Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 30. Juni 1998 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darum, ob die Klägerin zur Konkursausfallgeld(Kaug)-Umlage heranzuziehen ist.
Die Klägerin wurde durch notariellen Vertrag vom 19.11.1985 errichtet. Nach § 2 des Gesellschaftsvertrages ist Gegenstand der Gesellschaft die Betreibung des Staatsbad S … mit allen zum Kurbetrieb gehörenden Einrichtungen im Rahmen der für B … S … festgelegten Indikationen. Gesellschafter sind der Landesverband Lippe und die Stadt B … S … Durch Erlaß vom 18.02.1986 bezeichnete der Innenminister des Landes Nordrhein-Westfalen im Einvernehmen mit dem Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales die Klägerin als Unternehmen nach § 657 Abs. 1 Nr. 2 Reichsversicherungsordnung – RVO – und wies sie dem Beklagten als Träger der gesetzlichen Unfallversicherung zu. Mit Wirkung vom 01.01.1986 nahm der Beklagte die Klägerin in sein Unternehmensverzeichnis auf.
Mit Bescheid vom 20.01.1997 zog der Beklagte die Klägerin zur Kaug-Umlage nach § 186 c Arbeitsförderungsgesetz – AFG – heran.
Die Klägerin legte am 06.02.1997 Widerspruch ein, ohne diesen inhaltlich zu begründen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 18.06.1997 wies der Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück.
Die Klägerin hat am 21.07.1997 vor dem Sozialgericht – SG – Detmold Klage erhoben und geltend gemacht, ihre Gesellschafter seien als öffentlich-rechtliche Körperschaft nicht konkursfähig. Die bis zur Gründung der GmbH bei den Gesellschaftern beschäftigten Arbeitnehmer seien durch Personalüberleitungsvertrag auf sie – die Klägerin – übergeleitet worden. In diesem Vertrag habe sich der Landesverband Lippe verpflichtet, im Fall ihrer Auflösung oder Umwandlung unter Wahrung des Besitzstandes die übernommenen Mitarbeiter in den Dienst des Landesverbandes Lippe zu übernehmen. Diese Regelung sei durch Erklärung vom 04.12.1985 zum Bestandteil der individuellen Arbeitsverträge erhoben worden. Unter diesen Umständen sei es aber nicht denkbar, daß den Arbeitnehmern Insolvenzansprüche entstehen könnten.
Darüber hinaus sei sie – die Klägerin – zwar eine juristische Person des Privatrechts, sie müsse aber einer juristischen Person des öffentlichen Rechts gleichgestellt werden, so daß zumindest ihre Heranziehung zur Kaug-Umlage gegen das Übermaßverbot verstoße.
Mit Urteil vom 03.06.1998 hat das SG die Klage abgewiesen. Auf die Entscheidungsgründe wird Bezug genommen.
Gegen das ihr am 21.07.1998 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 12.08.1998 Berufung eingelegt. Sie ist weiterhin der Auffassung, daß sie wie eine Körperschaft des öffentlichen Rechts behandelt werden müsse. Bei ihr bestünde nämlich nicht die Möglichkeit, daß sie überhaupt in Konkurs fallen könne, weil beide Gesellschafter durch eine sog. Zuschußerklärung vom 05.01.1994 erklärt hätten, daß sie für den Fall der drohenden Zahlungsunfähigkeit durch Zahlung von Zuschüssen die Überschuldung verhinderten. Die Zuschußpflicht der Stadt B … S … sei der Höhe nach begrenzt. Bei Nichtleistung scheide sie aus dem Kreise der Gesellschafter aus, so daß allein der Landesverband Lippe als Gesellschafter verbliebe, woraus sich die Unmöglichkeit des Konkurses ergebe. Des weiteren verweist die Klägerin auf den Personalüberleitungsvertrag.
Die Klägerin, die im Termin zur mündlichen Verhandlung trotz ordnungsgemäßer Ladung nicht vertreten gewesen ist, beantragt schriftsätzlich,
das Urteil des SG Detmold vom 30.06.1998 abzuändern und den Bescheid des Beklagten vom 20.01.1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.06.1997 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er beruft sich auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, wonach alle juristischen Personen des Privatrechts Kaug-umlagepflichtig seien. Weder die Zuschußerklärungen der Gesellschafter der Klägerin noch der Personalüberleitungsvertrag schließe die Möglichkeit eines Konkurses aus.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsakte des Beklagten Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte die Streitsache verhandeln und entscheiden, obwohl die Klägerin in der mündlichen Verhandlung nicht vertreten gewesen ist, da sie durch die ordnungsgemäß erfolgte Ladung auf diese Möglichkeit, deren Zulässigkeit sich aus dem Regelungsgehalt der §§ 110, 124, 126, 127 i.V.m. § 153 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz – SGG – ergibt, hingewiesen worden ist.
Dem steht auch nicht entgegen, daß der Klägerin mit der Ladung aufgegeben worden war, einen nach § 81 Zivilprozeßordnung – ZPO – schriftlich bevollmächtigten und über die Sach- und Rechtslage ausreichend unterrichteten Angestellten zum Termin zu entsenden, was die Klägerin ohne Angabe von Gründen mißachtet hat. Diese Auflage ist nicht zum Zweck einer weiteren Sachverhaltsermittlung erfolgt, was aufgrund der Richterbriefe vom 22.10.1998 und 25.01.1999 auch für die Klägerin offensichtlich sein und weswegen sie daher mit einer Entscheidung ohne ihre entsprechende Vertretung im Verhandlungstermin rechnen mußte.
Die angespannte Geschäftslage des Senats stand einer Stattgabe des Vertagungsantrages des Prozeßbevollmächtigten der Klägerin entgegen. Ein erheblicher Grund i.S.d. § 227 Abs. 1 Satz 1 ZPO, der nach § 202 SGG auch im sozialgerichtlichen Verfahren gilt und der die Vertagung regelmäßig gebietet (vgl. BSG SozR 3-1750 § 227 Nr. 1 m.w.N.), ist vorliegend nicht gegeben. Die Verhinderung des sachbearbeitenden Prozeßbevollmächtigten stellt einen solchen Grund nicht dar, zumal die Klägerin die vier weiteren Sozietätskollegen bevollmächtigt hat und nicht geltend gemacht worden ist, auch deren anderweitige Terminsbindungen seien unabänderlich gewesen. Im übrigen bestand hinreichend Zeit nach Mitteilung über die Ablehnung des Vertagungsantrages, einen anderweitigen Terminsvertreter für die Klägerin zu finden, da kein Anspruch auf Vertretung durch einen bestimmten Rechtsanwalt im Verhandlungstermin besteht (BSG, Die Sozialgerichtsbarkeit, 1993, 644). Aufgrund des richterlichen Hinweisschreibens vom 22.10.1998 hatte die Klägerin auch ausreichend Gelegenheit, sich zum Sachverhalt zu äußern.
Die zulässige Berufung ist unbegründet.
Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen, weil die Klägerin Kaug-umlagepflichtig ist.
Nach § 186 c Abs. 1 Satz 1 Arbeitsförderungsgesetz – AFG – in der Fassung des Unfallversicherungs-Einordnungsgesetzes – UVEG – vom 07.08.1996 (BGBl. I S. 1254) – jetzt im wesentlichen inhaltsgleich geregelt in § 359 des Dritten Sozialgesetzbuchs – Arbeitsförderung – (SGB III) – bringen die gewerblichen Berufsgenossenschaften, die Eisenbahn-Unfallkasse, die Unfallkasse Post und Telekom und für die nach § 125 Abs. 3, § 128 Abs. 4 und § 129 Abs. 3 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch übernommenen Unternehmen die für diese Unternehmen zuständigen Unfallversicherungsträger die Mittel für das Konkursausfallgeld (§ 186 b Abs. 1 Satz 1) auf, soweit diese nicht von den landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaften (§ 186 d) aufgebracht werden. Der Anteil jedes der in Abs. 1 Satz 1 genannten Unfallversicherungsträger an den aufzubringenden Mitteln entspricht dem Verhältnis seiner zu berücksichtigenden Lohnsumme zu der Gesamtlohnsumme dieser Träger (§ 186 c Abs. 2 Satz 1 AFG). Unberücksichtigt bleiben jedoch die Lohnsummen des Bundes, der Länder, der Gemeinden sowie der Körperschaften, Stiftungen und Anstalten des öffentlichen Rechts, bei denen der Konkurs nicht zulässig ist, und solcher juristischer Personen des öffentlichen Rechts, bei denen der Bund, ein Land oder eine Gemeinde kraft Gesetzes die Zahlungsfähigkeit sichert (§ 186 Abs. 2 Satz 2 AFG).
Die Klägerin ist zur Zahlung der Umlage verpflichtet. Sie gehört nicht zu den gemäß § 186 c Abs. 2 Satz 2 AFG von der Aufbringung der Umlage befreiten Körperschaften des öffentlichen Rechts. Sie ist als GmbH und damit juristische Person des Privatrechts gegründet worden. Als solche kommt auch eine entsprechende Anwendung des § 186 Abs. 2 Satz 2 AFG auf sie nicht in Betracht.
Nach der bis zum 31.12.1998 und hier noch anzuwendenden Bestimmung des § 63 Abs. 1 GmbH-Gesetz – GmbHG – findet über das Vermögen der Gesellschaft das Konkursverfahren außer dem Fall der Zahlungsunfähigkeit auch in dem Fall der Überschuldung statt. Sonderregelungen für solche juristischen Personen, deren Gesellschafter konkursunfähige Körperschaften des öffentlichen Rechts sind, kennt § 63 GmbHG nicht. Die GmbH ist vielmehr unbeschränkt konkursfähig (vgl. Schulze-Osterloh in Baumbach/Hueck, Kommentar zum GmbH-Gesetz, 16. Aufl., Rdn. 2 zu § 63; Schmidt, Kommentar zu den Insolvenzgesetzen KO/VglO/GesO, 17. Aufl., Anm. 3 a zu § 213 KO). Auch eine anderweitige gesetzliche Regelung schließt die Konkursfähigkeit der Klägerin nicht aus. Eine solche Folge läßt sich insbesondere nicht aus der Gemeindeordnung – GO – NRW ableiten (vgl. dazu Kuhl/Wagner, ZIP 95, 433 ff.). Zwar haben die Gesellschafter der Klägerin ihren öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen nachzukommen, wozu hier auch die Aufrechterhaltung und Ausübung des Kurbetriebes zählt, ihnen steht es aber frei, durch welche Träger und in welcher Weise sie dieser Verpflichtung nachkommen. Gründen sie hierzu kommunale Eigengesellschaften in Gestalt juristischer Personen des Privatrechts, so zieht dies entsprechende Beitragspflichten nach sich. Ein vergleichbarer Tatbestand i.S.d. § 186 c Abs. 2 Satz 2 1. Alt. AFG liegt im Fall der Klägerin daher nicht vor.
Die Kaug-Umlagepflicht der Klägerin ist auch nicht nach § 186 c Abs. 2 Satz 2 2. Alt. AFG ausgeschlossen. Auch eine analoge Anwendung dieser Bestimmung auf die Klägerin kommt nicht in Betracht. Daß der Gesetzgeber in § 186 c Abs. 2 Satz 2 AFG auf den rechtlichen Ausschluß des Konkurses oder eine Sicherung der Zahlungsfähigkeit "kraft Gesetzes" und nicht auf die tatsächliche Insolvenzgefahr abgestellt hat, ist, wie das BVerfG bereits mit Urteil vom 05.10.1993 – 1 BvL 34/81 – (BVerfGE 89, 132, 142 f.) entschieden hat, verfassungsrechtlich unbedenklich. Da die Gesellschafter der Klägerin lediglich durch privat- bzw. öffentlich-rechtliche Verträge Absicherungen gegen einen möglichen Konkurs getroffen haben, fehlt es an einer gesetzlichen Sicherung i.S.d. § 186 c Abs. 2 Satz 2 2. Alt. AFG, da dieses die Absicherung durch ein Gesetz im formellen oder materiellen Sinne oder aufgrund eines solchen Gesetzes durch Rechtsverordnung meint (BSG Urt. v. 27.09.1994 – 10 RAr 10/90 -), und damit an einem Gleichstellungstatbestand, der eine analoge Anwendung dieser Bestimmung auf die Klägerin zuließe.
Die damit allein gegebene faktische Konkursunmöglichkeit ist grundsätzlich nicht ausreichend, eine Freistellung von der Kaug-Umlagepflicht zu begründen (BSG wie vor), zumal auch der Bundesgesetzgeber in Kenntnis der Rechtsprechung des BVerfG in § 359 Abs. 2 Satz 2 SGB III die Regelung des § 186 c Abs. 2 Satz 2 AFG unverändert übernommen hat und auch durch den Landesgesetzgeber im Rahmen seiner Gesetz- und Verordnungskompetenz keine Ausnahmebestimmungen für kommunale Eigengesellschaften erlassen worden sind.
Klage und Berufung mußten daher mit der auf § 193 SGG beruhen den Kostenentscheidung erfolglos bleiben.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) sind nicht gegeben.
Erstellt am: 19.08.2003
Zuletzt verändert am: 19.08.2003