein Normenkonflikt zwischen § 63 GWB einerseits und § 51 SGG anderseits vorliege, trete § 63 GWB nach dem Spezialitätsgrundsatz sowie dem lex posterior-Grundsatz zurück. Unabhängig davon könne sich die Frage nach der Zulässigkeit des Rechtsweges nur danach richten, wie der Anspruch oder die Rechtsverletzung zu qualifizieren sei, auf die sie – die Klägerin – sich berufe. Unerheblich sei die Art des Verwaltungshandelns und auf welche Ermächtigungsgrundlage sich die handelnde Behörde zur Rechtfertigung ihres Handels berufe. Es gehe nicht um die Verletzung von allgemein wettbewerbsrechtlichen Normen oder von Normen des GWB, dessen Anwendungsbereich vorliegend von vornherein nicht eröffnet sei. Der Auskunftsbeschluss greife in das sozialversicherungsrechtlich verankerte Selbstverwaltungsrecht ein, das ihr einen subjektiven Abwehranspruch gegen die unzulässige Einschränkung des ihr überlassenen Wirkungsbereiches durch die Beklagte einräume.
Die Klägerin beantragt,
die Zulässigkeit des Rechtsweg zu den Sozialgerichten vorab festzustellen.
Die Beklagte beantragt,
den Rechtsstreit an das Oberlandesgericht Düsseldorf zu verweisen.
Sie rügt den von der Klägerin beschrittenen Rechtsweg zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und vertritt die Auffassung, das OLG Düsseldorf sei sachlich zuständig. Die Voraussetzungen des § 63 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 GWB lägen vor. Da der streitgegenständliche Auskunftsbeschluss nicht nur formal eine Verfügung der Kartellbehörde sei, sondern zudem der Aufklärung eines Verdachts nach § 1 GWB diene, handele es sich auch inhaltlich um ein kartellrechtliches Handeln und nicht um eine Angelegenheit der gesetzlichen Krankenversicherung. Auch diene die Erteilung der geforderten Auskünfte und die Herausgabe der geforderten Unterlagen nicht der Erfüllung nach dem SGB V obliegender Aufgaben. Der Klägerin werde kein Verstoß gegen Vorschriften des SGB V vorgeworfen. Ein etwaiger Normenkonflikt sei zu Gunsten der kartellverwaltungsgerichtlichen Zuständigkeit aufzulösen. Für einen Vorrang des § 63 GWB spreche nicht nur das formale Handeln einer Kartellbehörde sowie die Rechtsqualität der Eingriffshandlung. Entscheidend sei, dass die für den geltend gemachten Aufhebungsanspruch streitentscheidende Normen aus dem Kartellrecht stammten. Gestritten würde über die Reichweite des Kartellrechts, nicht des Selbstverwaltungsrechts der Krankenkassen. Zudem habe der Gesetzgeber für den Bereich des Kartellrechts das besondere Interesse an einer Zuständigkeitskonzentration deutlich gemacht.
Die Klägerin hat mit Schreiben vom 22.03.2010 "ohne Anerkennung einer Rechtspflicht und unter dem ausdrücklichen Vorbehalt einer gerichtlichen Überprüfung des Auskunftsbeschlusses" verbunden mit der Rüge der sachlichen Unzuständigkeit der Beklagten zu den vom Bundeskartellamt gestellten Fragen Stellung genommen sowie diverse Unterlagen übermittelt.
Hinsichtlich des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird Bezug genommen auf den Inhalt der Streitakte sowie den beigezogenen Verwaltungsvorgang der Beklagten.
II.
Ist nach Anrufung eines Gerichts streitig, ob der beschrittene Rechtsweg zulässig ist, kann das Gericht vorab aussprechen, dass es den beschrittenen Rechtsweg für zulässig hält (§ 17a Abs. 3 Satz 1 Gerichtsverfassungsgesetz ( GVG )). Das Gericht muss vorab entscheiden, wenn eine Partei die Zulässigkeit des Rechtsweges rügt (§ 17a Abs. 3 Satz 2 GVG).
1.
Der Senat ist für die Vorabentscheidung funktionell zuständig. Nach § 29 Abs. 2 Nr. 2 SGG entscheiden die Landessozialgerichte im ersten Rechtszug über Aufsichtsangelegenheiten gegenüber Trägern der Sozialversicherung und ihren Verbänden, gegenüber den Kassenärztlichen und Kassenzahnärztlichen Vereinigungen sowie der Kassenärztlichen und Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung, bei denen die Aufsicht von einer Landes- oder Bundesbehörde ausgeübt wird.
Das Bundeskartellamt ist eine selbständige Bundesoberbehörde (§ 51 Abs. 1 Satz 1 GWB). Die Klägerin ist eine Betriebskrankenkasse mit dem Status einer rechtsfähigen Körperschaft des öffentlichen Rechts (§§ 4 Abs. 1, Abs. 2, 147 ff., 194 ff SGB V i.V.m. § 1 ihrer Satzung vom 27.08.2009). Sie erbringt als solche Leistungen der gesetzliche Krankenversicherung (§§ 12 Abs. 1, 21, 21 b, 194 ff. SGB V i.V.m § 12 ihrer Satzung) und ist Trägerin der Sozialversicherung (§§ 29 ff. SGB IV). Ob und inwieweit der Streitgegenstand des Verfahrens eine Aufsichtsangelegenheit i.S.d. § 29 Abs. 2 Nr. 2 SGG betrifft, wird von den Beteiligten unterschiedlich eingeschätzt. Während die Klägerin diese Frage unter dem Gesichtspunkt der "Anmaßung aufsichtlicher Befugnisse" bejaht, tritt die Beklagte dem entgegen, indem sie unter Hinweis auf §§ 1, 32, 59 GWB darauf verweist, dass der Streitgegenstand durch Kartellverwaltungsrecht bestimmt wird. Im Rahmen der Vorabentscheidung kann der Senat offen lassen, welche dieser Auffassungen zutrifft. Ausreichend ist es insoweit, wenn sich aus dem klägerischen Vortrag – wie hier – zumindest schlüssig ergibt, dass eine Aufsichtsangelegenheit im Streit steht. Der Senat ist mithin für die Vorabentscheidung funktionell zuständig.
2.
Rechtsgrundlage für die Vorabentscheidung ist § 17a Abs. 3 Satz 1 GVG. Die Klägerin hat zwar eine Vorabentscheidung beantragt (§ 17a Abs. 3 Satz 2 GVG). Hierzu ist sie indessen nicht befugt, denn nicht sie, sondern die Beklagte rügt die Zulässigkeit des Sozialrechtswegs. Die Beklagte wiederum hat keinen (förmlichen) Antrag auf Vorabentscheidung gestellt. Dies ist könnte unschädlich sein, wenn es eines förmlichen Antrags nicht bedarf. Nach § 17a Abs. 3 Satz 2 GVG reicht es aus, wenn die Zulässigkeit des Rechtswegs "gerügt" wird. Die Rüge ist zwar eine Prozesshandlung (Gummer in Zöller, ZPO, § 17a GVG Rdn. 6), gleichwohl könnte es ausreichen, wenn aus dem Vorbringen der Partei hinreichend deutlich wird, dass sie den beschrittenen Rechtsweg als nicht gegeben ansieht. So liegt es hier. Die Beklagte beantragt ausdrücklich, den Rechtsstreit an das OLG Düsseldorf zu verweisen. Hieraus und aus dem diesen Antrag begründenden schriftsätzlichen Vorbringen lässt sich die Rüge der Zulässigkeit des Rechtswegs hinlänglich deutlich entnehmen. Letztlich kann die rechtliche Frage, ob es eines förmlichen Antrags bedarf, dahinstehen, denn nach § 17a Abs. 3 Satz 1 GVG kann das Gericht von Amts wegen tätig werden. Das ist hier der Fall, denn der Senat entscheidet ungeachtet etwaiger Rügen und Anträge der Beteiligten von Amts vorab über die Zulässigkeit des Rechtswegs.
3.
a) Die Zulässigkeit des beschrittenen Rechtswegs wird durch die von der Klägerin beim Bundeskartellamt eingelegte Beschwerde und deren Weiterleitung an das OLG Düsseldorf nicht berührt. Nach § 17 Abs. 1 Satz 1 GVG wäre das nur dann Fall, wenn die Beschwerde beim OLG Düsseldorf vor Rechtshängigkeit der vor dem LSG Nordrhein-Westfalen erhobenen Klage rechtshängig geworden wäre. Das ist zu verneinen. Die Klage ist am 16.03.2010 beim LSG eingegangen und damit rechtshängig geworden (§ 94 SGG). Demgegenüber hat die Klägerin die Beschwerde beim Bundeskartellamt (§ 63 Abs. 1 Satz 1 GWB) am 19.03.2010 eingelegt. Von dort aus ist sie an das OLG Düsseldorf weitergeleitet worden und dort am 24.03.2010 eingegangen.
b) Bevor geprüft wird, ob der Rechtsweg zu dem angerufenen Gericht zulässig ist, muss geklärt werden, ob das von Amts wegen zu beachtende Prozesshindernis anderweitiger Rechtshängigkeit besteht (BGH, Beschluss vom 03.07.1997 – IX ZB 116/96 -; Gummer in Zöller, 24. Auflage, 2004, § 17 GVG Rdn. 3). Ob einer weiteren Klage eine Rechtshängigkeit nach § 17 Abs. 1 Satz 2 GVG entgegensteht, richtet sich entsprechend des Prioritätsgrundsatzes danach, welche Klage zuerst anhängig geworden ist. Der Rechtsstreit ist am 16.03.2010 beim LSG Nordrhein-Westfalen rechtshängig geworden, so dass der Senat zur Vermeidung von Doppelprozessen und divergierenden Entscheidungen (vgl. Kissel/Mayer, GVG, 5. Auflage, 2008, § 17 Rdn. 12) zuständig ist, über die Zulässigkeit des Rechtsweges zu entscheiden.
Allerdings greift die Rechtswegsperre nur bei identischem Streitgegenstand. Nach der heute im Zivilprozess herrschenden prozessrechtlichen Auffassung vom zweigliedrigen Streitgegenstand, der sich der Bundesgerichtshof angeschlossen hat, wird mit der Klage nicht ein bestimmter materiell-rechtlicher Anspruch geltend gemacht, vielmehr ist Gegenstand des Rechtsstreits der als Rechtsschutzbegehren oder Rechtsfolgenbehauptung aufgefasste eigenständige prozessuale Anspruch; dieser wird bestimmt durch den Klageantrag, in dem sich die vom Kläger in Anspruch genommene Rechtsfolge konkretisiert, und den Lebenssachverhalt (Anspruchsgrund), aus dem der Kläger die begehrte Rechtsfolge herleitet (so BGH, Urteil vom 26.09.2000 – VI ZR 279/99 – m.w.N.; vgl. auch Reichold in Thomas/Putzo, ZPO, 28. Auflage, 2007, Einl. II Rdn. 11). Der Streitgegenstand wird damit ganz wesentlich durch die gestellten Anträge sowie die Klagebegründung bestimmt (vgl. Vollkommer in Zöller, ZPO, 28. Auflage, 2010, Einl. Rdn. 63). Für das sozialgerichtliche Verfahren gilt: Der Streitgegenstand ist nach der herrschenden prozessualen Theorie, der auch das BSG in ständiger Rechtsprechung folgt, der prozessuale Anspruch, d.h. das vom Kläger aufgrund eines bestimmten Sachverhalts an das Gericht gerichtete Begehren, eine bestimmte oder bestimmbare Rechtsfolge auszusprechen. Der Streitgegenstand ist also identisch mit dem erhobenen prozessualen Anspruch und wird bestimmt durch die erstrebte, im Klageantrag zum Ausdruck zu bringende Rechtsfolge sowie den Klagegrund, nämlich den Sachverhalt, aus dem sich die Rechtsfolge ergeben soll (Humpert in Jansen, SGG, 3, Auflage, 2009, § 141 Rdn. 21 mit Hinweis auf BSGE 18 S. 266; BSGE 21 S. 13, 15; BSG, SozR 3-5555 § 15 EKV-Zahnärzte Nr. 1; BSG, SozR 3-2200 § 1303 Nr. 4; BSG, SozR 3-1500 § 96 Nr. 9). Es ist aber folgende Besonderheit zu berücksichtigen: Der Streitgegenstand wird in verwaltungsgerichtlichen Verfahren jedenfalls bei Anfechtungsklagen durch die objektive Rechtswidrigkeit des streitigen Verwaltungsaktes und die subjektive Rechtsverletzung des Klägers bestimmt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 15.03.1968 – VII C 183.65 -). Anders formuliert: Bei der Anfechtungsklage ist Streitgegenstand die Behauptung des Klägers, er habe einen Anspruch auf Aufhebung des angefochtenen Verwaltungsaktes, weil dieser rechtswidrig sei und ihn in seinen Rechten verletzte (Humpert, a.a.O., § 141 Rdn 23 m.w.N.; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG. 9. Auflage, 2008, § 95 Rdn. 6).
Die Klägerin hat eine auf Aufhebung des Auskunftsbescheides gerichtete isolierte Anfechtungsklage anhängig gemacht (§ 54 Abs. 1 Satz 1 SGG). Der Streitgegenstand wird mithin dadurch konkretisiert, dass die Klägerin behauptet, einen Anspruch auf Beseitigung des angefochtenen Verwaltungsaktes (Aufhebungsbeschluss) zu haben, weil dieser rechtswidrig in ihre Selbstverwaltungsrechte eingreife. Dieser solchermaßen präzisierte Streitgegenstand betrifft sowohl die vor dem LSG Nordrhein-Westfalen anhängig gemachte Klage als auch die beim OLG Düsseldorf eingelegte Beschwerde. Demzufolge bestand eine Rechtshängigkeit i. S. v. § 17 GVG beim OLG Düsseldorf nicht, denn dem steht bereits die bestehende Rechtshängigkeit beim LSG Nordrhein-Westfalen entgegen. Das OLG Düsseldorf ist mithin infolge des Prozesshindernisses der anderweitigen Rechtshängigkeit gehindert ("Rechtswegsperre" gem. § 17 Abs. 1 Satz 2 GVG), in der Sache zu entscheiden und müsste die Beschwerde als unzulässig abweisen (BGH, Beschluss vom 03.07.1997 – IX ZB 116/96 -).
Die Rechtswegsperre nach § 17 Abs. 1 GVG gilt auch für die Entscheidung über die Zulässigkeit des Rechtsweges nach § 17a GVG, d.h. das zuerst angegangene Gericht, bei dem also das Verfahren zuerst rechtshängig geworden ist, entscheidet zunächst über die Zulässigkeit des Rechtsweges (LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 06.02.2008 – L 5 KR 316/08 B -).
4.
a) Die Klägerin hat zutreffend den Rechtsweg zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit beschritten. Eine Verweisung des Rechtsstreits an das OLG Düsseldorf würde gegen § 17a Abs. 2 Satz 1 GVG verstoßen. Die Regelung des § 17a Abs. 3 GVG verfolgt den Zweck, die Rechtswegfrage im Interesse der Beschleunigung und Vereinfachung des Verfahrens sowie zur Kostenersparnis im Wege der Vorabentscheidung abschließend prüfen zu lassen. Nach Wortlaut und Sinn dieser Vorschrift ist eine Verweisung nur dann geboten und zulässig, wenn der beschrittene Rechtsweg schlechthin, d.h. für den Klageanspruch mit allen in Betracht kommenden Klagegründen, unzulässig ist. Ob für das Klagebegehren eine Anspruchsgrundlage in Betracht kommt, die in dem beschrittenen Rechtsweg zu verfolgen ist, ist auf der Grundlage des Klageantrags und des zu seiner Begründung vorgetragenen Sachverhalts zu prüfen. Dabei steht der Umstand, dass der Kläger sich auf eine materielle Anspruchsgrundlage beruft, für die der beschrittene Rechtsweg zulässig wäre, einer Verweisung dann nicht entgegen, wenn diese Anspruchsgrundlage aufgrund des vorgetragenen Sachverhalts so offensichtlich nicht gegeben sein kann, dass kein Bedürfnis dafür besteht, die Klage insoweit mit Rechtskraftwirkung abzuweisen (BVerwG, Beschluss vom 15.12.1992 – 5 B 144/91 -; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 26.08.2009 – 8 E 1044/09 -).
b) Streitigkeiten über die Frage, ob von einer Kartellbehörde beanspruchte Auskunftsrechte in Angelegenheiten, die gesetzliche Krankenkassen betreffen, deren Selbstverwaltungsrecht unzulässig einschränken, sind öffentlich-rechtliche Streitigkeiten in Angelegenheiten der Sozialversicherung (nachfolgend aa)) und nicht solche des kartellgerichtlichen Verfahrens nach § 63 GWB ( nachfolgend bb)).
aa) Nach § 51 Abs. 1 Nr. 2 SGG entscheiden die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit über öffentlich-rechtliche Streitigkeiten u.a. in Angelegenheiten der GKV, auch soweit durch diese Angelegenheiten Dritte betroffen sind. Eine Ausnahme ist insoweit nur für Streitigkeiten in Angelegenheiten nach § 110 SGB V aufgrund einer Kündigung von Versorgungsverträgen vorgesehen, die für Hochschulkliniken oder Plankrankenhäuser gelten. Weiter entscheiden die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit auch über privatrechtliche Streitigkeiten in Angelegenheiten der GKV, auch soweit durch diese Angelegenheiten Dritte betroffen sind (§ 51 Abs. 2 Satz 1 SGG). § 87 GWB findet keine Anwendung (§ 51 Abs. 2 Satz 2 SGG).
(1) Welcher Rechtsweg eröffnet ist, wird abstrakt durch die jeweiligen Prozessordnungen (§ 40 VwGO, § 51 SGG und § 33 FGO) und konkret durch Art des anspruchsbegründenden Rechtsverhältnisses auf der Grundlage von Klagevorbringen und Klageantrag bestimmt (LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 09.07.2004 – L 10 B 6/04 KA ER -). Ob eine Streitigkeit öffentlich-rechtlicher oder zivilrechtlicher Natur ist, richtet sich, wenn eine ausdrückliche Rechtswegzuweisung des Gesetzgebers fehlt, nach der Natur des Rechtsverhältnisses, aus dem der Klageanspruch hergeleitet wird. Dieser Grundsatz bestimmt die Auslegung sowohl von § 13 GVG als auch von § 51 Abs. 1 SGG (BSG, Beschluss vom 22.04.2009 – B 13 SF 1/08 R -). Die Abgrenzung ist dabei von der Sache her zu treffen. Ausgangspunkt für die Prüfung muss die Frage sein, welcher Art das Klagebegehren nach dem zugrundeliegenden Sachverhalt ist. Von einem öffentlich-rechtlichen Rechtsverhältnis ist auszugehen, wenn ein Träger öffentlicher Gewalt aufgrund eines ihm eingeräumten oder auferlegten Sonderrechts handelt (GmSOGB, BSGE 37, 292 = SozR 1500 § 51 Nr. 2 = NJW 1974, 2087; GmSOGB, BGHZ 97, 312 = SozR 1500 § 51 Nr. 39 und BGHZ 102, 280, 283 = SozR 1500 § 51 Nr. 47; BSGE 72, 148, 151 = SozR 3-2500 § 15 Nr. 1; BSG, SozR 3-1500 § 51 Nr. 24; BSG, SozR 3-8570 § 17 Nr. 1; BGHZ 89, 250, 251; Jung in Jansen, SGG, 3. Auflage, 2009, § 51 Rdn. 6; Kopp/Schenke, VwGO, 16. Auflage, 2009, § 40 Rdn. 11). Die auf diese Weise vorzunehmende Abgrenzung weist das Streitverhältnis derjenigen Verfahrensordnung zu, die ihm nach der gesetzgeberischen Wertung in der Sache am besten entspricht, und bewirkt zugleich, dass regelmäßig diejenigen Gerichte anzurufen sind, die durch ihre Sachkunde und Sachnähe zur Entscheidung über den in Frage stehenden Anspruch besonders geeignet sind (BSG, Beschluss vom 27.04.2010 – B 8 SO 2/10 R – m.w.N.).
(2) Ausgehend hiervon ist das dem Rechtsstreit zugrunde liegende Rechtsverhältnis dem öffentlichen Recht zuzuordnen, da sich die Klägerin gegen behauptete Eingriffe in ihr krankenversicherungsrechtlich garantiertes Selbstverwaltungsrecht wendet.
(a) Die Träger der Sozialversicherung nehmen als Körperschaften des öffentlichen Rechts Aufgaben der mittelbaren Staatsverwaltung wahr (BVerfG, Beschluss vom 09.04.1975 – 2 BvR 879/73 -; vgl. auch BSG, Urteil vom 25.06.2009 – B 3 KR 3/08 R -; Steinbach in Hauck/Noftz, SGB V, Stand 4/2004, § 29 Rdn. 11). Die einfachgesetzlich gewährleistete Selbstverwaltungsgarantie (vgl. BVerfG a.a.O.) beruht auf § 29 SGB IV.
Dem Selbstverwaltungsprinzip kommt als tragendem Organisationsprinzip der Sozialversicherung eine besondere Bedeutung zu (BSG, Urteil vom 17.07.1985 – 1 RS 6/83 -). Inhalt und Umfang des Selbstverwaltungsrechts werden durch das Ausmaß der gesetzlich vorgeschriebenen staatlichen Einflussnahme bestimmt. Dadurch entsteht allerdings ein Spannungsverhältnis insoweit, als die damit verbundene Staatsaufsicht und der Grundsatz der Selbstverwaltung aufeinander treffen. Diesen Konflikt löst das Sozialgesetzbuch, indem die Einflussnahme des Staates durch aufsichtsrechtliche Maßnahmen auf die sog. Rechtsaufsicht beschränkt wird (Jansen in Jahn/Jansen, SGB IV, 2008, § 29 Rdn. 10; vgl. auch BSG, Urteil vom 06.05.2009 – B 6 A 1/08 R – sowie Senat, Urteil vom 11.11.2009 – L 11 KA 101/06 – zu den Aufsichtsbefugnissen des Bundesministerium für Gesundheit gegenüber dem Gemeinsamen Bundesausschuss).
Selbstverwaltung bedeutet gemäß § 87 Abs. 1 SGB IV grundsätzlich, dass die Aufsicht sich auf eine Rechtsaufsicht beschränkt (Schneider-Danwitz in juris-PK, SGB IV, 1. Auflage, 2006, § 29 Rdn. 46; Steinbach. a.a.O., K 29 Rdn. 22) und für eine weiterreichende Zweckmäßigkeitskontrolle nur Raum ist, wenn der Gesetzgeber dies ausdrücklich angeordnet hat. Dieses Regel-Ausnahme-Verhältnis ist bereits im Wesen der Selbstverwaltung als "selbstständige, fachweisungsfreie Wahrnehmung öffentlicher Angelegenheiten" angelegt. Auch wenn die Selbstverwaltung in der Sozialversicherung nicht verfassungsrechtlich verbürgt ist und der Gesetzgeber deshalb die staatlichen Aufsichtsrechte über die Sozialversicherungsträger um fachaufsichtliche Elemente erweitern kann, muss eine solche Erweiterung doch hinreichend deutlich erfolgen (BSG, Urteil vom 06.05.2009 – B 6 A 1/08 R -). Inhalt und Umfang der Selbstverwaltung werden einfachrechtlich durch § 29 SGB IV konkretisiert. § 29 Abs. 1 SGB IV regelt die funktionale Selbstverwaltung im Sinne einer rechtlichen Verselbständigung des Verwaltungsträgers. § 29 Abs. 2 SGB IV betrifft die politische Selbstverwaltung und meint die Partizipation derjenigen, deren Beiträge vom Versicherungsträger verwaltet werden, nämlich in der Regel durch paritätische Zusammensetzung aus Versicherten und der Arbeitgeber. Die juristische Selbstverwaltung betrifft die inhaltlichen Grenzen der Selbstverwaltung, die nach dem Grundsatz des Gesetzesvorranges ausschließlich im Rahmen des Gesetzes und sonstigen maßgebenden Rechts zu erfolgen hat (§ 29 Abs. 3 SGB IV).
(b) Gewährleistet ist damit Weisungsfreiheit und eine Beschränkung aufsichtsbehördlicher Befugnisse auf Rechtsaufsicht; in Verbindung mit der Verleihung der Rechtsfähigkeit folgt aus der grundsätzlichen Verleihung des Rechts zur Selbstverwaltung, dass die Versicherungsträger ein subjektives Recht gegenüber der Staatsverwaltung auf Wahrung ihrer gesetzlich eingeräumten Kompetenzen haben; gegenüber der Einflussnahme durch die unmittelbare Staatsverwaltung geschützt wird neben dem Kernbereich der Aufgabenerfüllung auch die Organisation des internen Geschäftsablaufes (BSG, Urteil vom 17.07.1985 – 1 RS 6/83 -). Dieses Recht können sie im Sozialrechtsweg verteidigen bzw. durch Feststellungsklage geltend machen, wenn es von der staatlichen Exekutive – gleich ob durch die Aufsichtsbehörde oder durch andere Landes- oder Bundesbehörden – nicht respektiert bzw. der ihnen zur Eigenverantwortung überlassene Wirkungsbereich unzulässig eingeschränkt wird (vgl. BSG a.a.O.). Zur Entscheidung darüber, ob und ggf. inwieweit das Selbstverwaltungsrecht verletzt wurde, ist die Sozialgerichtsbarkeit die Gerichtsbarkeit, die durch ihre diesbezügliche Sachkunde und Sachnähe zur Entscheidung über diesen in Frage stehenden Anspruch allein geeignet ist. Sowohl unter diesem Gesichtspunkt als auch unter Berücksichtigung des allen Rechtswegregelungen zugrunde liegende Ziels der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung ist eine Entscheidung durch die Sozialgerichtsbarkeit über die Reichweite des Selbstverwaltungsrechts von Versicherungsträgern geboten.
(3) Einzuräumen ist der Beklagten, dass der Auskunftsbeschluss als solcher nicht dem Sozialversicherungsrecht zuzuordnen ist. Das Auskunftsverlangen gründet auf § 59 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 2, Abs. 6 GWB i.V.m. §§ 1, 32 GWB und hat insoweit den Charakter eines kartellbehördlichen Handelns. Indessen kommt es hierauf nicht an. Maßgebender Bezugspunkt ist das Klagebegehren und nicht die Frage, auf welche Rechtsgrundlage die angegriffene Entscheidung gestützt wird. Die Klage ist gerichtet auf Aufhebung des Auskunftsbeschlusses wegen eines – nach Auffassung der Klägerin – hierdurch bedingten Eingriffs in ihr Selbstverwaltungsrecht. Da sich das Klagebegehren mithin nicht aus dem Wettbewerbsrecht herleitet, sondern sich allein auf das Rechtsverhältnis der Klägerin als Sozialversicherungsträger zur Staatsverwaltung bezieht, kommt es für die Rechtswegbestimmung weder auf den Anlass für die kartellrechtlichen Verfügung, nämlich die Umstände der Erhebung von Zusatzbeiträgen (§ 242 SGB V) noch darauf an, dass das Bundeskartellamt seinen – von der Klägerin angefochtenen – Bescheid auf kartellrechtliche Ermittlungsbefugnisse und Verbotsnormen nach Maßgabe der §§ 59 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 2, Abs. 6 i.V.m. §§ 1, 32 GWB stützt. Die Beklagte kann insbesondere für die Prüfung des Rechtsweges keinen Vorrang des von ihr vorgetragenen kartellverwaltungsrechtlichen Rechtsverhältnisses daraus ableiten, dass sich eine Verletzung der Selbstverwaltungsgarantie aus ihrer Sicht von vornherein erst als Folge einer fehlerhaften Rechtsanwendung des Kartellverwaltungsrechts darstellen könnte. Vielmehr lässt sich auch umgekehrt dergestalt argumentieren, dass der Anwendungsbereich der kartellverwaltungsrechtlichen Befugnisse erst eröffnet ist, wenn das abschließende Aufsichtsrecht des SGB IV dies ausdrücklich zulässt (zutreffend LSG Hessen, Beschluss vom 01.06.2010 – L 1 KR 89/10 KL -).
(4) Die Maßnahme der Beklagten ist unter Zugrundelegung des Vortrags der Klägerin geeignet, ihre sozialversicherungsrechtlich geregelte Aufgabenwahrnehmung zu beeinträchtigen. Der Auskunftsbeschluss der Beklagten legt der Klägerin ein Informationshandeln auf, welches ihre Aufgabenerfüllung als Sozialversicherungsträger betrifft, nämlich die eigenverantwortliche Beitragserhebung nach § 3 SGB V, die Vorbereitung einer Satzungsregelung zur Erhebung eines Zusatzbeitrages nach § 242 SGB V und die Zusammenarbeit der Krankenkassen in diesem Kernbereich der Aufgabenerfüllung nach § 86 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X). Zugunsten des Sozialversicherungsträgers gewährleistet § 29 Abs. 3 SGB IV, sowohl unbehelligt von Auskunftspflichten die Festlegung des Beitragssatzes vorzubereiten und zu beschließen, als auch hierfür in gebotenem Umfange mit anderen Krankenkassen zusammenzuarbeiten. Sollte dem Auskunftsbeschluss eine Rechtsgrundlage fehlen, wären sonach subjektive öffentliche Rechte der Klägerin aus § 29 SGB IV verletzt.
bb) Aus alledem folgt, dass der Rechtsweg zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit eröffnet ist, es sei denn § 63 GWB enthält eine § 51 SGG verdrängende Rechtswegzuweisung. Das trifft im Ergebnis nicht zu, was sich wie folgt ergibt:
(1) Zwar wird der kartellgerichtliche Rechtsweg nach § 63 GWB zum Oberlandesgericht allein durch die Verfügung der Kartellbehörde als Streitgegenstand bestimmt. Die rein formelle Zuweisung nach § 63 GWB einerseits und die materiell-rechtsverhältnisbezogene Zuweisung nach § 51 SGG begründen einen der systematischen Interpretation zuzuordnen Normenkonflikt, denn auf ein und denselben Sachverhalt erscheinen – isoliert betrachtet – mehrere gesetzliche Tatbestände anwendbar. In derartigen Fällen der Gesetzeskonkurrenz kann eine der Normen einen weiteren (generellen) Anwendungsbereich haben als die konkurrierende speziellere Norm. Gemeinhin wird dann das Prinzip "lex specialis derogat legi generali" vertreten. Dies könnte auf einen Vorrang des § 63 GWB hindeuten. Das ist indessen nicht der Fall. Die Anwendung vorgenannter Regel setzt ein Spezialitätsverhältnis voraus. Spezialität läge vor, wenn – isoliert interpretiert – alle Sachverhalte, die unter § 63 GWB subsumiert werden können, gleichzeitig auch § 51 SGG zurechenbar sind, nicht aber umgekehrt. Tatsächlich liegt nur partiell ein Überscheidungsverhältnis vor (hierzu Zippelius, Einführung in die juristische Methodenlehre, 3. Auflage, 1980, S. 48 ff.; Kramer, Juristische Methodenlehre, 2. Auflage, 2005, S. 96 ff.). Der Anwendungsbereich von § 51 SGG deckt zwar den des § 63 GWB völlig ab, geht aber über diesen noch hinaus. Die Normen haben insofern überschneidende, daneben aber auch exklusive Anwendungsbereiche. Beide Regelungen sind als abdrängende Sonderzuweisungen auf gleichrangigem Konkretisierungsniveau stehende Spezialvorschriften zu § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Die anlässlich des Kompetenzkonflikts im Vergaberecht nach altem Recht angestellten Erwägungen (BSG, Beschluss vom 22.04.2008 – B 1 SF 1/08 R -; BGH, Beschluss vom 15.07.2008 – X ZB 17/08 -) sind daher auf den vorliegenden Rechtsstreit nicht übertragbar (zutreffend LSG Hessen, Beschluss vom 01.06.2010 – L 1 KR 89/10 KL -).
(2) Vielmehr gilt: Der Spezialitätsgrundsatz darf auch in Fällen, in denen unstreitig ein reines lex generalis-/lex specialis-Verhälnis vorliegt, keineswegs unkritisch-mechanisch verwendet werden (Kramer, a.a.O., S. 98; Zippelius, a.a.O., S. 50), ist vielmehr einer Wertung zugänglich und insbesondere auch unter dem Blickwinkel des Grundsatzes "lex posterior derogat legi priori" anzuwenden. Hieraus folgt: Ausgehend von den gesetzgeberischen Wertungen, die der Zuordnung des Kartellrechtsschutzes zwischen Sozialgerichtsbarkeit und ordentlicher Gerichtsbarkeit zugrunde liegen, ist dieser Normenkonflikt zu Gunsten von § 51 SGG aufzulösen. Die letzten Novellierungen sowohl des SGB V als auch des GWB haben zu einer Bestätigung oder gar Erweiterung des Zuständigkeitsbereichs der Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit in Abgrenzung zu dem der Oberlandesgerichte geführt. Der von der Beklagten angeführte Konzentrationsgedanke zugunsten des Oberlandesgerichts wurde hingegen in der jüngeren Gesetzgebung im Verhältnis zur Sozialgerichtsbarkeit gerade nicht weiterverfolgt. So wurde mit der Neufassung des § 69 SGB V durch das GKV-WSG vom 30.03.2007 (BGBl. I 378) im Verhältnis der Krankenkassen zu den Leistungserbringern (Beschaffungstätigkeit der Krankenkassen bei Nachfrage nach medizinischen Sach- und Dienstleistungen) u.a. durch Anordnung der entsprechenden Anwendung der §§ 19 bis 21 GWB und Ausschluss der Anwendung des UWG und GWB im Übrigen ein eigenes sozialrechtliches Kartellrecht geschaffen bzw. neu ausgestaltet und der Rechtsweg zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit bestätigt (zutreffend LSG Hessen, Beschluss vom 01.06.2010 – L 1 KR 89/10 KL -).
Die Ausgestaltung der Rechtsaufsicht über die Krankenkassen (vgl. oben) führt zudem dazu, dass für Klagen gegen Maßnahmen des Bundesversicherungsamtes auf dem Gebiet des (ggf. entsprechend anzuwendenden) Kartellrechts nach allgemeinen Regeln der Sozialrechtsweg eröffnet ist. Konsequent hat sich daher im Gesetzgebungsverfahren zum GKV-WSG die Auffassung durchgesetzt, dass eine Fusionskontrolle durch das Bundeskartellamt neben den aufsichtsbehördlichen Befugnissen des Bundesversicherungsamtes einer ausdrücklichen Änderung des SGB IV oder SGB V bedürfte, da der Zusammenschluss der Kassen abschließend und allein der Genehmigung des Bundesversicherungsamtes unterliegt (LSG Hessen, Beschluss vom 01.06.2010 – L 1 KR 89/10 KL -). Der Gesetzgeber hat auf eine solche Öffnungsklausel verzichtet. Der Neuordnung des Vergaberechtsweges im Bereich der Tätigkeit der Krankenkassen als öffentliche Auftraggeber durch das Gesetz zur Weiterentwicklung der Organisationsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-OrgWG) vom 15.12.2008 (BGBl. I 2426) liegt vielmehr ausdrücklich die Wertung zugrunde, dass der Einheitlichkeit des Sozialrechtsweges der Vorrang gegenüber der Einheitlichkeit des Vergaberechtswegs einzuräumen ist (BT-Drs. 16/10609, S. 65).
(3) Demgegenüber ist § 63 GWB unverändert geblieben. Die Vorschrift entspricht § 62 GWB i.d.F. bis zur 6. GWB-Novelle 1998 (Bechtold, GWB, 5. Auflage 2008, § 63 Rdn. 1). Die Neufassung durch Bekanntmachung vom 15.07.2005 (BGBl I 2114) hat § 63 GWB nicht geändert. Die Änderungen des § 63 Abs. 4 Satz 1 i.d.F. von Art. 132 der 9. Zuständigkeitsanpassungsverordnung vom 31.10.2006 (BGBl. I 2407) und durch Art. 1 Nr. 11 des Gesetzes zur Bekämpfung von Preismissbrauch im Bereich der Energieversorgung und des Lebensmittelhandels vom 18.12.2007 (BGBl. I 2966) haben in Abs. 4 Satz 1 lediglich das dort genannte Ministerium neu bezeichnet. Allerdings ist dem zu entnehmen, dass der Gesetzgeber keinen Änderungsbedarf im Hinblick auf das Verhältnis von § 63 GWB zu § 51 SGG gesehen hat, mithin auch insoweit im Ergebnis nochmals dokumentiert hat, ein eigenes sozialrechtliches Kartellrecht geschaffen zu haben. Dass hieraus herrührende Streitigkeiten den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit zugewiesen sind, ergibt sich unmittelbar aus § 51 SGG. Hätte der Gesetzgeber auch insoweit eine Zuständigkeit des Oberlandesgerichts begründen wollen, wäre es sein Pflicht gewesen, dies durch gesonderten gesetzgeberischen Akt, nämlich eine Ergänzung des § 51 SGG oder des § 63 GWB ausdrücklich anordnen. Das ist nicht geschehen. Das "beredte" Schweigen des Gesetzgebers belegt mithin, dass in derartigen Fallkonstellationen der Rechtsweg zu den Sozialgerichten eröffnet sein soll.
Nach alledem ist der Rechtsweg zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit gegeben.
III.
Der Senat lässt die Beschwerde zum Bundessozialgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung zu (§ 17a Abs. 4 Sätze 4 und 5 GVG).
Erstellt am: 19.07.2010
Zuletzt verändert am: 19.07.2010