Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 08.10.2009 wird zurückgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits auch im zweiten Rechtszug. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist ein Anspruch auf Zahlung von 867,65 EUR nebst 5 % Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit dem 16.6.2007.
Der 1936 geborene X (Versicherter), der Vater der Klägerin, bezieht von der Beklagten wegen der Folgen eines Arbeitsunfalls vom 24.3.1959 Rente nach einer MdE von 50 %.
Aufgrund eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses des Amtsgerichts M vom 20.12.2000 zahlte die Beklagte nach einer Drittschuldnererklärung (31.1.2001) zunächst Teile der dem Versicherten zustehenden Rente aus der gesetzlichen Unfallversicherung an die Klägerin aus. Auf eine Erinnerung der Beklagten (Schreiben vom 20.9.2006) hob das Amtsgericht M diesen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss auf, soweit die Ansprüche des Versicherten gegenüber der Beklagten gepfändet wurden (Beschluss vom 16.1.2007). Die dagegen eingelegte sofortige Beschwerde der Klägerin wies das Landgericht E zurück (Beschluss vom 23.5.2007). Der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss vom 20.12.2000 könne nur so verstanden werden, dass damit allein "Geldleistungen aus Altersrente" gepfändet werden sollten. Diese Pfändung gehe insoweit ins Leere, da die Beklagte keine Altersrente gewähre.
Aufgrund eines weiteren Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses vom (12. oder) 18.5.2006 zahlt die Beklagte Teile der dem Versicherten bewilligten Rente an die Wohnungsbauförderungsanstalt in E, zunächst in Höhe von monatlich 173,53 EUR, ab 1.7.2008 in Höhe von monatlich 184,54 EUR.
Mit Schreiben vom 12.3.2007 überreichte die Klägerin der Beklagten eine beglaubigte Abschrift einer von dem Notar L beurkundeten Abtretungserklärung vom 27.10.2000. Demnach trat der Versicherte der Klägerin zur Sicherung aller Ansprüche aus einer Bürgschaft "den jeweils pfändbaren Teil (soweit gesetzlich zulässig) auf Auszahlung von Alters-, Versorgungs- und Unfallrenten sowie Pensionen gegen die zuständigen Landesämter für Besoldung und Versorgung sowie die BfA Berlin sowie alle anderen Rentenversicherungsträger" ab.
Die Beklagte vertrat gegenüber den Bevollmächtigten der Klägerin die Auffassung, mangels hinreichender Bestimmtheit des Abtretungsgegenstandes sowie des Drittschuldners könnten ihrerseits auf die Abtretung Zahlungen nicht geleistet werden. Unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (- BSG -, Urteil vom 19. 3. 1992 – 7 RAr 26/91 -), des Landessozialgerichts (LSG) Bremen (Urteil vom 13.12.1984 – L 1 15/84 -) und des Bundesgerichtshofs (- BGH -, Urteil vom 9.7.1987 – IX ZR 165/86 -) sowie des zum Zeitpunkt der Abtretungserklärung bereits bestehenden Rechtsverhältnisses zwischen dem Versicherten und ihr vermöge sie mangels hinreichender Bestimmtheit des abgetretenen Anspruchs sowie des Drittschuldners, bei dem dieser Anspruch bestehen solle, die Abtretungserklärung nicht anzuerkennen.
Die Klägerin hielt die Auffassung der Beklagten für "nicht ansatzweise nachvollziehbar" (Schreiben vom 31.5.2007). Die Beklagte verblieb bei ihrer Auffassung (Schreiben vom 18.6.2007).
Mit der am 31.12.2007 beim Amtsgericht I erhobenen Klage hat die Klägerin unter Hinweis auf den Pfändungs- und Überweisungsbeschluss vom 20.12.2000 und die Abtretungserklärung vom 27.10.2000 gegenüber der Beklagten Zahlungsansprüche geltend gemacht. Aufgrund der Abtretung der Unfallrente, die der Versicherte ausschließlich bei der Beklagten beziehe, stehe ihr der monatlich pfändbare Betrag von 173,53 EUR gegenüber der Beklagten zu. Die Abtretung erfasse die von der Beklagten geleistete Unfallrente und sei zeitlich vorrangig. In einer – vorgelegten – Erklärung des Notars L (19.10.2007) führte dieser aus, der Versicherte habe seinerzeit eine "umfassende Abtretung aller Ansprüche auf Altersvorsorge" gewünscht und bekommen. Mit der Klage würden zunächst gepfändete Rentenzahlungen für 5 Monate von April 2007 bis August 2007 geltend gemacht. Hieraus errechne sich der Betrag von 867,65 EUR.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an sie 867,65 EUR nebst 5 % Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz der EZB seit dem 16.6.2007 zu zahlen.
Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, durch die einschränkende Benennung der Behörden als Leistungsträger in der Abtretungserklärung fehle es an der notwendigen Identität. Es sei daraus nicht erkennbar, dass eine Berufsgenossenschaft beziehungsweise eine gesetzliche Unfallversicherung gemeint sein könnte. Zwar sei in der Abtretungsurkunde der Begriff "Unfallrenten" genannt. Dies lasse jedoch wegen des verwendeten Plurals offen, was eigentlich gemeint sein könnte. Sie hat darauf hingewiesen, das von der Klägerin vorgelegte vorläufige Zahlungsverbot vom 20.11.2000 erfasse nicht sie als Drittschuldnerin, sondern lediglich die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte. Die von ihr dazu abgegebenen Drittschuldnererklärungen beträfen den – ihr gegenüber aufgehobenen – Pfändungs- und Überweisungsbeschluss vom 20.12.2000.
Das Amtsgericht I hat die Klage nach Hinweis auf Bedenken hinsichtlich der Bestimmtheit der Abtretung (Sitzungsniederschrift vom 28.4.2008) an das Sozialgericht (SG) Hannover verwiesen (Beschluss vom 13.5.2008). Das SG Hannover hat sich für örtlich unzuständig erklärt und den Rechtsstreit an das SG Detmold verwiesen (Beschluss vom 10.6.2008).
Die Klägerin hat 2 an das Amtsgericht M gerichtete vorläufige Zahlungsverbote (Schreiben vom 16.11.2000 und 20.11.2000) vorgelegt.
Das SG Detmold hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 8.10.2009, zugestellt am 16.11.2009). Die zulässige Leistungsklage sei unbegründet. Der Versicherte habe die Verletztenrente nicht wirksam an die Klägerin abgetreten (§ 53 Erstes Buch Sozialgesetzbuch – SGB I – in Verbindung mit §§ 398, 402-404, 406-410 Bürgerliches Gesetzbuch – BGB -). Die abgetretene Forderung sei nicht hinreichend bestimmt gewesen, so dass die Abtretung unwirksam sei. Zwar beziehe der Versicherte nur eine Unfallrente von der Beklagten. Jedoch sei der Abtretungsgegenstand durch die Formulierung "Unfallrenten sonstiger Rentenversicherungsträger" in der Abtretungsurkunde nicht hinreichend individualisiert. Es wäre erforderlich gewesen, zur Individualisierung des abgetretenen Anspruchs zumindest den Rechtsgrund, den Arbeitsunfall vom 24.3.1959, anzugeben, zumal dieser bereits seit 1.8.1959 bestanden habe und daher auch individualisierbar gewesen sei. Ferner sei die Beklagte nicht als Drittschuldner benannt worden. In der Abtretungsurkunde seien ausdrücklich nur "die zuständigen Landesämter für Besoldung und Versorgung sowie die BfA Berlin sowie alle anderen Rentenversicherungsträger" aufgeführt worden. Die Beklagte sei auch nicht unter den Begriff "alle anderen Rentenversicherungsträger" zu subsumieren. Das seien nach allgemeiner Auffassung nur Institutionen, die auf Grundlage des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI) Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung erbringen. Da der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss vom 20.12.2000 hinsichtlich der Beklagten aufgehoben worden sei, liege auch keine wirksame Pfändung der Unfallrente gemäß § 54 SGB I vor.
Mit der am 23.11.2009 eingelegten Berufung verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Sie ist der Auffassung, der in der Abtretungserklärung enthaltene Begriff "Rentenversicherungsträger" meine "alle privaten oder gesetzlichen Rentenversicherungsträger, also auch die Unfallrentenzahlungen der Beklagten". Ein allgemeiner Grundsatz, dass Rentenversicherungsträger nur Institutionen erfasse, die auf der Grundlage des SGB VI Leistungen erbrächten, sei nicht ersichtlich.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 8.10.2009 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, an sie 867,75 Euro nebst 5 % Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit dem 16.6.2007 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie meint weiterhin, in der Abtretungserklärung sei der Abtretungsgegenstand nicht hinreichend bestimmt und sie zudem nicht ausdrücklich als Drittschuldnerin benannt.
Das Gericht hat der Klägerin eine Frist gemäß § 106a Sozialgerichtsgesetz (SGG) in Verbindung mit § 153 Abs. 1 SGG zum 18.2.2010 gesetzt (Schreiben vom 13.1.2010).
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Akten der Beklagten verwiesen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das SG hat die zulässig erhobene allgemeine Leistungsklage (vergleiche BSG, Urteil vom 15.6.2010 – B 2 U 46/09 R -) zu Recht abgewiesen. Die Klägerin hat mangels einer wirksamen Abtretung und eines wirksamen Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses gegenüber der Beklagten keinen Anspruch auf Zahlung von 867,65 EUR nebst Zinsen. Insoweit nimmt der Senat gemäß § 153 Abs. 2 SGG auf die Entscheidungsgründe in dem angefochtenen Urteil Bezug und sieht von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab.
Ergänzend weist der Senat darauf hin, dass sich aus dem – allein noch auf die behauptete wirksame Abtretungserklärung gestützten – Berufungsvorbringen der Klägerin nichts Anderes ergibt. Zwar ist zwischen der Klägerin und dem Versicherten eine Abtretung im Sinne der in § 53 Abs. 2 ff SGB I geregelten Übertragung von Ansprüchen auf Geldleistungen – die der aus dem Zivilrecht bekannten Abtretung nach §§ 398 ff BGB entspricht (vergleiche BSG, a.a.O.) – möglicherweise zum Teil wirksam erfolgt. Davon wird jedoch der gegenüber der Beklagten bestehende Zahlungsanspruch des Versicherten auf Verletztenrente wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 24.3.1959 mangels hinreichender Bestimmtheit bzw. Bestimmbarkeit (vgl. LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 17.02.2009 – L 11 AL 305/05; Mrozynski, SGB I, Kommentar, § 53 Rdn. 12 m.w.N) nicht erfasst. Denn weder ist die Beklagte selbst noch ein anderer Unfallversicherungsträger in der Abtretungserklärung vom 27.10.2000 konkret erwähnt. Dies hätte jedoch – hätte die von der Beklagten dem Versicherten gewährte Rente aus der gesetzlichen Unfallversicherung in die Abtretungserklärung wirksam mit einbezogen werden sollen – insbesondere deshalb nahe gelegen, weil zum Zeitpunkt der Erstellung dieser der Versicherte bereits langjähriger Bezieher einer durch weitere Angaben (z.B. Datum des Arbeitsunfalls, Bescheiddaten, Beginn der Rente und Höhe der MdE) individualisierbaren Rente aus der Unfallversicherung war (vgl. dazu Schuler, SGb 1993, 76). Ebenso wie die – konkret bezeichnete – "BfA Berlin" wäre es unproblematisch möglich gewesen, auch die Beklagte konkret als mögliche Drittschuldnerin und den konkreten Anspruch des Versicherten auf Rente wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 24.3.1959 mit einzubeziehen. Dies ist jedoch nicht erfolgt. Die Abtretung auch von "Unfallrenten gegen die zuständigen Landesämter für Besoldung und Versorgung sowie die BfA Berlin sowie alle anderen Rentenversicherungsträger" reicht dazu auch nach Auffassung des Senats nicht aus. Dabei ist nicht von wesentlicher Bedeutung, dass nach der Erklärung des Notars L vom 19.10.2007 eine "umfassende Abtretung aller Ansprüche auf Altersvorsorge" von dem Versicherten gewünscht gewesen sei. Denn maßgeblich ist nicht ein (nachträglich erklärter) subjektiver Wille, sondern unter Berücksichtigung insbesondere der Rechtssicherheit ein objektiver Maßstab bei der Auslegung der Abtretungserklärung (vgl. BSG, Urteil vom 12.03.1986 – 5a RKn 22/84 -; Urteil vom 12.05.1982 – 7 RAr 20/81 -). Insbesondere ist die Beklagte jedoch im Übrigen auch kein "Rentenversicherungsträger", sondern ein Unfallversicherungsträger im Sinne von § 114 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII). Zu deren Leistungsumfang gehört zwar auch die Zahlung von Renten an Versicherte (§§ 56 ff SGB VII). Dadurch wird sie jedoch nicht zu einem "Rentenversicherungsträger", einem Begriff, der in der bis zum 31.12.2004 geltenden Fassung des § 125 SGB VI verwendet wurde.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG.
Anlass, die Revision nach § 160 Abs. 2 SGG zuzulassen, besteht nicht.
Erstellt am: 06.10.2011
Zuletzt verändert am: 06.10.2011