NZB zurückgenommen
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 22.02.2007 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Anspruch des Klägers auf Arbeitslosengeld (Alg) wegen des Eintritts einer 12-wöchigen Sperrzeit vom 01.06. bis 23.08.2005 ruht und ob die Beklagte den Arbeitslosengeldanspruch zu Recht um 90 Tage gemindert hat. Der am 00.00.1974 geborene Kläger war vom 18.04.2002 bei der Firma C Armaturen GmbH als Lohnbuchhalter beschäftigt. Geschäftsführer der GmbH ist Herr G C.
Mit Schreiben vom 05.07.2004 regte der Kläger bei dem zuständigen Amtsgericht C an, für Herrn C einen Betreuer zu bestellen. Zur Begründung führte er aus, der Geschäftsführer belasse den Betrieb in dem Zustand, in dem er ihm vor ca. 30 Jahren von seinem verstorbenen Vater übernommen habe. Seitdem er – der Kläger – dort beschäftigt sei, seien mehrere Deckenplatten herabgestürzt, mehrere Schwelbrände in einem Sozialraum ausgebrochen und drei Überschwemmungen durch Leitungswasser aufgetreten. Eine Mitarbeiterin, die dort seit 1970 bereits beschäftigt sei, habe ihm – dem Kläger – berichtet, dass sie mehrfach im Sozialraum angebrannte Töpfe von der elektrischen Kochplatte genommen habe. Sie – die Mitarbeiterin – habe angenommen, dass Herr C an Wochenenden – wenn er alleine im Betrieb sei – seine warme Mahlzeit vergesse.
Nachdem Herr C von der Anregung der Betreuung Kenntnis erlangt hatte, kündigte er das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger am 22.03.2005 fristlos, hilfsweise zum 31.05.2005. Die vom Kläger gegen die Kündigung erhobene Kündigungsschutzklage (Arbeitsgericht C, Az.: 7 Ca 1127/05) endete mit dem Vergleich, dass das Arbeitsverhältnis mit Ablauf des 31.05.2005 sein Ende finde.
Mit Wirkung zum 01.06.2005 meldete der Kläger sich bei der Agentur für Arbeit in C arbeitslos und beantragte Arbeitslosengeld. Zu den Gründen der Beendigung teilte der Kläger mit, er habe eine Betreuung für den Geschäftsführer seiner Arbeitgeberin angeregt. Dies habe der Geschäftsführer durch Akteneinsichtnahme seines Rechtsanwalts erfahren und ihm sodann gekündigt. Mit Bescheid vom 09.11.2005 stellte die Beklagte für die Zeit vom 01.06.2005 bis 23.08.2005 das Ruhen des Arbeitslosengeldanspruchs wegen des Eintritts einer 12-wöchigen Sperrzeit fest und minderte den Arbeitslosengeldanspruch des Klägers um 90 Tage: Der Kläger habe durch die Beteuungsanregung die Arbeitgeberkündigung provoziert und hierdurch seine Arbeitslosigkeit herbeigeführt. Mit seinem Widerspruch machte der Kläger geltend, die Betreuung habe er aufgrund der Vielzahl der Versäumnisse des Geschäftsführers zu Recht angeregt.
Den Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 20.03.2006 zurück: Der Kläger habe durch die Anregung diverse Betriebsinterna an die Öffentlichkeit gebracht und damit dem Ansehen des Unternehmens und auch des Geschäftsführers persönlich geschadet.
Mit der am 20.04.2006 vor dem Sozialgericht Köln erhobenen Klage hat der Kläger geltend gemacht, die Betreuung habe er deshalb angeregt, weil von dem Betriebs- und Privatgebäude des Geschäftsführers Gefahr für Leib und Leben ausgegangen sei.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte unter Änderung des Bescheides vom 09.11.2005 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 20.03.2006 zu verurteilen, ihm für die Zeit vom 01.06.2005 bis 23.08.2005 Arbeitslosengeld nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat ihren Bescheid für rechtmäßig gehalten.
Die Einrichtung einer Betreuung erfordere, dass der Betroffene aufgrund einer psychischen Erkrankung oder Behinderung außer Stande sei, seine Angelegenheiten zu regeln. Diese Voraussetzungen hätten bei Herrn C keinesfalls vorgelegen.
Zur Aufklärung des Sachverhaltes hat das Sozialgericht im Termin zur mündlichen Verhandlung am 22.02.2007 den Kläger angehört. Der Kläger hat ausgeführt, für ihn sei der schlechte Zustand der Betriebsräume und ein Schwelbrand, bei dem ein Arbeitskollege zu Schaden gekommen sei, Anlass für die Anregung der Betreuung gewesen. Im Laufe der Beschäftigung habe er deshalb ständig nach Mängeln gesucht und diese gesammelt. Ihm sei bekannt geworden, dass der Geschäftsführer verboten habe, einen neuen Betriebsrat zu wählen. Außerdem habe er herausgefunden, dass sich Herr C im Jahr 1987 geweigert habe, korrekte Unfallversicherungsbeiträge an den Unfallversicherungsträger zu zahlen. Er habe die zuständige Berufsgenossenschaft über die Mängel informiert. Deren Prüfung habe seine – des Klägers – Beanstandungen jedoch nicht festgestellt und auch seine Auffassung nicht geteilt, dass vom Gebäudezustand Gefahr für Leib und Leben ausgehe.
Mit Urteil vom 22.02.2007 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung wörtlich ausgeführt:
"Der Kläger ist durch den angefochtenen Bescheid vom 09.11.2005 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 20.03.2006 nicht beschwert i. S. d. § 54 Abs. 2 S. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG), weil dieser Bescheid nicht rechtswidrig ist.
Die Beklagte hat zu Recht die Bewilligung des Arbeitslosengeldes für die Zeit vom 01.06. bis 23.08.2005 abgelehnt, weil der Arbeitslosengeldanspruch des Klägers während der genannten Zeit wegen des Eintritts einer 12-wöchigen Sperrzeit ruht.
Gemäß § 144 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. Abs. 3 S. 1 Sozialgesetzbuch III (SGB III) tritt eine Sperrzeit von 12 Wochen ein, wenn der Arbeitslose durch ein arbeitsvertragswidriges Verhalten Anlass für die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses gegeben und dadurch vorsätzlich oder grob fahrlässig seine Arbeitslosigkeit herbeigeführt hat. Die Sperrzeit beginnt mit dem Tag nach dem Ereignis, das die Sperrzeit begründet (§ 144 Abs. 2 S. 1 SGB III). Sie verkürzt sich von 12 Wochen auf 6 Wochen, wenn eine Sperrzeit von 12 Wochen für den Arbeitslosen nach den für den Eintritt der Sperrzeit maßgebenden Tatsachen eine besondere Härte bedeuten würde (§ 144 Abs. 3 S. 2 Nr. 2 SGB III).
Im angefochtenen Bescheid geht die Beklagte zu Recht davon aus, dass der Kläger durch arbeitsvertragswidriges Verhalten Anlass für die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses gegeben und hierdurch zumindest grob fahrlässig seine Arbeitslosigkeit herbeigeführt hat. Das arbeitsvertragswidrige Verhalten des Klägers liegt hier darin, dass er beim Amtsgericht C die Betreuung des Geschäftsführers der GmbH angeregt hat. Hierdurch hat der Kläger seine arbeitsvertraglichen Nebenpflichten so nachhaltig verletzt, dass seine Arbeitgeberin zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses berechtigt war.
Die Auffassung des Klägers, er könne sich für die Betreuungsanregung auf einen wichtigen Grund berufen, teilt das Gericht nicht. Was als wichtiger Grund i.S.d. Sperrzeitvorschrift des § 144 Abs. 1 SGB III anzusehen ist, ist im Gesetz nicht näher bestimmt. Nach den Vorstellungen des Gesetzgebers soll eine Sperrzeit allgemein nur dann eintreten, wenn dem Arbeitnehmer unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung seiner Interessen mit den Interessen der Versichertengemeinschaft ein anderes Verhalten zugemutet werden kann. Ein wichtiger Grund ist dann gegeben, wenn Umstände vorliegen, die nach verständigem Ermessen nicht zumutbar sind. Weder das Verbot der Betriebsratswahl noch die unkorrekte Abführung von Unfallversicherungsbeiträgen berechtigten den Kläger zur Anregung der Betreuung. Abgesehen davon, dass beide Ereignisse lange vor Beginn der Beschäftigung des Klägers liegen, lassen diese auch den Schluss nicht zu, der Geschäftsführer sei nicht Herr seiner Sinne. Der Anregung des Klägers, für Herrn C eine Betreuung einzurichten, ist das Amtsgericht C im Übrigen auch nicht gefolgt. Die vom Kläger aufgezeigten baulichen und Brandschutzmängel haben die von ihm alarmierte Berufsgenossenschaft und das Amt für Arbeitsschutz gerade nicht bestätigen können. Selbst wenn diese Mängel vorgelegen hätten, berechtigten sie den Kläger zur Anregung der Betreuung nicht. Jedenfalls hätte es zunächst nahe gelegen, mit Herrn C über die Mängel und die hiervon für die Gesundheit und das Leben der Mitarbeiter ausgehenden Gefahren zu erörtern und Abhilfe zu fordern.
Anhaltspunkte für das Vorliegen einer besonderen Härte hat das Gericht nicht feststellen können. Sie ist vom Kläger auch nicht geltend gemacht.
Die Minderung der Anspruchsdauer des Arbeitslosengeldes rechtfertigt sich aus § 128 Abs. 1 Ziff. 4 SGB III."
Gegen dieses ihm am 05.03.2007 zugestellte Urteil richtet sich die am 06.03.2007 eingegangene Berufung des Klägers. Der Kläger verbleibt bei seinem Vortrag, es habe Lebensgefahr an seinem Arbeitsplatz bei der Firma C bestanden. Gespräche mit dem Unternehmensinhaber hätten keinen Sinn gehabt. Die Beantragung der Betreuung habe den Sinn gehabt, Gefahr für sein Leben und das seiner Arbeitskollegen für die Zukunft abwenden zu können. Der Kläger hat angeregt, über die unhaltbaren Zustände in der Firma C durch Zeugenbefragung Beweis zu erheben.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 22.02.2007 zu ändern und nach dem erstinstanzlichen Antrag zu erkennen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der den Kläger betreffenden Leistungsakte der Beklagten mit der Kundennummer 000 Bezug genommen. Diese Akten waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Zu Recht hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 09.11.2005 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 20.03.2006 ist rechtmäßig und beschwert den Kläger nicht in seinen Rechten im Sinne von § 54 Abs. 2 S. 1 SGG.
Zur Begründung verweist der Senat auf die Entscheidungsgründe des erstinstanzlichen Urteils und schließt sich diesen nach Überprüfung der Sach- und Rechtslage an. Von einer Wiederholung wird gemäß § 153 Abs. 2 SGG abgesehen.
Das Vorbringen im Berufungsverfahren ergibt keinen Anlass, den Sachverhalt anders zu beurteilen. Insbesondere bedurfte es der angeregten Beweisaufnahme über die Zustände in der Firma des Herrn C nicht. Selbst wenn es Verstöße gegen Sicherheitsvorschriften und schlechte Arbeitbedingungen in der Vergangenheit gegeben haben sollte, was zudem zweifelhaft ist, denn die zuständige Berufsgenossenschaft hat die vom Kläger aufgezeigten Mängel nicht bestätigen können, so gibt dies dem Kläger nicht das Recht, gegen den Inhaber der Firma hinter dessen Rücken einen Betreuungsantrag zu stellen und Firmeninterna nach Außen zu tragen. Hier hätte zumindest der Versuch eines Gesprächs gemacht werden müssen, wie dies bereits das Sozialgericht zutreffend dargelegt hat.
Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 183, 193 SGG.
Der Senat hat die Revision nicht zugelassen, da die hierfür in § 160 Abs. 2 SGG aufgezeigten Voraussetzungen nicht vorliegen.
Erstellt am: 26.05.2008
Zuletzt verändert am: 26.05.2008