Die Erinnerung gegen die Gebührenfeststellung und Kostenrechnung des Sozialgerichts Augsburg vom 5. Juli 2005 wird zurückgewiesen.
Gründe:
I.
Unter den Aktenzeichen S 1 AS 67/05 ER, S 9 AS 75/05 und S 9 AS 162/05 wurden vor dem Sozialgericht Augsburg zwischenzeitlich beendete Verfahren gegen die Erinnerungsführerin (Ef) geführt. Die Angelegenheiten wurden jeweils ohne Urteil erledigt. Mit Gebührenfeststellung und Kostenrechnung vom 05.07.2005 forderte schließlich die Kostenbeamtin des Gerichts von der Ef Pauschgebühren für die genannten Verfahren im Gesamtvolumen von 225,00 EUR. Die Ef hat hiergegen Erinnerung erhoben. Sie ist der Auffassung, dass sie als Arbeitsgemeinschaft Nachfolger des früheren Sozialhilfeträgers sei. Sozialhilfeträger seien aber gemäß § 64 Abs. 3 Satz 2 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) von Gerichtskosten befreit. Möglicherweise habe der Gesetzgeber bei Einführung des SGB II und der damit zusammenhängenden Gesetzgebungsverfahren in Bezug auf die Gerichtskosten schlicht vergessen, die Arbeitsgemeinschaften von den Kosten freizustellen.
Die Kostenbeamtin half der Erinnerung nicht ab und legte sie dem Kostenrichter zur Entscheidung vor.
II.
Das Gericht ist zur Entscheidung befugt (§ 189 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz – SGG -). Die rechtzeitig eingelegte Erinnerung ist zulässig, aber nicht begründet.
Nach § 184 SGG haben Kläger und Beklagte, die nicht zu den in § 183 SGG genannten Personen gehören, für jede Streitsache eine Gebühr zu entrichten. Die Gebühr entsteht, sobald die Streitsache rechtshängig geworden ist; sie ist für jeden Rechtszug zu zahlen. Sie wird nach § 185 SGG fällig, sobald die Streitsache erledigt ist und ermäßigt sich auf die Hälfte, wenn die Sache nicht durch Urteil erledigt wird (§ 186 SGG).
Die Ef war an den zur Kostenforderung führenden Verfahren weder als Versicherter, noch als Leistungsempfänger, Hinterbliebenenleistungsempfänger, Behinderter oder deren Sonderrechtsnachfolger und damit nicht als nach § 183 SGG von jeglichen Gerichtsgebühren im sozialgerichtlichen Verfahren befreite Person beteiligt. Sie hat daher – wie im Übrigen jeder andere Leistungsträger nach dem Sozialgesetzbuch auch – für jedes gegen sie angestrengte Verfahren die Pauschgebühr nach § 184 SGG zu entrichten.
Ein gesetzlicher Befreiungstatbestand liegt nicht vor. Die Erinnerungsführerin ist zweifelsfrei kein Sozialhilfeträger im Sinne von § 64 Abs. 3 SGB X. Denn die Träger der Sozialhilfe sind die kreisfreien Städte und Kreise bzw. die durch Landesrecht bestimmten überörtlichen Träger (§ 3 SGB XII). Die abschließende Aufzählung des § 3 SGB XII erfasst Arbeitsgemeinschaften, wie sie die Ef eine darstellt, ausdrücklich nicht.
Sie ist auch keine "Nachfolgebehörde" des Trägers der Sozialhilfe, weil es diesen Träger weiterhin gibt. Arbeitsgemeinschaften sind als neu errichtete Stellen zum Vollzug der seit 01.01.2005 eingeführten Leistung "Arbeitslosengeld II" neu installierte Behörden im Sinne von § 1 Abs. 2 SGB X. Sie nehmen als Leistungsträger nach dem SGB II auch nicht Aufgaben des Sozialhilfeträgers, sondern nach § 44 b Abs. 3 SGB II ausdrücklich solche der Agentur für Arbeit wahr. Sie sind eigenständige Leistungsträger neben den Trägern der Sozialhilfe. Dies verdeutlicht auch die Einrichtung der in § 21 SGB XII und § 45 SGB II für den Fall eines Zuständigkeitsstreits zwischen den beiden Leistungsträgern vorgesehenen Einigungsstelle.
Auch die von der Erinnerungsführerin ins Feld geführten verfassungsrechtlichen Gesichtspunkte rechtfertigen keine abweichende Entscheidung. Gleichbehandlung im Sinne des Grundgesetzes heißt nach ständiger Rechsprechung des Bundesverfassungsgerichts, dass der Gesetzgeber wesentlich gleiche Sachverhalte gleich und wesentlich ungleiche Sachverhalte ungleich behandeln darf und muss. Gemessen daran ist festzustellen, dass mehr für eine Gleichbehandlung mit der Bundesagentur für Arbeit als für eine solche mit den Sozialhilfeträgern spricht: Bereits unter funktionellen Gesichtspunkten stehen die Arbeitsgemeinschaften, wie § 44 b Abs. 3 Satz 1 SGB II beweist, der Agentur für Arbeit als Leistungsträger näher als dem Sozialhilfeträger. Dies gilt im Übrigen auch für die Aufgabenstellung. Denn die Arbeitsgemeinschaften, die als Behörden das SGB II vollziehen, haben nach § 1 des SGB II die primäre Aufgabe, erwerbsfähige Hilfebedürftige dazu anzuhalten und dabei zu unterstützen, dass sie ihren Lebensunterhalt wieder aus eigenen Mitteln und Kräften bestreiten können. Auch von der Aufgabenstellung her müssen die Arbeitsgemeinschaften deshalb eher der Bundesagentur für Arbeit denn den Sozialleistungsträgern zugeordnet werden. Dies wird auch deutlich im Leistungskatalog des SGB I, wo die von den Arbeitsgemeinschaften zu erbringenden Leistungen in § 19 a SGB I systematisch in nächster Nähe zu § 19 SGB I, also den Leistungen der Arbeitsförderungen gerückt sind. Ein solcher systematischer Zusammenhang besteht zu den Leistungen der Sozialhilfe, gesondert geregelt in § 28 SGB I dem gegenüber nicht. Betrachtet man also die positivrechtlich vom Gesetzgeber vorgesehene Pauschgebührerhebung gegenüber den Arbeitsgemeinschaften aus dem Blickwinkel des Art. 3 Grundgesetz ist festzustellen, dass – wie vorstehend dargelegt – der Gesetzgeber keine hinreichend sachlichen Gründe hatte, die Arbeitsgemeinschaften kostenrechtlich der ebenfalls gebührenrechtlich verpflichteten Bundesagentur für Arbeit nicht gleichzustellen. Ein gesetzgeberisches Versehen bzw. Übersehen (einer Kostenbefreiung) ist nicht erkennbar.
Die geforderten Gebühren sind fällig, weil die zugrunde liegenden Streitverfahren erledigt sind (§ 185 SGG). Die Forderung wurde auch in der Höhe zutreffend und unter Berücksichtigung der Ermäßigungsvorschrift des § 186 SGG festgestellt.
Dieser Beschluss ergeht kostenfrei. Er ist endgültig (§ 189 Abs. 2 SGG).
Erstellt am: 29.08.2005
Zuletzt verändert am: 29.08.2005