I. Die Klage gegen den Bescheid vom 21. Februar 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28. Februar 2005 und gegen den Bescheid vom 29. März 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28. Juli 2005 wird abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger zu 1. macht hauptsächlich einen Anspruch in Höhe der zuletzt bezogenen Arbeitslosenhilfe geltend, weil er die Neuregelung des SGB II für verfassungswidrig erachtet.
Der Kläger zu 1., geboren 1950, hatte bis 01.09.2004 Arbeitslosengeld bezogen (wöchentlich 397,53 EUR), dann Arbeitslosenhilfe.
Zum 01.01.2005 beantragte er Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach SGB II für sich und die Ehefrau D. (Klägerin zu 2.). Vorgelegt wurde ein Attest des Allgemeinarztes Dr. S. in dem Hyperlipidämie bei Adipositas, Hyperurikämie/Gicht bei Adipositas sowie Hypertonie bei Adipositas bescheinigt wurde und ein entsprechender Mehrbedarf für kostenaufwendige Ernährung. Im weiterem Attest von Dr. M. wurde Neurodermitis bescheinigt und die Notwendigkeit kostenaufwendiger Ernährung dafür.
Die Ehefrau (Klägerin zu 2.) arbeitet als Reinigungskraft im Z. A. und bezieht daraus einen Nettolohn von durchschnittlich 560,00 EUR monatlich.
In der ersten Leistungsbewilligung vom 13.01.2005 ging die Beklagte irrtümlich davon aus, dass die Tochter noch im Haushalt sei. Diese war jedoch zum Beginn des Jahres ausgezogen.
Der Kläger zu 1. legte gegen den Bewilligungsbescheid Widerspruch ein, in dem er sich erstmals auf die Verfassungswidrigkeit der Neuregelung bezog.
Mit Abhilfebescheid vom 21.02.2005 wurden für die Kläger zu 1. und 2. monatlich 1.195,24 EUR bewilligt. Für Kosten Unterkunft wurden 565,94 EUR monatlich angesetzt, ein ernährungsbedingter Mehraufwand anerkannt, ab 01.04.2005 in Höhe von 25,56 EUR. Aus dem Verdienst der Klägerin zu 2. wurde ein anzurechnendes Einkommen in Höhe von 348,49 EUR angesetzt. Weiter wurde der Höchstbetrag des Zuschlags nach § 24 SGB II berücksichtigt.
Der Kläger zu 1. hielt im Weiteren seinen Widerspruch mit Schreiben vom 23.02.2005 aufrecht.
Im Weiteren wurde der Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 28.02.2005 zurückgewiesen.
Dagegen legten die Kläger am 23.03.2005 Klage zum Sozialgericht Augsburg ein unter nochmaligem Verweis auf die Verfassungswidrigkeit der Neuregelung und insbesondere seien die Regelsätze aus vielfachen Gründen zu nieder angesetzt. Bezüglich des Arbeitsverdienstes der Klägerin zu 2. seien Abzugsbeträge in Höhe von 366,23 EUR zu berücksichtigen.
Der Mehrbedarf wegen Neurodermitis sei für die flankierenden Maßnahmen weit höher als mit 25,56 EUR anzusetzen, nämlich mit 179,45 EUR. Weiter seien die Mehraufwendungen wegen Bluthochdruck, Hyperlipidämie und Hyperurikämie zu berücksichtigen.
Im Weiteren bewilligte die Beklagte mit Bescheid vom 29.03.2005 für die Zeit vom 01.04.2005 bis 30.09.2005 die Leistungen weiter, ab 01.09.2005 mit nach Ablauf des ersten Jahres abgesenktem Zuschlag nach § 24 SGB II.
Auch dagegen legten die Kläger am 22.04.2005 Widerspruch ein unter Wiederholung der bisherigen Begründung. Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 28.07.2005 zurückgewiesen.
Dagegen legten die Kläger am 23.08.2005 Klage zum Sozialgericht Augsburg ein unter Wiederholung der bisherigen Begründung. Mit Beschluss vom 26.09.2005 wurden die Verfahren zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 18.10.2005 wandte sich der Kläger zu 1. unter Vorlage eines Urteils des Sozialgerichts Mannheim dagegen, dass bei den Kosten für Heizung ein pauschaler Abzug wegen des Warmwasseranteils erfolgt.
Der Kläger zu 1. beantragte im Termin,
die Beklagte zu verpflichten, dem Kläger zu 1. weiterhin Leistungen zu erbringen, die der Höhe der früher bewilligten Arbeitslosenhilfe entsprechen. Die Bedarfsgemeinschaft aufzuheben. Zinsen für den Differenzbetrag in Höhe des gesetzlich festgelegten Zinssatzes zu bezahlen.
Die Vertreterin der Beklagten beantragte im Termin,
die Klageabweisung.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf den Inhalt der Leistungsakte der Beklagten sowie der Klageakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist nicht begründet. Mit den Bescheiden vom 21.02.2005 und 29.03.2005 wurden die gesetzlichen Leistungen nach §§ 20, 22 und 24 SGB II bewilligt. Aus Art. 14 Grundgesetz (GG) ergibt sich kein gesicherter Anspruch auf Leistung in Höhe zumindest der zuletzt bezogenen Arbeitslosenhilfe. Sozialversicherungsrechtliche Positionen können der Eigentumsgarantie des Art. 14 GG unterstehen, insbesondere soweit sie auf eigener Beitragszahlung beruhen. Das ist nur nach dem Arbeitslosengeld nach SGB III der Fall, nicht aber bei der Arbeitslosenhilfe. Den versicherungsrechtlichen Anspruch auf Arbeitslosengeld hat der Kläger zu 1. bereits ausgeschöpft. Die Arbeitslosenhilfe wurde aus Bundesmitteln finanziert (§ 363 Abs. 1 SGB III a.F.). Der Anspruch auf Arbeitslosenhilfe unterstand somit nicht der Eigentumsgarantie des Art. 14 GG. Das gleiche gilt für die Nachfolgeregelung des SGB II. Die bisherige Regelung der Arbeitslosenhilfe konnte jederzeit vom Gesetzgeber durch eine Neuregelung ersetzt werden. Nachdem der Anteil für Sozialleistungen (Bundeshaushalt) seit 1984 von 32,5 % auf 47,8 % (2004) gestiegen war, der Sozialstaat zunehmend nur über Kreditaufnahmen zu Lasten der nachfolgenden Generation finanziert werden kann, war der Gesetzgeber zu Korrekturen berechtigt, wenn nicht verpflichtet. Die Regelleistung nach § 20 Abs. 2 und 3 SGB II ist ebenso wenig verfassungswidrig. Die Regelung für 2005 ist im Gesetz festgeschrieben. Das Gesetz sieht eine ausreichende Regelung zur Anpassung der Höhe der Regelleistung für die Zukunft vor (§ 20 Abs. 4 SGB II).
Jede Sozialleistung ist in einen übergreifenden Solidarzusammenhang, in die Veränderungen der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit und Produktivität eingebunden. Das Existenzminimum kann ebenfalls nur aus diesen Vorgaben begründet werden. Eine objektive Grenze ergibt sich nur "nach unten". "Nach oben" ist das, was das Existenzminimum umfasst, objektiv nicht allgemein gültig festzulegen, sondern von den Möglichkeiten der jeweiligen Gesellschaft abhängig. Die vom Gesetzgeber getroffene Regelung ist vom Sozialgericht nicht darauf zu überprüfen, ob sie die gerechteste und zweckmäßigste Lösung darstellt (z.B. Urteil BSG vom 14.02.1991, 10 RKg 2/90).
Nach § 25 Abs. 5 SGB II erhalten Hilfebedürtige, die aus medizinischen Gründen einer kostenaufwendigen Ernährung bedürfen, einen Mehrbedarf in angemessener Höhe.
Auch bei der Interpretation dieser Regelung sind die grundlegenden gesetzlichen Vorgaben zu berücksichtigen. Nach § 1 Abs. 1 SGB II soll die Grundsicherung für Arbeitssuchende die Eigenverantwortung stärkten. Erwerbsfähige Hilfebedürftige müssen alle Möglichkeiten zur Verringerung ihrer Hilfebedürftigkeit ausschöpfen (§ 2 Abs. 1 Satz 1 SGB II). Die Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherung sind für ihre Gesundheit mitverantwortlich; sie sollen durch eine gesundheitsbewusste Lebensführung dazu beitragen, den Eintritt von Krankheit und Behinderung zu vermeiden und ihre Folgen zu überwinden (§ 1 Satz 2 SGB V). Bei den von Dr. S. bescheinigten Erkrankungen handelt es sich um ernährungsbedingte. Hier ist vorrangig, durch einfache und kostengünstige Ernährung selbst positiv Einfluss zu nehmen. Es stehen dazu vielfache kostenfreie Ratgeber zur Verfügung. Die zutreffende kostengünstige Ernährung ist der Selbstverantwortung übertragen. Die Beklagte hat somit rechtlich zutreffend insoweit die Anerkennung von Mehraufwendungen abgelehnt. Zutreffend sind Mehraufwendungen bei Neurodermitis entsprechend den Empfehlungen des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge für die Gewährung von Krankenkostzulagen anerkannt worden. Über die Empfehlungen hinausgehende Kosten für "flankierende Maßnahmen" sind nicht anzuerkennen.
Dass das Einkommen der Klägerin zu 2. auf den Bedarf der Bedarfsgemeinschaft anzurechnen ist, die Hilfebedürftigkeit beeinflusst, ergibt sich aus § 9 Abs. 2 Satz 1 SGB II. Diese Regelung entspricht den jahrzehntelang geltenden Prinzipien des Sozialhilferechtes. Auch bei der Arbeitslosenhilfe war Einkommen des Ehegatten zu berücksichtigen. Die Abzugsbeträge bei Arbeitseinkommen sind für den streitigen Zeitraum in § 3 Arbeitslosengeld II/Sozialgeldverordnung vom 20.10.2004 geregelt. Die Beklagte hat die möglichen Abzugsbeträge zutreffend angesetzt. Insoweit wird gemäß § 136 Abs. 3 auf die entsprechende Begründung im Widerspruchsbescheid Bezug genommen, der die Kammer folgte. Soweit von den Klägern hier weitere Abzugsbeträge für Telefon, Weiterbildung geltend gemacht wurden, handelt es sich nicht um Werbungskosten im steuerrechtlichen Sinn.
Zum im Termin zur mündlichen Verhandlung gerügten Abzug eines pauschalen Teils für Warmwasser ist auszuführen, dass das vorgelegte Urteil der herrschenden Kommentarmeinung und der Sozialhilfepraxis widerspricht, ihm nicht gefolgt werden kann.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG).
Erstellt am: 21.04.2008
Zuletzt verändert am: 21.04.2008