Die Rev. der Beigel. gegen Urteil des LSG wird zurückgewiesen.
Die Klage wird abgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist die Rechtmäßigkeit einer aufsichtsrechtlichen Maßnahme.
Die Klägerin ist eine bundesunmittelbare Krankenkasse. Die Beklagte ist die Trägerin ihrer Aufsichtsbehörde, des Bundesversicherungsamts (BVA).
Die Klägerin gründete zunächst zusammen mit dem Bundesverband der Betriebskrankenkassen, anderen Betriebskrankenkassen und der Rechtsvorgängerin der heutigen Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See die beigeladene Aktiengesellschaft (AG), die für die Aktionäre die Durchführung der strukturierten Behandlungsprogramme, der sog. Disease-Management-Programme (DMP), übernimmt. Das BVA erachtete die Satzung der Beigeladenen zunächst für nicht genehmigungsfähig, weil u.a. die Prüfrechte der Aufsichtsbehörde nicht berücksichtigt worden seien. Eine durch die Hauptversammlung der Beigeladenen beschlossene "Richtlinie für den Vorstand zur Erteilung von Auskünften gegenüber den Aktionären bei Anfragen der zuständigen Aufsichtsbehörden" ("Richtlinie für den Vorstand") war nach Auffassung des BVA nicht ausreichend, die darin vorgesehene Beschränkung der Auskunftserteilung zu weitgehend. Da das gesetzlich vorgesehene Aufsichtsrecht gefährdet sei, könne die Beteiligung an der Beigeladenen unter diesen Bedingungen nicht genehmigt werden (u.a. Schreiben der Beklagten vom 02.01.2004 an den Bundesverband der Betriebskrankenkassen).
Nach dem Gesprächsvermerk des Vorstands der Beigeladenen vom 16.09.2004 über ein Gespräch vom 08.09.2004 u.a. mit dem Vizepräsidenten des BVA vereinbarten die Gesprächsteilnehmer, dass die vom Aufsichtsrat der Beigeladenen beschlossene Richtlinie "im Sinne der Wünsche des BVA geringfügig verändert" werde. Die neue Fassung sollte vom Rechtsbeistand der Beigeladenen mit dem Referatsleiter des BVA abgestimmt und anschließend vom Aufsichtsrat beschlossen werden. Gesellschafter der Beigeladenen sollten nur gesetzliche Krankenkassen und deren Verbände werden können. Damit seien die Bedenken der Beklagten zur Einschränkung der Auskunftserteilung ausgeräumt. Auch nach dem Vermerk des an dem Gespräch teilnehmenden Referatsleiters vom 16.09.2004 wurde in den noch streitigen Punkten eine Einigung erzielt. Der nunmehr vom Vorstand der Beigeladenen vorgelegte Richtlinienentwurf entspreche den in der Besprechung erzielten Ergebnissen.
Mit Schreiben vom 07.10.2004 wies das BVA die Klägerin darauf hin, dass sie eine Genehmigung der Beteiligung an der Beigeladenen bisher nicht beantragt habe und eine solche nicht erteilt sei. Am 14.10.2004 beschloss der Aufsichtsrat der Beigeladenen eine Änderung der "Richtlinie für den Vorstand".
Das BVA wies die Beigeladene auf die nach dem Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 16.11.2005 – B 2 U 14/04 R – bestehende Aufsichtspflicht, auf die Rechtmäßigkeit des Auskunftsverlangens gegenüber der Gesellschaft und auf entsprechende Satzungsbestimmungen anderer Aktiengesellschaften hin (Schreiben vom 29.06.2009). Die Satzung der Beigeladenen sei zu überarbeiten und zur Abstimmung vorzulegen. Weiter rügte das BVA, dass nach § 85 Abs. 5 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) anzeigepflichtige Beteiligungen der Beigeladenen nicht angezeigt worden seien. Die Beigeladene bzw. die Aktionäre wurden aufgefordert, entsprechende Unterlagen sowie eine aktuelle Aktionärsliste nebst Angabe der jeweiligen Anteile vorzulegen. Außerdem wurde bemängelt, dass unter Verstoß gegen § 25 Abs. 1 Nr. 2 Verordnung über das Haushaltswesen in der Sozialversicherung (SVHV) kein Jahresabschluss nach §§ 264 ff. Handelsgesetzbuch (HGB) aufgestellt worden sei. Mit weiterem Schreiben vom 10.12.2009 an die Beigeladene, die Klägerin und die übrigen Aktionäre, die bundesunmittelbare Krankenkassen sind, vertrat die Beklagte die Auffassung, dass sich ein Prüf- und Informationsrecht unmittelbar gegenüber der Beigeladenen sowohl aus dem Urteil des BSG vom 16.11.2005 ergebe als auch daraus, dass die Beigeladene als Arbeitsgemeinschaft nach § 94 Abs. 2 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) der staatlichen Aufsicht unterliege. Die bisherige Kompromisslösung über die "Richtlinie für den Vorstand" sei nicht mehr haltbar. Entweder akzeptierten die Beigeladene und die Aktionäre die Aufsichtsrechte und verankerten sie in der Satzung oder die AG werde in eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) umgewandelt. Andernfalls würden aufsichtsrechtliche Mittel gegenüber den Aktionären geprüft.
Die Beigeladene vertrat mit Schreiben vom 18.06.2010 die Auffassung, der gesetzliche Spielraum sei durch die "Richtlinien für den Vorstand" ausgeschöpft. Einem weiteren Auskunftsverlangen stehe die Schweigepflicht der Gesellschaftsorgane entgegen. Auch die Einstufung als Arbeitsgemeinschaft ändere nichts an der Geltung des Gesellschaftsrechts.
Mit Schreiben vom 22.11.2011 forderte das BVA eine andere Aktionärskrankenkasse als "bundesunmittelbare Referenzaktionärin" zwecks weiterer Sachverhaltsermittlung auf, die Unternehmensstruktur einschließlich Beteiligungen und verbundener Unternehmen mit aktuellen Tätigkeitsfeldern, rechtlicher Bewertung der Zulässigkeit, darzustellen sowie Satzungen/Gesellschaftsverträge und Prüfberichte über die Jahresabschlüsse und die Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen der Beteiligung an der Beigeladenen vorzulegen. Zudem sollte zu den Gründen für die enorm hohen Jahresüberschüsse, die zu Ertragssteuern in zweistelliger Millionenhöhe und entsprechenden Umsatzsteuerzahlungen führten, Stellung genommen werden. Die Krankenkasse verweigerte die Angaben weitestgehend unter Hinweis auf die Verschwiegenheitspflicht ihres Direktors als Aufsichtsratsmitglied der Beigeladenen. Das BVA kündigte daraufhin mit an den Aufsichtsratsvorsitzenden der Beigeladenen gerichtetem Schreiben vom 27.03.2012 die Einleitung eines aufsichtsrechtlichen Verfahrens an. Der Entwurf eines Beratungsschreibens wurde beigefügt.
In der Hauptversammlung der Beigeladenen lehnten die Aktionäre sowohl eine Satzungsänderung entsprechend der Vorstellungen des BVA als auch eine Umwandlung in eine GmbH ab.
Bei einer Prüfung zweier Aktionärskassen im Jahr 2011 ergab sich für das BVA der Verdacht auf erheblicher Rechtsverstöße seitens der Beigeladenen. Diese widersetzte sich einer angekündigten Schwerpunktprüfung im Bereich "Mietverhältnisse und Immobilien" durch das BVA mit der Begründung, dass kein Prüfrecht bestehe (Schreiben des Vorstands vom 12.04.2012).
Nach der Aktionärsliste vom 30.06.2012 waren 15 Betriebskrankenkassen und die Deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See Aktionäre der Beigeladenen.
Mit Schreiben vom 30.07.2012 beriet das BVA die Klägerin aufsichtsrechtlich und forderte sie auf, entsprechend des Tenors des nun streitgegenständlichen Bescheides zu verfahren. Die Klägerin lehnte dies mit Schreiben vom 27.08.2012 ab.
Das BVA verpflichtete die Klägerin (ebenso wie 15 weitere ihrer Aufsicht unterstehende, bundesunmittelbare Aktionäre) mit Bescheid vom 02.10.2012 (zugestellt am 05.10.2012) dazu, "1. die umfassenden Prüf- und Informationsrechte der Aufsichtsbehörden an der MedicalControlAG (Arbeitsgemeinschaft in Form einer Beteiligungsgemeinschaft) schriftlich anzuerkennen. Die Bestätigung ist dem Bundesversicherungsamt bis zum 26. Oktober 2012 abzugeben,
2. gemeinsam mit den übrigen bundesunmittelbaren Aktionären eine Ergänzung der Tagesordnung der stattfindenden nächsten Hauptversammlung dahingehend zu verlangen, dass ein entsprechender Antrag auf Satzungsänderung eingereicht wird, der die Aufnahme der Prüf- und Informationsrechte der Aufsichtsbehörden vorsieht. Die C BKK wird sich im Rahmen der späteren Abstimmung mit der Aufnahme der folgenden Bestimmung in der Satzung der N AG einverstanden erklären: "Die Gesellschaft hat der für einen oder mehrere Gesellschafter zuständigen Aufsichtsbehörde bzw. deren Beauftragten auf Verlangen alle Unterlagen und Auskünfte zu erteilen, die zur Ausübung des Aufsichtsrechts über die Gesellschafter auf Grund pflichtgemäßer Prüfung gefordert werden.
Der Beschluss der Hauptversammlung über die Satzungsänderung ist dem Bundesversicherungsamt bis zum 15. Januar 2013 vorzulegen."
Zur Begründung gab das BVA an, die Beigeladene sei eine – nach § 94 Abs. 1a SGB X zulässige – Arbeitsgemeinschaft in Form einer Beteiligungsgesellschaft. Als solche unterliege sie staatlicher Aufsicht, die sich auf die Beachtung von Gesetz und sonstigem Recht erstrecke. Die §§ 85, 88, 90 und 90a SGB IV gälten entsprechend. Aufgrund sozialrechtlicher Vorschriften seien der zuständigen Aufsichtsbehörde uneingeschränkt Unterlagen vorzulegen und Informationen zu erteilen. Durch die Bezugnahme auf § 88 SGB IV in § 94 Abs. 2 SGB X werde das Prüf- und Informationsrecht der Aufsicht auf das Verhältnis Arbeitsgemeinschaft – Aufsichtsbehörde übertragen. Das umfassende Prüf- und Informationsrecht werde durch § 274 Abs. 1 Satz 1 und 5 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) bestätigt. Eine von Sozialversicherungsträgern errichtete Gesellschaft könne rechtlich nicht mehr bewirken als die an Recht und Gesetz gebundenen Sozialversicherungsträger. Die Aufsichtspflicht bestehe unabhängig davon, welche Rechtsform für die Beteiligungsgesellschaft gewählt werde. Denn andernfalls könnten sich Sozialversicherungsträger durch die Wahl der entsprechenden Rechtsform der Aufsicht entziehen. Die Verschwiegenheitspflichten von Vorstand (§ 93 Aktiengesetz (AktG)) und Aufsichtsrat (§ 116 AktG) stießen dort an ihre Grenzen, wo eine gesetzliche Pflicht zur Offenlegung bestehe. Aus §§ 88 SGB IV, 94 SGB X ergäben sich eben solche Offenlegungspflichten wie aus § 93 Abs. 1 Satz 4 AktG und § 37o Abs. 4 Wertpapierhandelsgesetz (WpHG). Sog. prüf- und aufsichtsfreie Räume seien zu vermeiden. Die von der Klägerin vorgetragenen Interessen an der Vertraulichkeit seien dadurch ausreichend geschützt, dass das BVA die Unterlagen und Auskünfte nur unter Beachtung der gesetzlichen Bestimmungen verwenden dürfe. Das öffentliche Interesse überwiege und die Rechtsverletzung sei zu beheben (wird ausgeführt). Der Verpflichtungsbescheid sei auch verhältnismäßig, weil aufgrund der Verweigerungshaltung der Aktionäre kein milderes Mittel zur Behebung des rechtswidrigen Zustands ersichtlich sei (wird ausgeführt).
Mit taggleichem Schreiben informierte das BVA die Beigeladene über den Erlass der Verpflichtungsbescheide.
Am 02.11.2012 hat die Klägerin Klage erhoben. Sie trägt vor, inzwischen (Schriftsatz vom 06.02.2015) nähmen auch Ersatzkassen und private Krankenkassen die Leistungen der Beigeladenen in Anspruch. Diese habe ihr Produktportfolio u.a. um Coaching-Programme und das Fallmanagementprogramm Casaplus für geriatrische Patienten sowie um Programme im betrieblichen Gesundheitsmanagement erweitert. 15 der 16 Aktionäre seien gesetzliche Krankenkassen. Die Durchführung der DMP durch die Beigeladene sei wirtschaftlich weitaus günstiger und durch die dort vorhandenen Ressourcen und das Know how fachlich kompetenter als die eigenständige Wahrnehmung dieser Aufgabe. Die Teilhabe an der Beigeladenen als Aktionärin sichere damit die Wettbewerbsfähigkeit der Klägerin. Es liege daher in ihrem Interesse, deren erfolgreiche Arbeit zu gewährleisten und deren notwendige unternehmerische Handlungsspielräume zu erhalten. Dies sei mit der vom BVA verfolgten Einflussnahme nicht mehr gewährleistet.
Der Bescheid vom 02.10.2012 sei formell rechtswidrig, weil der Tenor teilweise zu unbestimmt und nicht vollstreckungsfähig sei. Der Verpflichtung nach Nr. 2 könne sie nicht nachkommen, da sie die übrigen bundesunmittelbaren Aktionäre nicht zu einem gemeinsamen Tun veranlassen könne und auch keine Mittel zur Durchsetzung besitze. Der Bescheid sei auch materiell rechtswidrig. Nach Verabschiedung der "Richtlinien für den Vorstand" i.d.F. vom 14.10.2004 und der umfassenden Einigung zwischen dem Vizeprädidenten des BVA und dem Vorstand der Beigeladenen vom 08.09.2004 seien die Gründung und der Geschäftsbetrieb der Beigeladenen in vollem Umfang, einschließlich der eingeschränkten Aufsichtsbefugnisse, ausdrücklich gebilligt worden. So stelle das BVA auch im Schreiben vom 07.10.2004 an den BKK Bundesverband ausdrücklich fest: "Dieser Schriftwechsel ist daher auch aus unserer Sicht abgeschlossen." Damit sei ein öffentlich-rechtlicher Vertrag geschlossen worden. Die Klägerin, die übrigen Aktionäre und die Beigeladene hätten auf diese Einigung vertraut und sich in ihrem Verhalten als Aktionäre sowie in der Geschäftspolitik hiernach ausgerichtet.
Maßgeblich sei die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung, weil es sich um einen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung handele. Es handele sich bei der Beigeladenen jedenfalls heute nicht mehr um eine Arbeitsgemeinschaft i.S.d. § 94 Abs. 1a SGB X (oder § 219 SGB V), denn eine solche sei u.a. dadurch gekennzeichnet, dass in ihr mehrere Träger der Sozialversicherung gemeinsam ihnen obliegende Aufgaben wahrnähmen. Eine Arbeitsgemeinschaft könne daher schon dann nicht mehr vorliegen, wenn die Gesellschaft – wie hier – nicht nur für Träger der Sozialversicherung sondern auch für Dritte Leistungen erbringe. Außerdem finde sich unter den Aktionären inzwischen eine private Gesellschaft bürgerlichen Rechts, die Aktien im Nominalwert von 15.000,00 EUR halte. Der Beklagten stünden daher weder aus § 94 Abs. 1a SGB X noch aus § 274 SGB V unmittelbare Prüf- und Informationsrechte gegenüber der Beigeladenen zu. Anders als vom BVA unterstellt, handele es sich bei der Beteiligung der Klägerin an der Beigeladenen auch nicht um eine Vermögensanlage i.S.d. § 85 SGB IV (wird ausgeführt). Aus der fehlenden Verweisung auf §§ 82, 83 SGB IV in § 94 Abs. 2 SGB X, der nur auf § 85 ff. SGB IV verweise, ergebe sich, dass der Gesetzgeber eine unmittelbare Aufsicht über die Einrichtungen und Gesellschaften, an denen sich eine Krankenkasse zulässiger Weise beteilige, nicht vorgesehen habe. Das vom BVA beanspruchte Prüfrecht komme einem unmittelbaren Prüfrecht gegenüber der Beigeladenen gleich. Das BVA überschreite damit den Rahmen des rechtlich Zulässigen.
Den vom BVA reklamierten unmittelbaren Prüf- und Informationsrechten stünden die aktienrechtlichen Verschwiegenheitspflichten des Vorstandes und des Aufsichtsrates (§§ 93, 116 AktG) entgegen (wird ausgeführt). Eine Abschwächung oder Ausweitung der Verschwiegenheitspflicht der betroffenen Organe durch Satzung oder Geschäftsordnung sei nicht zulässig. Ausschließlich zu Gunsten von Gebietskörperschaften seien Berichte von Aufsichtsratsmitgliedern möglich (§ 394 AktG) und bestünden erweiterte Informationsrechte (§§ 53, 54 Haushaltsgrundsätzegesetz (HgrG)). Für die Träger der Sozialversicherung seien durch die SVHV ausdrückliche Regelungen für die Beteiligung an privatrechtlichen Gesellschaften getroffen worden. Diese Regelungen griffen nicht in die rechtliche Organisation der Gesellschaften ein. Soweit das BVA Zweifel an der Zulässigkeit der Geschäftstätigkeit der Beigeladenen äußere, differenziere sie nicht ausreichend zwischen den verschiedenen Handlungsebenen der Beigeladenen einerseits und der Krankenkassen andererseits sowie dem Einsatz der Mittel der Krankenkassen.
Die Klägerin beantragt,
den Verpflichtungsbescheid der Beklagten vom 02.10.2012 aufzuheben,
hilfsweise festzustellen, dass der Bescheid der Beklagten vom 02.10.2012 rechtswidrig war.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen,
und führt aus, die "Richtlinien für den Vorstand" aus dem Jahr 2004 seien vor dem Hintergrund der seinerzeit unklaren Rechtslage akzeptiert worden. Unter Beachtung des Urteils des BSG vom 16.11.2005 – B 2 U 14/04 R – hätten diese Richtlinien aufsichtsrechtlich nicht mehr toleriert werden können. Folglich sei u.a. die Beigeladene aufgefordert worden, ihre Satzung im Hinblick auf das Prüfrecht der Aufsichtsbehörde zu überarbeiten. Die Beigeladene sei die einzige Kapitalgesellschaft in der Sozialversicherung, die dieser Aufforderung nicht nachgekommen sei.
Der streitgegenständliche Bescheid sei ausreichend bestimmt und gemäß § 89 Abs. 1 Satz 3 ff. SGB IV vollstreckungsfähig. Mit dem Tenor zu 2. werde die Klägerin verpflichtet, alles zu veranlassen, was sie selbst zur Herbeiführung eines entsprechenden Beschlusses beitragen könne. Es stehe außer Frage, dass die Klägerin auf die Meinungsbildung bei den übrigen bundesunmittelbaren Aktionären keinen bestimmenden Einfluss habe. Dies werde mit dem Bescheid auch nicht von ihr gefordert; die übrigen bundesunmittelbaren Aktionäre seien nämlich ebenfalls beraten und verpflichtet worden, sich für eine Satzungsänderung einzusetzen. Mit Blick auf die Musterfunktion des vorliegend geführten Rechtsstreits würden die übrigen bundesunmittelbaren Aktionäre nach einer gerichtlichen Bestätigung des streitgegenständlichen Bescheides daher eine entsprechende Initiative der Klägerin unterstützen. Auch der Inhalt des von der Klägerin erwarteten Antrags erkläre sich aus dem Gesamtzusammenhang. Schon die Klagebegründung verdeutliche, dass die Klägerin hinreichend darüber im Bilde sei, was von ihr erwartet werde. Das BSG habe eine dem streitgegenständlichen Bescheid entsprechende Formulierung im Urteil vom 16.11.2005 für ausreichend bestimmt und vollstreckbar gehalten.
Zum maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses des streitgegenständlichen Bescheides – es handele sich um eine Anfechtungsklage – habe es sich bei der Beigeladenen um eine Arbeitsgemeinschaft im Sinne des § 94 Abs. 1a SGB X i.V.m. § 219 Abs. 1 SGB V gehandelt. Der Kreis der Aktionäre habe zu diesem Zeitpunkt ausschließlich aus gesetzlichen Krankenkassen bestanden. Ausweislich § 2 der Satzung sei Gegenstand des Unternehmens die Entwicklung und Durchführung von Serviceleistungen einschließlich der Beratung im Rahmen der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung, insbesondere zu DMP. Die Beigeladene sei daher zum Zeitpunkt des Bescheiderlasses ein von gesetzlichen Krankenkassen betriebenes Gemeinschaftsunternehmen zur gemeinsamen Wahrnehmung gesetzlicher Aufgaben i.S.d. § 30 SGB IV gewesen. Die Klägerin weise selbst darauf hin, dass die an der Beigeladenen beteiligten Krankenkassen auf diese Weise in die Lage versetzt würden, DMP wirtschaftlich anzubieten. Eine spätere Änderung der Sach- und Rechtslage sei unbeachtlich für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit. Gleiches gelte für die von der Klägerin angeführte Tätigkeit der Beigeladenen für private Wirtschaftsunternehmen. Diese Tätigkeit sei auch jenseits der Frage, ob es sich bei der Beigeladenen um eine Arbeitsgemeinschaft handele, mit Blick auf § 30 Abs. 1 SGB IV rechtlich zu hinterfragen. Die Erbringung von Dienstleistungen an Privatunternehmen sei offenkundig keine Aufgabe der gesetzlichen Krankenkassen. Sie dürften derartige Geschäfte weder tätigen noch Mittel hierfür verwenden. Dies gelte auch für Arbeitsgemeinschaften oder Gesellschaften, an denen sich Krankenkassen gemäß § 85 Abs. 1 Satz 2 SGB IV und § 83 Abs. 1 Nr. 7 SGB IV beteiligten.
Die geforderte Aufnahme der Informations- und Prüfrechte der Aufsichtsbehörden in die Satzung der Beigeladenen sei auch im Übrigen rechtmäßig. Gegenüber Arbeitsgemeinschaften ergäben sich diese Rechte unmittelbar aus dem Gesetz. Die zusätzliche Verpflichtung der Klägerin, sich für die Aufnahme der Informations- und Vorlagepflicht gegenüber den Aufsichtsbehörden in die Satzung einzusetzen, diene der Absicherung der Aufsichtsrechte des BVA bzw. weiterer Aufsichtsbehörden gegenüber den zum Kreis der Aktionäre gehörenden Krankenkassen. Die geforderte Aufnahme der Prüf- und Informationsrechte in die Satzung wäre daher selbst dann rechtmäßig, wenn es sich bei der Beigeladenen nicht (mehr) um eine Arbeitsgemeinschaft gehandelt hätte sondern "lediglich" um eine Einrichtung, an der sich die Klägerin i.S.d. § 85 Abs. 1 SGB IV beteilige.
Die Frage, ob und wie eine Aufsichtsbehörde die fortdauernde Rechtmäßigkeit von Beteiligungen sicherstellen könne und müsse, stelle sich losgelöst von der Rechtsform einer Beteiligung. Die Pflichten der Aufsichtsbehörde bestünden unabhängig von der Gesellschaftsform. Andernfalls könnten sich die Sozialversicherungsträger durch die Wahl der entsprechenden Rechtsform der Aufsicht entziehen, d.h. die Gestaltung des Aufsichtsrechts würde zur Disposition der Sozialversicherungsträger gestellt.
Indem die verantwortlichen Organe der Beigeladenen ihren Auskunfts- und Informationspflichten gegenüber der Beklagten nachkämen, verstießen sie nicht gegen die aktienrechtliche Verschwiegenheitspflicht. Bereits das Recht zur Gründung einer Aktiengesellschaft folge aus den sozialrechtlichen Befugnisnormen (§§ 94 SGB X, 219 SGB V, 85 und 83 SGB IV). Dies bedeute, dass sich weder die Klägerin noch die Beigeladene in Widerspruch zu den maßgeblichen Bestimmungen des Sozialgesetzbuches, insbesondere des SGB IV und des SGB V, setzen dürften. Mit der fortgesetzten Weigerung, die aufsichtsbehördlichen Prüf- und Informationsrechte anzuerkennen, verhalte sich die Beigeladene letztlich konträr zu ihrem satzungsrechtlichen Unternehmensgegenstand. Schlussendlich müssten der Beigeladenen, sollte sie sich auch weiterhin den Prüf- und Informationsrechten der Beklagten verweigern, die ihr seitens der gesetzlichen Krankenkassen gegebenen Aufgaben entzogen werden; ihren satzungsmäßig festgeschriebenen Gesellschaftszweck könnte sie nicht mehr erfüllen. Die Auskunft durch den Vorstand sei daher im Interesse des Unternehmens. Die aktienrechtlichen Verschwiegenheitspflichten würden durch die ebenfalls gesetzlich geregelten Offenlegungspflichten für Arbeitsgemeinschaften bzw. für die zum Kreis der Aktionäre gehörenden gesetzlichen Krankenkassen begrenzt (§ 88 Abs. 1 und 2 SGB IV). Dies sei auch keine sozialversicherungsrechtliche Besonderheit (vgl. z.B. § 83 Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG) oder eine mit § 93 Abs. 1 Satz 3 AktG in Einklang stehende Kooperation von Unternehmen mit Kartellbehörden). Da die Bediensteten von Aufsichtsbehörden gesetzlich zur Vertraulichkeit angehalten seien, bestehe kein Risiko, dass das durch §§ 93 und 116 AktG geschützte Interesse des Unternehmens, dass geheimhaltungsbedürftige Informationen nicht an die Öffentlichkeit getragen werden, verletzt werde.
Schließlich habe das BVA bei Erlass des Verpflichtungsbescheides das ihr durch § 89 Abs. 1 S. 2 SGB IV eingeräumte Ermessen rechtmäßig unter hinreichender Abwägung aller relevanten Gesichtspunkte ausgeübt (wird ausgeführt).
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakte und die Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen. Sie sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist mit ihrem Hauptantrag unzulässig (dazu I.) und mit dem Hilfsantrag unbegründet (dazu II.).
I.
1. Die sachliche Zuständigkeit des Landessozialgerichts (LSG) ergibt sich aus § 29 Abs. 2 Nr. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Nach dieser Vorschrift entscheiden die Landessozialgerichte im ersten Rechtszug über Aufsichtsangelegenheiten gegenüber Trägern der Sozialversicherung und ihren Verbänden, bei denen die Aufsicht von einer Landes- oder Bundesbehörde ausgeübt wird. Eine Aufsichtsangelegenheit ist betroffen, wenn es – wie hier – unmittelbar um eine Maßnahme der Aufsichtsbehörde aus dem Bereich des Aufsichtsrechts geht (BSG, Urteil vom 27.11.2014 – B 3 KR 6/13 R -; vgl. auch Senat, Urteil vom 18.04.2012 – L 11 KR 660/11 KL -; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Auflage, 2017, § 29 Rn. 4).
2. Unabhängig davon, ob es sich bei der Maßnahme von 02.10.2012 um einen Verwaltungsakt handelt oder nicht (vgl. dazu Marscher in Eichenhofer/Wenner, SGB IV, 2. Auflage, 2017, § 87 Rn. 41 f. m.w.N.; bejahend: Fattler in Hauck/Noftz, SGB IV, Stand März 2018, § 89 Rn. 5b), ist die Klage grundsätzlich als sog. Aufsichtsklage nach § 54 Abs. 3 SGG zulässig. Der auf Aufhebung der angegriffenen Maßnahme gerichtete Antrag ist jedoch wegen der eingetretenen Erledigung unzulässig (geworden).
Ebenfalls unabhängig von der Frage nach der Verwaltungsaktqualität handelt es sich zumindest nicht um einen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung. Die hier vorliegenden Aufforderungen zu einmaligen Handlungen haben keine Dauerwirkung, auch wenn die Handlungen rechtliche Konsequenzen haben. Verwaltungsakte mit Dauerwirkung sind solche, deren Regelungswirkungen nach dem zugrunde liegenden materiellen Recht über die punktuelle Gestaltung eines Rechtsverhältnisses hinausreichen, d.h. wenn nicht nur ein einmaliges Ge- oder Verbot oder eine einmalige Gestaltung der Rechtslage geregelt, sondern ein auf Dauer berechnetes oder in seinem Bestand vom Verwaltungsakt abhängiges Rechtsverhältnis begründet oder inhaltlich verändert wird (BSG, Urteile vom 13.05.2015 – B 6 KA 14/14 R – und 28.09.1999 – B 2 U 32/98 R -; Brandenburg in jurisPK-SGB X, 2. Auflage, 2017, § 48 Rn. 54; Merten in Hauck/Noftz, SGB X, Stand Dezember 2017, § 45 Rn. 123). Ein Bescheid, in dem der Adressat zur Abgabe bestimmter Erklärungen aufgefordert wird, begründet jedoch kein auf Dauer angelegtes Rechtsverhältnis, wie dies bei einem Verwaltungsakt mit Dauerwirkung der Fall wäre. Vielmehr besteht der Regelungsgehalt des Bescheides allein darin, eine Pflicht zum Tätigwerden zu vermitteln. Die von der Aufsichtsbehörde mit der Verpflichtung angestrebten Rechtswirkungen – die Auskunftspflichten des Vorstands der Beigeladenen gegenüber der Beklagten – ergeben sich allein aus den geforderten Satzungsbestimmungen bzw. unmittelbar aus dem Gesetz (vgl. zu anderen Bescheiden der Aufsichtsbehörde z.B. BSG, Urteil vom 13.05.2015 – B 6 KA 14/14 R -).
Die angegriffene Maßnahme hat sich (i.S.d. § 39 Abs. 2 SGB X) erledigt. Ein Verwaltungsakt erledigt sich u.a., wenn die Ausführung seines Hauptverfügungssatzes rechtlich oder tatsächlich unmöglich geworden ist (BSG, Urteil vom 11.02.2015 – B 6 KA 7/14 R -). Nichts anderes gilt, falls die Verwaltungsaktqualität fehlen sollte. Die vom BVA vorgegebenen Fristen, innerhalb derer die Klägerin die geforderten Erklärungen abgeben sollte, sind am 26.10.2012 bzw. 15.01.2013 abgelaufen. Die Maßnahme hat sich damit (hinsichtlich des ersten Verfügungssatzes vor Klageerhebung, hinsichtlich des zweiten nach Klageerhebung) erledigt. Die ausgesprochenen Verpflichtungen können wegen Zeitablaufs nicht mehr erfüllt werden. Die Klägerin ist ihnen nicht innerhalb der vorgegebenen Fristen nachgekommen und kann dies rückwirkend auch nicht mehr (sondern allenfalls für die Zukunft). Die Ausführung ist tatsächlich unmöglich geworden.
II.
Die hilfsweise erhobene Fortsetzungsfeststellungsklage ist zulässig (dazu 1.) aber unbegründet (dazu 2.).
1. Die Fortsetzungsfeststellungsklage gemäß § 131 Abs. 1 Satz 3 SGG, mit der die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Auflage erreicht werden soll, ist zulässig.
Der Übergang (von der Anfechtungs-) zur Fortsetzungsfeststellungsklage ist zulässig, da darin keine Klageänderung zu sehen ist (§ 99 Abs. 3 Nr. 3 SGG; BSG, Urteile vom 16.11.2005 – B 2 U 14/04 R -, 18.05.2011 – B 3 KR 7/10 R – und 17.10.2007 – B 6 KA 42/06 R -). Das erforderliche Feststellungsinteresse ist gegeben. Die Aufsichtsbehörde hat nach geltendem Recht weiterhin die Befugnis, die Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit der Mittelverwendung zu prüfen und Einfluss auf die Entscheidung der Klägerin zu nehmen. Es steht deshalb zu erwarten, dass die Beklagte die geltend gemachten Rechte auch zukünftig mit der Prüfung und Beratung sowie mit den ihr zur Verfügung stehenden Aufsichtsmitteln, etwa einem (weiteren) Verpflichtungsbescheid nach § 89 Abs. 1 SGB IV, durchzusetzen versuchen wird. Das begründet ein ausreichendes Interesse an der Klärung der Frage, ob und in welchem Umfang die vom BVA behaupteten Prüfungsbefugnisse bestehen oder nicht (vgl. BSG, Urteil vom 16.11.2005 a.a.O.).
2. Der Hilfsantrag ist jedoch unbegründet. Die streitgegenständliche Maßnahme war rechtmäßig. Für die rechtliche Bewertung maßgeblich ist der Zeitpunkt der Verwaltungsentscheidung (BSG, Urteil vom 17.04.1991 – 1 RR 2/89 -; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Auflage, 2017, § 131 Rn. 10i) oder spätestens derjenige unmittelbar vor Erledigung (BVerwG, Urteile vom 04.12.2014 – 4 C 33/13 – und 07.05.1996 – 4 B 55/96 -). Demzufolge sind Änderungen der Sach- und Rechtslage, die nach Oktober 2012 / Januar 2013 eingetreten sind, nicht zu berücksichtigen. Dies gilt auch im Hinblick auf die zum 02.01.2018 in Kraft getretenen Änderungen des WpHG durch das Zweite Finanzmarktnovellierungsgesetz vom 23.06.2017 (BGBl. I 1693; dementsprechend beziehen sich die hier genannten Regelungen des WpHG auf die seinerzeit geltende Gesetzeslage).
Im Rahmen der Fortsetzungsfeststellungsklage ist die Rechtmäßigkeit der Auflage nicht mehr in formeller, sondern – entsprechend dem hierauf beschränkten Feststellungsinteresse der Klägerin – nur noch in materieller Hinsicht zu überprüfen (BSG, Urteil vom 16.11.2005 a.a.O.). Insoweit stand die Auflage mit dem maßgeblichen Aufsichtsrecht des SGB IV in Einklang. Denn der Beklagten stand ein Auskunftsrecht gegenüber der Beigeladenen im geforderten Umfang im Oktober 2012 / Januar 2013 zu. Dieses durfte sie im Wege der Verpflichtung nach § 89 Abs. 1 Satz 2 SGB IV durchsetzen.
a) Die Beigeladene war bei Erlass des angefochtenen Maßnahme und auch noch unmittelbar vor ihrer Erledigung eine Arbeitsgemeinschaft i.S.v. §§ 94 SGB X, 219 Abs. 1 SGB V. § 219 Abs. 1 SGB V lautet:
"Die Krankenkassen und ihre Verbände können insbesondere mit Kassenärztlichen Vereinigungen und anderen Leistungserbringern sowie mit dem öffentlichen Gesundheitsdienst zur Förderung der Gesundheit, Prävention, Versorgung chronisch Kranker und Rehabilitation Arbeitsgemeinschaften zur Wahrnehmung der in § 94 Abs. 1a Satz 1 des Zehnten Buches genannten Aufgaben bilden."
Nach § 94 Abs. 1a SGB X können u.a. die Träger der Sozialversicherung und deren Verbände insbesondere zur gegenseitigen Unterrichtung, Abstimmung, Koordinierung und Förderung der engen Zusammenarbeit im Rahmen der ihnen gesetzlich übertragenen Aufgaben Arbeitsgemeinschaften bilden. Gesellschafter der Beigeladenen waren ausschließlich Krankenkassen und einer ihrer Verbände. Da eine bestimmte Rechtsform nicht vorgeschrieben ist, können die Arbeitsgemeinschaften sich für jede privatrechtliche Organisationsform entscheiden (Koch in jurisPK-SGB V, 3. Aufl. 2016, § 219 Rn. 6 m.w.N.). Dazu zählt auch die AG. Der vorliegende Zusammenschluss hatte die Zweckbestimmung, für die Aktionäre die DMP zu übernehmen, also eine Zusammenarbeit bei der Versorgung chronisch Kranker, einem der in § 219 Abs. 1 SGB V vorgesehenen Ziele.
Soweit nunmehr ein privater Dritter an der AG beteiligt sein sollte, ist dies nicht entscheidungsrelevant, da es auf den Zeitpunkt des Erlasses der Aufsichtsmaßnahme oder unmittelbar vor ihrer Erledigung ankommt.
b) Als Arbeitsgemeinschaft unterfällt die Beigeladene der Aufsicht der Beklagten. Nach § 94 Abs. 2 Satz 1 SGB X unterliegen Arbeitsgemeinschaften staatlicher Aufsicht, die sich auf die Beachtung von Gesetz und sonstigem Recht erstreckt, das für die Arbeitsgemeinschaften, die Leistungsträger und ihre Verbände maßgebend ist. Nach § 94 Abs. 2 Satz 2 SGB X führt das BVA als die für die Sozialversicherung zuständige oberste Verwaltungsbehörde die Aufsicht.
c) Aufgrund des Aufsichtsrechts des BVA hat die Beigeladene ihm Auskünfte zu erteilen und Unterlagen vorzulegen in dem Umfang, wie er in der angefochtenen Maßnahme umschrieben ist. Denn nach § 94 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 SGB X gilt § 88 SGB IV entsprechend. Die Vorschrift lautet:
"Die Versicherungsträger haben der Aufsichtsbehörde oder ihren Beauftragten auf Verlangen alle Unterlagen vorzulegen und alle Auskünfte zu erteilen, die zur Ausübung des Aufsichtsrechts auf Grund pflichtgemäßer Prüfung der Aufsichtsbehörde gefordert werden."
Dem entspricht wörtlich die von der Beklagten im Bescheid vom 02.10.2012 am Ende des zweiten Verfügungssatzes gewählte Formulierung. Die Klägerin hat diese umfassenden Prüf- und Informationsrechte entsprechend dem Verfügungssatz 1 anzuerkennen.
d) Die Vorlage- und Auskunftspflicht ist auch nicht durch die Vorstand und Aufsichtsrat einer Aktiengesellschaft nach §§ 93, 116 AktG obliegende Verschwiegenheitspflicht ausgeschlossen oder eingeschränkt. Zwar enthält (§ 116 Satz 1 i.V.m.) § 93 Abs. 1 Satz 3 AktG eine abschließende Regelung, die nicht durch Satzung oder Geschäftsordnung gemildert oder verschärft werden kann. Welche Informationen der Geltung des § 116 Satz 1 i.V.m. § 93 Abs. 1 Satz 3 AktG unterliegen sollen, ist nicht disponibel (BGH, Urteil vom 26.04.2016 – XI ZR 108/15 -; Vetter in Marsch-Barner/Schäfer, Handbuch börsennotierte AG, 4. Auflage, 2018, Rechte und Pflichten des Aufsichtsratsmitgliedes, Rn. 29.20). Allerdings besteht die Verschwiegenheitspflicht nicht, wenn der Vorstand gesetzlich zur Auskunft verpflichtet ist. Solche gesetzlichen Durchbrechungen der Verschwiegenheitsverpflichtung ergeben sich aus zahlreichen privat- und öffentlich-rechtlichen Auskunfts- und Informationspflichten, z.B. nach den Vorschriften über die ad-hoc-Publizität (§ 15 WpHG), nach §§ 21 ff. WpHG oder gegenüber der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) nach § 37o Abs. 4 WPHG (Hopt/Roth in Hirte/Mülbert/Roth, Aktiengesetz Großkommentar, 5. Auflage, 2014, § 93 Rn. 297 f.). Eine Vielzahl die Verschwiegenheitsverpflichtung durchbrechender Auskunftsrechte ergibt sich aufgrund spezieller Vorschriften des öffentlichen Rechts (Krieger/Sailer-Coceani in Schmidt, K./Lutter, AktG, 3. Auflage, 2015, § 93 Rn. 26). Zu diesen Vorschriften zählt auch § 88 SGB IV, der als Bundesrecht in der Normenhierarchie gleichrangig neben den Vorschriften des AktG steht (zur abweichenden Beurteilung für Landesrecht: Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 10.06.2016 – 10 A 10878/15 -). Dies ergibt ein Vergleich mit dem die Verschwiegenheitspflicht nach allgemeiner Auffassung durchbrechenden § 37o Abs. 4 WpHG. Abs. 4 Satz 1 der Vorschrift lautet:
"Das Unternehmen im Sinne des § 37n, die Mitglieder seiner Organe, [ …] haben der Bundesanstalt und den Personen, derer sich die Bundesanstalt bei der Durchführung ihrer Aufgaben bedient, auf Verlangen Auskünfte zu erteilen und Unterlagen vorzulegen, soweit dies zur Prüfung erforderlich ist; [ …]".
Die Auskunftspflicht nach §§ 88 Abs. 2, 94 Abs. 2 Satz 1 SGB IV unterscheidet sich von § 37o Abs. 4 WpHG nur darin, dass § 88 Abs. 2 SGB IV i.V.m. § 94 Abs. 2 Satz 1 SGB X speziell die Arbeitsgemeinschaft und § 37o WpHG zum einen das Unternehmen, zum anderen die Mitglieder seiner Organe (und weitere) verpflichtet. Die Arbeitsgemeinschaft ist zwingend in irgendeiner privatrechtlichen Rechtsform zu organisieren (s.o.). Sie ist nach § 88 Abs. 2 SGB IV zur Auskunft und Vorlage von Unterlagen verpflichtet. Dieser Verpflichtung kann sie nur nachkommen, indem sie durch ihre Organe handelt, so dass es unschädlich ist, dass die "Organe" nicht gesondert erwähnt werden. Im Übrigen entspricht die Regelung derjenigen in § 37o WpHG zur Auskunft gegenüber der BaFin. Ebenso wie § 37o WpHG der Verschwiegenheitspflicht der Organe vorgeht, gilt dies auch für § 94 Abs. 2 SGB X i.V.m. 88 Abs. 2 SGB IV. Dadurch wird der von §§ 93 Abs. 1, 116 AktG verfolgte Gesetzeszweck, nämlich der Schutz namentlich der Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse der AG, nicht übermäßig eingeschränkt. Denn das Geheimhaltungsinteresse der AG ist wie bei Auskünften gegenüber der BaFin auch durch eine mit dem Informationsrecht der BVA korrespondierenden Schweigepflicht geschützt: Die Aufsichtsbehörde darf Dritten gegenüber nicht ohne Weiteres solche Tatsachen mitteilen, die ihr anlässlich ihrer Aufsichtstätigkeit bekannt geworden sind (Marschner in Eichenhofer/Wenner a.a.O., § 88 SGB IV Rn. 13).
Eine Auflösung des (scheinbaren) Normenkonflikts zwischen § 88 SGB IV und §§ 93 Abs. 1, 116 AktG zugunsten eines Vorrangs der aktienrechtlichen Vorschriften verbietet sich hingegen. Würde die Verschwiegenheitspflicht von Vorstand und Aufsichtsratsmitgliedern gegenüber der für die Arbeitsgemeinschaft zuständigen Aufsichtsbehörde bestehen, liefe das Aufsichtsrecht leer. Durch die Wahl der Rechtsform einer Aktiengesellschaft für die Arbeitsgemeinschaft könnten ihre Mitglieder die Tätigkeiten der Arbeitsgemeinschaft der Aufsicht entziehen.
Die gegenteilige Auffassung lässt sich auch nicht im Wege eines argumentum e contrario aus § 394 AktG stützen. Nach § 394 AktG unterliegen Aufsichtsratsmitglieder, die auf Veranlassung einer Gebietskörperschaft in den Aufsichtsrat gewählt oder entsandt worden sind, hinsichtlich der Berichte, die sie der Gebietskörperschaft zu erstatten haben, keiner Verschwiegenheitspflicht. Diese Vorschrift betrifft damit die Frage der Verschwiegenheitspflicht von Organen der Aktiengesellschaft gegenüber ihren Aktionären. Vorliegend stellt sich jedoch nicht die Frage, inwiefern die Beigeladene gegenüber der Klägerin und den übrigen Aktionären zur Auskunft verpflichtet ist. Es geht auch nicht (nur) um die Durchsetzung des Aufsichtsrechts der Beklagten gegenüber der Klägerin, sondern um das gesetzlich angeordnete Aufsichtsrecht des BVA unmittelbar gegenüber der Beigeladenen. Hierzu können aus den Sonderregelungen für Gebietskörperschaften als Aktionäre keine Rückschlüsse gezogen werden.
e) Die angegriffene Maßnahme erweist sich auch nicht deshalb als rechtswidrig, weil sie nicht hinreichend bestimmt wäre. Ein Verwaltungsakt ist hinreichend bestimmt, wenn für den verständigen Beteiligten der Wille der Behörde unzweideutig erkennbar wird und eine unterschiedliche subjektive Bewertung nicht möglich ist (BSG, Urteil vom 29.01.1997 – 11 RAr 43/96 -) bzw. nicht hinreichend bestimmt, wenn sein Verfügungssatz nach seinem Regelungsgehalt in sich nicht widerspruchsfrei ist und der davon Betroffene bei Zugrundelegung der Erkenntnismöglichkeiten eines verständigen Empfängers nicht in der Lage ist, sein Verhalten daran auszurichten (BSG, Urteile vom 17.12.2009 – B 4 AS 30/09 R -, 15.05.2002 – B 6 KA 25/01 R -, 12.12.2001 – B 6 KA 3/01 R – und 29.01.1997 – 11 RAr 43/96 -; Pattar in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB X, 2. Auflage, 2017, § 33 Rn. 20). Unabhängig von ihrer Rechtsnatur (vgl. oben) gilt gleiches für eine Maßnahme der Aufsichtsbehörde. Der Bescheid vom 02.10.2012 genügt diesen Anforderungen. Jedenfalls nach verständiger Auslegung ist das von der Klägerin geforderte Verhalten ausreichend klar beschrieben. Sowohl aus der Begründung als auch aufgrund des vorangegangenen Beratungsverfahrens konnte die Klägerin erkennen, welchen Antrag sie nach dem Verfügungssatz zu 2. stellen und bei welcher Abstimmung sie sich mit der Aufnahme der Satzungsbestimmung einverstanden erklären soll.
Auch die geforderte Satzungsbestimmung ist hinreichend bestimmt. Die gewählte Formulierung entspricht dem Gesetzeswortlaut. Eine weitere Konkretisierung oder Einschränkung ist nicht geboten. Der Prüfungsumfang ist unbegrenzt; er umfasst den gesamten Tätigkeitsbereich der Arbeitsgemeinschaft, unabhängig von der konkreten Rechtsnatur und der Drittbezogenheit; verwaltungsinterne Vorgänge sind ebenso tangiert wie das Verwaltungshandeln nach außen (LSG Niedersachsen, Urteil vom 13.12.1995 – L 5 Ka 20/94 -; Marschner in Eichenhofer/Wenner, a.a.O., § 88 Rn. 6; Fattler in Hauck/Noftz, SGB IV, a.a.O. § 88 Rn. 3). Daher kann die Aufsichtsbehörde nahezu jegliche Unterlage aus dem Geschäftsbetrieb des beaufsichtigten Versicherungsträgers anfordern, weil nur so das in § 88 SGB IV geregelte Prüfungsrecht in der Praxis verwirklicht werden kann (Marschner in Eichenhofer/Wenner, a.a.O., § 88 Rn. 5; Fattler in Hauck/Noftz, SGB IV, a.a.O. § 88 Rn. 4b). Die Beigeladene ist daher gehalten, den Aufsichtsbehörden alle Unterlagen vorzulegen und Auskünfte zu erteilen, die diese – nach pflichtgemäßer Prüfung – verlangen und die für die Ausübung des Aufsichtsrechts erforderlich sind.
f) Die Verpflichtungsmaßnahme ist ermessensfehlerfrei ergangen. Die Rechtsaufsicht über die Versicherungsträger bezweckt eine Rechtmäßigkeitskontrolle als Folge der unmittelbaren Selbstverwaltung. Weil Staats- und Selbstverwaltung zwar organisatorisch getrennt sind, aber funktionell eine Einheit bilden, hat der Staat die Verantwortung dafür zu tragen, dass innerhalb der Versicherungsträger die Sozialversicherungsaufgaben regelmäßig durchgeführt werden und der Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung eingehalten wird (Marschner in Eichenhofer/Wenner, a.a.O., § 87 Rn. 7). Folglich haben die Aufsichtsbehörden nicht nur ein Aufsichtsrecht, sondern eine Aufsichtspflicht (BSG, Urteil vom 16.11.2005 a.a.O.; Marschner in Eichenhofer/Wenner, a.a.O., § 88 Rn. 13). Infolge dessen war das Ermessen der Beklagten hinsichtlich des "Ob" eines Tätigwerdens angesichts der fortgesetzten Negierung der Prüfrechte der Beklagten durch die Klägerin auf Null reduziert. Hinsichtlich des "Wie" sind – insbesondere nachdem das mildere Mittel der Beratung (§ 89 Abs. 1 Satz 1 SGB IV) erfolglos geblieben war – keine Ermessensfehler erkennbar.
g) Die Beklagte war schließlich auch nicht aufgrund eines zwischen ihr und der Beigeladenen geschlossenen öffentlich-rechtlichen Vertrags über das Ausmaß der Auskunftsrechte an der Maßnahme gehindert. Ein solcher Vertrag ist weder in der Besprechung am 08.09.2004 noch im Nachgang dazu zustande gekommen. Selbst dann, wenn eine rechtsgeschäftliche Regelung über den Umfang der Aufsicht wegen bis zum Urteil des BSG vom 16.11.2005 a.a.O. bestehender Rechtsunsicherheiten grundsätzlich nach §§ 54 Abs. 1, 53 Abs. 1 SGB X zulässig gewesen sein sollte, lag zwischen der Beigeladenen und der Beklagten jedenfalls keine Vereinbarung vor, die den hierbei einzuhaltenden Formerfordernissen genügt hätte.
Nach § 56 SGB X ist ein öffentlich-rechtlicher Vertrag schriftlich zu schließen, soweit nicht durch Rechtsvorschrift eine andere Form vorgeschrieben ist. Eine Vereinbarung zwischen dem BVA und einer Gesellschaft, die inhaltlich die Aufsicht nach § 94 Abs. 2 SGB X i.V.m. § 88 SGB IV betrifft und sie in spezifischem (abweichendem) Sinn regelt, unterfällt dieser Formvorschrift. Sie ist ihrer Rechtsnatur nach ein öffentlich-rechtlicher Vertrag i.S. des § 53 Abs. 1 SGB X, durch den ein Rechtsverhältnis auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts begründet, verändert oder aufgehoben wird. Die Rechtsnatur eines Vertrages bestimmt sich danach, ob der Vertragsgegenstand dem öffentlichen oder dem bürgerlichen Recht zuzurechnen ist (BSG, Urteil vom 28.10.1992 – 6 RKa 19/91 – m.w.N.). Die staatliche Aufsicht über Sozialversicherungsträger als Vertragsgegenstand ist dem öffentlichen Recht zuzurechnen.
Der Vermerk des Vorstands der Beigeladenen über das Gespräch vom 08.09.2004 – der auch inhaltlich keine endgültige und vollständige Einigung, sondern nur eine beabsichtigte weitere Abstimmung beschreibt – genügt der in § 56 SGB X vorgeschriebenen Form nicht. Schriftform i.S.d. Vorschrift bedeutet nach dem gemäß § 61 Satz 2 SGB X entsprechend anzuwendenden § 126 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB; vgl. BSG, Urteil vom 28.10.1992 – 6 RKa 19/91 -; Nielsson in jurisPK-SGB X, 2. Auflage, 2017, § 56 Rn. 31; Becker in Hauck/Noftz, a.a.O. § 56 Rn. 10), dass die Urkunde von dem Aussteller eigenhändig durch Namensunterschrift oder mittels notariell beglaubigten Handzeichens zu unterzeichnen ist. Bei einem Vertrag ist darüber hinaus nach § 126 Abs. 2 BGB erforderlich, daß entweder beide Vertragsparteien auf derselben Urkunde unterzeichnen oder bei mehreren gleichlautenden Urkunden jede Partei die für die andere Partei bestimmte Urkunde unterzeichnet. Eine Rechtsvorschrift, die für den Vertrag gemäß dem Vorbehalt in § 56 SGB X eine "andere Form" vorschreibt, existiert nicht. Der Gesprächsvermerk ist allein vom Vorstand der Beigeladenen, nicht aber auch von der Beklagten unterzeichnet worden. Auch zu keinem späteren Zeitpunkt wurde eine Urkunde von beiden Seiten unterzeichnet noch wurden mehrere gleichlautende und wechselseitig unterzeichnete Vertragsurkunden ausgestellt. Damit ist den Anforderungen des § 56 SGB X nicht genügt. Nach § 125 Satz 1 BGB, der gemäß § 61 Satz 2 SGB X im gegebenen Zusammenhang ebenfalls entsprechend gilt (BSG, Urteil vom 28.10.1992 – 6 RKa 19/91 -), ist infolgedessen die von der Klägerin zur Begründung ihres Rechtsschutzbegehrens behauptete Abrede unabhängig davon, ob sie einen rechtlich zulässigen Inhalt hatte, nichtig.
3. Die Kostengrundentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 Halbs. 3 SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung.
4. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 SGG).
Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen
Az.: L 11 KR 779/12 KL
Beschluss
Der Tatbestand des Urteils vom 21.02.2018 wird wie folgt berichtigt:
Die Beigeladene schließt sich den Anträgen der Klägerin an.
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 139 Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz).
Erstellt am: 14.01.2020
Zuletzt verändert am: 14.01.2020