Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 06.07.2023 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens.
Die Revision wird zugelassen.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 1.414,86 € festgesetzt.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Vergütung einer stationären Krankenhausbehandlung.
Die Klägerin ist Trägerin eines gemäß § 108 SGB zugelassenen Krankenhauses (im Folgenden: Krankenhaus), in dem die bei der Beklagten krankenversicherte I. (Versicherte) vom 17.09.2019 bis 21.09.2019 zur Revision einer Septohinoplastik, einer plastischen Nasenoperation, vollstationär behandelt wurde.
Bei Aufnahme der Versicherten bestand ein Zustand nach einer im November 2018 durchgeführten Septumplastik mit Conchotomie (operative Verkleinerung der Nasenmuscheln). Der Behandlung lag die Verordnung von Krankenhausbehandlung der HNO-Ärztin F. vom 16.09.2019 zugrunde. Die aufnehmenden Ärzte diagnostizierten eine Schiefnase mit „open roof“, den Verlust der vorderen Abstützung, eine Septumdeviation und eine Hypertrophie der unteren Nasenmuschel beidseits. Am 18.09.2019 wurde eine Septorhinoplastik-Revision durchgeführt. In der Fieberkurve dokumentierten die behandelnden Ärzte u.a. am 18.09.2019 im Rahmen der postoperativen Visite „blutige Sekretion erhöht, Tamponade belassen“ sowie am 19.09.2019 und 20.09.2019 jeweils „Status idem, Tamponade belassen“. Am 21.09.2019 wurde die Tamponade entfernt und die Versicherte aus der stationären Behandlung entlassen.
Mit Rechnung vom 26.09.2019 machte die Klägerin gegenüber der Beklagten hierfür Behandlungskosten in Höhe von 4.133,05 € unter Zugrundelegung der Diagnosis Related Group (DRG) D37B (Sehr komplexer Eingriffe an der Nase, Alter> 15 Jahre, außer bei Gaumenspalte oder Spaltnase, ohne plastische Rekonstruktion der Nase mit Rippenknorpeltransplantation) geltend.
Die Beklagte beglich die Rechnung zunächst vollständig und leitete am 22.10.2019 eine Prüfung durch den Medizinischen Dienst der Krankenkassen (MDK) ein. Prüfgegenstände waren u.a. die primäre und sekundäre Fehlbelegung.
In seiner gutachterlichen Stellungnahme vom 09.03.2020 kam der MDK zu der Einschätzung, es habe eine „Open roof“-Situation mit Nasenatmungsbehinderung nach Voroperation bestanden. Die Indikation zur Korrektur der Nase bei bestehender Nasenatmungsbehinderung sei medizinisch nachvollziehbar. Ob diese zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) abzurechnen sei, sei nicht sicher zu beurteilen, da nicht ersichtlich sei, ob es sich bei der Voroperation um einen funktionellen oder kosmetischen Eingriff gehandelt habe. Die medizinische Indikation vorausgesetzt, sei die Überschreitung der unteren Grenzverweildauer (UGVD) medizinisch nicht nachvollziehbar. Die am Aufnahmetag durchgeführte präoperative Vorbereitung/Diagnostik hätte im Rahmen eines ambulanten oder prästationären Settings erfolgen können. Der postoperative Verlauf sei laut Aktenlage unkompliziert gewesen. Komorbiditäten und eine relevante postoperative Blutung seien nicht dokumentiert. Es sei nicht nachvollziehbar, warum die Tamponade nicht bereits am ersten postoperativen Tag entfernt und die Patientin entlassen worden sei. Die Verweildauer werde um insgesamt drei Belegtage gekürzt.
Die Beklagte übermittelte der Klägerin die leistungsrechtliche Entscheidung per Datenträgeraustausch und vertrat unter Bezugnahme auf die Stellungnahme des MDK die Auffassung, es lägen zwei Fehlbelegungstage vor. Hieraus resultiere ein Erstattungsanspruch i.H.v. 1.414,86 €. Gleichzeitig kündigte sie die Aufrechnung dieses Betrages an. Die Verrechnung erfolgte mit Zahlungsavis vom 25.03.2020.
Am 03.11.2021 hat die Klägerin Klage vor dem Sozialgericht Duisburg erhoben und zur Begründung vorgetragen, im Streit stehe ausschließlich die Länge der vollstationären Verweildauer der Versicherten. Diese sei gerechtfertigt gewesen. Die Auffassung, wonach Patienten mit einliegenden Nasentamponade nicht länger als einen Belegtag stationär verbleiben müssten, widerspreche dem fachmedizinischen Standard und versetze Patientinnen und Patienten regelhaft in Lebensgefahr. Ausweislich der Leitlinie „Formstörung der inneren und/oder äußeren Nase (mit funktioneller und/oder relevant ästhetischer Beeinträchtigung)“ der Deutschen Gesellschaft für HNO-Heilkunde werde bei dem vorliegenden Krankheitsbild und den durchgeführten operativen Eingriffen regelhaft eine stationäre Behandlung bis zur Entfernung der Tamponade empfohlen. Eine mindestens 48-stündige Liegedauer der Nasentamponade sei bereits vor dem Hintergrund abstrakt bestehender Risiken indiziert. Die Liegedauer der Tamponaden und der Zeitpunkt der Entfernung unterliege zudem der ärztlich-therapeutischen Entscheidung und sei in Abhängigkeit vom Umfang des Eingriffs variabel.
Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, sie habe eine zulässige Aufrechnung vorgenommen, und hat hinsichtlich ihres Erstattungsanspruchs auf die Ausführungen des MDK Bezug genommen. Die jeweils ärztlich dokumentierten postoperativen Schmierblutungen rechtfertigten keine Fortsetzung der vollstationären Behandlung. Es seien lediglich sporadische Kontrollen der Vitalparameter erfolgt. Auch seien keine Laborwerte dokumentiert.
Das Sozialgericht hat ein HNO-ärztliches Gutachten von S. vom 12.05.2022 nebst ergänzender Stellungnahmen vom 01.08.2022, 23.12.2022 und 22.02.2023 eingeholt, der die Auffassung vertreten hat, es habe im vorliegenden Fall keine vollständige, widerspruchsfreie, zuverlässige und valide präoperative Befundung und Diagnostik stattgefunden. In der Zusammenschau aller vorliegenden Dokumente sowie des Vortrags der Beteiligten sei der strittige Eingriff mit hinreichender Wahrscheinlichkeit kosmetisch motiviert gewesen. Der Nachweis einer medizinischen Notwendigkeit für den gesamten Eingriff oder Teile hiervon und damit der stationären Behandlung sei nicht hinreichend wahrscheinlich zu machen bzw. nicht ausreichend belegt. Die Notwendigkeit einer Krankenhausbehandlung unterstellt, sei zwar der präoperative Tag nicht notwendig gewesen, wohl aber die postoperativen Tage, da eine Nasentamponade erforderlich gewesen sei. Bei liegender Nasentamponade seien die technischen und personellen Möglichkeiten eines Krankenhauses gefordert. Die Gründe für das Belassen der Nasentamponade seien durch die Einträge im Krankenblatt vom 19.09.2019 und 20.09.2019 hinreichend belegt.
Mit Urteil vom 06.07.2023 hat das Sozialgericht die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 1.414,86 € nebst Zinsen seit dem 26.03.2020 zu zahlen. Der unstreitige Anspruch der Klägerin auf Vergütung aus einem anderen Behandlungsfall sei nicht durch Aufrechnung mit einem öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch aus dem vorliegend streitigen Behandlungsfall der Versicherten erloschen. Der Beklagten stehe insoweit keine Gegenforderung zu. Die Klägerin habe zu Recht unter Zugrundelegung der DRG D37B abgerechnet. Ein Abschlag aufgrund einer Unterschreitung der UGVD sei nicht vorzunehmen gewesen. Die Kammer müsse nicht über die Notwendigkeit der stationären Behandlung als solche entscheiden, da der Einwand der Beklagten, es handele sich um einen rein kosmetischen Eingriff, aufgrund des § 8 S. 3 und 4 der Vereinbarung über das Nähere zum Prüfverfahren nach § 275 Abs. 1c SGB V in der für den vorliegenden Fall maßgebenden Fassung vom 03.02.2016 (Prüfverfahrensvereinbarung – PrüfvV) ausgeschlossen sei. Zur Überzeugung der Kammer liege jedenfalls dann ein Austausch des Grundes vor, wenn – wie hier – ein anderer Prüfgegenstand im Sinne des § 4 S. 2 PrüfvV zur Begründung des Erstattungsanspruchs herangezogen werde. Der Beklagten stehe der geltend gemachte Erstattungsbetrag i.H.v. 1.414,86 € nicht zu, da die Überschreitung der UGVD aufgrund des postoperativen Behandlungsverlaufs gerechtfertigt sei.
Gegen das am 09.08.2023 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 05.09.2023 Berufung eingelegt. Der Sachverständige S. sei zu dem Ergebnis gelangt, dass der Krankenhausaufenthalt insgesamt nicht notwendig gewesen sei. Es habe eine primäre Fehlbelegung vorgelegen. Seine Feststellungen zur Verweildauer müssten außer Betracht bleiben, da dies nichts an der Feststellung der primären Fehlbelegung ändern könne. Sie sei mit dem Einwand einer primären Fehlbelegung nicht ausgeschlossen. Die Klägerin habe keinen Vertrauensschutz dahingehend, dass, abweichend vom Ergebnis des MDK-Gutachtens, im sozialgerichtlichen Verfahren ein bereits vom Prüfauftrag an den MDK umfasster Prüfgegenstand, nicht doch noch festgestellt werde. Die Tage der sekundären Fehlbelegung seien naturgemäß auch umfasst, wenn der Krankenhausaufenthalt insgesamt medizinisch nicht notwendig gewesen sei. § 8 PrüfvV beschränke die Beklagte lediglich darin, weitergehende Rückforderungsansprüche als die mit der Leistungsentscheidung mitgeteilten geltend zu machen. Die PrüfvV sei als Normsetzungsvertrag der Auslegung nach den allgemeinen Auslegungsmethoden zugänglich. Sie unterliege nicht den für Abrechnungsbestimmungen geltenden Einschränkungen einer eng am Wortlaut orientierten Auslegung (BSG, Urteil vom 18.05.2021 – B 1 KR 34/20 R). Entgegen der Auffassung der Klägerin müsse die Auslegung der PrüfvV nicht dazu führen, die Beklagte auf die mit der Leistungsentscheidung mitgeteilte Begründung ihres Erstattungsanspruches zu beschränken. Eine derartige Auslegung beschränke die Krankenkasse auf das Prüfergebnis des MDK zu einem Zeitpunkt, in dem sie noch keinerlei Möglichkeit gehabt habe, den medizinischen Sachverhalt selbst zu erfassen und zu bewerten. Vielmehr habe sie diese Möglichkeit erst im gerichtlichen Verfahren, in welchem sie selbst die Behandlungsunterlagen einsehen könne. Es bestehe insofern ein klares Informationsgefälle zwischen Krankenhaus einerseits und Krankenkasse und MDK andererseits. Vor diesem Hintergrund müsse für die Beendigung des Prüfverfahrens des MDK entsprechend § 8 PrüfvV zwar eine Begründung des Erstattungsanspruches erfolgen. Für das gerichtliche Verfahren bildeten diese „wesentlichen Gründe“ jedoch keine inhaltliche Beschränkung.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 06.07.2023 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend. Gemäß § 8 S. 2 und 3 PrüfvV habe die Krankenkasse dem Krankenhaus innerhalb von elf Monaten nach Übermittlung der Prüfanzeige die wesentlichen Gründe ihrer Leistungsentscheidung darzulegen. Hierbei handele es sich gemäß § 8 S. 4 PrüfvV um eine Ausschlussfrist, die auch im gerichtlichen Verfahren fortwirke. Die PrüfvV ziele nach der Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 18.05.2021 (a.a.O. Rn 28) auf die Beschleunigung und Konzentration des Prüfverfahrens ab, das nicht durch wiederholte oder unzeitige Datenänderungen in die Länge gezogen werden solle. Dieser Zweck könne nur erreicht werden, wenn die Präklusion nach Abschluss des Prüfverfahrens insbesondere in einem nachfolgenden Gerichtsverfahren fortgelte. Dass es der Beklagten nicht möglich sein solle, die wesentlichen Gründe beliebig und jederzeit auszutauschen, ergebe sich auch aus dem Urteil des BSG vom 10.11.2011 (B 1 KR 36/20 R), in dem dieses hervorgehoben habe, die Berechtigung zur Aufrechnung setze voraus, dass aus der Mitteilung einer abschließenden Entscheidung der Krankenkasse klar zum Ausdruck kommen müsse, dass diese die Prüfung als abgeschlossen ansehe und auf den weiteren Lauf der für die abschließende Entscheidung geltenden Frist nach § 8 Abs. 3 PrüfvV verzichte. § 8 S. 4 PrüfvV beinhalte eine materielle Ausschlussfrist mit der Folge, dass die Beklagte die getroffene Leistungsentscheidung nicht modifizieren könne. Die Ausschlussfrist solle gerade verhindern, dass die wesentlichen Gründe der Leistungsentscheidung im gerichtlichen Verfahren ausgetauscht werden könnten. Dies ergebe sich aus dem Wortlaut des § 8 S. 1 PrüfvV, wonach die Krankenkasse nicht nur die abschließende Leistungsentscheidung, sondern auch den daraus folgenden Erstattungsanspruch mitzuteilen habe. Ein Austausch der wesentlichen Gründe modifiziere in aller Regel den Erstattungsanspruch. Zudem müsse sich nach § 8 S. 2 PrüfvV aus den mitgeteilten Gründen ergeben, in welchem Umfang die Leistung nicht wirtschaftlich oder die Abrechnung nicht korrekt gewesen sei. Die Möglichkeit eines Austauschs wesentlicher Gründe widerspreche auch der Beschleunigungsmaxime, die den Beteiligten eine möglichst frühzeitige und endgültige Klärung ihrer gegenseitigen Ansprüche ermöglichen solle. Dies sei nur dann sinnvoll möglich, wenn die abschließende Leistungsentscheidung tatsächlich eine endgültige Regelung des Vergütungsanspruchs treffe. Nur wenn die abschließende Leistungsentscheidung die Gründe der Kürzung des Vergütungsanspruchs final benenne, sei das Krankenhaus auch in der Lage, die Erfolgsaussichten gerichtlicher Klärung abzuschätzen. Es treffe auch nicht zu, dass ein Informationsgefälle zwischen Krankenhaus und Krankenkasse bestehe, da es dem Krankenhaus aufgrund der Ausschlussfrist des § 7 Abs. 2 PrüfvV verwehrt sei, weitere als die vom MDK angeforderten und im Prüfverfahren vorgelegten Unterlagen vorzulegen. Insoweit hätten beide Beteiligten im gerichtlichen Verfahren den gleichen Informationsstand. Über die Frage einer primären Fehlbelegung sei mithin nicht zu entscheiden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie den Inhalt der Verwaltungsvorgänge der Beklagten und der Patientenakte der Klägerin Bezug genommen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 06.07.2023 ist unbegründet.
Das Sozialgericht hat die Beklagte zu Recht zur Zahlung von 1.414,86 € nebst Zinsen ab dem 26.03.2020 verurteilt.
Die Klage ist als (echte) Leistungsklage nach § 54 Abs. 5 SGG statthaft und auch im Übrigen zulässig. Bei einer auf Zahlung der Behandlungskosten eines Versicherten gerichteten Klage eines Krankenhauses bzw. eines Krankenhausträgers gegen eine Krankenkasse oder umgekehrt bei einer auf Erstattung einer gezahlten Vergütung gerichteten Klage einer Krankenkasse gegen ein Krankenhaus oder eines Krankenhausträgers handelt es sich um einen sog. Parteienstreit im Gleichordnungsverhältnis, in dem eine Regelung durch Verwaltungsakt nicht in Betracht kommt (vgl. etwa BSG, Urteil vom 17.06.2000 – B 3 KR 33/99 R, juris Rn. 14; Urteil vom 23.07.2002 – B 3 KR 64/01 R, juris Rn. 13), sodass es eines Vorverfahrens nicht bedurfte und eine Klagefrist nicht einzuhalten war.
Die Klage ist in der Hauptsache auch begründet. Die Klägerin hat Anspruch auf Zahlung von 1.414,86 € aus ihrer Rechnung mit den Rechnungsnummern 920601. Dieser Vergütungsanspruch ist dem Grunde nach unstreitig; eine weitere Prüfung erübrigt sich deshalb (dazu BSG, Urteil vom 30.07.2019 – B 1 KR 31/18 R, Rn. 9). Der Vergütungsanspruch ist in der streitbefangenen Höhe auch nicht durch Aufrechnung erloschen (§ 69 Abs. 1 S. 3 SGB V i.V.m. § 389 BGB). Es fehlt bereits an einer Aufrechnungslage (§ 387 BGB), weil der Beklagten der geltend gemachte Erstattungsanspruch aus der Behandlung der Versicherten nicht zustand.
Rechtsgrundlage des von der Klägerin wegen der vollstationären Behandlung der Versicherten geltend gemachten Vergütungsanspruchs ist § 109 Abs. 4 S. 3 SGB V i.V.m. § 7 KHEntgG und § 17b KHG. Die Zahlungsverpflichtung der Krankenkasse entsteht unabhängig von einer Kostenzusage unmittelbar mit Inanspruchnahme der Leistung durch den Versicherten kraft Gesetzes, wenn die Versorgung – wie hier – in einem zugelassenen Krankenhaus im Rahmen seines Versorgungsauftrags durchgeführt wird, sie i.S. von § 39 Abs. 1 S. 2 SGB V erforderlich ist und die Leistungen insgesamt wirtschaftlich (§ 12 Abs. 1 SGB V) erbracht werden (vgl. BSG, Urteil vom 22.06.2022 – B 1 KR 19/21 R, Rn.10 m.w.N.).
Eine sekundäre Fehlbelegung lag nicht vor, sodass ein Erstattungsanspruch aus diesem Grunde in Höhe von 1.414,86 € nicht besteht (1). Die Beklagte ist mit dem Einwand der primären Fehlbelegung gemäß § 8 S. 3 und 4 PrüfvV präkludiert (2).
1. Eine sekundäre Fehlbelegung lag nach den nachvollziehbaren und überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen nicht vor. Dieser hat nachvollziehbar und für den Senat überzeugend ausgeführt, dass die Notwendigkeit für eine liegende Nasentemponade vorlag. Die im Falle der Versicherten erfolgte Streifen-Conchotomie der unteren Nasenmuschel stelle, so der Sachverständige, ein Verfahren dar, welches eine größere offene Wunde hinterlasse, die nicht gedeckt werde. Aus dieser Wunde könne es anhaltend bluten, sodass die Anlage einer Nasentamponade notwendig sei. Entsprechende postoperative Blutungen, die auf anhaltende Blutungen aus der Conchotomiewunde hindeuten, sind bis zum Tag vor der Entlassung des Versicherten dokumentiert. Der Sachverständige, dessen Ausführungen sich der Senat anschließt, hat weiter dargelegt, dass bei einer liegenden Nasentamponade die technischen und personellen Möglichkeiten eines Krankenhauses erforderlich seien, da die Gefahr einer Aspiration der Nasentamponade bestehe, deren ambulante Beherrschung nicht möglich sei, sodass ein unmittelbares Eingreifen mit den technischen und personellen Möglichkeiten eines Krankenhauses notwendig werden könne.
Von einer sekundären Fehlbelegung kann aus den genannten Gründen nicht ausgegangen werden.
Der Umstand, dass die präoperative Versorgung der Versicherten nach den auch insofern überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen nicht unter stationären Bedingungen hätte erfolgen müssen, ist – worauf das Sozialgericht ebenfalls zutreffend hingewiesen hat – unerheblich und nicht vergütungsrelevant, da die UGVD angesichts der Notwendigkeit einer stationären Behandlung der Versicherten vom 18. bis 21.09.2019 ohnehin überschritten ist, ohne dass die obere Grenzverweildauer erreicht wird. Dies ist zwischen den Beteiligten auch nicht streitig.
2. Mit dem Einwand einer primären Fehlbelegung (a) ist die Beklagte gemäß § 8 S. 3 und 4 PrüfvV präkludiert (b).
a) Zwar ist entsprechend den nachvollziehbaren und überzeugenden Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen die medizinische Notwendigkeit der stationären Behandlung nach den vorgelegten Unterlagen nicht ausreichend belegt. Der Senat macht sich insoweit die Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen zu eigen.
Die in der ärztlichen Verordnung der stationären Heilbehandlung genannte Diagnose (Höckernase nach Septumplastik) lässt nicht auf eine medizinisch notwendige Heilbehandlung schließen, da weder eine Nasenatmungsbehinderung, ein „open roof“, eine Nasenmuschelhyperplasie noch eine Septumdeviation als Grund der stationären Einweisung angegeben werden. Die im Rahmen der Behandlung gefertigten Fotos zeigen keine funktionell relevante Schiefnase, sodass der indikationsbegründenden Diagnose der behandelnden Ärzte nicht gefolgt werden kann. Vielmehr zeigt sich eine erhebliche Höckernase, die (lediglich) kosmetisch unvorteilhaft und in der Regel nicht mit Funktionseinschränkungen verbunden ist. Soweit in den ärztlichen Dokumenten durchgehend ein „open roof“ diagnostiziert ist, führt dieses in den meisten Fällen lediglich zu einem kosmetisch unvorteilhaften Nasenrücken. Probleme und Symptome, die auf ein „open roof“ zurückgeführt werden könnten, sind hingegen nicht dokumentiert. Soweit der „Verlust der vorderen Abstützung“ diagnostiziert wurde, kann dies zwar zu einer Erniedrigung des Nasolabialwinkels führen. Eine solche kann den Lateralprojektionen der Fotos aber nicht entnommen werden. Zudem sind die funktionellen Einschränkungen bei „Verlust der vorderen Abstützung“ inkonstant, sodass eine zwingende operative Therapiebedürftigkeit aus einem entsprechenden Befund nicht ohne weiteres abgeleitet werden kann. Zu der in der Anamnese erwähnten zunehmenden Nasenatmungsbehinderung findet sich keine weitergehende Auseinandersetzung mit diesem Hauptsymptom, welche zur umfassenden Abklärung einer OP-Indikation aber erforderlich gewesen wäre. Auch ist im Aufnahmebefund kein endonasaler Befund dokumentiert. Laut OP-Bericht erfolgte lediglich eine Höckerabtragung, sodass in Ermangelung weitergehender und eine relevante Funktionseinschränkung belegender Befunde davon auszugehen ist, dass es sich um einen kosmetisch motivierten Eingriff ohne medizinisch begründete Behandlungsbedürftigkeit gehandelt hat.
b) Die Beklagte ist mit dem Einwand der primären Fehlbelegung aber gemäß § 8 S. 3 und 4 PrüfvV ausgeschlossen. Im vorliegenden Fall ist die für die Jahre 2017-2021 geltende PrüfvV in der Fassung vom 03.02.2016 anzuwenden, da die Abrechnung eines Behandlungsfalles aus dem Jahr 2019 zu beurteilen ist. Der sachliche Anwendungsbereich ist unzweifelhaft eröffnet
Nach § 8 PrüfvV hat die Krankenkasse ihre abschließende Entscheidung zur Wirtschaftlichkeit der Leistung oder zur Korrektur der Abrechnung und den daraus folgenden Erstattungsanspruch mitzuteilen (S. 1). Wenn die Leistung nicht in vollem Umfang wirtschaftlich oder die Abrechnung nicht korrekt war, sind dem Krankenhaus die wesentlichen Gründe darzulegen (S. 2). Die Mitteilungen nach den S. 1 und zwei haben innerhalb von elf Monaten nach Übermittlung der Prüfanzeige nach § 6 Abs. 3 PrüfvV zu erfolgen (S. 3). Die Regelung des S. 3 wirkt als Ausschlussfrist (S. 4).
Der Senat geht in Anlehnung zur Rechtsprechung zu § 7 Abs. 5 PrüfvV 2014 (vgl. BSG, Urteile vom 18.05.2021 – B 1 KR 34/20 R, B 1 KR 37/20 R und B 1 KR 39/20 R) davon aus, dass es sich bei § 8 PrüfvV um eine Präklusionsvorschrift handelt, da für eine materiell-rechtlicher Ausschlussfrist innerhalb der PrüfvV keine Rechtsgrundlage besteht (vgl. zusammenfassend zum Nachstehenden LSG NRW, Urteil vom 01.02.2024 – L 5 KR 357/22 KH –, juris, Rn. 34 ff, m.w.N.).
aa) Die in § 8 S. 3 PrüfvV niedergelegte Frist zur Mitteilung der abschließenden Entscheidung und der wesentlichen Gründe ist nicht als materiell-rechtliche Ausschlussfrist anzusehen.
Die Anwendung der normenvertraglichen Bestimmungen der PrüfvV unterliegt den allgemeinen für Gesetze geltenden Auslegungsmethoden der Rechtswissenschaft. Es ist nicht auf den subjektiven Willen der Beteiligten, sondern auf die objektive Erklärungsbedeutung abzustellen. Den jeweils nicht mitvereinbarten „Umsetzungshinweisen“ der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) und den „Hinweisen“ des GKV-Spitzenverbandes zur PrüfvV kommt deshalb keine Bedeutung bei der Auslegung zu. Die objektive Erklärungsbedeutung ist umfassend zu ermitteln (BSG, Urteil vom 18.05.2021 – B 1 KR 34/20 R –, Rn. 21).
Bei Anwendung dieser Grundsätze ist das Vorliegen einer materiell-rechtlichen Ausschlussfrist zu verneinen. Zwar mag der Wortlaut des § 8 S. 4 PrüfvV, der die Frist des Satzes 3 ausdrücklich als Ausschlussfrist bezeichnet, zunächst für ein solches Verständnis sprechen. Diese Auslegung ist indes nicht zwingend. Denn auch bei einer bloßen materiellen Präklusion sind die nach dem jeweiligen Regelungszusammenhang erforderlichen Handlungen zur Durchsetzung oder Abwehr eines Anspruchs „ausgeschlossen“. Der Wortlaut zwingt daher nicht zu der Annahme, dass § 8 S. 4 PrüfvV im Sinne eines vollständigen Anspruchsverlustes verstanden werden muss.
Gegen das Vorliegen einer materiellen Ausschlussfrist spricht die historische Entwicklung. Es ist nicht erkennbar, dass die Vertragsparteien der PrüfvV über die vom Gesetzgeber vorgegebene und höchstrichterlich immer wieder betonte Grenze der gesetzlichen Ermächtigung hinausgehen wollten.
Die Vereinbarung einer materiell-rechtlichen Ausschlussfrist im Rahmen der PrüfvV wäre von der gesetzlichen Ermächtigung in § 275 Abs. 1c SGB V i.V.m. § 17c Abs. 2 KHG nicht gedeckt (so auch SG Dortmund, Urteil vom 21.04.2017 – S 49 KR 642/16 –, juris, Rn. 30; SG Gießen, Urteil vom 10.11.2017 – S 7 KR 70/16 Rn. 32; a.A. SG Rostock, Urteil vom 04.05.2023 – S 11 KR 151/21). Das BSG hat zu Begriff und Wirkung materiell-rechtlicher Ausschlussfristen ausgeführt, dass solche Fristen zum Erlöschen des davon erfassten Anspruchs durch Zeitablauf führen. Materiell-rechtliche Ausschlussfristen zu Lasten der Versichertengemeinschaft haben danach zur Folge, dass Krankenkassen verpflichtet werden, im Widerspruch zum Wirtschaftlichkeitsgebot Vergütungen auch für nicht erforderliche Krankenhausbehandlungen zu zahlen, und zudem gehindert sind, eigene Erstattungsansprüche geltend zu machen (vgl. BSG, Urteil vom 13.11.2012 – B 1 KR 27/11 R –, juris, Rn. 35; darauf ausdrücklich verweisend auch BSG, Urteil vom 18.05.2021 – B 1 KR 32/20 R –, Rn. 17; ebenso BSG, Urteil vom 19.04.2016 – B 1 KR 33/15 R –, Rn. 10).
Die auch vom Gesetzgeber erkannte Notwendigkeit von Regelungen zur Beschleunigung des Prüfverfahrens bei Krankenhausbehandlung hat dieser in § 275 Abs. 1c S. 1 SGB V (hier anzuwenden in der ab 11.05.2019 geltenden Fassung vom 06.05.2019) normiert. Für das ab 01.04.2007 in § 275 Abs. 1c S. 1 SGB V normierte Beschleunigungsgebot hat das BSG – allerdings für Fallgestaltungen vor Geltung der PrüfvV – bereits entschieden, dass dieses allein durch die Frist des §§ 275 Abs. 1c S. 2 SGB V, der die Sechs-Wochen-Frist zur Einleitung des Prüfverfahrens regelt, konkretisiert wird. Eine weitere Einschränkungsmöglichkeit des Wirtschaftlichkeitsgebots durch materiell-rechtliche Ausschlussfristen bestehe normativ nicht, sie stehe insbesondere nicht zur Disposition der Vertragspartner (BSG, Urteil vom 13.11.2012 a.a.O. Rn. 39; ebenso BSG, Urteil vom 19.04.2016 a.a.O. Rn. 10).
An der somit fehlenden gesetzlichen Ermächtigung für eine materiell-rechtliche Ausschlussfrist hat sich auch durch die Neuregelung des § 17c Abs. 2 KHG zum 01.08.2013 (durch das Gesetz zur Beseitigung sozialer Überforderung bei Beitragsschulden in der Krankenversicherung vom 15.07.2013, BGBl I 2423), mit dem die Ermächtigungsgrundlage zur Vereinbarung der PrüfvV geschaffen wurde, nichts geändert. Hierdurch wurden der GKV-Spitzenverband und die DKG beauftragt, die nähere, bundeseinheitliche Ausgestaltung des Prüfverfahrens für die Einzelfallprüfung durch den MDK vorzunehmen, weil die landesvertraglichen Regelungen auf Grundlage des § 112 Abs. 1 SGB V als unzureichend bzw. veraltet angesehen wurden (vgl. BT-Drs. 17/13947 S. 38). Die darin getroffene, nicht abschließende Regelung sieht unter anderem eine Ermächtigung zur Vereinbarung der Prüfdauer zur Beschleunigung des Prüfverfahrens und über die Abwicklung von Rückforderungen vor. § 17c Abs. 2 S. 2 KHG regelt am Ende allerdings ausdrücklich, dass die §§ 275 bis 283 SGB V im Übrigen unberührt bleiben; nach § 17c Abs. 2 S. 1 letzter Halbs. KHG sind lediglich abweichende Regelungen zur Sechs-Wochen-Frist des § 275 Abs. 1c S. 2 SGB V möglich (so die ausdrückliche Gesetzesbegründung, BT-Drs. 17/13947 S. 38). Es ist daher nicht erkennbar, dass der Gesetzgeber in Kenntnis der höchstrichterlichen Rechtsprechung eine Ermächtigung zur Schaffung weiterer materiell-rechtlicher Ausschlussfristen begründen wollte. Entsprechend hat auch der 1. Senat des BSG ausgeführt, dass die Vorschrift des § 17c Abs. 2 KHG die Parteien der PrüfvV zwar ermächtigt, an die Verletzung von Mitwirkungsobliegenheiten im Prüfverfahren Rechtsfolgen zu knüpfen, die auch die Durchsetzbarkeit des Vergütungsanspruchs betreffen (vgl. BSG, Urteil vom 18.05.2021 a.a.O. Rn.19). Eine Ermächtigung zur Schaffung einer materiell-rechtlichen Ausschlussfrist hat er jedoch – wenn auch für die Verletzung von Mitwirkungspflichten der Krankenhäuser – verneint (BSG, Urteil vom 18.05.2021 a.a.O. Rn. 25).
bb) Nach den vorstehenden Ausführungen ist davon auszugehen, dass es sich auch bei der Frist des § 8 S. 3 PrüfvV um eine materielle Präklusionsregelung handelt. Dies hat zur Folge, dass die Beklagte nach Ablauf der Frist eine abschließende Entscheidung nicht mehr nachholen und eine entsprechende Begründung nicht mehr vorlegen kann.
Denn für die Vertragsparteien der PrüfvV besteht ein tatsächliches Bedürfnis, die Dauer des Prüfverfahrens zu begrenzen und damit Fristen für dessen Abschluss festzusetzen, um das Verfahren einerseits zu beschleunigen und andererseits für alle Beteiligten Rechtssicherheit zu schaffen. Eine Regelung der Dauer des Prüfverfahrens war auch von der gesetzlichen Ermächtigung des § 17c Abs. 2 KHG ausdrücklich gedeckt (s.o.), soweit damit nicht ein vollständiger Anspruchsausschluss einherging. § 8 S. 3 PrüfvV stellt damit gleichsam das Pendant zu § 7 Abs. 2 S. 3 PrüfvV dar, der dem Krankenhaus zur Beschleunigung des Prüfverfahrens eine Frist zur Vorlage der erforderlichen Unterlagen setzt. Sofern das Krankenhaus das seinerseits Erforderliche zur Durchführung der Prüfung getan hat, soll auch der Krankenkasse eine Obliegenheit auferlegt werden, um die Dauer der Prüfung wirksam zu begrenzen. Die Regelung ist daher – ebenso wie § 7 Abs. 2 S. 3 PrüfvV (vgl. dazu BSG, Urteil vom 18.05.2021 a.a.O.) – als materielle Präklusionsregelung anzusehen (vgl. LSG NRW, Urteil vom 01.02.2024 a.a.O. Rn.41; a.A. SG Duisburg, Urteile vom 17.06.2020 – S 60 KR 566/19 –, juris, Rn.24 ff. und 09.11.2021 – S 60 KR 1558/18, juris, Rn 30 ff., SG Ulm, Urteil vom 30.03.2023 – S 13 KR 3202/21 –, juris, Rn. 23; SG Rostock, Urteil vom 04.05.2023 – S 11 KR 151/21 –, juris, Rn.31; SG Dresden, Urteil vom 24.06.2020 – S 38 KR 219/18 –, juris, Rn.28, Sozialgericht Ulm, Urteile vom 27.05.2024 – S 10 KR 3053/21 –, juris, Rn.66, vom 25.11.2022 – S 10 KR 160/20 –, juris Rn 38 und vom 27.05.2024 – S 10 KR 3027/21 –, juris Rn. 41). Folge dieser Präklusionsregelung ist, dass die nach dem jeweiligen Regelungszusammenhang erforderlichen Handlungen zur Durchsetzung oder Abwehr eines Anspruchs ausgeschlossen sind (BSG, a.a.O. Rn. 17).
cc) Die Voraussetzungen einer materiellen Präklusion im Sinne des § 8 S. 3 und 4 PrüfvV liegen auch vor. Die Beklagte hat ihre das Prüfverfahren abschließende leistungsrechtliche Entscheidung am 25.03.2020 getroffen und diese innerhalb der elfmonatigen Frist mitgeteilt. Sie hat der Klägerin hierin dargelegt, dass die Rechnung insoweit zu beanstanden sei, als zwei Fehlbelegungstage vorlägen, die zu einem Erstattungsanspruch i.H.v. 1.414,86 € führten. Diesen Betrag hat sie mit Zahlungsavis vom gleichen Tage aufgerechnet. Soweit sie ihren Erstattungsanspruch (erstmals) im Klageverfahren und nach Ablauf der elfmonatigen Frist gemäß § 8 S. 3 PrüfvV nunmehr mit dem Vorliegen einer primären Fehlbelegung begründet, ist ein Austauschen der wesentlichen Gründe für den Erstattungsanspruch gemäß § 8 S. 3 und 4 PrüfvV nicht mehr möglich (vgl. SG Duisburg Urteil vom 09.11.2021 a.a.O. Rn. 42 ff., SG Ulm Urteil vom 25.11.2022 a.a.O. Rn. 38, Urteil vom 27.05.2024 – S 10 KR 3027/21 a.a.O. Rn. 37 sowie Urteil vom gleichen Tage S 10 KR 3053/21 Rn. 62 sowie Sozialgericht Dresden a.a.O. Rn 28). Ausdrücklich erstreckt sich die Vorschrift des § 8 S. 3 PrüfvV nicht nur auf die Mitteilung der abschließenden Entscheidung, also das Ergebnis der Prüfung gemäß S. 1, sondern auch auf die Mitteilung der wesentlichen Gründe gemäß S. 2. Der Regelung ist damit eindeutig zu entnehmen, dass die Krankenkasse nach Ablauf der Frist ihre Leistungsentscheidung nicht auf andere Gründe als die mitgeteilten stützen kann (SG Dresden a.a.O.). Zweck der Mitteilung der wesentlichen Gründe ist es, den Streit rund um die Richtigkeit einer Abrechnung gegebenenfalls auf einzelne Punkte zu beschränken. Da auch die Mitteilung der wesentlichen Gründe innerhalb der Frist von § 8 S. 3 PrüfvV erfolgen muss, folgt aus § 8 S. 4 PrüfvV, dass die Krankenkasse grundsätzlich in einem sich anschließenden Klageverfahren auf die ihrerseits benannten Gründe beschränkt ist (vgl. Sozialgericht Ulm, Urteile vom 27.05.2024 – S 10 KR 3027/21 –, juris, Rn. 37 f. sowie –S 10 KR 3053/21 –, juris, Rn 62 f., jeweils m.w.N.).
Der Senat weist ergänzend darauf hin, dass die Beklagte den Erstattungsanspruch in Kenntnis des Gutachtens des MDK und der bereits dort geäußerten Zweifel an der Notwendigkeit der stationären Behandlung bewusst allein auf die vermeintliche sekundäre Fehlbelegung gestützt hat, ohne auf die Frage der primären Fehlbelegung ein- oder dieser weiter nachzugehen. Der MDK hatte bereits in seiner gutachterlichen Stellungnahme vom 09.03.2020 darauf hingewiesen, dass die Frage der Notwendigkeit der Krankenhausbehandlung nach den vorgelegten Unterlagen nicht sicher zu beurteilen sei. Es ist nicht nachvollziehbar, wieso der MDK die aus seiner Sicht zur weiteren Prüfung erforderlichen Unterlagen nicht beim Krankenhaus nachforderte. Hieran ist er grundsätzlich nicht gehindert, solange dies nicht zur Überschreitung der für die Durchführung des Prüfverfahrens geltenden Frist gemäß § 8 S. 3 PrüfvV führt (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 10.11.2021 – B 1 KR 22/21 R – Rn.12). Diese Frist war bei Erstellung seines Gutachtens aber noch nicht abgelaufen. Auch die Beklagte hätte die Möglichkeit gehabt, auf eine entsprechende (weitergehende) Prüfung durch den MDK sowie die Vorlage der notwendigen Unterlagen hinzuwirken. Insofern kann sie auch nicht damit gehört werden, dass sie in Ermangelung der Kenntnis der Unterlagen keine eigene Prüfung dieser Frage habe vornehmen können. Vielmehr hat sie sich bewusst dafür entschieden, als wesentlichen Grund ihres Erstattungsanspruchs lediglich die sekundäre Fehlbelegung anzugeben.
Kostenentscheidung und Streitwertfestsetzung folgen aus §§ 197a Abs. 1 S. 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 2 VwGO bzw. §§ 63 Abs. 2 S. 1, 52 Abs. 3 S. 1, 47 Abs. 1 S. 1GKG.
Die Revision war zuzulassen, da die Frage, ob § 8 S. 3 und 4 PrüfvV eine materiell-rechtliche Ausschluss- oder Präklusionsfrist beinhaltet, von grundsätzlicher Bedeutung ist (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG) und – soweit ersichtlich – höchstrichterliche Rechtsprechung hierzu nicht existiert (vgl. LSG NRW Urteil vom 01.02.2024 a.a.O. Rn. 46 m.w.N.).
Erstellt am: 11.12.2024
Zuletzt verändert am: 23.12.2024