I. Unter Abänderung der Bescheide vom 8. November 2005 und 16. Dezember 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. Februar 2006 ist für die Zeit vom 1. Dezember 2005 bis 30. Juni 2006 nur ein Einkommen für die Tochter C. in Höhe von 162,35 EUR (statt 348,00 EUR) monatlich anzusetzen.
II. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
III. Die Beklagte hat der Klägerin die Hälfte der außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist, ob Leistungen nach dem Bayerischen Ausbildungsförderungsgesetz – BayAföG – für die Tochter C. (geboren 1989) bei dieser als Einkommen anzurechnen sind.
Die Klägerin, geboren 1961, bezog mit Ehemann und Tochter C. 2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts.
Mit Schuljahr 2005/2006 wechselte die Tochter wegen musischer Begabung vom Gymnasium K. an das Gymnasium M. (mit musischem Zweig) und erhielt ab Schulbeginn (12.09.2005) einen Heimplatz im Staatlichen Schüler/innen-Heim M. (monatliche Internatskosten 395,00 EUR, davon Unterkunftsanteil 185,65 EUR) wegen Unzumutbarkeit des täglichen Pendelns zwischen elterlicher Wohnung und Schule.
Am 25.08.2005 beantragten die Klägerin und ihr Ehemann beim Landratsamt O. Ausbildungsförderung nach dem BayAföG, dem in Höhe von 348,00 EUR monatlich entsprochen wurde. Mit Bescheid vom 08.11.2005 wurde für Dezember 2005 und mit Bescheid vom 16.12.2005 wurde für die Zeit von Januar bis Juni 2006 die monatliche Leistung nach dem BayAföG als Einkommen der Tochter angerechnet, der den Bedarf übersteigende Betrag dann auch als Einkommen bei den Eltern angesetzt.
Dagegen legte die Klägerin am 05.01.2006 Widerspruch ein. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass es sich in der Sache um einen Heimkostenzuschuss handele, der außerdem nicht kostendeckend sei und nicht als Einkommen berücksichtigt werden dürfe. Es fielen ja auch weitere Kosten für die Ausbildung der Tochter an.
Der Widerspruch wurde im Weiteren mit Widerspruchsbescheid vom 02.02.2006 zurückgewiesen.
Dagegen legte die Klägerin am 10.03.2006 Klage zum Sozialgericht Augsburg ein. Zur Begründung wurde nun ausgeführt, dass der tatsächliche Bedarf höher liege als die Leistungen nach BayAföG und die Leistung des Kindergeldes. Die Kosten der elterlichen Wohnung in A. würden allein von den Eltern getragen. Es könne also nicht ein Kostenanteil der Tochter zugerechnet werden.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 05.09.2006 beantragte die Klägerin, die Beklagte unter Abänderung der Bescheide vom 08.11.2005 und 16.12.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02.02.2006 zu verurteilen, Leistungen ohne Anrechnung der Leistungen nach dem BayAföG für die Tochter C. für die Zeit ab 01.12.2005 bis 30.06.2006 zu gewähren.
Der Vertreter der Beklagten beantragte im Termin die Klageabweisung.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf den Inhalt der Leistungsakte der Beklagten, der Ausbildungsförderungsakte des Landratsamtes Oberallgäu sowie der Klageakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist im entschiedenen Umfang begründet.
Nach dem Konzept des SGB II wird der jeweilige Bedarf typisierend festgestellt. Nach § 7 Abs. 3 Nr. 4 SGB II ist für die Beurteilung beim Ausschluss wegen Sicherung des Lebensunterhalts aus eigenem Einkommen bei minderjährigem, unverheiratetem Kind ebenfalls typisierend auf den Bedarf des minderjährigen Kindes abgestellt (Spellbrink in Eicher/Spellbrink, Kommentar SGB II, § 7 Rdnr 32). Die Tochter C. ist für den Besuch der 9. Klasse des Gymnasiums nur während der Schultage im Internat in M. untergebracht, gehört also weiterhin dem Haushalt der Eltern an. Es ist somit insgesamt nur ein pauschalierter Bedarf anzusetzen, nicht die von der Klägerin angesetzten höheren tatsächlichen Aufwendungen. Ebenso ist der Tochter C. ein "Kopfanteil" (ein Drittel) der Unterkunftskosten der Wohnung in A. zuzuordnen. Insoweit wird gemäß § 136 Abs. 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) auf die zutreffenden Ausführungen im Widerspruchsbescheid Bezug genommen.
Als Einkommen sind Einnahmen in Geld anzusetzen mit den in § 11 bzw. der Alg-II-VO geregelten Ausnahmen (§ 11 SGB II).
Nach § 11 Abs. 2 Nr. 5 SGB II sind vom Einkommen die mit Erzielung des Einkommens verbundenen notwendigen Ausgaben abzusetzen. Diese Regelung zielt primär auf Einkommen aus Beschäftigungsverhältnissen ab. Im vorliegenden Fall ist aber nach Beurteilung der Kammer eine analoge Anwendung geboten, da mit der Internatsunterbringung in M. zwangsläufig in Höhe des Unterkunftkostenanteiles unvermeidlich Kosten für eine weitere Unterkunft anfallen, die nach § 22 SGB II nicht berücksichtigt werden können. Solche doppelten Haushaltskosten können nur über die Einkommensanrechnung bzw. den Abzug bei der Einkommensrechnung nach § 11 Abs. 2 Nr. 5 SGB II bewältigt werden (Berlit in LPK SGB II § 22 Rdnr 14, 66).
Die Nichtberücksichtigung, der Abzug des Unterkunftanteiles in Höhe von 185,65 EUR kann auch über § 11 Abs. 3 Nr. 1a SGB II begründet werden. Grundsatz der BayAföG ist die individuelle Förderung einer der Neigung, Eignung und Leistung entsprechenden Ausbildung. Es soll für den ländichen Raum bei besonderer (wie hier musischer) Begabung eine Chancengleichheit zu Kindern in Großstadtbereichen geschaffen werden, die z.B. ein Gymnasium mit musischem Zweig ohne weiteres von der elterlichen Wohnung aus erreichen können. Insoweit ist eine zweckbestimmte Leistung anzunehmen, die auch bezüglich des Unterkunftanteiles für die "doppelte" Wohnung die Lage des Empfängers nicht so günstig beeinflusst, dass daneben Leistungen nach SGB II nicht gerechtfertigt wären. Es war somit neben dem Kindergeld aus den monatlichen Leistungen nach BayAföG nur der um den Unterkunftsanteil von 185,65 EUR gekürzte Betrag von 162,35 EUR anzusetzen.
Im Übrigen war die Klage abzuweisen. Insoweit wird noch einmal auf die zutreffenden Ausführungen im Widerspruchsbescheid Bezug genommen.
Die Kostenerstattung beruht auf § 193 SGG. Es war der anteilige Erfolg der Klage zu berücksichtigen.
Erstellt am: 05.12.2006
Zuletzt verändert am: 05.12.2006