Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 14.01.2005 wird zurückgewiesen. Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Klägers auch im Berufungsverfahren. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist die Minderung des an den Kläger vom 03.03.2004 bis 16.05.2004 gezahlten Arbeitslosengeldes (Alg) um 1.050,00 EUR wegen verspäteter Meldung als arbeitssuchend.
Der 1972 geborene Kläger war vom 28.07.2003 bis 21.02.2004 aufgrund zweimal verlängerten Arbeitsvertrags als Aushilfe bei der I GmbH & Co.KG in C beschäftigt. Die schriftliche Vereinbarung vom 20.10.2003 über die zweite und letzte Verlängerung bis zum 21.02.2004 enthielt folgenden Hinweis: "Personen, deren Arbeitsverhältnis endet, sind verpflichtet, sich unverzüglich nach Kenntnis des Beendigungszeitpunktes persönlich beim Arbeitsamt arbeitssuchend zu melden. Im Falle eines befristeten Arbeitsverhältnisses hat die Meldung jedoch frühestens drei Monate vor dessen Beendigung zu erfolgen. Erfolgt die Meldung beim Arbeitsamt durch den Arbeitnehmer nicht rechtzeitig, kann dies eine Minderung des Arbeitslosengeldes zur Folge haben."
Am 24.02.2004 meldete sich der Kläger bei der Beklagten arbeitslos und beantragte Alg. Wegen gewährter Urlaubsabgeltung stellte die Beklagte mit Bescheid vom 31.03.2004 das Ruhen des Leistungsanspruchs vom 24.02. bis 02.03.2004 fest und mit weiterem Bescheid vom 31.03.2004 teilte sie dem Kläger mit, er sei seiner Pflicht, sich unverzüglich beim Arbeitsamt arbeitssuchend zu melden, nicht rechtzeitig nachgekommen. Er hätte sich spätestens am 23.11.2003 beim Arbeitsamt arbeitssuchend melden müssen, habe sich jedoch erst am 24.02.2004 gemeldet, mithin sei seine Arbeitssuchendmeldung 94 Tage zu spät erfolgt. Nach § 140 Sozialgesetzbuch – 3. Buch – (SGB III) mindere sich der Anspruch um 35,00 EUR für jeden Tag der verspäteten Meldung, längstens jedoch für 30 Tage. Damit ergebe sich ein Minderungsbetrag in Höhe von 1.050,00 EUR. Die Minderung erfolge indem der Minderungsbetrag auf die halbe Leistung angerechnet werde. Die Anrechnung beginne am 03.03.2004 und ende voraussichtlich am 16.05.2004. Mit einem weiteren Bescheid vom 31.03.2004 bewilligte die Beklagte dem Kläger Alg ab 03.03.2004 unter Minderung des wöchentlichen Leistungssatzes von 197,68 EUR um 98,84 EUR. Den dagegen erhobenen Widerspruch des Klägers wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 15.04.2004 zurück.
Am 14.05.2004 hat der Kläger vor dem Sozialgericht (SG) Köln Klage erhoben. Zur Begründung hat er vorgetragen, er habe mit einer erneuten Verlängerung des befristeten Arbeitsverhältnisses rechnen können. Erst am 19.02.2004 habe ihm der Arbeitgeber überraschend mitgeteilt, dass es keine weitere Verlängerung gebe. Den in der Verlängerungsvereinbarung enthaltenen Hinweis habe er so verstanden, dass er sich bei einem befristeten Arbeitsverhältnis frühestens 3 Monate vor dessen Ende, spätestens jedoch zum konkreten Beendigungstermin habe melden müsse.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte unter Änderung der Bescheide vom 31.03.2004 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 15.04.2004 zu verurteilen, ihm für die Zeit vom 03.03.2004 bis 16.05.2004 Arbeitslosengeld ohne Anrechnung eines Minderungsbetrages gem. § 140 SGB III zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat an ihrer in den angefochtenen Bescheiden zum Ausdruck gebrachten Auffassung festgehalten.
Das SG hat den Kläger angehört, die Personalsachbearbeiterin bei der I GmbH & Co.KG, X G, als Zeugin vernommen und sodann mit Urteil vom 14.01.2005 die Beklagte unter Abänderung der Bescheide vom 31.03.2004 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 15.04.2004 verurteilt, dem Kläger ab 03.03.2004 Alg ohne Minderung zu gewähren. Zur Begründung hat es ihm wesentlichen ausgeführt, nach der Beweisaufnahme habe der Kläger am 23.11.2003 zwar mit dem Ende des Beschäftigungsverhältnisses zum 21.02.2004 rechnen müssen. Eine Obliegenheitsverletzung des Klägers scheide jedoch aus, weil er trotz des schriftlichen Hinweises des Arbeitgebers in der Verlängerungsvereinbarung nicht habe eindeutig erkennen können, bis zu welchem Zeitpunkt er sich bei der Arbeitsagentur hätte melden müssen. Dass er sich spätestens drei Monate vor dem Ende des Beschäftigungsverhältnisses habe arbeitssuchend melden müssen, sei ihm nicht bekannt gewesen und ihm auch nicht erläutert worden.
Gegen das ihr am 26.01.2005 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 11.02.2005 Berufung eingelegt. Zur Begründung trägt sie zuletzt noch vor, es komme nicht darauf an, ob der Kläger durch den Inhalt der von ihr im Juli 2003 versandten Aufhebungsbescheide Kenntnis von seiner Pflicht zur frühzeitigen Arbeitssuchendmeldung hatte, er habe jedenfalls davon Kenntnis gehabt durch den Hinweis seines Arbeitgebers zuletzt in der schriftlichen Verlängerungsvereinbarung vom 20.10.2003.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 14.01.2005 zu ändern und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält das Urteil des SG für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte verwiesen. Auf den Inhalt der den Kläger betreffenden Verwaltungsakte der Beklagten, der ebenfalls Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, wird Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist unbegründet.
Das SG hat zu Recht der Klage stattgegeben. Die Bescheide vom 31.03.2004 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 15.04.2004 sind rechtswidrig und beschweren den Kläger im Sinne von § 54 Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Der Kläger hat für den streitigen Zeitraum vom 03.03.2004 bis 16.05.2004 Anspruch auf ungemindertes Alg.
Er hat ab 03.03.2004 Anspruch auf Alg, da er alle in § 117 SGB III i. d. F. bis 31.12.2004 geregelten Voraussetzungen eines Anspruchs auf diese Leistungen erfüllte und Fehler bei der Berechnung des Alg-Anspruchs für die Zeit ab 03.03.2004 weder vom Kläger vorgetragen noch ersichtlich sind.
Die Voraussetzungen für eine Minderung des Alg nach den §§ 37 b, 140 SGB III i. d. F. bis 31.12.2004 haben entgegen der Auffassung der Beklagte nicht vorgelegen.
Dabei kann dahin gestellt bleiben, ob der Kläger, wie von ihm angegeben, den im Juli 2003 von der Beklagten versandten Aufhebungsbescheid nicht erhalten hat. Denn der dort entsprechend dem von der Beklagten vorgelegten Muster eines solchen Aufhebungsbescheides enthaltene Hinweis ist im Wesentlichen inhaltsgleich mit dem im Tatbestand dieses Urteils wiedergegebenen Hinweis des Arbeitgebers des Klägers in der Verlängerungsvereinbarung vom 20.10.2003. Denn in dem Muster des Aufhebungsbescheides heißt es abschließend: "Stehen Sie in einem befristeten Arbeitsverhältnis oder in einem anderen Versicherungspflichtverhältnis, müssen Sie sich drei Monate vor dessen Beendigung arbeitssuchend melden. Bitte beachten Sie, dass eine verspätete Meldung zu einer Verringerung der Höhe ihres zukünftigen Leistungsanspruchs führen kann." Damit kann dem Kläger sowohl aufgrund des Hinweises des Arbeitgebers in der Verlängerungsvereinbarung als auch aufgrund des Hinweises in einem Aufhebungsbescheid der Beklagten die Nichterfüllung der Verpflichtung nicht vorgeworfen werden. Denn nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG), der sich der erkennende Senat anschließt, sprechen insbesondere systematische Gründe sowie Sinn und Zweck der §§ 37b, 140 SGB III dafür, dass der Arbeitnehmer seine Verpflichtung zur unverzüglichen Meldung nicht verletzt, wenn er sich aufgrund unverschuldeter Rechtsunkenntnis nicht innerhalb der gebotenen Handlungsfrist beim Arbeitsamt meldet (BSG, Urteil vom 25.05.2005 – B 11a/11 AL 81/04 R -). Insoweit kommt es auf die subjektive Kenntnis bzw. das Kennenmüssen des Arbeitssuchenden an sowie auf die Belehrungspflichten, die der Gesetzgeber dem Arbeitsamt auferlegt bzw. auf die faktisch an deren Stelle tretende Informationspflicht des Arbeitgebers nach § 2 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 SGB III, bevor aus Obliegenheitsverletzungen des Arbeitslosen nachteilige Rechtsfolgen für seinen Anspruch auf Alg eintreten können (BSG a.a.O.). An diese Belehrungs- bzw. Informationspflichten aber hat die Rechtsprechung hohe Anforderungen gestellt, weil es Zweck des Erfordernisses der Rechtsfolgenbelehrung ist, dem Arbeitslosen die sich aus seinem Verhalten ergebenden Konsequenzen vor Augen zu führen und ihn in allgemeiner Form zu warnen (BSG, a.a.O). Daher darf sich die Rechtsfolgenbelehrung insbesondere nicht auf eine formelhafte Wiederholung des Gesetzestextes beschränken. Eine wirksame Rechtsfolgenbelehrung liegt daher nur dann vor, wenn sie konkret, richtig und vollständig ist und dem Arbeitslosen in verständlicher Form zutreffend erläutert, welche unmittelbaren und konkreten Auswirkungen aus dem versicherungswidrigen Verhalten resultieren (BSG, a.a.O., m.w.N.). Die Voraussetzungen einer in diesem Sinne wirksamen Rechtsfolgenbelehrung erfüllt der Hinweis, dass die nicht rechtzeitige Arbeitsuchendmeldung "eine Minderung des Arbeitslosengeldes zur Folge haben kann", bzw. "zu einer Verringerung der Höhe ihres zukünftigen Leistungsanspruchs führen kann", nicht. Denn bei dem Hinweis handelt es sich zum einen allenfalls um eine formelhafte und damit nicht ausreichende Wiedergabe des Gesetzestextes des § 140 Satz 1 SGB III. Zum anderen ist sie insbesondere aber unrichtig, weil sich nach dem Gesetzestext des § 140 Satz 1 SGB III das Alg zwingend mindert und nicht – wie nach dem Hinweis des Arbeitgebers – möglicherweise ("kann dies eine Minderung des Arbeitslosengeldes zur folge haben"). Ist dem Kläger mit diesem Hinweis aber nicht zutreffend erläutert worden, welche unmittelbaren und konkreten Auswirkungen sich aus der nicht rechtzeitigen Arbeitsuchendmeldung ergeben, ist ihm die Nichterfüllung dieser Verpflichtung nicht vorzuwerfen mit der Folge, dass er für den streitigen Zeitraum vom 03.03.2004 bis 16.05.2004 Anspruch auf ungemindertes Alg hat.
An diesem Ergebnis ändert schließlich auch der Umstand nichts, dass das BSG in seiner Entscheidung vom 20.10.2005 – B 7a AL 50/05 R – ausgeführt hat, "das LSG wird auch dem erstmals mit der Revision vorgebrachten Hinweis der Beklagten Rechnung zu tragen haben, dass ihre Aufhebungsbescheide bereits zu diesem Zeitpunkt einen Hinweis auf die Obliegenheit nach § 37 b SGB III enthielten". Denn diese Formulierung enthält keine Bewertung bzw. Beurteilung hinsichtlich der an die Belehrungspflichten zu stellenden inhaltlichen Forderungen, zumal das BSG gleichzeitig darauf hinwies, dass aus den Akten ein Erhalt eines solchen Aufhebungsbescheides durch den dortigen Kläger nicht ersichtlich sei. Dieser Anweisung ist aber erst recht nicht zu entnehmen, dass damit im Widerspruch zum Urteil des BSG vom 25.05.2005 – B 11a/11 AL 81/04 R – zum Ausdruck gebracht werden sollte, dass auch ohne die dargelegten inhaltlichen Voraussetzungen jedweder Hinweis den Anforderungen an die Belehrungspflichten genüge.
Die Kostenentscheidung folgt den §§ 183, 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen gemäß § 160 Abs. 2 Ziffer 1 oder 2 SGG dafür nicht vorliegen.
Erstellt am: 25.07.2006
Zuletzt verändert am: 25.07.2006