I. Die Klage gegen den Bescheid vom 28. August 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. Oktober 2006 wird abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist die (teilweise) Aufhebung der Leistungsbewilligung wegen Ansatzes einer Partnerschaft mit Herrn L.M. und damit Ansatz des Einkommens von Herrn M. aus einem Beschäftigungsverhältnis.
Die Klägerin bezog über viele Jahre bis Ende 2004 für sich und ihre Kinder Leistungen nach dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG).
Der Sozialhilfeträger hatte mit Schreiben vom 10.04.2002 der Klägerin den Hinweis erteilt, dass im Fall des Einzugs von Herrn M. ein Leistungsanspruch (nach BSHG) entfallen würde.
Im Weiteren wurden die gemeinsamen Kinder der Klägerin mit Herrn L.M. geboren: J. – 2003; J. – 2005).
Ab 01.01.2005 erhielt die Klägerin für sich und ihre Kinder Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II). Bezüglich der Kinder J. und J. wurden die Unterhaltszahlungen von Herrn M. berücksichtigt.
Mit Bescheid vom 13.12.2005 wurde entsprechend Leistung zur Sicherung des Lebensunterhalts für die Zeit vom 01.08.2006 bis 31.12.2006 bewilligt.
Auf eine Anzeige wurden durch den Außendienst der Beklagten am 11.07.2005 Ermittlungen in der Wohnung der Klägerin durchgeführt. Nach dem Außendienstbericht war vor der Wohnung ein Mercedes-Bus und ein Leichtkraftrad geparkt, beide auf Herrn M. zugelassen. Nach dem Außendienstbericht war die Angabe der Klägerin, dass Herr M. zwei- bis dreimal pro Woche in der Wohnung übernachte. Zu Männerbekleidungsstücken, Rasierzeug und sonstigen Toilettenartikeln für Männer wurde angegeben, dass diese zum Teil auch Bruder und Vater der Klägerin gehörten. Insbesondere wurde eine eheähnliche Lebensgemeinschaft abgestritten.
Mit Bescheid vom 28.08.2006 wurde unter Bezug auf die Gesetzesänderung ab 01.08.2006 die Leistungsbewilligung dahingehend abgeändert, dass das Einkommen von Herrn M. (Nachweise hatte dieser auf entsprechende Anforderung vorgelegt) angerechnet wurde.
Dagegen legte die Klägerin am 01.09.2006 Widerspruch ein. Es liege kein Zusammenleben mit Herrn M. vor. Das Fahrzeug von Herrn M. werde für diverse Fahrten für seine Kinder zur Verfügung gestellt. Nur wegen der Kinder werde auf die Aufrechterhaltung des Kontakts Wert gelegt.
Im Weiteren wurde der Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 30.10.2006 zurückgewiesen.
Dagegen legte die Klägerin am 07.11.2006 Klage zum Sozialgericht Augsburg ein. Am 04.01.2007 wurde ein Erörterungstermin mit der Klägerin durchgeführt und Herr M. und Frau G. als Zeugen einvernommen. Insoweit wird auf die Terminsniederschrift Bezug genommen.
Die Beklagte legte dann noch einen Bericht über eine Observierung der Wohnung der Klägerin im Zeitraum vom 10.01.2007 bis 31.01.2007 vor. Danach war Herr M. werktäglich um ca. 06.00 Uhr morgens aus dem Wohnblock gekommen, in dem sich die Wohnung der Klägerin befindet. Er war dann regelmäßig von dem Fahrer des Kfz … aufgenommen worden offensichtlich zur Fahrt zum Arbeitsplatz Firma U … Bei den Feststellungen zu einzelnen Tagen war vermerkt, dass das Fahrzeug nach Augenschein nicht vorher benutzt worden war (Fahrzeug eingeschneit, Scheiben ringsum angelaufen).
Im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 02.02.2007 beantragte die Bevollmächtigte der Klägerin
die Aufhebung der Bescheide vom 28.08.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.10.2006.
Der Vertreter der Beklagten beantragte im Termin die Klageabweisung.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten sowie der Klageakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist nicht begründet.
Der Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts setzt Hilfebedürftigkeit voraus. Hilfebedürftig ist, wer seinen Lebensunterhalt und den Lebensunterhalt der mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, vor allem nicht aus zu berücksichtigendem Einkommen sichern kann (§ 9 Abs. 1 SGB II). Bei Personen, die in einer Bedarfsgemeinschaft leben, sind auch das Einkommen und Vermögen des Partners zu berücksichtigen, ebenso für unverheiratete Kinder, die in der Bedarfsgemeinschaft leben (§ 9 Abs. 2 SGB II). Zur Bedarfsgemeinschaft gehört als Partner des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen eine Person, die mit dem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen in einem gemeinsamen Haushalt so zusammenlebt, dass nach verständiger Würdigung der wechselseitige Wille anzunehmen ist, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen (§ 7 Abs. 3 Nr. 3 c SGB II). Dieser wechselseitige Wille, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen, wird u. a. vermutet, wenn Partner mit einem gemeinsamen Kind zusammenleben (§ 7 Abs. 3 a Nr. 2 SGB II).
Die Neuregelung ist durch das Gesetz zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitssuchende vom 20.07.2006 mit Wirkung ab 01.08.2006 ins Gesetz aufgenommen worden.
Nach der Beurteilung der Kammer liegt nach dem Gesamtergebnis der Ermittlungen ein solches Zusammenleben mit den gemeinsamen Kindern J. und J. jedenfalls für den streitigen Zeitraum vor.
Die Klägerin hat sich seit vielen Jahren auf ein Leben aus Mitteln der Allgemeinheit eingestellt und weiß die Leistungen auszuschöpfen. Es sind alle Hinweistatsachen vermieden, die nach der bis Juli gültigen Regelung und der Regelung des BSHG für den Rückschluss für eine Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft herangezogen werden konnten.
Nach der Gesetzesbegründung zur Neuregelung (Bundestags-Drucksache 16/1410 S. 19) kann die nunmehr festgelegte Vermutung vom Betroffenen wiederlegt werden. Dabei ist die bloße Behauptung, dass der Vermutenstatbestand nicht erfüllt sei, nicht ausreichend. Erforderlich ist, dass der Betroffene darlegt und nachweist, dass die Vermutungskriterien nicht erfüllt werden bzw. die Vermutung durch andere Umstände entkräftet wird.
Ein Zusammenleben der Klägerin mit den gemeinsamen Kindern und Herrn M. ergibt sich aus der Gesamtheit der Ermittlungen. Zum einen ist das Zusammenleben aus einer mehrwöchigen Observation der Wohnung der Klägerin durch die Beklagte bewiesen. Es handelt sich dabei um eine der Vorgabe des Gesetzes zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitssuchende entsprechende Ermittlung. Das vornehmliche Ziel der Neuregelung ist die Missbrauchsbekämpfung. Es besteht die Notwendigkeit, Missbrauch zu bekämpfen und die Leistungen auf den tatsächlich anspruchsberechtigten Personenkreis zu konzentrieren. Das trägt dazu bei, die Bereitschaft zum solidarischen Ausgleich in der Gesellschaft auf eine verlässliche Basis zu stellen. Die Gesetzesregelungen sollen dazu beizutragen, Leistungsmissbrauch konsequent zu bekämpfen. Leistungsmissbrauch kann erfolgreich in erster Linie vor Ort von den Arbeitsgemeinschaften bekämpft werden. Daher kommt den Arbeitsgemeinschaften eine besondere Verantwortung zu, Außendienste einzurichten, sodass Verdachtsfälle auf Leistungsmissbrauch erkannt und beseitigt werden (Bundestags-Drucksache 16/1410 S. 17). Die Oberservation entspricht also dem gesetzlichen Auftrag. Die Oberservation fand außerhalb der Wohnung der Klägerin statt, sodass der Privatbereich in keiner Weise tangiert ist.
Durch die Observation ist die offensichtlich zwischen der Klägerin und Herrn M. abgesprochene Aussage im Termin vom 04.01.2007 wiederlegt. Dabei war die Angabe in der mündlichen Verhandlung bereits mit Zweifeln besetzt angesichts der sehr konstruierten Angabe einer nur zweistündigen Betreuung der gemeinsamen Kinder durch Herrn M …
Ein Zusammenleben ergibt sich auch aus der Aussage von Frau G., auch wenn sich diese Aussage auf den Zeitraum Ende 2004 bezieht. Die Erklärung der Klägerin in der mündlichen Verhandlung, dass nunmehr das Fahrzeug durch Herrn M. morgens angeliefert werde, kann nur als nachgehobene Schutzbehauptung bewertet werden, insbesondere deswegen, weil das Fahrzeug ausweislich des Observationsberichtes und der Angaben des Terminsvertreters, der an der Observation teilgenommen hat, keine Spuren einer kurz davor liegenden Ingebrauchnahme aufwies. Bei einem Arbeitsbeginn um 07.00 Uhr war der beobachtete Zeitpunkt des Verlassens der Wohnung der übliche für einen Arbeitsbeginn in G …
Mit den Erkenntnissen aus der Außendienstermittlung vom 11.07.2005 und der Gesetzesänderung zum 01.08.2006 war eine wesentliche Änderung im Sinn von § 48 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) eingetreten. Die Beklagte hat zutreffend die Leistungsbewilligung ab Zeitpunkt der Änderung an die Änderung angepasst.
Die Klage war mit der sich aus § 193 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) ergebenden Kostenfolge abzuweisen.
Erstellt am: 09.02.2007
Zuletzt verändert am: 09.02.2007