Rev. der Kl. gegen Urteil des LSG wird zurückgewiesen.
Die Klage wird abgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens. Die Revision wird zugelassen. Der Streitwert wird auf 2.500.000,00 Euro festgesetzt.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt höhere Zuweisungen aus dem morbiditätsorientierten Risikostrukturausgleich (Morbi-RSA) für das Ausgleichsjahr 2012. Streitig ist, ob im Jahresausgleichsbescheid 2012 die Zuweisungen wegen eines Methodenfehlers bei der Berechnung der risikoadjustierten Zu- und Abschläge rechtswidrig zu niedrig festgesetzt worden sind, weil nach den Festlegungen des Bundesversicherungsamtes (BVA) die Leistungsausgaben für im Berichtsjahr verstorbene Versicherte nicht annualisiert werden.
Seit 1994 findet zum Ausgleich der unterschiedlichen Risikostrukturen zwischen den gesetzlichen Krankenkassen jährlich ein Risikostrukturausgleich (RSA) statt. Er zielt darauf ab, die finanziellen Auswirkungen von Unterschieden in der Verteilung der Versicherten auf nach Alter und Geschlecht getrennte Versichertengruppen und Morbiditätsgruppen zwischen den Krankenkassen auszugleichen.
Die gesetzlichen Regelungen der §§ 266 ff. Fünftes Buch Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V) sehen seit dem 01.01.2009 vor, die Versichertengruppen und die Gewichtungsfaktoren nach Klassifikationsmerkmalen zu bilden, die zugleich die Morbidität der Versicherten unmittelbar berücksichtigen (so genannter Morbi-RSA). Die zur Bestimmung der Einzelheiten ergangene Regelung des § 31 Risikostrukturausgleichsverordnung (RSAV) macht dazu in Abs. 1 nähere Vorgaben für das Versichertenklassifikationsmodell (u.a. Begrenzung auf 50-80 Krankheiten) und regelt in Abs. 2 und 3 die Berufung eines Wissenschaftlichen Beirats beim BVA, der Vorschläge für die Anpassung eines Klassifikationsmodells an die GKV und dessen Weiterentwicklung erarbeiten soll. Gemäß Abs. 4 legt das hierzu ermächtigte BVA auf der Grundlage dieser Empfehlung die zu berücksichtigenden Krankheiten, die aufgrund dieser Krankheiten zugrundezulegenden Morbiditätsgruppen, den Algorithmus für die Zuordnung der Versicherten zu den Morbiditätsgruppen, das Regressionsverfahren zur Ermittlung der Gewichtungsfaktoren und das Berechnungsverfahren zu Ermittlung der Risikostrukturzuschläge nach Anhörung der Spitzenverbände der Krankenkassen fest und gibt diese Festlegungen in geeigneter Weise bekannt. Das Festlegungsverfahren ist dokumentiert auf der Homepage des BVA unter "Risikostrukturausgleich" – "Festlegungen".
Die dem RSA dienenden Zuschläge für alle Risikogruppen werden dabei durch ein für den Morbi-RSA in § 34 Abs. 1 Satz 1 RSAV vorgeschriebenes Regressionsverfahren ermittelt. Mittels dieses statistischen Verfahrens wird der quantitative Zusammenhang zwischen einer oder mehreren unabhängigen Variablen und einer abhängigen Variablen ermittelt. Die Ausgaben je Versichertem bilden die abhängige Variable, während die Zuordnung der Versicherten zu den Risikogruppen die unabhängige Variable bildet. Die sich ergebenden Regressionskoeffizienten sind als Anteile an den Ausgaben eines Versicherten zu interpretieren, die der jeweiligen Risikogruppe zugerechnet werden können. Sie werden als Jahreswerte ermittelt; da aber Zuweisungen taggenau (je Versichertentag) zugewiesen werden, werden die ermittelten Regressionskoeffizienten durch 365 geteilt. Da im Regressionsverfahren jeder Versicherte unabhängig von der Dauer der Versicherung gleichwertig berücksichtigt wird, also die Ausgaben für einen Versicherten, der nur einen Tag versichert war, ebenso in die "Durchschnittsbildung" eingehen wie die Ausgaben für einen ganzjährig Versicherten, wird in der internationalen Gesundheitsökonomie empfohlen, zur Vermeidung einer Unterschätzung der Ausgaben die Ausgaben von Versicherten mit unvollständigen Versichertenepisoden vor Durchführung der Regression auf das Gesamtjahr hochzurechnen (annualisieren) und im Gegenzug bei der Durchführung des Regressionsverfahrens mit dem Kehrwert des Hochrechnungsfaktors der Annualisierung zu gewichten.
Das BVA hat in den Festlegungen vom 03.07.2008 für das Ausgleichsjahr 2009 dieses Verfahren zwar grundsätzlich angewandt, jedoch nicht im Falle der im Ausgleichsjahr Verstorbenen. Deren Ausgaben werden nicht annualisiert und gehen auch nicht abgewichtet in die Regression ein. Vielmehr erhalten diese Ausgaben das Gewicht 1, werden also so behandelt, als seien sie im Gesamtjahr angefallen. Auf diese Weise gehen die Ausgaben der im Ausgleichsjahr Verstorbenen nur zur Hälfte in die Berechnung der Zuschläge für die jeweilige Risikogruppe ein, da solche Versicherte statistisch gesehen im Durchschnitt in der Jahresmitte verstorben sind. Zum Ausgleich werden über einen Korrekturfaktor die Zuschläge aller Risikogruppen proportional angehoben.
Zur Begründung hatte das BVA in den Erläuterungen zum Entwurf, der zur Anhörung gestellt worden war, ausgeführt, hinsichtlich der Ausgaben von Versicherten mit unvollständigen Versichertenepisoden seien verschiedene Varianten im Hinblick auf die Prognosegüte des Modells verglichen worden. Dabei sei man zu dem Ergebnis gelangt, die Ausgaben der unterjährig Versicherten mit Ausnahme der Verstorbenen auf das Jahr hochzurechnen und die Versicherten in der Regression durch ein Gewicht, das dem Kehrwert des Annualisierungsfaktors entspreche, zu gewichten. Die Ausgaben Verstorbener würden nicht annualisiert, da es ansonsten zu einer Überschätzung der Ausgaben käme. In der Anhörung hatten keine der sich äußernden Kassen und keiner ihrer Verbände diesem Vorgehen widersprochen.
In den Folgejahren hielt das BVA an dem Berechnungsverfahren fest, obwohl ein Teil der Kassen die Annualisierung auch der Ausgaben der Verstorbenen gefordert und sich auch der Wissenschaftliche Beirat für eine entsprechende Änderung des Verfahrens ausgesprochen hatte. Das BVA wies zuletzt im Zusammenhang mit den Festlegungen für 2012 darauf hin, im Hinblick auf die in Auftrag gegebene Evaluation des Jahresausgleichs 2009 solle diese Frage im größeren Kontext der Weiterentwicklung des RSA diskutiert werden.
In dem "Evaluationsbericht zum Jahresausgleich 2009 im Risikostrukturausgleich" von Drösler et. al. (Evaluationsbericht) vom 22.06.2011 wird festgestellt, dass es infolge der fehlenden Annualisierung zu einer systematischen Überdeckung jüngerer Altersgruppen und Unterdeckung älterer Altersgruppen komme, ebenso zu Überdeckungen bei Krankheiten mit geringer Mortalität und Unterdeckungen bei Krankheiten mit höherer Mortalität. Eine Annualisierung auch der Ausgaben Verstorbener beseitige diese Über- und Unterdeckungen und führe auch auf Kassenebene zu zielgenaueren Zuweisungen.
Im Verfahren L 16 KR 646/12 KL hat sich die Klägerin u.a. gegen den Grundlagenbescheid III/2012 vom 28.09.2012 und den Korrekturbescheid II/2012 vom 15.10.2012 gewandt; diese Bescheide sind während des Verfahrens durch den Grundlagenbescheid IV/2012 vom 28.03.2013 und den Korrekturbescheid III/2012 vom 15.04.2013 ersetzt worden.
Die Klägerin hielt die Zuweisungen für das Jahr 2012 für rechtswidrig zu niedrig. Die Festlegungen der Beklagten wiesen einen logisch-mathematischen Fehler auf, der sie jährlich rechtswidrig mit schätzungsweise 73 Millionen Euro belaste. Das BVA habe es fehlerhaft unterlassen, eine Annualisierung der Ausgaben von im Ausgleichsjahr verstorbenen Versicherten – anders als bei allen anderen Versicherten mit unvollständigen Versichertenepisoden – vorzunehmen. Dies widerspreche den wiederholten und seit langem bekannten Empfehlungen des Wissenschaftlichen Beirats und inzwischen sogar der eigenen fachlichen Einschätzung des BVA. Wie die Evaluation für das Ausgleichjahr 2009 durch den Wissenschaftlichen Beirat ergeben habe, führe dies zu einer Unterdeckung der Ausgaben ab einem Lebensjahr von 60 Jahren bei männlichen und 70 Jahren bei weiblichen Versicherten und damit zu einer gesetzeswidrigen Begünstigung der Risikoselektion anhand des Merkmals Alter. Dadurch würden Krankenkassen mit überdurchschnittlich vielen alten Versicherten benachteiligt und solche mit jüngeren Versicherten begünstigt. Die aufgrund der Festlegungen des BVA zu niedrigen Zuweisungen für alte und kranke Versicherte verstießen gegen die höherrangigen gesetzlichen Vorgaben von § 266 Abs. 1 S. 2 SGB V und § 31 Abs. 1 RSAV. Sie verfehlten die gesetzliche Zielsetzung des RSA, die unterschiedlichen Risiken aufgrund von Alter, Geschlecht und Morbidität zwischen den Krankenkassen auszugleichen und erzeugten umgekehrt entgegen § 31 Abs. 1 RSAV Anreize zur Risikoselektion. Die Festlegungen seien als verwaltungsinterne Vorbereitungshandlungen im Rahmen der Überprüfung der darauf beruhenden Bescheide gerichtlich vollständig auf ihre Rechtmäßigkeit zu überprüfen. Hinreichende normative Ansatzpunkte für die Einräumung eines gerichtlich nur eingeschränkt kontrollierbaren Beurteilungsspielraums seien dem SGB V nicht zu entnehmen. Selbst wenn man die Festlegungen – aus Sicht der Klägerin zu Unrecht – als so genannte normkonkretisierende Verwaltungsvor-schriften qualifizieren wollte, ändere dies nichts an ihrer Rechtswidrigkeit, weil Rechenfehler und die Verwendung nicht anerkannter Berechnungsmethoden stets zur Rechtswidrigkeit des behördlichen Handelns führten.
Der logisch-mathematische Fehler der Festlegungen werde auch nicht dadurch ausgeglichen, dass unter Umständen weiterer Änderungsbedarf bestehe oder möglicherweise sogar andere Regelungen ebenfalls rechtswidrig seien. Für die in diesem Zusammenhang diskutierten Krankengeldzuweisungen bestehe noch erheblicher Forschungsbedarf. Zudem betreffe dieser Komplex nicht die Ebene der Festlegung durch das BVA, sondern die RSAV selber. Auch könnten selbst weitere Rechtswidrigkeiten einen feststehenden Fehler nicht beseitigen – erst recht nicht, wenn es keine Anhaltspunkte für eine gegenseitige Neutralisierung der Fehlerwirkungen gebe.
Bezogen auf die Festlegungen für das Ausgleichsjahr 2012 führt sie ergänzend aus: Bereits im Zeitpunkt des Erlasses der Festlegungen für das Jahr 2009 am 03.07.2008 sei bekannt gewesen, dass die vorgesehene Berechnungsmethode dem damaligen Erkenntnis – und Erfahrungsstand widersprochen habe. Dies gelte nach mehrfachen Empfehlungen des Wissenschaftlichen Beirats und insbesondere dem Evaluationsbericht vom 22.06.2011 erst recht für den Zeitpunkt des Erlasses der inhaltlich identischen Festlegungen für das Jahr 2012 am 30.09.2011 sowie der nachfolgend darauf gestützten streitgegenständlichen Bescheide. Selbst wenn man mit dem Urteil des Senats L 16 KR 249/09 KL den Zeitpunkt des Erlasses der Festlegungen für das folgende Ausgleichsjahr als maßgeblichen Zeitpunkt für den wissenschaftlichen Erkenntnisstand und damit die Rechtmäßigkeit der Festlegung qualifizieren wolle, seien die Festlegungen für das Ausgleichjahr 2012 rechtswidrig. Denn spätestens mit dem Abschlussbericht des Beirats vom 22.06.2011 und der eindeutigen Feststellungen der verzerrenden, die gesetzlichen Vorgaben verfehlenden Auswirkungen der unterbliebenen Annualisierung sei ein Erkenntnisstand erreicht worden, der eine Änderung im Rahmen der am 30.09.2011 erlassenen Festlegungen zwingend geboten habe.
Die Beklagte ging von der Rechtmäßigkeit der seinerzeit streitigen Zuweisungen für das Jahr 2012 aus. Die diese zu Grunde liegenden Festlegungen verstießen nicht gegen § 266 SGB V. Das BVA habe zur Klärung der Frage, wie die Ausgaben von Versicherten, die nicht an allen Tagen des Berichtsjahres versichert waren, in der Regression behandelt werden sollen, in einer Analyse verschiedene Varianten im Hinblick auf die Prognosegüte des Modells verglichen. Es seien vier Varianten jeweils alternativ mit Monats- und Tageswerten durchgerechnet worden, nämlich a) mit Annualisierung, b) ohne Annualisierung mit Ganzjahreszuweisungen, c) mit Annualisierung und Kappung des Ausgaben bei 250.000 Euro und schließlich d) entsprechend den späteren Festlegungen. Das statistische Bestimmtheitsmaß R² habe den besten Wert für die Ganzjahreszuweisung erbracht; von dieser Berechnungsweise habe man aus rechtlichen Gründen Abstand genommen. Von den verbliebenen Varianten sei die in den Festlegungen gewählte mit den damals zur Verfügung stehenden Daten aus dem Jahr 2005 geringfügig besser gewesen. Die ersten Festlegungen für das Ausgleichsjahr 2009, nach denen die Ausgaben Verstorbener nicht annualisiert worden seien, da es ansonsten zu einer Überschätzung der von ihnen verursachten Ausgaben gekommen wäre, seien auch von allen Anhörungspartnern mitgetragenen worden. Der Diskussion sei insbesondere auch in dieser Thematik eine intensive fachliche Auseinandersetzung über die in Betracht kommenden Umsetzungsmöglichkeiten vorausgegangen; von keinem Anhörungspartner sei die vom BVA vorgeschlagene Verfahrensweise infrage gestellt worden sei. Mit der Beschränkung der Hochrechnung auf die Leistungsausgaben von nicht verstorbenen Versicherten habe auch der Wissenschaftliche Beirat in seinem Gutachten zur Krankheitsauswahl vom Dezember 2007 im Übrigen ein identisches Annualisierungsverfahren empfohlen.
In den Folgejahren sei die grundlegende Einschätzung des BVA vor dem Hintergrund der weiter sehr kontroversen Stellungnahmen und einer weiterhin fehlenden Positionierung des GKV-Spitzenverbandes unverändert geblieben. Der Wissenschaftliche Beirat habe zwar im Ende 2011 veröffentlichten Evaluationsbericht zum Jahresausgleich 2009 neben zahlreichen weiteren Fragestellungen auch die bis dahin praktizierte Berücksichtigung unvollständiger Versichertenepisoden umfassend untersucht und dargelegt, dass es bei alten Versicherten und jungen Versicherten mit schweren Krankheiten zu Unterdeckungen komme. Auch habe das BVA dem GKV-Spitzenverband im Rahmen des Festlegungsverfahrens für das Ausgleichsjahr 2013 am 27.07.2012 einen Entwurf zur Anhörung vorgelegt, der hinsichtlich der Berücksichtigung unvollständiger Versichertensepisoden erstmals den Vorschlag einer Änderung des Berechnungsverfahrens enthalten habe. Die Bundesregierung sehe zum jetzigen Zeitpunkt aber keine Notwendigkeit für wesentliche Änderungen am RSA. Die Veränderung der Behandlung unvollständiger Versichertenepisoden sei vielmehr in einem größeren, übergreifenden Kontext zusammen mit anderen Fragestellungen vorzunehmen.
Bezogen auf die Festlegungen für das Ausgleichsjahr 2012 führte sie ergänzend aus: Vor dem Hintergrund der sich dem BVA zum Zeitpunkt der Festlegung im Sommer 2011 darstellenden Faktenlage seien die getroffenen Regelungen zum Umgang mit unvollständigen Versichertenepisoden nicht zu beanstanden. Das Anhörungsverfahren sei auch im Vorfeld der Festlegungen für das Ausgleichsjahr 2012 ordnungsgemäß durchgeführt worden und habe im Ergebnis zu einer Beibehaltung des Verfahrens der Berücksichtigung unvollständiger Versichertenepisoden geführt. Das BVA sei der Empfehlung des Wissenschaftlichen Beirats auch bei diesen Festlegungen nicht gefolgt, da seiner Ansicht nach die Frage in größerem Kontext der Weiterentwicklung des Gesamtverfahrens zu diskutieren sei. Die von der Klägerin dargelegte Einigkeit über das Vorliegen des von ihr behaupteten methodischen Fehlers und über Art und Notwendigkeit seiner Behebung habe keinesfalls bestanden. Die sich dem BVA im Sommer 2011 nach Auswertung der Stellungnahmen darstellende, nach wie vor äußerst kontroverse Meinungslage unter den Anhörungspartnern sowie die Tatsache, dass der GKV-Spitzenverband keine Empfehlung habe abgeben können, hätten es einmal mehr erforderlich gemacht, vor einer Entscheidung die vorgetragenen Argumente weiter zu untersuchen.
Sie sehe sich in ihrer damaligen Entscheidung nunmehr auch durch die Entscheidungen des erkennenden Senats vom 22.11.2012 für die Ausgleichsjahre 2009 und 2010 (Hinweis auf die Urteile des Senats vom 22.11.2012 (u.a. zu den Festlegungen 2009 und 2010) – L 16 KR 88/09 KL, L 16 KR 249/09 KL) bestätigt. Der Senat habe dort insbesondere ausgeführt, es könne nicht die Rede davon sein, dass das BVA in den Festlegungen für die Ausgleichsjahre 2009 und 2010 aus sachfremden Erwägungen heraus einen wissenschaftlichen Standard, dessen Eignung und Notwendigkeit für den neuen Morbi-RSA schon festgestanden habe, unbeachtet gelassen habe. Diese Ausführungen könnten auf die Festlegungen des Ausgleichsjahres 2012 unproblematisch übertragen werden.
Auch eine zeitlich spätere Änderung der Festlegungen während des laufenden Ausgleichsjahres sei mangels Rechtsgrundlage nicht möglich gewesen. Sachlich und rechtlich geboten sei sie ohnehin nicht gewesen. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der dem nunmehr angegriffenen Grundlagenbescheid IV/2012 zu Grunde liegenden Festlegungen sei der Zeitpunkt ihrer Bekanntgabe (§ 31 Abs. 4 RSAV). Der erkennende Senat habe in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, dass sich Krankenkassen bei ihrer Finanzplanung auf die Grundlagen der Zuweisungen verlassen können müssten. Daher könnten die Festlegungen als Faktoren, welche die Verteilung der Zuweisungen auf die Krankenkasse maßgeblich steuern, nach ihrer Bekanntgabe nicht mit Wirkung für das laufende Ausgleichsjahr verändert werden. Eine Ausnahme bildeten, so das Gericht, nur die in § 31 Abs. 4 Satz 6 RSAV geregelten Sonderfälle. Auch § 266 Abs. 6 Satz 6 SGB V scheide als Rechtsgrundlage einer Korrektur aus. Die Vorschrift erfasse nur nachträgliche Korrekturen und keine Änderungen im laufenden Ausgleichsjahr, wie die Klägerin sie fordere. Ohnehin gelte in diesem Zusammenhang, dass ein bestimmter wissenschaftlicher Erkenntnisstand zum Zeitpunkt einer vorzunehmenden Festlegung nicht automatisch einen Anspruch der Klägerin oder anderer Krankenkassen auf eine bestimmte Festlegung im Sinne des § 33 Abs. 4 RSAV bewirke. Der Konkretisierungs- bzw. Entscheidungsspielraum des BVA umfasse auch die Entscheidung darüber, zu welchem Zeitpunkt eine Änderung bestimmter Festlegungen erfolge. Dass das BVA hierbei auch Überlegungen der Bundesregierung zur grundsätzlichen Weiterentwicklung des Morbi-RSA im Interesse der Vollzugsfähigkeit des GKV-Systems als Ganzes berücksichtigt habe, liege auf der Hand.
Mit Urteil vom 04.07.2013 (L 16 KR 646/12 KL) hat der erkennende Senat die Klage abgewiesen. Wegen der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe der Entscheidung verwiesen.
Mit Jahresausgleichsbescheid vom 15.11.2013 entschied das BVA gegenüber der Klägerin über
– die Zuweisungen aus dem Gesundheitsfonds (RSA) im Jahresausgleich 2012 und
– den Ausgleichsbetrag für Zuweisungen 2012 (= Teil 1)
– den Korrekturbetrag für Zuweisungen 2011 (= Teil 2)
– den Gesamt-Ausgleichsanspruch / die Gesamt-Ausgleichsverpflichtung 2012 (= Teil 3).
Danach belaufen sich die Zuweisungen aus dem Gesundheitsfonds im Ausgleichsjahr 2012 gemäß § 266 Abs. 6 Satz 3 SGB V, § 41 Abs. 3 i.V.m. Abs. 1 und 2 RSAV für standardisierte Leistungsausgaben einschließlich Krankengeld auf 5.857.691.528,31 Euro. Der Korrekturbetrag für Zuweisungen 2011 wurde als Ausgleichsverpflichtung der Klägerin in Höhe von 82.029,53 Euro festgestellt. Der von der Krankenkasse an den Gesundheitsfonds zu zahlende Betrag (die Gesamtausgleichsverpflichtung) beträgt 15.808.733,94 Euro. Der Bescheid enthielt den Hinweis, dass dieser gemäß § 96 Abs. 1 SGG Gegenstand des laufenden Rechtsstreites bzw. der laufenden Rechtsstreite vor dem Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen in Sachen Zuweisungen aus dem Gesundheitsfonds 2012 werde. Zur Wahrung der Rechte sei die Einlegung eines gesonderten Rechtsbehelfs nicht erforderlich.
Am 19.11.2013 hat die Klägerin Klage erhoben. Mit der Klage wendet sie sich (vorsorglich) gegen den Jahresausgleichsbescheid 2012 vom 15.11.2013. Das LSG NRW habe für das Ausgleichsjahr 2012 in dem ausgewählten Musterverfahren der Klägerin (L 16 KR 646/12 KL) eine Entscheidung verkündet. Eine Einbeziehung des Jahresausgleichsbescheides 2012 in dieses Musterverfahren im Wege der Klageerweiterung sei gemäß § 168 Satz 1 SGG ausgeschlossen. Die Festlegungen für das Ausgleichsjahr 2012 seien aufgrund der unterbliebenen Annualisierung der Ausgaben für verstorbene Versicherte mit einem logisch-mathematischen Fehler behaftet, der zur Rechtswidrigkeit der Festlegungen und damit zur Rechtswidrigkeit des Jahresausgleichsbescheides führe, der unter Anwendung der fehlerhaften Festlegungen ergangen sei. Die inzident zu überprüfende Rechtswidrigkeit der Festlegungen sei bereits Gegenstand des Verfahrens L 16 KR 646/12 KL gewesen. Zur Begründung ihrer Klage nehme sie vollinhaltlich Bezug auf ihren Vortrag im Verfahren L 16 KR 646/12 KL. Zwar habe das LSG mit Urteil vom 04.07.2013 die Klage betreffend die vorangegangenen Bescheide für das Ausgleichsjahr 2012 im Verfahren L 16 KR 646/12 KL zurückgewiesen. Dieses Urteil, das bereits mit der Revision (B 1 KR 10/14 R) angegriffen sei, ändere jedoch nichts an ihrer Auffassung zur Rechtswidrigkeit des RSA aufgrund des Berechnungsfehlers auch im Jahre 2012.
Die Klägerin beantragt schriftsätzlich,
den Jahresausgleichsbescheid 2012 vom 15.11.2013 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Zuweisungen aus dem Gesundheitsfonds an sie für das Jahr 2012 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu ermitteln.
Die Beklagte beantragt schriftsätzlich,
die Klage abzuweisen.
Sie hat auf ihre Ausführungen im Klageverfahren L 16 KR 646/12 KL und das in diesem Verfahren klageabweisende Urteil des erkennenden Senats vom 04.07.2013 verwiesen. Das Verfahren zum Jahresausgleichsbescheid 2012 betreffe wie das bereits erstinstanzlich entschiedene Verfahren zum Grundlagenbescheid IV/2012 und zum Korrekturbescheid III/2012 (L 16 KR 646/12 KL) das Ausgleichsjahr 2012. Der Grundlagenbescheid IV/2012 und der Korrekturbescheid III/2012 seien durch den Jahresausgleichsbescheid 2012 ersetzt worden.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Prozessakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
I.
Der Senat konnte im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheiden (§ 124 Abs. 2 SGG).
1. Die Klage ist zulässig. Sie ist bei dem nach § 29 Abs. 3 Nr. 1 SGG funktionell zuständigem Gericht erhoben worden. Gemäß § 78 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGG bedurfte es keines Vorverfahrens. Die Klägerin durfte ihre mit dem Aufhebungsantrag verbundene und letztlich auf höhere Zuweisungen für Leistungsausgaben zielende Verpflichtungsklage (vgl. BSG SozR 4-2500 § 266 Nr. 2 Rn. 16 (unter Verweis auf § 54 Abs. 4 SGG)) auf die Verpflichtung zur Neubescheidung beschränken. Mit dem angefochtenen Verwaltungsakt hat das BVA zwar eine gebundene Entscheidung getroffen, denn die Höhe der Zuweisungen steht nicht im Ermessen der Beklagten, der Klägerin ist jedoch eine Konkretisierung der von ihr beanspruchten Zuweisungshöhe gegenwärtig nicht möglich, weil die Auswirkungen der von ihr angenommenen Unwirksamkeit der Festlegungen des BVA von ihr nicht zu beziffern sind (vgl. Senat, Urteile v. 22.12.2012 – L 16 KR 88/09 KL und L 16 KR 647/10 KL und v. 06.06.2013 – L 16 KR 24/09 KL).
2. Gegenstand des Verfahrens ist (allein) der (Jahresausgleichs-) Bescheid der Beklagten vom 15.11.2013.
Dieser Bescheid ist nicht gemäß § 96 Abs. 1 SGG Gegenstand des beim Bundessozialgericht anhängigen, den vorausgegangenen Grundlagenbescheid IV/2012 betreffenden Revisionsverfahrens geworden. Gemäß § 171 SGG gilt für den Fall, dass während des Revisionsverfahrens der angefochtene Verwaltungsakt durch einen neuen abgeändert oder ersetzt wird, der neue Verwaltungsakt als mit der Klage beim Sozialgericht angefochten, es sei denn, dass der Kläger durch den neuen Verwaltungsakt klaglos gestellt oder dem Klagebegehren durch die Entscheidung des Revisionsgerichts zum ersten Verwaltungsakt in vollem Umfang genügt wird. Diese Vorschrift gilt in entsprechender Anwendung auch für Verwaltungsakte, die mit einer unmittelbar beim Landessozialgericht zu erhebenden Klage angefochten werden müssen. In solchen Fällen gilt ein während des Revisionsverfahrens erlassener ändernder oder ersetzender Verwaltungsakt als mit der Klage beim erstinstanzlich zuständigen Landessozialgericht angefochten (BSG, Urteil vom 22.11.2012 – B 3 KR 19/11 R = BSGE 112, 201-221). Die Rechtsfolge des § 171 SGG tritt für das Revisionsverfahren an die Stelle der Rechtsfolge des § 96 Abs. 1 SGG (BSG, Urteil vom 29.08.2007 – B 6 KA 31/06 R zu § 172 Abs. 2 SGG in der bis zum 31.12.2011 geltenden Fassung).
Die Voraussetzungen des § 171 SGG liegen vor. Durch die endgültige Festlegung der Zuweisungen im Jahresausgleich 2012 (§ 266 Abs. 6 Satz 3 SGB V) ist der Grundlagenbescheid IV/12 im Sinne dieser Vorschrift ersetzt worden. Die Klägerin ist durch den Bescheid vom 15.11.2013 auch nicht klaglos gestellt worden. Auch wenn eine Entscheidung des Bundessozialgerichts als Revisionsgericht noch aussteht, ist der Senat an einer Entscheidung nicht gehindert, zumal viel dafür spricht, dass sich der Grundlagenbescheid IV/2012 durch den Bescheid vom 15.11.2013 in vollem Umfang erledigt hat, weil letzterer die endgültige Festsetzung der Höhe der Zuweisungen für das Jahr 2012 für die klagende Krankenkasse enthält (§ 266 Abs. 6 Satz 3 SGB V). Die Höhe der monatlichen Zuweisungen nach Maßgabe des § 266 Abs. 6 Satz 4 SGB V ist mithin lediglich insoweit von Bedeutung als erhaltene Zuweisungen als Abschlagszahlungen gelten und nach der Ermittlung der endgültigen Höhe der Zuweisungen für das Geschäftsjahr nach Satz 3 auszugleichen sind (§ 266 Abs. 6 Satz 5 SGB V).
Soweit nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts aus prozessökonomischen Gründen – dann wenn eine Entscheidung ohne weitere Ermittlungen möglich ist – ein neuer Verwaltungsakt auch dann nicht als durch Klage beim erstinstanzlich zuständigen Gericht angefochten gelten soll, wenn es sich um einen nur wiederholenden Verwaltungsakt mit neuer Begründung handelt oder wenn eine bereits getroffene rechtliche Regelung durch den neuen Verwaltungsakt lediglich "fortgeschrieben" wird (BSG, Urteil vom 22.11.2012 – B 3 KR 19/11 R = BSGE 112, 201-221), kann der Senat dahinstehen lassen, ob diese Auffassung mit dem Regelungsgehalt des § 171 SGG vereinbar ist. Denn diese Vorschrift ist weder dispositiv ausgestaltet, so dass von ihr auch nicht im Einverständnis der Beteiligten abgewichen werden kann, noch differenziert die Regelung danach, ob im Rahmen der Prüfung des ersetzenden Bescheides ausschließlich Rechtsfragen oder auch tatsächliche Umstände zu klären sind (BSG, Urteil vom 29.08.2007 a.a.O.). Jedenfalls handelt es sich bei dem Bescheid vom 15.11.2013 angesichts der mit ihm erst erfolgenden endgültigen Festsetzung für das vergangene Kalenderjahr weder um einen nur wiederholenden Verwaltungsakt noch wird die eine bereits getroffene Regelung lediglich "fortgeschrieben".
II.
Die Klage ist jedoch unbegründet. Der Bescheid vom 15.11.2013 ist rechtmäßig. Die Klägerin kann keine höheren Zuweisungen aus dem Gesundheitsfonds für das Ausgleichsjahr 2012 verlangen.
Die Zuweisungen aus dem Gesundheitsfonds für das Ausgleichsjahr 2012 und die entsprechende Ausgleichsverpflichtung der Beklagten sind in den angefochtenen Jahresausgleichsbescheid rechtmäßig festgesetzt worden. Zu Recht hat das BVA insoweit insbesondere die für dieses Ausgleichsjahr veröffentlichten Festlegungen vom 30.09.2011 (siehe "Festlegungen nach § 31 Abs. 4 RSAV für das Ausgleichsjahr 2012" unter 2.2. "Regressionsverfahren" und dazu die "Erläuterungen" unter IV. "Änderung des Berechnungsverfahrens" Nr. 13) zu Grunde gelegt und die Ausgaben Verstorbener im Ausgleichsjahr 2012 nicht annualisiert.
Diese Festlegungen für das Ausgleichsjahr 2012 sind nicht rechtswidrig. Sie sind nicht nur als Grundlage für die vorläufigen Entscheidungen über die Zuweisungen für dieses Ausgleichsjahr (Grundlagen-, Zuweisungs- und Korrekturbescheide) heranzuziehen gewesen, sondern auch für den abschließenden Jahresausgleichsbescheid vom 15.11.2013 maßgebend geblieben (vgl. hierzu Urteil des Senats vom 04.07.2013 – L 16 KR 756/12 KL).
Die Festlegungen vom 30.09.2011 für das Jahr 2012 sind auf ausreichender Rechtsgrundlage ergangen. Dies hat der Senat bereits mit Urteil vom 04.07.2013 (L 16 KR 646/12 KL) entschieden.
Der Senat hat ausgeführt:
"Dass § 31 Abs. 4 Satz 1 RSAV dem BVA die konkrete Ausgestaltung des Klassifikationsmodells einschließlich des Regressionsverfahrens zur Ermittlung der Gewichtungsfaktoren und des Berechnungsverfahrens zur Ermittlung der Risikozuschläge überträgt, begegnet keinen rechtlichen Bedenken (vgl. ausführlich dazu Senat, Urteil vom 06.06.2013 – L 16 KR 24/09 KL).
Bei den Festlegungen handelt es sich um außenverbindliche Rechtssätze, die in ihrer Funktion einer zwischengeschalteten Regelungsebene (vgl. Gerhard, NJW 1989, 2233, 2236) zwischen Gesetz bzw. Verordnung und Verwaltungsakt weitgehend den im Umweltrecht anerkannten normkonkretisierenden Verwaltungsvorschriften entsprechen (vgl. im Einzelnen Senat, Urteil vom 06.06.2013 – L 16 KR 24/09 KL, juris Rn.72 ff). Der Verordnungsgeber hat dem BVA daher beim Erlass dieser Festlegungen in einem begrenzten Umfang eine Befugnis zur letztverbindlichen Entscheidung (vgl Schmidt-Aßmann in: Maunz/Dürig, GG-Kommentar, Art. 19 Abs. 4 Rn. 180 m.w.N.) eingeräumt. Sie ergibt sich aus dem gesetzgeberischen Auftrag an die Verwaltung, für den RSA im Ausland vorhandene Modelle unter Beachtung des Stands der Gesundheitswissenschaft auf deutsche Verhältnisse zu übertragen, zu diesem Zweck Regeln für einen funktionsfähigen RSA aufzustellen und diese jährlich im Sinne eines auf ständige Überprüfung und Verbesserung angelegten lernenden Systems neu zu justieren (vgl. Senat, Urteil vom 06.06.2013 – L 16 KR 24/09 KL, juris Rn. 74; vgl. BT-Drs. 16/3100, S. 205 sowie BT-Drs. 14/6432, S. 15). Der Gesetzgeber hat damit auf gesundheitsökonomische Vorgaben des außerrechtlichen Bereichs Bezug genommen, über die anfangs für das deutsche Gesundheitssystem noch kein abgesicherter Konsens und keine ausreichenden Erfahrungen bestanden. Dadurch hat er das Modell des RSA als unvollständig sowie ergänzungsbedürftig angelegt und es so einer Ausgestaltung und Implementierung durch die vollziehende Gewalt geöffnet, die allerdings nur innerhalb der Bandbreite des wissenschaftlichen Meinungsspektrums erfolgen darf (vgl. Erbguth, DVBl 1989, 473,477 m.w.N.). Denn der Gesetzgeber hat sich bei der Regelung des RSA auf das Beispiel gesundheitsökonomischer Modelle aus dem Ausland bezogen und die Berücksichtigung wissenschaftlichen Sachverstands insbesondere durch den wissenschaftlichen Beirat beim BVA institutionalisiert (vgl. Senat, Urteil vom 06.06.2013 – L 16 KR 24/09 KL, juris Rn.74 sowie BVerfGE 113,167,264).
Hiervon ausgehend sind die Festlegungen für 2012 auch nicht hinsichtlich des gewählten Regressionsverfahrens rechtswidrig.
Entgegen anders lautender Ansicht handelt es sich bei der Entscheidung gegen eine Annualisierung nicht (nur) um einen "logisch-mathematischen" Fehler. Vielmehr geht es bei der Wahl des Regressionsverfahrens zur Ermittlung der Gewichtungsfaktoren um die (möglichst) zutreffende Abbildung der mit den ausgewählten Krankheiten verbundenen Behandlungskosten. Der Sachverständige Prof. – X. hat in diesem Zusammenhang ausgeführt, dass statistische Bewertungsmethoden durchaus zu unterschiedlichen Ergebnissen hinsichtlich der statistischen Kennziffern führen könnten, m.a.W. geprüft werden muss, mit welchem methodischen Vorgehen das beste Ergebnis erreicht werden kann. Wie das BVA in der mündlichen Verhandlung erläutert hat, waren im Zuge der Vorbereitung der Festlegungen für 2009 acht Modellvarianten mit den Daten aus dem Jahr 2005 durchgerechnet worden. Neben den Varianten mit und ohne Annualisierung der Ausgaben Verstorbener waren die weiteren eine ohne Annualisierung, aber mit Ganzjahreszuweisung ohne Berücksichtigung des Todeszeitpunkts (also nicht nur für die Versichertentage) und eine mit Annualisierung, aber Kappung der berücksichtigten Ausgaben bei 250.000 Euro. Alle Varianten wurden mit zwei Alternativen, nämlich Tages- und Monatswerten durchgerechnet. Das Modell mit dem besten Wert für das statistische Bestimmtheitsmaß R² (keine Annualisierung, aber Ganzjahreszuweisung) wurde aus rechtlichen Gründen verworfen, von den verbliebenen Modellen war für die Variante ohne Annualisierung der Wert R² geringfügig am besten. Vor diesem Hintergrund hat sich das BVA für diese Berechnungsmethode entschieden und bei der Anhörung darauf hingewiesen, von einer Annualisierung der Ausgaben Verstorbener werde abgesehen, ohne dass einer der Anhörungspartner oder der Krankenkassen diesem Vorgehen widersprochen hätte. Der gerichtliche Sachverständige Prof. – X. hat – ohne die Berechnungen des BVA zu kennen – konzediert, dass seinerzeit der Wert R² für das gewählte Modell besser gewesen sein könne und es bei statistischen Berechnungsmethoden häufig nach den statistischen Kennziffern Zielkonflikte geben, die aufgelöst werden müssten. Auch wenn insoweit in der internationalen Gesundheitsökonomie die Annualisierung bei unvollständigen Versichertenepisoden ohne Differenzierung zwischen Verstorbenen und Überlebenden empfohlen werden mag, kann die auf fachlichen Überlegungen beruhende Entscheidung des BVA gegen eine Annualisierung nicht als fehlerhaft qualifiziert werden, zumal dem BVA nach § 31 Abs. 1 Satz 1 RSAV die Anpassung des Klassifikationsmodells an die Gegebenheiten der GKV aufgegeben wird.
Das BVA war auch bei den nachfolgenden Festlegungen nicht gehalten, das Regressionsverfahren zu ändern.
Zwar hatte der AOK-Bundesverband im Rahmen des Verfahrens für die Festlegungen für 2010 darauf hingewiesen, die unterbliebene Annualisierung führe zu einer Unterschätzung der Ausgaben für jene Altersgruppen, die überdurchschnittlich viele Verstorbene aufwiesen, wohingegen die Ausgaben für die Altersgruppen, die unterdurchschnittlich viele Sterbefälle aufwiesen, systematisch unterschätzt würden. Er hatte daher vorgeschlagen, insoweit analog zur Berechnung bei allen anderen Versicherten mit unvollständigen Versichertenepisoden zu verfahren. In dem zur Anhörung gestellten Entwurf hatte das BVA auch eingeräumt, die Vorhersagegenauigkeit (d.h. das Verhältnis von Zuweisungen zu tatsächlichen Ausgaben) betrage für die Gruppe der Verstorbenen 29 %, für die der Überlebenden 103%; das gegenwärtige Verfahren führe auch zu systematischen Unterdeckungen bei bestimmten letalen Krankheiten. Der Vorschlag des AOK-Bundesverbandes führe dazu, dass sich die Vorhersagegenauigkeit für die Gruppe der Verstorbenen auf 33% erhöhe, nachteilig wirke sich bei diesem Vorschlag allerdings aus, dass die Überdeckungen für Überlebende von 103% auf 106% anstiegen. Aus diesem Grund werde eine weitere Variante verfolgt. Nach dieser bleibe es bei der Annualisierung der Ausgaben und der Berechnung der Regression entsprechend der Festlegung vom 03.07.2008. Allerdings erfolge auf der Ebene der Zuweisungen keine Umrechnung auf Versichertentage, d.h. bei der Höhe der Zuweisung erfolge keine Differenzierung nach dem Todeszeitpunkt. Diese Variante erreiche empirisch eine Vorhersagegenauigkeit im Hinblick auf Verstorbene von 62% und auf Überlebende von 103%, gleichzeitig werde wie beim Vorschlag des AOK-Bundesverbandes auf der Ebene aller Versicherten die Summentreue der Schätzung gewährleistet. Der Wissenschaftliche Beirat habe sich auf seiner Sitzung am 06.07.2009 mit der Problematik befasst. Er habe diesen Vorschlag nicht empfohlen, da er zu einer erhöhten Zuweisung an alle übrigen Versicherten führe. Er habe vielmehr empfohlen, bei der bestehenden Regelung hinsichtlich Annualisierung und Verwendung der entsprechenden Regressionsgewichtung zu bleiben, dafür aber die Zuweisung an Verstorbene unabhängig vom Todeszeitpunkt in voller Höhe zu leisten.
Der beabsichtigten Änderung des Berechnungsverfahrens wurde schon grundsätzlich von einer Reihe von Kassen widersprochen. Der GKV-Spitzenverband wies in seiner Stellungnahme u.a. darauf hin, die beabsichtigte Änderung implementiere eine Sonderregelung für Verstorbene, die nicht durch § 268 Abs. 1 SGB V gedeckt sei. Das BVA beschloss daraufhin, die Bedenken ausführlicher zu prüfen und eine entsprechende Anpassung zurückzustellen. Diese Entscheidung wurde mit dem Wissenschaftlichen Beirat am 16.09.2009 diskutiert. Dieser nahm zur Kenntnis, dass das beabsichtigte Verfahren eine Sonderbehandlung der Versicherten bedinge, für die man offenbar der Auffassung sein könne, dass es hierfür keine rechtliche Grundlage gebe. Aus empirischer Sicht bestünden jedoch Bedenken, denn die Unterdeckung bei Jahrgängen und Erkrankungen mit einem hohen Anteil Verstorbener und die Überdeckung bei Jahrgängen und Erkrankungen mit einem niedrigen Anteil Verstorbener seien evident. Er korrigiere daher seine Empfehlung vom 06.07.2009 und schlage das etablierte Standardverfahren vor, wie die unterjährigen Versicherungszeiten im RSA berücksichtigt würden. Dieses Verfahren solle auch bei den Verstorbenen Anwendung finden. Das BVA hielt aufgrund der deutlichen Bedenken insbesondere des GKV-Spitzenverbandes daran fest, zunächst eine intensive Prüfung der vorgetragenen Argumente vorzunehmen und die Änderung zurückzustellen.
Der Umstand, dass sich der Wissenschaftliche Beirat zunächst gegen die vom AOK-Bundesverband geforderte Annualisierung auch der Ausgaben für Verstorbene ausgesprochen hatte, weil es dadurch zu überhöhten Zuweisungen an die übrigen Versicherten komme, zeigt schon, dass nach dem damaligen Erkenntnisstand keineswegs die Annualisierung als allein "richtige" Berechnungsmethode geboten war (und es erst schon gar nicht um die "mathematisch-richtige" Berechnung geht, sondern die methodisch zutreffende Ermittlung der Gewichtungsfaktoren). Dass das BVA dann entgegen der Empfehlung des Wissenschaftlichen Beirats vom 16.09.2009 von der Annualisierung abgesehen hat, um die vorgetragenen Argumente intensiv zu prüfen, ist vor dem Hintergrund, dass die geänderte Empfehlung sich offenbar nicht auf neue Erkenntnisse stützte (dem Sachverständigen Prof. – X. war jedenfalls nicht erinnerlich, dass sich der Wissenschaftliche Beirat von neuen Berechnungen hat leiten lassen), nicht zu beanstanden.
Gleiches gilt für die Festlegungen für 2011. Auch insoweit gab es unverändert kontroverse Stellungnahmen, ohne dass zum Zeitpunkt des Erlasses neue Erkenntnisse vorlagen, die eindeutig gegen die bisherige Berechnungsmethode sprachen.
Erst mit dem Evaluationsbericht des Wissenschaftlichen Beirats zum Jahresausgleich 2009 vom 22.06.2011, in dem u.a. die Auswirkungen eines Verzichts auf die unterlassene Annualisierung untersucht worden ist, ist eine neue Beurteilungsbasis geschaffen worden. Der Wissenschaftliche Beirat hat darauf hingewiesen, dass das Vorgehen des BVA dazu führe, dass in Risikogruppen mit einem hohen Anteil Verstorbener ein größerer Anteil der Ausgaben fehle, als durch die proportionale Anhebung kompensiert werde. Umgekehrt würden in Risikogruppen mit einem unterdurchschnittlichen Anteil Verstorbener die wenigen fehlenden Ausgaben durch die proportionale Anhebung überkompensiert. Die Folge seien Überdeckungen in jungen Altersgruppen und Unterdeckungen in höheren Altersgruppen, Überdeckungen bei Krankheiten mit geringer Mortalität und Unterdeckungen bei Krankheiten mit hoher Mortalität, aber auch übermäßige Überdeckungen bei Kassenwechslern, Überlebenden oder Kostenerstattern. Bei einer Annualisierung auch der Ausgaben Verstorbener verbesserten sich die Gütemaße zur Messung der Zielgenauigkeit der Zuweisungen auf der Individualebene; auch auf der Ebene von Gruppen von Versicherten ergäben sich durchweg Verbesserungen der Zielgenauigkeit. Der Evaluationsbericht des Beirats hat nach der überzeugenden Einschätzung des Sachverständigen eine sichere empirische Grundlage für die Beurteilung der Berechnungsmethode des BVA als fehlerhaft geliefert, indem er die verfälschenden Auswirkungen der fehlenden Annualisierung erstmals anhand realer Daten aus dem deutschen Gesundheitssystem nachgewiesen hat (vgl. im Einzelnen die Senatsurteile vom 04.07.2013 – L 16 KR 800/12 KL und L 16 KR 774/12 KL). Der Sachverständige hat ausdrücklich eingeräumt, dass es zwar schon vor dem Bericht Indizien für die Unrichtigkeit des Berechnungsverfahrens gegeben habe, der Bericht jedoch hinsichtlich der Evidenz eine Kategorie "mehr" biete.
Die Ergebnisse des Evaluationsberichts waren im Rahmen der Festlegungen für 2012 noch nicht zu berücksichtigen.
Der Senat hat in seinen das Ausgleichsjahr 2011 betreffenden Urteilen vom 04.07.2013 (L 16 KR 732/12 KL und L 16 KR 756/12 KL; ebenso schon Senat, Urteile vom 22.11.2012 – L 16 KR 249/08 KL und L 16 KR 88/09 KL) dargelegt, dass für die Rechtmäßigkeit der Festlegung des Klassifikationsmodells und des Regressions- und Berechnungsverfahrens auf den Zeitpunkt des Erlasses der Festlegungen abzustellen ist. Da nach § 31 Abs. 4 Satz 1 RSAV die Festlegungen bis zum 30.09. für das folgende Kalenderjahr zu treffen sind, konnte angesichts der gesetzlichen Vorgabe das BVA entgegen der Argumentation der Klägerin keineswegs nach Veröffentlichung des Evaluationsberichts dessen Auswertung abwarten, weil der erste Grundlagenbescheid für 2012 erst Wochen später zu ergehen hatte, sondern musste die Festlegungen für 2012 bis zum 30.09.2011 bekannt geben. Maßgeblich ist somit der Erkenntnisstand zu diesem Zeitpunkt, wobei zusätzlich zu berücksichtigen ist, dass der Entscheidung des BVA ein Anhörungsverfahren vorgeschaltet ist und somit die Festlegungen nur auf Erkenntnissen beruhen dürfen, zu denen sich die Anhörungspartner auch äußern konnten.
Auf der Grundlage des insoweit jeweils maßgeblichen Erkenntnisstandes sind nach den genannten Senatsurteilen nicht nur die Festlegungen des BVA für das Ausgleichsjahr 2009 auch hinsichtlich des Regressionsverfahrens mit der Entscheidung gegen eine Annualisierung der Leistungsausgaben unterjährig Verstorbener rechtmäßig zu Stande gekommen; das BVA hat auch in den Folgejahren zu Recht von einer Änderung des Regressionsverfahrens abgesehen, bis zuverlässige Kenntnisse über die Auswirkungen dieser Entscheidungen und einer Änderung der Regressionsberechnung vorlagen. Erstmals sind das Klassifikationsmodell und die Berechnungsmethoden in dem Evaluationsbericht des Wissenschaftlichen Beirats vom 22.06.2011 auf der Basis der "Echtdaten" des Jahres 2009 geprüft worden, was den Erkenntnissen hinsichtlich der Auswirkungen der unterbliebenen Annualisierungen eine neue Qualität verliehen hat. Aufgrund des Evaluationsberichts steht nunmehr fest, dass eine Änderung der Regressionsberechnungen geboten ist (siehe dazu die Senatsurteile vom 04.07.2013 in den Sachen L 16 KR 800/12 KL und L 16 KR 774/12 KL).
Für die Festlegungen für das Ausgleichsjahr 2012, die nach § 31 Abs. 4 Satz 1 RSAV bis zum 30.09.2011 zu treffen waren, war jedoch das BVA aufgrund des Evaluationsberichts noch nicht verpflichtet, das Berechnungsverfahren zu ändern. Der Bericht datiert zwar vom 22.06.2011 und war dem BVA auch schon vor der Veröffentlichung im September 2011 bekannt (sogar schon in der Entwurfsfassung vom Mai 2011). Gleichwohl musste (und durfte) das BVA diesen Bericht nicht schon zur Grundlage seiner Festlegungen für 2012 machen. Das BVA hat die Festlegungen nämlich nicht nur auf der Grundlage wissenschaftlicher Expertise, sondern auch unter Anhörung der Spitzenverbände der Krankenkassen (jetzt des GKV-Spitzenverbandes) zu erarbeiten (§ 31 Abs. 4 Satz 1 RSAV). Vor dessen Stellungnahme muss auch den Mitgliedskassen noch die Möglichkeit gegeben werden, ihre Meinung zu äußern. Zwar gibt es keine ausdrückliche gesetzliche Verpflichtung für den GKV-Spitzenverband, seine Mitgliedskassen vor der Stellungnahme anzuhören; der GKV-Spitzenverband muss auch die ihm zugewiesene Aufgabe (§ 217f Abs. 1 SGB V) eigenständig erfüllen und eine selbstständige fachliche Bewertung des Festlegungsentwurfs abgeben. Andererseits ist zu berücksichtigen, dass die Mitgliedskassen unmittelbar von den Festlegungen betroffen sind, weil die Zuweisungen aus dem Gesundheitsfonds wesentlich auch von dem Risikomodell bestimmt werden. Es ist somit sachgerecht, wenn sie in den Prozess der Willensbildung des GKV-Spitzenverbandes einbezogen werden.
In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass das Anhörungsrecht nach § 31 Abs. 4 Satz 1 RSAV anders als die Anhörung im Verwaltungsverfahren nach § 24 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) weniger den Zweck hat, den Betroffenen vor Überraschungsentscheidungen zu schützen (siehe dazu Kasseler Kommentar/Mutschler, § 24 SGB X Rn. 2), sondern Teil eines Kooperationsprozesses ist, in dem das für die Entscheidung notwendige Wissen mobilisiert wird (vgl. Augsberg, GesR 2008, 515, 519; allgemein zu Verfahren der Wissensgenerierung H.C. Röhl in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/Voßkuhle, Grundlagen des Verwaltungsrechts, Bd.II, § 30 Rn. 26 ff. m.w.N.). Diese Wissensgewinnung durch ein Beteiligungsverfahren macht das Bundesverwaltungsgericht für die Verbindlichkeit normkonkretisierender Verwaltungsvorschriften zur Voraussetzung, wenn es verlangt, dass dem Erlass der Verwaltungsvorschriften ein Beteiligungsverfahren vorangegangen ist, um vorliegende Erfahrungen und wissenschaftliche Erkenntnisse auszuschöpfen (vgl. BVerwGE 107, 338, 342). Wie die Verpflichtung des Wissenschaftlichen Beirats zur "laufenden Pflege" (§ 31 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 RSAV) des Klassifikationsmodells und zur regelmäßigen Überprüfung der Krankheitsauswahl (§ 31 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 RSAV) sowie die jährliche Festlegung der maßgeblichen Parameter und des Berechnungsverfahrens zeigt, ist der Morbi-RSA – in Erfüllung der verfassungsrechtlichen Beobachtungs- und Nachbesserungspflicht des Gesetzgebers (vgl. dazu BVerfGE 95, 267, 314 f; 113, 167, 234, 238) – als "lernendes System" ausgestaltet, das auf ständige Verbesserung des Modells zielt, um die Wirklichkeit verlässlich genug abzubilden (Augsberg, a.a.O.; s. auch Schmehl in: Sodan, Handbuch des Krankenversicherungsrechts, § 39 Rn. 83). Die Dokumentation des Festlegungsverfahrens belegt, dass das BVA für die Weiterentwicklung des Morbi-RSA systematisch auf das bei den Krankenkassen und ihren Verbänden sowie den sonstigen interessierten Institutionen (etwa Berufsverbände der Ärzte oder auch Patientenorganisationen) verteilte Wissen zurückgreift. Ausgehend von den jährlichen Vorschlägen für Änderungen entwickelt das BVA seinen Entwurf für die Anpassung des Klassifikationsmodells bzw. das Regressions- und Berechnungsverfahren, den es dann zur Diskussion stellt, bevor es unter Auseinandersetzung mit den eingegangenen Stellungnahmen die Festlegungen erlässt. Vor allem hinsichtlich der Krankheitsauswahl und -abgrenzungen sowie der Zuordnungsalgorithmen tragen die Krankenkassen und andere Institutionen aufgrund ihrer Sachnähe und -kunde in besonderem Maße zur Weiterentwicklung des Klassifikationsmodells bei. Aber auch hinsichtlich des Berechnungsverfahrens setzen Rückmeldungen der einzelnen Betroffenen das BVA in Stand, die Auswirkungen einer von ihm ins Auge gefassten Änderung der Berechnungsweise verlässlicher beurteilen zu können. Dieses Verfahren der Wissensgenerierung durch ein Beteiligungsverfahren wäre gestört, wenn das BVA aufgrund allein ihm zugänglicher Informationen Änderungen der Festlegungen vornehmen würde (oder müsste). Daher musste, wenn das BVA eine Änderung des Regressionsverfahrens aufgrund der im Evaluationsbericht getroffenen Aussagen beabsichtigte, den Kassen die Auseinandersetzung mit dem Bericht und den dort angestellten Berechnungen ermöglicht werden.
Der Bericht ist am 26.09.2011 veröffentlicht worden ist, so dass erst ab diesem Zeitpunkt seine Auswertung durch die betroffenen Krankenkassen möglich war. Jedenfalls für eine fundierte, breit angelegte Diskussion über den Evaluationsbericht war bis zum Erlass der Festlegungen keine Zeit mehr. Geht man vom Zeitpunkt der Veröffentlichung (26.09.2011) aus, ist dies offenkundig. Aber selbst vom Termin der Fertigstellung am 22.06.2011 ausgehend, war eine allgemeine Auswertung und Diskussion bis Ende September 2011 nicht möglich. Dabei ist zu berücksichtigen, dass am 22.06.2011 der Bericht (nach Nachholung einer weiteren, vom BMG nach Vorlage des Entwurfs im Mai 2011 gewünschten weiteren Berechnung) erst als vorläufige Endfassung vorlag (die dann allerdings unverändert geblieben ist). Es stand zum damaligen Zeitpunkt aber noch nicht endgültig fest, ob das BMG als Auftraggeber ggf. weitere Ergänzungen wünschen würde. Zudem liegt auf der Hand, dass das BMG den Bericht zunächst inhaltlich überprüfen wollte, bevor es ihn mit einer Veröffentlichung zur allgemeinen Diskussion stellte. Ferner ist zu berücksichtigen, dass der Evaluationsbericht auch die Aufgabe hatte, mögliche Änderungen des Morbi-RSA (z.B. eine Reduzierung der Zahl der Krankheiten) zu bewerten, so dass auch unter diesem Aspekt die Auswertung des Berichts auf der Fachebene des BMG und dessen Aufbereitung für die politische Spitze des Ministeriums zu erfolgen hatte. Ob vor diesem Hintergrund überhaupt eine Veröffentlichung vor dem 26.09.2011 in Betracht gekommen wäre, kann dahinstehen. Selbst wenn man annehmen würde, dass die Veröffentlichung schon deutlich früher in Betracht gekommen wäre, hätte angesichts des notwendigen zeitlichen Vorlaufs für das Beteiligungsverfahren vor den spätestens bis 30.09.2011 vorzunehmenden Festlegungen (der Entwurf der Festlegungen datiert vom 05.08.2011) die gebotene Diskussion des Evaluationsberichts nicht abgeschlossen werden können. Somit ist es nicht zu beanstanden, dass das BVA für das Ausgleichsjahr 2012 noch an dem bisherigen Berechnungsverfahren festgehalten und eine Änderung des Regressionsverfahrens bis zum Abschluss der Bewertung des Evaluationsberichts zurückgestellt hat."
Der Senat hat seit seinen Entscheidungen vom 04.07.2013 keine (neuen) Erkenntnisse gewonnen, die es rechtfertigten, von der bisherigen rechtlichen Beurteilung Abstand zu nehmen. Er hält es weiterhin für gerechtfertigt, entscheidend auf den Evaluationsbericht des Wissenschaftlichen Beirats vom 22.06.2011 abzustellen und geboten, dem BVA unter Berücksichtigung einzuholender Stellungnahmen eine angemessene Zeit zu dessen Überprüfung und Bewertung einzuräumen, die jedenfalls bis zum für die Festlegungen maßgeblichen Zeitpunkt (dem 30.09.2011) reichte. Mangels neuen Vortrages der Klägerin besteht für weitere Ausführungen des Senats kein Anlass.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung.
Der Senat misst dem Rechtsstreit grundsätzliche Bedeutung bei und hat daher die Revision zugelassen (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG).
Die Festsetzung des Streitwerts ergibt sich aus § 52 Abs. 1, Abs. 3 i.V.m. Abs. 4 Nr. 2 Gerichtskostengesetz. Eine geringere Festsetzung im Hinblick darauf, dass bereits im Verfahren L 16 KR 646/12 KL der Streitwert auf 2.500.000 Euro festgesetzt worden ist, ist nicht gerechtfertigt. Auch wenn wegen der prozessualen Sonderregelung des § 171 SGG zwei (selbständige) Verfahren erforderlich sind, ändert dies nichts daran, dass die wirtschaftliche Bedeutung des vorliegenden Klageverfahrens mit einem geringeren Streitwert nicht zutreffend abgebildet wird. Das geltende Kostenrecht lässt zur Überzeugung des Senats eine streitwertmindernde Berücksichtigung der prozessualen Sondersituation nicht zu. Der Senat hält eine niedrigere Festsetzung des Streitwerts auch angesichts des offenkundigen Interesses der Beteiligten an einer gerichtlichen (Vorab-) Entscheidung (ohne Suspensiveffekt – vgl. § 266 Abs. 6 Satz 7 SGB V) über die Rechtmäßigkeit der einer endgültigen Festsetzung durch den Jahresausgleichsbescheid vorausgehenden Festsetzungen nicht für gerechtfertigt.
Erstellt am: 23.10.2014
Zuletzt verändert am: 23.10.2014