Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Sozialgerichts Münster vom 27. Dezember 2001 geändert. Die Antragsgegnerin wird verpflichtet, dem Antragsteller vom heutigen Tage an Arbeitslosenhilfe in gesetzlicher Höhe zu zahlen.
Gründe:
Die zulässige Beschwerde ist in dem sich aus dem Tenor ergebenden Umfang begründet.
Der Antragsteller hat – nach entsprechender Beschränkung seines Antrags in der Beschwerdeinstanz – ab 21.03.02 Anspruch auf vorläufige Bewilligung von Arbeitslosenhilfe, weil eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (§ 86 b Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz – SGG ) und der angefochtene Bescheid vom 11.07.01 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 21.11.01 jedenfalls nach den Darlegungen des Antragstellers im Senatstermin von diesem Zeitpunkt an nicht den gesetzlichen Vorschriften entspricht.
Die Voraussetzungen des Anspruchs auf Arbeitslosenhilfe sind dem Grunde nach gegeben. Der Antragsteller hat sich am 27.04.01 ab 01.05.01 arbeitslos gemeldet, er hat mangels Erfüllung der Anwartschaftszeit keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld, zuletzt bis 19.09.00 Anschlussarbeitslosenhilfe bezogen und ist bedürftig (vgl. § 190 Abs. 1 Sozialgesetzbuch – Arbeitsförderung – SGB III), weil er – wie er in der mündlichen Verhandlung glaubhaft gemacht hat – außer einem Entgelt aus einer geringfügigen Nebenbeschäftigung in Höhe von monatlich 120 DM kein Einkommen im Sinne des § 194 Abs. 1 SGB III und auch kein Vermögen hat. Sein Anspruch auf Anschlussarbeitslosenhilfe ist nicht erloschen (§ 196 SGB III). Schließlich ist der Antragsteller auch arbeitslos im Sinne der §§ 190 Abs. 1 Nr. 1, 198 Satz 2 Nr. 1, 118 Abs. 1 SGB III. Er steht – was vorliegend streitig ist – als immatrikulierter Student insbesondere den Vermittlungsbemühungen des Arbeitsamtes zur Verfügung (§ 119 Abs. 1 Nr. 2 SGB III). Der Antragsteller hat die Vermutung des § 120 Abs. 2 Satz 1 SGB III, dass Studenten nur eine versicherungsfreie Beschäftigung ausüben können, widerlegt, indem er in der mündlichen Verhandlung am 21.03.02 jedenfalls für die Zeit ab 01.05.01 und insbesondere das folgende Semester nachgewiesen hat, dass die für ihn geltenden Regelungen in den Studien- und Prüfungsordnungen ebenso wie seine konkrete Studiengestaltung eine Beschäftigung nicht ausschließen, die mehr als kurzzeitig ist und bei der das Studium hinsichtlich der Gesamtbelastung hinter der Arbeitnehmertätigkeit zurücktritt (§ 120 Abs. 2 Satz 2 SGB III; BSG SozR 3-4100 § 103 a Nr. 2).
Der Antragsteller hat glaubhaft dargelegt, dass er die für die Zulassung zur Diplomarbeit notwendigen Leistungsnachweise und Fachprüfungen – wie bisher und zum Teil krankheitsbedingt – schrittweise erbringen und er zum Ende des Sommersemesters 2002 oder zu Beginn des Wintersemesters 2002/03 die Fachprüfung in den Pflichtfächern "Chemie" und "Technik im Haushalt" ablegen will, ferner, dass er zur Vorbereitung auf diese Prüfungen keine Vorlesungen, Übungen oder sonstigen Lehrveranstaltungen der Fachhochschule besuchen, sondern sich lediglich durch das Studium von Fachliteratur und eigenen Aufzeichnungen auf die Fachprüfungen vorbereiten muss. Da der Antragsteller, der bisher Fachprüfungen in vier Prüfungsfächern (Physik, Betriebswirtschaftslehre, Ernährungslehre und Didaktik und Methodik der Beratung) abgelegt und ca. zehn Leistungsnachweise in Prüfungs- und Nichtprüfungsfächern erbracht sowie im Wintersemester 1998/99 an einem Laborpraktikum der Lebensmittelmikrobiologie teilgenommen hat, die für die Fachprüfungen in "Chemie" und "Technik im Haushalt" erforderlichen Leistungsnachweise ausweislich der Aufstellung des Prüfungsausschusses am Fachbereich Oecotrophologie der Fachhochschule Münster vom 27.09.01 über die anerkannten Prüfungsergebnisse bereits am 17.01.1997 und 11.06.1997 erworben hat, sind seine Angaben zu den wöchentlichen Unterrichtsstunden ("keine") nachvollziehbar. Dies steht auch im Einklang mit der Diplomprüfungsordnung für die Fachrichtung Ernährung und Hauswirtschaft (Oecotrophologie) an Fachhochschulen des Landes NRW vom 27.06.1982 (DPO) und der Studienordnung für diese Studiengänge an der Fachhochschule Münster vom 30.06.1986 (StudienO). Weder die Einhaltung von – unverbindlichen – Regelstudienzeiten (§ 4 Abs. 1 DPO Nr. 4.1 und 5.2 StudienO – vgl. BSG aaO) noch von – lediglich empfohlenen – Zeitpunkten für die Fachprüfungen (Nr. 10.2, 12 StudienO) gehört zu den vorgeschriebenen Anforderungen im Sinne des § 120 Abs. 2 SGB III. Die Voraussetzungen für die Zulassung zu den Fachprüfungen für "Chemie" und "Technik im Haushalt" (vgl. insbesondere § 14 Abs. 1 Nr. 3 DPO) erfüllt der Antragsteller.
Die Frage, ob er für die nach der Bescheinigung der Vorsitzenden des Prüfungsausschusses vom 01.10.01 noch offenen sechs Leistungsnachweise bestimmte Lehrveranstaltungen besuchen muss, kann nach der dargelegten konkreten Studiengestaltung für das folgende Semester und den abstrakten Regelungen in der vorstehend aufgeführten Prüfungsordnung und der Studienordnung angesichts der Vorläufigkeit dieser Anordnung auf sich beruhen. Auch die Antragsgegnerin hat in ihrer Beschwerdeerwiderung zutreffend ausgeführt, das Studium der Oecotrophologie schließe die Ausübung einer versicherungspflichtigen Beschäftigung während des Studiums nicht generell aus. Die von ihr vermisste Studiengestaltung im Einzelnen hat der Antragsteller im Senatstermin für die Zeit ab 01.05.01 und das folgende Semester nachgeholt. Bei der Beurteilung seiner Verfügbarkeit darf auch nicht unberücksichtigt bleiben, dass in der Rechtsprechung des BSG eine bestimmte zeitliche Obergrenze für die wöchentliche Belastung von Studenten nicht festgelegt worden ist (vgl. BSG SozR 3-4100 § 103 a Nr. 1) und der Antragsteller von Mitte 1998 bis Mitte 1999 als Bäckermeister beschäftigt war und diese Beschäftigung (vgl. die Aufstellung über geleistete Arbeitsstunden Bl. 22 ff der Leistungsakte) trotz des Studiums (nichtbestandene Fachprüfung im Fach "Arbeitswissenschaft" am 21.09.1998 und Besuch des Laborpraktikums "Lebensmittelmikrobiologie" mit vier Semesterwochenstunden im Wintersemester 1998/99) für sein Erscheinungsbild prägend war (vgl. Gagel/Steinmeier SGB III Stand: August 2001 Band I § 120 Rn 107). Der Senat hat jedenfalls keine Bedenken dagegen, dass der Antragsteller neben der Vorbereitung auf die vorstehend aufgeführten Fachprüfungen eine mehr als kurzzeitige Beschäftigung ausüben kann.
Die Frage, ob dem Antragsteller durchgehend (Arbeitsunfähigkeitszeiten Mitte 2001) Arbeitslosenhilfe ab 01.05.01 zusteht, ist im Hauptsacheverfahren zu klären.
Dieser Beschluss ist mit der Beschwerde nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
Erstellt am: 14.01.2010
Zuletzt verändert am: 14.01.2010