I. Die Klage gegen den Bescheid vom 8. Februar 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12. Juni 2006 wird abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger möchte die Auswirkung eines Verzichts auf Arbeitslosengeld II bezüglich der Auswirkung auf die Versicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung rückgängig machen.
Der Kläger, geboren 1948, hatte für sich und die Ehefrau (geboren 1951) zum 01.01.2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch, Zweites Buch (SGB II) beantragt. Der Kläger hatte davor Arbeitslosenhilfe bezogen. Die Ehefrau steht in einem Beschäftigungsverhältnis bei der Stadt K … Im gemeinsamen Haushalt wohnte die Tochter mit ihren drei Kindern. Im Weiteren zog auch noch der Sohn mit Ehefrau und zwei Kindern ein. Die weiteren Haushaltsmitglieder hatten Einkünfte aus Beschäftigungsverhältnissen.
Die Beklagte hatte dem Antrag mit Bescheiden vom 07.12.2004 und 10.02.2005 ab 01.01.2005 in Höhe von 169,94 EUR monatlich entsprochen.
Im Weiteren wurde der Kläger am 28.02.2005 von der zuständigen Vermittlerin vorgeladen. Im Rahmen des Gesprächs unterschrieb der Kläger eine Verzichtserklärung: Ich, Sch., geboren 1948, erkläre, dass ich und meine Familie auf weitere Leistungen nach dem SGB II, Arbeitslosengeld II, verzichten werden. Die Leistung wurde aufgrund der Verzichtserklärung eingestellt. Die Umsetzung in einen Aufhebungsbescheid erfolgte dann erst am 08.02.2006.
Dagegen legte der Kläger am 13.02.2006 Widerspruch ein. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass er am 28.02.2005 von der Sachbearbeiterin zur Verzichtserklärung gedrängt worden sei, da der Lebensunterhalt mit dem Einkommen der Ehefrau gesichert werden könne. Er sei überredet worden, die vorformulierte Verzichtserklärung zu unterschreiben. Die Folgen insbesondere für die Rentenversicherung seien ihm unklar gewesen.
Auf einen Neuantrag vom 13.02.2006 wurde ab 01.04.2006 (Auszug von Familienmitgliedern und Wegfall der Vermutung nach § 9 Abs. 5 SGB II) bis zur Arbeitsaufnahme am 19.07.2006 wieder Arbeitslosengeld II in Höhe von 139,35 EUR monatlich gewährt.
Gegen den Widerspruchsbescheid legte der Kläger am 05.07.2006 Klage zum Sozialgericht Augsburg ein. Im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 04.10.2006 wurde die zuständige Vermittlerin, Frau R., als Zeugin einvernommen. Insoweit wird auf die Terminsniederschrift Bezug genommen.
Der Kläger beantragte im Termin, die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 08.02.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12.06.2006 zu verurteilen, für die Zeit vom 01.04.2005 bis 31.03.2006 die Beiträge zur Rentenversicherung in gesetzlicher Höhe (nach SGB II) zu entrichten.
Die Vertreterin der Beklagten beantragte im Termin die Klageabweisung.
Für die Beigeladene war niemand erschienen.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf den Inhalt der Verwaltungsakte der Beklagten sowie der Klageakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist nicht begründet.
Versichert in der gesetzlichen Rentenversicherung sind Personen in der Zeit, für die sie von den jeweils zuständigen Leistungsträgern nach dem SGB II Arbeitslosengeld II beziehen (§ 3 Nr. 3a SGB VI).
Nach § 46 Abs. 1 SGB I kann auf Ansprüche aus Sozialleistungen durch schriftliche Erklärung gegenüber dem Leistungsträger verzichtet werden. Der Verzicht kann jederzeit mit Wirkung für die Zukunft widerrufen werden.
Der Kläger hat mit schriftlicher Erklärung vom 28.02.2005 auf das Arbeitslosengeld II für die noch nicht ausgezahlten Zeiträume verzichtet. Nachdem Arbeitslosengeld II im Gegensatz zur Sozialhilfe nach dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG) nun auch auf Antrag geleistet wird (§ 37 SGB II) besteht kein Zweifel an der Verzichtsmöglichkeit nach § 46 Abs. 1 SGB I. Im Sozialrecht ist der Verzicht als einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung ausgestaltet, auf die die entsprechenden Regelungen nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) analog angewendet werden können. Ein Verzicht kann somit unter entsprechender Anwendung der §§ 119, 123 BGB angefochten werden (Mrozynski, Kommentar SGB I, 3. Auflage, § 46 Rdnr 4).
Aus der für die Kammer glaubhaften Aussage der Zeugin im Termin zur mündlichen Verhandlung hat sich ergeben, dass keinerlei Anhaltspunkte für eine Anfechtung nach § 123 BGB bestehen. Die Angaben des Klägers in der Widerspruchsbegründung konnten nicht bestätigt werden. Die Zeugin war nur mit Vermittlungsfragen befasst, hatte keinerlei Informationen zu den Einkommensverhältnissen, insbesondere der Ehefrau des Klägers. Fragen der Leistungshöhe werden nur von der Leistungsabteilung geprüft und beurteilt.
Die Verzichtserklärung wird nach den glaubhaften Angaben der Zeugin mit dem Erklärenden besprochen und durchgegangen. Es lag kein Fall des Erklärungsirrtums nach § 119 Abs. 1 2. Fall BGB vor.
Es lag auch kein Inhaltsirrtum im Sinne von § 119 Abs. 1 BGB vor. Der Verzicht beinhaltete den Verzicht auf Arbeitslosengeld II (§ 19 SGB II). § 119 Abs. 1 BGB ist nicht anwendbar, wenn ein Geschäft außer der erstrebten Wirkung nicht erkannte oder nicht gewollte Nebenwirkungen hat (Palandt, Kommentar BGB, 65. Auflage, § 119 Rdnr 15). Insoweit ist auch der Hinweis der Beklagten beachtlich, dass dem Kläger aus dem Bewilligungsbescheid klar sein musste, dass die Versicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung an den Bezug von Arbeitslosengeld II geknüpft ist, eine isolierte Rentenversicherungspflicht ohne Leistungsbezug nicht möglich ist.
Der Kläger hat im Übrigen offensichtlich auf das Arbeitslosengeld II verzichtet, weil die Voraussetzungen des § 9 Abs. 5 SGB II erfüllt waren. Bei Zusammenleben von Verwandten in einer Haushaltsgemeinschaft wird vermutet, dass Hilfebedürftige von den Verwandten Leistungen erhalten, soweit das nach deren Einkommen erwartet werden kann. Es wird also vermutet, dass ein nach SGB II berücksichtigungsfähiger Hilfebedarf wegen der Leistungen des Familienverbandes nicht entsteht. Bei Greifen der Vermutung nach § 9 Abs. 5 SGB II bestand kein Anspruch auf Arbeitslosengeld II und damit keine Pflichtversicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung.
Damit war die Klage unter jedem Gesichtspunkt mit der Kostenentscheidung nach § 193 SGG abzuweisen.
Erstellt am: 18.10.2006
Zuletzt verändert am: 18.10.2006