Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Detmold vom 09. Juli 2003 wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger wegen eines Ereignisses vom 22.06.2002 Anspruch auf die Gewährung von Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung hat.
Der 1961 geborene und als Kraftfahrer beschäftigte Kläger erhielt im Juni 2002 von seinem Arbeitgeber, der Firma U GmbH in I, den Auftrag, Gartenmöbel zu Photoaufnahmen für einen Katalog nach Mallorca zu transportieren. Am Freitag, den 21.06.2002 traf der Kläger mit seinem LKW auf Mallorca ein. In seiner Begleitung fuhr ein zweiter LKW der Firma U GmbH. Der Aufenthalt des Klägers auf Mallorca sollte etwa zwei Wochen dauern. Am Hafen in Barcelona traf der Kläger noch auf einen kleineren LKW der Fa. N, der Herstellerin der Gartenmöbel, der mit zwei Fahrern besetzt war. Als der Kläger mit seinem LKW bei einer Finca in D auf Mallorca eintraf, in die er die Gartenmöbel bringen sollte, stellten der Kläger und sein Arbeitskollege fest, dass die beiden großen LKW wegen der bedingten Wegverhältnisse die Finca nicht anfahren konnten. Der Kläger fuhr dann mit seinem LKW weiter zum nächsten Industriegebiet und telefonierte mit seinem Arbeitgeber, der ihm mitteilte, er solle erst einmal abwarten. Der Kläger, sein Kollege von der Firma U und die zwei Fahrer von der Firma N beschlossen daraufhin, in das ca. 20 bis 30 km entfernte Palma de Mallorca zu fahren. Einer der Arbeitskollegen des Klägers rief einen auf Mallorca lebenden Bekannten an, der die Fahrer mit seinem Fahrzeug abholte und nach Palma fuhr. Die drei Kollegen des Klägers gingen dann in eine Großdiscothek, während der Kläger an den Strand ging. Anschließend traf der Kläger noch einmal mit seinen Arbeitskollegen zusammen. Es wurden im Hotel N1 in Palma zwei Doppelzimmer gebucht. Anschließend gingen der Kläger und seine Kollegen in die Stadt und es wurde Bier getrunken. Gegen ca. 22.00 Uhr kehrten die Kollegen ins Hotel zurück und gingen zu Bett; der Kläger wollte jedoch noch einmal an den Strand gehen. Er fragte seine Kollegen, wann es am nächsten Morgen wieder losgehen solle, woraufhin diese antworteten, es solle zeitig wieder losgehen. Daraufhin teilte der Kläger mit, er werde gegen 6.00 bis 7.00 Uhr wieder im Hotel erscheinen.
Nachdem der Kläger an den Strand zurückgegangen war, traf er gegen 22.00 Uhr drei deutsche Frauen und einen deutschen Mann. Mit diesen Personen war der Kläger noch ca. zwei Stunden unterwegs. Nachdem sich zwei der drei Frauen und der Mann von dem Kläger verabschiedet hatten, ging der Kläger noch mit einer der Frauen in ein Hotel.
Am Morgen des 22.06.2002 verließ der Kläger dieses Hotel zwischen 4.00 oder 5.00 Uhr, um sich zurück zu dem Hotel seiner Kollegen zu begeben. Der Rückweg führte den Kläger am Strand vorbei, wo er ca. 300 bis 400 Meter vor dem Hotel N1 von einem Mann angesprochen wurde. Dieser zog dem Kläger das Portemonnaie aus der Tasche, der es dem Täter jedoch wieder abnehmen konnte. Unmittelbar darauf wurde der Kläger von drei anderen Männern überfallen, die ihm die Geldbörse entwendeten. Im Verlauf dieser Rangelei erlitt der Kläger ein Tritt gegen das Schienbein. Es gelang ihm noch humpelnd, in das Hotel seiner Kollegen zurückzukehren. Er flog zurück nach Deutschland und wurde am Mittag des 22.06.2002 in das St. B-Krankenhaus in I eingeliefert, wo bei ihm eine laterale Tibiakopffraktur rechts diagnostiziert wurde. Dort erstattete er am gleichen Tage Strafanzeige.
Mit Bescheid vom 08.07.2002 lehnte die Beklagte die Gewährung von Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung ab. Zur Begründung führte sie aus, das Ereignis vom 22.06.2002 sei kein Arbeitsunfall im Sinne des § 8 Abs. 1 des Siebten Sozialgesetzbuches – Gesetzliche Unfallversicherung – (SGB VII). Der Aufenthalt am Strand habe keine Tätigkeit dargestellt, die mit der den Versicherungsschutz begründenden Beschäftigung in einem inneren tatsächlichen Zusammenhang stehe. Es handele sich vielmehr um eine dem unversicherten privaten Bereich zuzuordnende Betätigung, die nicht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung stehe.
Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein, den er damit begründete, dass er sich am Morgen des 22.06.2002 gegen 5.00 Uhr auf dem Weg von seiner Übernachtungsstelle zu dem Treffpunkt mit den anderen Fernfahrer-Kollegen befunden habe. Auf diesem Weg habe sich der Unfall ereignet. Er habe sich auf dem Weg von der (privaten) Übernachtungsstelle hin zum Dienstbeginn befunden. Bei dem Unfall handele es sich somit um einen Wegeunfall, so dass berufsgenossenschaftliche Leistungen zu gewähren seien. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 05.08.2002 zurück.
Dagegen hat der Kläger am 03.09.2002 Klage vor dem Sozialgericht (SG) Detmold erhoben. Zur Begründung hat er im Wesentlichen vorgetragen, der Weg, auf dem sich der Überfall ereignet habe, sei betrieblich veranlasst gewesen, um mit dem gemeinsamen Fahrzeug zu den LKW s, zurückzukehren, um die Arbeit fortzuführen.
Das SG hat den Kläger zu den Umständen der Dienstreise nach Mallorca und den Ereignissen vom 21./22.06.2002 am 14.01.2003 gehört und mit Gerichtsbescheid vom 09.07.2003 hat das SG die Klage abgewiesen. Auf die Entscheidungsgründe wird Bezug genommen.
Gegen den ihm am 15.07.2003 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 30.07.2003 Berufung eingelegt. Er trägt vor, der Ort seiner Übernachtung sei als Wohnung i.S.v. § 8 SGB VII zu betrachten, von der aus er sich dann auf den Weg zum Hotel seiner Kollegen gemacht habe, um dort im Rahmen einer Fahrgemeinschaft wieder zurück zum Arbeitsort zu gelangen. Keineswegs sei von ihm beabsichtigt gewesen, im Hotel seiner Kollegen zu schlafen oder weiterzuschlafen. Vielmehr habe man vorgehabt, von dort unmittelbar zum Ort der Tätigkeit aufzubrechen. Selbst wenn die Unterkunft bei der Bekannten als sog. "dritter Ort" anzusehen wäre, wäre dies unschädlich, da die Länge des hierdurch bedingten Weges im angemessenen Verhältnis zum Weg zwischen Hotel und Arbeitsstätte in D stünde. Er – der Kläger – habe sich nicht aus rein persönlichen Gründen an den Strand begeben, sondern sich dort nur vorübergehend aufgehalten und sich dann ebenfalls eine Unterkunft gesucht. Ihm sei vom Arbeitgeber nicht vorher mitgeteilt worden, wann und wo eine Unterkunft für ihn und die Kollegen gebucht worden sei.
Der Kläger, der in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat ergänzend gehört worden ist, beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Detmold vom 09.07.2003 zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 19.07.2002 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 05.08.2002 zu verurteilen, ihm wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 22.06.2002 Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung zu gewähren.
Die Beklagte, die dem angefochtenen Gerichtsbescheid beipflichtet, beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte trägt unter Vorlage einer Auskunft der Fa. N vor, dem Kläger sei offensichtlich bereits am 21.06.2002 bekannt gewesen, wo seine Übernachtungsstelle zu finden sei. Hierüber sei er von Herrn U1 unterrichtet worden.
Wegen der sonstigen Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und den der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten, die sämtlich Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet.
Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Kläger ist durch den angefochtenen Bescheid der Beklagten vom 08.07.2002 in der Fassung des Widerspruchsbescheides nicht im Sinne des § 54 Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) beschwert, weil dieser Bescheid nicht rechtswidrig ist. Die Beklagte hat es vielmehr zutreffend abgelehnt, das Ereignis vom 22.06.2002 als Arbeitsunfall insbesondere durch Gewährung von Verletztenrente zu entschädigen, denn es hat sich bei diesem Ereignis nicht um einen Arbeitsunfall gehandelt.
Arbeitsunfälle sind gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit).
Die Anerkennung eines Arbeitsunfalls – als solcher gilt auch ein Unfall auf einer Dienst- bzw. Geschäftsreise – setzt in der Regel voraus, dass das Verhalten, bei dem sich der Unfall ereignet hat, einerseits der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist und dass diese Tätigkeit andererseits den Unfall herbeigeführt hat (BSGE 61,127, 128; 63, 270, 271). Zunächst muss also eine sachliche Verbindung mit der im Gesetz genannten versicherten Tätigkeit bestehen, der sog. innere Zusammenhang, der es rechtfertigt, das betreffende Verhalten der versicherten Tätigkeit zuzurechnen (BSG SozR 2200 § 548 Nr. 82; BSG, Urteil vom 18.04.2000 – B 2 U 7/99 R und 27.06.2000 – B 2 U 22/99 R -). Der innere Zusammenhang ist wertend zu ermitteln, indem untersucht wird, ob die jeweilige Verrichtung innerhalb der Grenzen liegt, bis zu welcher Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung reicht (BSGE 58, 76, 77; BSGE 61, 127, 128; BSG SozR 3-2200 § 548 Nr. 32). Innerhalb dieser Wertung stehen bei der Frage, ob der Versicherte zur Zeit des Unfalls eine versicherte Tätigkeit ausgeübt hat, Überlegungen nach dem Zweck seines Handelns mit im Vordergrund (BSG SozR 3-2200 § 548 Nr. 19). Für die tatsächlichen Grundlagen dieser Wertentscheidung ist der volle Nachweis zu erbringen; bei vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens muss der volle Beweis für das Vorliegen der versicherten Tätigkeit als erbracht angesehen werden können (BSGE 58, 80, 83; BSG, Urteil vom 27.06.2000, a.a.O.). Es muss sicher feststehen, dass im Unfallzeitpunkt eine versicherte Tätigkeit ausgeübt wurde (BSGE 61, 127, 128; vgl. zum Ganzen m.w.N.: Mehrtens, Gesetzliche Unfallversicherung [Handkommentar], § 8 SGB VII Rdnr. 10 m.w.N.). Lässt sich nicht feststellen, dass der Versicherte bei einer Verrichtung verunglückt ist, die im inneren Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit stand, trifft die objektive Beweislast für das Vorliegen dieser Verrichtung den Versicherten (BSG SozR 2200 § 548 Nr. 70; SozR 3-2200 § 548 Nr. 19).
Unter Beachtung dieser Grundsätze lässt sich vorliegend nicht feststellen, dass der Kläger die Verletzungen, deren Folgen er von der Beklagten zu entschädigen begehrt, bei einer versicherten Tätigkeit erlitt. Der Kläger befand sich während seines Aufenthaltes auf Mallorca auf einer Dienst- bzw. Geschäftsreise für seine Arbeitgeberin, die Fa. U. Auch bei Dienstreisen ist zu unterscheiden zwischen Betätigungen, die mit dem Beschäftigungsverhältnis in einem inneren Zusammenhang stehen und deshalb versichert sind und solchen Verrichtungen, bei denen der Betroffene sich außerhalb einer solchen inneren Beziehung zum Unternehmen befindet; diese private Sphäre ist nicht versichert (BSGE 8, 48, 50 f; BSG SozR Nr. 17 zu § 542 RVO a.F.). Wie schon das SG zutreffend ausgeführt hat, wird ein derartiger Zusammenhang zwar am Ort der auswärtigen Beschäftigung in der Regel eher anzunehmen sein, als am Wohn- oder Betriebsort. Der Versicherungsschutz entfällt jedoch, wenn der Reisende sich rein persönlichen, von der Betriebstätigkeit nicht mehr beeinflussten Belangen widmet (BSG, Urteil vom 04.08.1992 – 2 RU 43/91 – in SozR 3-2200 § 539 Nr. 17 m.w.N).
Von diesen Grundsätzen ausgehend befand sich der Kläger bereits nicht mehr unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung, als er sich am 21.06.2002 mit seinen Arbeitskollegen zur weiteren Gestaltung des Tages nach Palma begeben hat. Ab diesem Zeitpunkt trat der Zusammenhang mit der betrieblichen Tätigkeit eindeutig in den Hintergrund. Sowohl der Kläger als auch seine Arbeitskollegen haben sich rein persönlichen Belangen gewidmet, die mit der Betriebstätigkeit nicht mehr in Zusammenhang standen. Sie beschlossen es "sich gemütlich zu machen" und in Palma de Mallorca ihren jeweiligen Freizeitinteressen, sei es durch Anschauen einer Fußballübertragung, sei es durch den Besuch des Strandes oder einer Bar, nachzugehen. Zu diesem Zweck ließen sie sich von einer betriebsfremden Person, einem Bekannten eines der Arbeitskollegen des Klägers, in das ca. 20 bis 30 km entfernte Palma mit dessen Fahrzeug bringen. Erst durch den im Rahmen der Freizeitgestaltung konsumierten Alkohol wurde es erforderlich, sich in Palma eine Übernachtungsmöglichkeit zu suchen, was durch Buchung zweier Doppelzimmer im Hotel N1 in Palma auch geschah. Eine Rückkehr zu den abgestellten LKW s mit der Möglichkeit, dort zu übernachten, war alkoholbedingt nicht mehr möglich. Aufgrund dieser Umstände steht der Ausflug nach Palma insgesamt nicht mehr in Zusammenhang mit der betrieblichen Tätigkeit und deshalb auch nicht unter Versicherungsschutz.
Spätestens jedoch endete der Versicherungsschutz am 21.06.2002 gegen 22.00 Uhr, als sich der Kläger von seinen Kollegen verabschiedete und sich zur weiteren Freizeitgestaltung erneut an den Strand von Palma begab. Hierbei handelte es sich, wie das SG ebenfalls zutreffend ausgeführt hat, um rein persönliche, von der Betriebstätigkeit nicht mehr beeinflusste Belange. Der Senat nimmt insoweit – um Wiederholungen zu vermeiden – auf die zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Urteil nach § 153 Abs. 2 SGG Bezug und schließt sich ihnen an. Die private Abend- bzw. Nachtgestaltung ab 22.00 Uhr ist von der betrieblichen Tätigkeit abgrenzbar und war zur Zeit des Überfalls gegen 4.00 – 5.00 Uhr morgens am 22.06.2002 noch nicht beendet. Selbst wenn unterstellt würde, dass die Übernachtung in Palma noch betrieblichen Interessen gedient hätte, wäre die eigenwirtschaftliche Freizeitgestaltung des Klägers frühestens nach dem beabsichtigten Zusammentreffen mit den Kollegen und gemeinsamer Fahrt zu den abgestellten LKW s beendet gewesen, so dass der Kläger zur Zeit des Überfalls gegen 4.00 – 5.00 Uhr morgens nicht unter Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung stand.
Schließlich stand der Kläger auch deshalb nicht unter Versicherungsschutz, weil der Überfall zum Zwecke der Wegnahme von Geld nicht mit der betrieblichen Tätigkeit in einem inneren Zusammenhang stand. Denn ein solcher innerer Zusammenhang ist bei Überfällen nur dann anzunehmen, wenn entweder die Tätlichkeit aus der Betriebszugehörigkeit unmittelbar hervorgegangen ist (vgl. BSGE 26, 45; 78, 65) oder wenn besondere Verhältnisse der Tätigkeit (z.B. Dunkelheit, Umgebung) bzw. des Weges den Überfall ermöglicht oder entscheidend begünstigt haben (vgl. BSGE 6, 164). Diese Voraussetzungen liegen jedoch nicht vor. Der Überfall steht mit der Betriebszugehörigkeit in keinem Zusammenhang. Dass es zur Zeit des Überfalls dunkel war, resultiert aus der eigenwirtschaftlichen Freizeitgestaltung des Klägers und nicht aus betrieblichen Umständen. Die betrieblich veranlasste Tätigkeit auf Mallorca am vorangegangenen Tag war schon lange beendet und hat ihn nicht nachts an den Strand von Palma geführt, sondern seine eigenen Interessen der Freizeitgestaltung.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Zur Revisionszulassung bestand kein Anlass.
Erstellt am: 20.08.2004
Zuletzt verändert am: 20.08.2004