Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 12.11.2014 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der 1968 geborene Kläger begehrt die Anerkennung einer Berufskrankheit (BK) nach der Nr. 2103 der Anlage zur Berufskrankheiten-Verordnung (BKV) – nachfolgend BK 2103.
Der Kläger begann 1985 eine Ausbildung zum Maler und Lackierer, die er 1988 erfolgreich abschloss. Im Anschluss hieran arbeitete er bis 1996 als Malergeselle. Bis 1997 folgte sodann eine Büro- bzw. Verkaufstätigkeit. Von 1997 bis 1999 arbeitete der Kläger wiederum als Malergeselle. Im Anschluss hieran absolvierte der Kläger erfolgreich die Meisterschule. Sodann arbeitete er in verschiedenen Unternehmen als Malermeister. Von 2005 bis 2006 war der Kläger selbständig, seit 2006 arbeitet er als Ausbilder in einer Berufsausbildungswerkstatt.
Am 19.06.2012 beantragte er die Anerkennung und Entschädigung einer BK 2103. Dabei verwies er auf eine BK-Anzeige des Chirurgen Dr. L, St. Josef-Hospital Y, vom 17.12.2008. Der führte aus, bei dem damals 27-jährigen Kläger sei nach ca. ein Jahr andauernden Beschwerden 1995 eine schwere destruierende Arthrose, besonders im Bereich des äußeren Schlüsselbeines mit fast vollständigem Aufbrauch des Gelenkknorpels festgestellt worden. Am 29.08.1995 sei an der rechten Schulter eine operative Revision vorgenommen worden. Die histologische Untersuchung des eingesandten Materials habe die Diagnose einer fortgeschrittenen Arthrose mit Zerstörung der knöchernen Strukturen und einer unspezifischen granulierenden Entzündung bestätigt. Der Befund könne beruflich oder traumatisch begründet sein.
Der Kläger hatte gestützt auf diese letztgenannte BK-Anzeige bereits in der Vergangenheit gerichtlich die Anerkennung seiner Schulterbeschwerden als BK 2101 oder Wie-BK (SG Duisburg S 6 U 438/10 = LSG NRW 17 U 283/11) betrieben. Im seinerzeitigen Berufungsverfahren wurde auf Antrag des Klägers gem. § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ein chirurgisches Sachverständigengutachten vom 04.02.2012 von Dr. G, L, eingeholt. Dr. G kam zu der Einschätzung, aus den vorliegenden Krankenunterlagen und aus den Untersuchungsbefunden gehe keine wesentliche Störung des Schulterweichgewebes, der Sehnen, der Muskelansätze oder der Sehnenansätze hervor. Die Röntgenaufnahmen zeigten keinerlei degenerative Veränderungen am Schulterhauptgelenk. An den Sehnen und Bändern der rechten Schulter bestehe kein krankhafter Befund. Auch bestünden keine Hinweise auf eine Rotatorenmanschettenläsion oder ein Impingement-Syndrom. Der Kläger leide unter einem operativ abgeschlossenen Zustand nach Verschleißerkrankung des Schultereckgelenks rechts. Das linke Schultereckgelenk sei hingegen ohne Befund. Man müsse davon ausgehen, dass bereits 1995 ein jahrelanger Degenerationsprozess im rechten Schultergelenk abgelaufen sei, der erst 1995 wahrnehmbar geworden sei. Es spreche eigentlich nichts für eine berufliche Verursachung der Erkrankung. Insbesondere sei nur das rechte Schultereckgelenk erkrankt, obwohl der Kläger Tätigkeiten als belastend schildere, die regelmäßig eine Inanspruchnahme beider Arme erforderten. Eine genetische Disposition sei denkbar. Das Verfahren endete mit der Rücknahme der Berufung im Termin am 13.06.2012.
Mit seinem Antrag vom 19.06.2012 hinsichtlich der Anerkennung und Entschädigung einer BK 2103 führte der Kläger die Beschwerden im Bereich der rechten Schulter auf den beruflichen Umgang mit Druckluftwerkzeugen oder gleichartig wirkenden Werkzeugen oder Maschinen zurück, mit denen er als Maler und Lackierer Umgang gehabt habe.
Die Beklagte holte eine Stellungnahme der Präventionsabteilung ein. Diese konnte eine mindestens zweijährige, sich täglich wiederholende mehrstündige (mehr als 2 Stunden pro Schicht) Arbeit mit hoher Schwingungsintensität nicht feststellen. Entschichtungsarbeiten seien mit dem Handspachtel ausgeführt worden. Der behauptete Umgang mit Fußbodenstrippern sei von Arbeitgebern ebenso wenig bestätigt worden, wie Arbeiten mit dem Boschhammer; nur gelegentlich sei bei Betonsanierungsarbeiten ein etwa 1 kg schwerer Druckluftmeißelhammer eingesetzt worden (Stellungnahme vom 25.09.2013). Mit Bescheid vom 07.11.2013 lehnte die Beklagte die Anerkennung einer BK 2103 sowie Leistungen, insbesondere Leistungen und Maßnahmen die geeignet sind, dem Entstehen einer Berufskrankheit entgegen zu wirken, ab. Nach dem Ergebnis der arbeitstechnischen Ermittlungen sei der Kläger während seiner Berufstätigkeit keinen schädigenden Einwirkungen ausgesetzt gewesen. Zudem sprächen Art und Umfang der isoliert an der rechten Schulter aufgetretenen Verschleißveränderungen gegen eine berufsbedingte Erkrankung.
Den dagegen am 09.12.2013 eingelegten Widerspruch begründete der Kläger damit, dass es hinsichtlich der Kausalität keinen Unterschied mache, ob der Schaden einseitig oder beidseitig auftrete. Er habe auch Stemmarbeiten, Betonabbrucharbeiten, Bohrhammertätigkeiten etc. ausgeführt. Es liege ein Schadensbild im Sinne der BK 2103, nämlich die Arthrose eines Schultergelenkes vor.
Mit Widerspruchsbescheid vom 26.06.2014 wurde der Widerspruch zurückgewiesen. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass die unter der BK 2103 erfassten Erkrankungen durch Arbeiten mit bestimmten Werkzeugen oder Maschinen entstehen könnten, die rhythmische Rückstoßerschütterungen oder schnelle Vibrationen an den haltenden und stützenden Körperteilen bewirkten. Gefahrenquellen seien z.B. bei Arbeiten mit Pressluftwerkzeugen (Hämmer, Meißel, Bohrer, Stampfer) oder gleichartig wirkenden Werkzeugen oder Maschinen, die im Bergbau, in Steinbrüchen, in Gussputzereien, in Kessel-Schmieden, beim Schiffsbau oder beim Straßenbau Verwendung fänden, gegeben. Unter Pressluft- und gleichartig wirkenden Werkzeugen oder Maschinen seien hier die sogenannten Schlagwerkzeuge mit hohen Schlagzahlen zu verstehen. Hervorzuheben sei, dass die Werkzeuge eine aktive Gegenwirkung beim Abfangen von Stößen und Gegenstößen bedingten, d.h. eine muskulär gelenkige Gegenwirkung (vorwiegend an den Ellenbogengelenken). Eine passive, nur weitergeleitete Miterschütterung erfülle diese Voraussetzung nicht. Gemäß dem Merkblatt zur BK 2103 (Bek. des BMGS, BArbBl 2005 H. 3 S. 51 – künftig: Merkblatt)) würden von der BK 2103 Erkrankungen erfasst, die beim Arbeiten mit bestimmten Werkzeugen oder Maschinen vorkommen, wenn die Schwingungsenergie über die Handgriffe auf das Hand-Schulter-Arm-System übertragen werde. Die Erkrankung betreffe in der Regel Hand- und Ellenbogengelenke. Es könne jedoch auch zusätzlich das Schultergelenk betroffen sein. Diese Voraussetzungen lägen nicht vor. Ausweislich der aus dem vorangegangenen Feststellungsverfahren bekannten fachärztlichen Stellungnahmen und Gutachten, zuletzt mit dem für das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen erstatteten Gutachten von Dr. G, seien belastungstypische arthrotische Veränderungen nicht nachweisbar. Am 29.08.1995 sei an der rechten Schulter eine operative Revision vorgenommen worden. Die histologische Untersuchung des eingesandten Materials habe die Diagnose einer fortgeschrittenen Arthrose mit Zerstörung der knöchernen Strukturen und einer unspezifischen granulierenden Entzündung bestätigt. Es sei der Verdacht auf eine alte Schultereckgelenksluxation geäußert worden. Der Kläger habe bis zur Operation der Schulter ausschließlich bei der Firma H L, C, zunächst als Auszubildender, dann als Geselle im Maler- und Lackiererhandwerk gearbeitet und alle gewerbespezifischen Arbeiten durchgeführt. Stemmarbeiten mit einem großen Boschhammer hätten in dieser Zeit nicht stattgefunden, gelegentlich sei bei Betonsanierungen ein etwa 1 kg schwerer Druckluftmeißelhammer eingesetzt worden, wobei sich eine für den Bereich der Schulter gesundheitsschädliche Einwirkung im Sinne der BK 2103 nicht ergeben habe. Das ergebe sich aus der Beurteilung des Technischen Sachverständigen, dessen Ausführungen auch der Widerspruchsausschuss anhand der dokumentierten schriftlichen und mündlichen Angaben und der Erfahrungen der Berufsgenossenschaft über die Tätigkeitsbereiche im Maler- und Lackiererhandwerk problemlos nachvollziehen könne.
Die dagegen am 24.07.2013 bei dem Sozialgericht Duisburg (SG) erhobene Klage hat der Kläger damit begründet, dass nach seiner Arbeitsvorgeschichte für die schwere fortschreitende Arthrose die wesentliche Mitursächlichkeit der Arbeitsbedingungen anzuschuldigen sei, wobei er Umgang mit Druckluftwerkzeugen gehabt habe. Er habe auch Stemmarbeiten, Betonabbrucharbeiten, Bohrhammertätigkeiten etc. ausgeführt. Deshalb liege ein Schaden im Sinne der BK 2103 in Form der Arthrose des Schultergelenkes vor.
Der Kläger hat beantragt,
unter Abänderung des Bescheides vom 07.11.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.06.2014 die Beklagte zu verurteilen, eine Berufskrankheit 2103 anzuerkennen und zu entschädigen, insbesondere in Form der Verletztenrente und gegebenenfalls der Übergangsleistungen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 12.11.2014 abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die streitige BK liege bei dem Kläger nicht vor. Damit bestehe auch kein Anspruch auf Leistungen.
Bereits die arbeitstechnischen Voraussetzungen seien nicht nachgewiesen. Insoweit ist das SG der Begründung des Widerspruchsbescheides gefolgt (§ 136 Abs. 3 SGG). Ergänzend hat es darauf hingewiesen, dass nach dem Merkblatt arbeitsbedingte arthrotische Veränderungen an den Gelenken in der Regel nicht vor Ablauf einer zweijährigen, täglich wiederholten mehrstündigen Arbeit mit hoher Schwingungsintensität zu erwarten seien. Der Kläger habe jedoch nicht nachgewiesen, dass er täglich wiederholt mehrstündig Arbeiten mit Maschinen oder Werkzeugen mit hoher Schwingungsintensität verrichtet habe. Der Kläger selbst habe u.a. länger andauernde Überkopfarbeiten mit einem Spachtel als ursächlich für seine Gesundheitsstörungen angesehen. Diese Arbeiten seien nicht von der BK 2103 erfasst, weil es sich nicht um Arbeiten mit Maschinen oder Werkzeugen mit hoher Schwingungsintensität handele. Letztlich werde nicht einmal vom Kläger behauptet, im beschriebenen Umfang Arbeiten mit Maschinen oder Werkzeugen mit hoher Schwingungsintensität verrichtet zu haben. Im Übrigen sei nach den – im Rahmen des Verfahrens wegen der BK 2101 – gemachten Feststellungen die im rechten Schultergelenk festgestellte Acromioclaviculararthrose nicht auf berufsbedingte Ursachen zurückzuführen. Dafür spreche im Rahmen des vorliegenden Feststellungsverfahrens auch der Umstand, dass sich an Handgelenken und Ellenbogengelenken keine Verschleißerscheinungen zeigten, wo Erkrankungen zunächst zu erwarten gewesen wären.
Mangels Versicherungsfall bestehe kein Anspruch auf Rente (§ 56 Abs. 1 SGB VII). Die Beklagte habe auch zur Recht die Gewährung von Übergangsleistungen nach § 3 Abs. 2 der BKV abgelehnt. Nach § 3 Abs. 2 Satz 1 i.V. mit Abs. 1 Satz 1 und 2 BKV habe der Träger der gesetzlichen Unfallversicherung einem Versicherten, der die gefährdende Tätigkeit unterlässt, weil die Gefahr, dass eine BK entsteht, wiederauflebt oder sich verschlimmert, nicht zu beseitigen ist, zum Ausgleich der hierdurch verursachten Minderung des Verdienstes oder sonstiger wirtschaftlicher Nachteile eine Übergangsleistung zu gewähren. Unter diesen Voraussetzungen, bestehe ein Anspruch auf Gewährung einer Übergangsleistung, deren Höhe, Dauer und Zahlungsart allerdings im Ermessen des Unfallversicherungsträgers stehe. Die mit berufsbedingten Einwirkungen auf den Gesundheitszustand verbundene Gefahr, dass eine BK entstehe, liege vor, wenn das Risiko einer Schädigung für den Versicherten im Vergleich zu anderen Versicherten mit einer gleichartigen Tätigkeit erhöht sei. Erforderlich sei die auf den einzelnen Versicherten konkret bezogene Feststellung, ihm drohe bei Fortsetzung der gefährdenden Tätigkeit (u.a.) das Entstehen einer BK (vgl. BSG, Urteil vom 05.08.1993, 2 RU 46/92, HV-Info 1993, 2314). Unter Berücksichtigung dieser Voraussetzungen kämen Übergangsleistungen bereits deshalb nicht in Betracht, weil der Kläger in der Vergangenheit nicht gefährdend im Sinne der BK 2103 gearbeitet habe und weiterhin nicht gefährdend arbeite.
Gegen das ihm am 01.12.2014 zugestellte Urteil des SG hat der Kläger am 22.12.2014 Berufung eingelegt. Das SG habe die arbeitstechnischen Voraussetzungen bestritten, ohne ein Sachverständigengutachten arbeitstechnischer Art einzuholen. Dass der Kläger sich durch die angegebenen Arbeiten eine BK zugezogen habe, sei so plausibel, dass es eigentlich nicht mehr unter Beweis gestellt werden müsse. Der Kläger habe beruflich Stemmarbeiten, Betonabbrucharbeiten und Bohrhammertätigkeiten ausführen müssen. Eine Beweisregel des Inhalts, dass auch die Handgelenke und Ellenbogengelenke Verschleiß zu zeigen hätten, existiere nicht.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
unter Abänderung des Urteils des Sozialgerichts Duisburg vom 12.11.2014 nach den Anträgen aus erster Instanz zu erkennen, d. h. auf die Verurteilung der Beklagten zur Anerkennung einer Berufskrankheit Nr. 2103 und deren Entschädigung, insbesondere in Form der Verletztenrente und der Übergangsleistungen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die Einschätzung der Präventionsabteilung für zutreffend und ausreichend. Vibrationsbelastungen wirkten sich primär in Gelenkbereichen nahe zur Schwingungsbelastung aus. Das entfernt liegende Schultereckgelenk sei deutlich seltener betroffen als die Hand-oder Ellenbogengelenke.
Auf den Hinweis des Gerichts, dass der Sachverständige Doktor G ausgeführt habe, dass bei Stemm-und Rüttelarbeiten oft beide Arme beteiligt seien, weshalb die nur rechtsseitige Erkrankung gegen eine berufliche Verursachung spreche, hat der Kläger angekündigt, nach Rücksprache mit dem Arbeitgeber weiter arbeitstechnisch vorzutragen. Am Tag des Erörterungstermins am 20.01.2016 hat der Kläger Außenaufnahmen von Gebäuden übersandt, in denen er Sanierungsarbeiten durchgeführt habe. Dort habe er mit einem Boschhammer Bewehrungsstahl freigelegt, Decken und Wandflächen mit einem Stilspachtel abgekratzt, bei Arbeiten zur Wärmedämmung 84 Säcke à 25 kg in ein Gebäude getragen und in einem trockenzulegenden Objekt mit einem Boschhammer tiefe Löcher im Abstand von 10 cm in allen Wänden gebohrt und mit einem Stemmhammer den Putz entfernt.
Auf die weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten und die beigezogen Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufsrichter sind übereinstimmend zu dem Ergebnis gelangt, dass die Berufung unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht erforderlich ist. Der Senat konnte die Berufung daher – nachdem die Beteiligten im Erörterungstermin am 20.01.2016 auf diese Verfahrensweise hingewiesen worden waren – durch Beschluss gem. § 153 Abs. 4 SGG zurückweisen.
Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Kläger ist durch den angefochtenen Bescheid nicht beschwert, da dieser nicht rechtswidrig ist, (§ 54 Abs. 2 Satz 1 SGG). Die Beklagte hat zu Recht abgelehnt, ihm wegen der Folgen einer BK 2103 Rente zu gewähren, denn eine solche BK liegt bei dem Kläger nicht vor. Auch hat der Kläger keinen Anspruch auf Übergangsleistungen.
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (vgl. BSG, Urteil vom 17.12.2015 – B 2 U 11/14 R -, juris Rn. 10 mit Nachweisen) ist für die Feststellung einer Listen-BK (Versicherungsfall) erforderlich, dass die Verrichtung einer grundsätzlich versicherten Tätigkeit (sachlicher Zusammenhang) zu Einwirkungen von Belastungen, Schadstoffen oder ähnlichem auf den Körper geführt hat (Einwirkungskausalität) und diese Einwirkungen eine Krankheit verursacht haben (haftungsbegründende Kausalität. Dabei müssen die "versicherte Tätigkeit", die "Verrichtung", die "Einwirkungen" und die "Krankheit" im Sinne des Vollbeweises – also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit – vorliegen. Für die nach der Theorie der wesentlichen Bedingung zu beurteilenden Ursachenzusammenhänge genügt indes die hinreichende Wahrscheinlichkeit, allerdings nicht die bloße Möglichkeit. Dieser Zusammenhang ist unter Zugrundelegung des jeweils im Entscheidungszeitpunkt aktuellen Standes der medizinischen Wissenschaft (BSG, Beschluss vom 24.07.2012 – B 2 U 100/12 B -, juris-Rn. 18 mwN.), erst dann gegeben, wenn mehr für als gegen den Zusammenhang spricht und ernste Zweifel an einer anderen Verursachung ausscheiden (BSG, Urteil vom 18.01.2011 – B 2 U 5/10 R -, juris-Rn. 20 mwN.).
Von diesen rechtlichen Voraussetzungen ausgehend ist nach dem Gesamtergebnis der arbeitstechnischen und medizinischen Ermittlungen im Verwaltungs- und Gerichtsverfahren nicht hinreichend wahrscheinlich, dass es sich bei den beim Kläger bestehenden Beschwerden der rechten Schulter um eine BK. 2103 handelt. Dafür sind folgende Erwägungen maßgebend:
Die BK 2103 erfasst nach ihrem Wortlaut "Erkrankungen durch Erschütterung bei Arbeit mit Druckluftwerkzeugen oder gleichartig wirkenden Werkzeugen oder Maschinen". Dies betrifft Arbeiten mit Werkzeugen, die Vibrationen von 8 bis 50 Hz erzeugen und über die Handgriffe auf das Hand-Arm-Schulter-System übertragen, wie sich u.a. aus dem Merkblatt ergibt. Von Seiten des Bundessozialgerichts ist zwar wiederholt darauf hingewiesen worden, dass Merkblätter eine wichtige, aber nicht unbedingt ausreichende Informationsquelle darstellen und ihnen keine rechtliche Verbindlichkeit zukommt, sie sind jedoch als Interpretationshilfe und zur Ermittlung des aktuellen medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnisstands heranzuziehen (BSG, Urteil vom 17.12.2015 – B 2 U 11/14 R -, juris-Rn. 16). Als aktueller Erkenntnisstand sind solche durch Forschung und praktische Erfahrung gewonnenen Erkenntnisse anzusehen, die von der großen Mehrheit der auf dem betreffenden Gebiet tätigen Fachwissenschaftler anerkannt werden, über die also, von vereinzelten, nicht ins Gewicht fallenden Gegenstimmen abgesehen, Konsens besteht (BSG, aaO., juris-Rn. 17). Anhaltspunkte dafür, dass inzwischen veränderte wissenschaftliche Erkenntnisse vorliegen, haben sich im Verfahren insoweit nicht ergeben (vgl. z.B. auch die Darstellung der arbeitstechnischen Voraussetzungen der BK 2103 bei Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Aufl. 2010, 20.1 [3], S. 1167). Gefahrenquellen sind nach dem Merkblatt z.B. bei Arbeiten mit schlagenden Werkzeugen, Geräten oder Maschinen gegeben, zu denen u.a. Aufbruchhämmer, Abbauhämmer, schwere Meißelhämmer, Gleisstopfer, Bohrhämmer, Vibrationsstampfer und Bodenverdichter zählen, sofern die übertragenen Schwingungen in dem genannten Frequenzbereich liegen. Für die "gleichartige Wirkung" ist es unerheblich, ob diese Geräte pneumatisch, elektrisch oder hydraulisch angetrieben werden. Dagegen haben Arbeiten mit einfachen handgeführten Hammer- und Meißelwerkzeugen in der Regel keine "gleichartige Wirkung" (Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O., 20.1 [3], S. 1169). Der Schädigungsmechanismus an den Knochen und Gelenken beruht vorwiegend auf gleichförmigen oder auch regellosen mechanischen Schwingungen und Stößen, sofern diese bei starker Ankoppelung (Greif-, Andruck- und Haltekräfte) der Hände an den Werkzeuggriffen tieffrequente Schwingungsenergie übertragen, so dass das Hand-Arm-System zu Schwingungen angeregt wird (Merkblatt; Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O., 20.1 [3], S. 1167)
Derartigen Belastungen war der Kläger bei der insoweit allein in Betracht kommenden Tätigkeit bei der Fa. Kersten nur gelegentlich ausgesetzt. Viele der vom Kläger als belastend geschilderten Arbeiten sind nicht gefährdend im Sinne der BK 2103. So ist es für den Senat überzeugend, wenn der Präventionsdienst der Beklagten die Arbeiten des Klägers mit dem Handspachtel nicht zu den schwingungsbelastenden Tätigkeiten i.S.d. BK 2103 rechnet, da dieser nicht zu den Geräten mit vibrierendem Handschluss (vgl. Merkblatt unter Ziff. IV) gehört. Der Kläger selbst spricht in der zuletzt von ihm vorgelegten Fotodokumentation von einem "Abkratzen" mit dem Spachtel, was ebenfalls nicht auf eine Schwingungsübertragung hindeutet. Auch das vom Kläger in der Fotodokumentation ebenfalls beschriebene schwere Tragen von Säcken auf der Schulter gehört ganz offensichtlich nicht zu den oben beschriebenen schwingungsbelastenden Tätigkeiten i.S.d. BK 2103.
Tätigkeiten mit dem Boschhammer bzw. nach Arbeitgeberangaben mit einem ca. 1 kg schweren, also leichteren Pressluftmeißelhammer, hat der Arbeitgeber des Klägers hingegen als nur gelegentlich anfallend beschrieben, sodass eine nach dem Merkblatt (Ziff. IV) als sicher gefährdend anzusehende Einwirkung durch Arbeit mit hoher Schwingungsintensität von in der Regel zweijähriger, täglich wiederholter mehrstündiger Dauer nicht nachgewiesen ist. Zwar ist diese zeitliche Vorgabe des Merkblatts nicht generell im Sinne einer Mindestdosis zu verstehen (vgl. z.B. Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O., 20.1 [3], S. 1170 m.w.N.), jedoch wird zur Anerkennung eines arthrotischen Verschleißes als BK 2103, wie er beim Kläger vorliegt, im Allgemeinen eine solche Belastungsdauer und -häufigkeit gefordert (Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O., S. 1172). Der Senat folgert hieraus, dass jedenfalls eine nur gelegentliche Einwirkung, wie sie hier lediglich belegt ist, den Anforderungen der medizinischen Wissenschaft nicht genügt.
Der Senat sieht im Übrigen auch die medizinischen Voraussetzungen der BK 2103 nicht als gegeben an. Dr. G hat einen beruflichen Zusammenhang des bei dem Kläger bestehenden operativ abgeschlossenen Zustandes nach Verschleißerkrankung des Schultereckgelenks rechts verneint. Es kann offen bleiben, ob – wie das SG gemeint hat – das isolierte Auftreten der Verschleißerkrankung am Schultereckgelenk, also nicht auch an den häufiger betroffenen Hand- und Ellenbogengelenken, schon kein belastungskonformes Schadensbild darstellt. Den Senat überzeugt jedenfalls die Argumentation des Sachverständigen, der nachvollziehbar gegen einen beruflichen Zusammenhang bezogen auf die BK 2103 anführt, dass die im Rahmen der BK 2103 berücksichtigungsfähigen Werkzeuge in der Regel beidhändig geführt werden, sodass ein einseitiger Verschleiß, wie er beim Kläger gegeben ist, nicht beruflich erklärt werden kann.
Vor diesem Hintergrund besteht aus den zutreffenden Gründen der erstinstanzlichen Entscheidung, auf die der Senat insoweit zustimmend Bezug nimmt (§ 153 Abs. 2 SGG), auch kein Anspruch auf Rente und/oder Übergangsleistungen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) liegen nicht vor.
Ollig Dr. Bergmann Wolff-Dellen
Beglaubigt
Küppers Regierungssekretärin (b)
Erstellt am: 28.09.2016
Zuletzt verändert am: 28.09.2016