I. Die Klage gegen den Bescheid vom 14. Dezember 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 31. März 2005 wird abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger macht geltend, dass das Arbeitslosengeld II (Alg II) die Höhe der bisherigen Arbeitslosenhilfe-Leistung erreichen müsse, da er während des Bezugs von Arbeitslosenhilfe auf Hinweis der Agentur für Arbeit den Antrag nach § 428 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) gestellt habe, insoweit Vertrauensschutz bestehe.
Der Kläger (geboren 1944, seit 2001 geschieden) hatte bis 07.04.2003 Arbeitslosengeld bezogen, danach Arbeitslosenhilfe in Höhe von monatlich durchschnittlich (Angabe des Klägers) 954 EUR. Der Kläger hatte nach seinen Angaben gegenüber der Agentur für Arbeit die Erklärung nach § 428 SGB III abgegeben.
Mit Bescheid vom 14.12.2004 bewilligte die Beklagte Arbeitslosengeld II für die Zeit vom 01.01.2005 bis 30.06.2005, dabei bis 06.04.2005 den Zuschlag nach § 24 Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II). Ab Mai 2005 betrug das Arbeitslosengeld II 526,45 EUR.
Dagegen legte der Kläger mit Schreiben vom 11.01.2005 Widerspruch ein im Wesentlichen mit der Begründung, dass er die Neuregelung des SGB II nicht akzeptieren könne, da er aufgrund seiner sog. 58er-Erklärung vom Bezug von Leistungen in Höhe der Arbeitslosenhilfe bis zum Beginn der Altersrente habe ausgehen dürfen.
Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 31.03.2005 zurückgewiesen.
Dagegen legte der Kläger durch seinen Bevollmächtigten am 02.05.2005 Klage zum Sozialgericht Augsburg ein. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass die Regelung des SGB II wegen fehlender Härte- bzw. Übergangsregeln in Fällen, in denen Antragsteller von der Regelung des § 428 SGB III Gebrauch gemacht hätten verfassungswidrig sei, verfassungskonforme Auslegung geboten sei.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 06.09.2005 stellte der Bevollmächtigte des Klägers den Antrag:
1. Der Bescheid der Beklagten vom 14.12.2004 in Form des Widerspruchsbescheides vom 31.03.2005 wird aufgehoben.
2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger rück- wirkend vom 01.01.2005 an weiterhin bis zum Bezug der Altersrente Leistungen in Höhe des bis 31.12.2004 bezogenen Entgelts der Arbeitslosenhilfe in Höhe von täglich 31,37 EUR, allenfalls gemindert um jährlich 3 % Abschlag, zu bezahlen.
Der Vertreter der Beklagten beantragte im Termin die Klageabweisung.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf den Inhalt der Leistungsakte der Beklagten sowie der Klageakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist nicht begründet.
Zum einen bestehen gegen die Leistungseinschränkungen durch das SGB II, von der Arbeitslosenhilfebezieher mit einem hohen Bemessungsentgelt besonders betroffen sind, keine Bedenken. Die Arbeitslosenhilfe wurde schon immer aus Bundesmitteln und nicht aus Beiträgen finanziert (§ 363 Abs. 1 Satz 1 SGB III a.F.). Das Entsprechende gilt für die Leistungen nach SGB II. Unter dem Schutz des Art. 14 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) stehen nur sozialrechtliche Positionen, die mit auf einer eigenen Beitragsleistung beruhen. Insbesondere nicht beitragsfinanzierte Sozialleistungen stehen notwendig in einem übergreifenden Solidarzusammenhang, sind in die Veränderungen der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit und der Produktivität eingebunden (BVerfGE 76, 296, 300). Das bisherige Konzept des Wolhlfahrtsstaates ist wegen Ressourcenverknappung und wegen seiner bedingten Steuerungs- und Legitimationsfähigkeit an seine Grenzen gestoßen. Nachdem ein stetig zunehmender Teil der Ausgaben für den Sozialstaat über Kreditaufnahmen zu finanzieren ist, also zu Lasten der nachfolgenden Generation, war der Gesetzgeber zu neuen Konzepten mit Leistungseinschränkungen berechtigt, wenn nicht verpflichtet.
Es kann aus der Erklärung nach § 428 SGB III ebenso wenig eine Zusicherung oder ein Vertrauensschutz auf Fortbestand der Sozialhilfeleistungen in unveränderter Höhe bis zum Eintritt des Altersrententatbestandes abgeleitet werden. Nach § 428 Abs. 1 Satz 1 SGB III haben Anspruch auf Arbeitslosengeld nach den Vorschriften des 2. Unterabschnitts des 8. Abschnitts des 4. Kapitels auch Arbeitnehmer, die das 58. Lebensjahr vollendet haben und die Regelvoraussetzungen des Anspruchs auf Arbeitslosengeld allein deshalb nicht erfüllen, weil sie nicht arbeitsbereit sind und nicht alle Möglichkeiten nutzen und nutzen wollen, um ihre Beschäftigungslosigkeit zu beenden.
Satz 1 fingiert nicht die subjektive Verfügbarkeit des älteren Arbeitslosen, sondern regelt lediglich den Verzicht auf die Erfüllung dieses Tatbestandsmerkmals und enthebt so den älteren Arbeitslosen von uneingeschränkter Arbeitsbereitschaft ebenso wie vom Erfordernis konsequenter, auch eigeninitiativer Beschäftigungssuche (§ 119 Abs. 1 Nr. 2 in Verbindung mit § 119 Abs. 2 SGB III a.F.). Allerdings bewirkt dieser Verzicht nicht, dass der Arbeitslose keinerlei Bereitschaft zur Aufnahme einer Beschäftigung mehr besitzen darf. Ihm wird nur die Möglichkeit eingeräumt, nicht mehr jede Tätigkeit annehmen zu müssen. Nicht entbehrlich sind aber die anderen Tatbestandsvoraussetzungen des § 117 SGB III a.F., d.h. Arbeitslosigkeit, Arbeitslosmeldung, Erfüllung der Anwartschaftszeit und objektive Verfügbarkeit. Der Arbeitslose muss also objektiv zur Aufnahme einer versicherungspflichtigen Beschäftigung unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes zur Verfügung stehen (Siefert-Hänsle in Praxiskommentar SGB III, 2. Auflage, § 428 RdNrn. 5, 7).
Aus dem Gesetzeszweck lässt sich also keine Zusicherung oder kein Bestandsschutz ableiten. Aufgrund der weiter notwendigen objektiven Verfügbarkeit war es den Leistungsempfängern in keiner Weise verboten sondern vielmehr geboten in Eigeninitiative nach Beschäftigungsmöglichkeiten zu sehen.
Auch aus der Abwicklung des § 428 SGB III durch die Agentur für Arbeit ergibt sich keine derartige Zusicherung oder ein derartiger Vertrauensschutz. Im Formblatt zur Regelung des § 428 SGB III hatte die Agentur für Arbeit die Leistungsempfänger wie folgt informiert: "Wer 58 Jahre und älter ist kann Arbeitslosenhilfe unter erleichterten Voraussetzungen beziehen. Die Regelung ist für Arbeitnehmer gedacht, die in fortgeschrittenem Alter ihren Arbeitsplatz verloren haben, zum frühestmöglichen Zeitpunkt aus dem Erwerbsleben ausscheiden wollen und deshalb nicht mehr an der Aufnahme einer neuen Beschäftigung interessiert sind … Wenn Sie den Antrag stellen, wird Arbeitslosenhilfe bis zur Zuerkennung der Altersrente weitergezahlt."
Zum einen ist diese Formulierung in einem Formblattschreiben keine Zusicherung eines bestimmten Betrages in bestimmter Höhe für eine bestimmte Zeit im Sinn von § 34 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X). Zum anderen stand die Höhe der Arbeitslosenhilfeleistung wegen ihres Charakters als Sozialhilfeleistung schon immer unter der Prämisse der jederzeitigen Änderbarkeit. So war die Arbeitslosenhilfe bezüglich Höhe und Anspruchsvoraussetzungen in den letzten Jahrzehnten stetig verringert worden. Eine Übergangsregelung bezüglich § 428 SGB III liegt vor (§ 65 Abs. 4 SGB II) und erfüllt die Anforderungen des angemessenen Bestands- und Vertrauensschutzes.
Damit konnte dem Klageantrag unter keinem Gesichtspunkt entsprochen werden. Die Klage war mit der sich aus § 193 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) ergebenden Kostenfolge abzuweisen.
Erstellt am: 27.03.2007
Zuletzt verändert am: 27.03.2007