NZB als unzulässig verworfen
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 28.07.2016 wird zurückgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen und die außergerichtlichen Kosten der Beklagten. Im Übrigen sind Kosten nicht zu erstatten. Der Streitwert wird auf 257.251,86 EUR festgesetzt.
Tatbestand:
Streitig ist, ob die Klägerin einen Anspruch auf Überweisung von der Beklagten zur Beigeladenen hat.
Ausweislich der Gewerbeanmeldung vom 21.08.2009 nahm die Klägerin zum 15.07.2009 ihre Tätigkeit auf. Sie betreibt an verschiedenen Standorten in Deutschland Läden und Werkstätten sowie einen Onlineshop, in denen gebrauchte EDV-Ware (PC’s, Notebooks, Drucker, Server und weiteres Zubehör) aufgearbeitet oder in Wertstoffe zerlegt sowie vermietet und verkauft werden. In der Gewerbeanmeldung gab sie als Tätigkeitsschwerpunkt die Beschäftigung schwerbehinderter Menschen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt an. Das Unternehmen sei als Integrationsprojekt im Sinne des § 132 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) tätig. Dementsprechend werde gemäß den gesetzlichen Anforderungen die Mindestquote für die Beschäftigung schwerbehinderter Menschen im Sinne dieser Norm beachtet. Diese Angaben entsprechen den in § 2 zum Gegenstand des Unternehmens getroffenen Regelungen in dem Gesellschaftsvertrag vom 29.09.2008. Nach § 3 Abs 1 des Gesellschaftsvertrages verfolgt die Gesellschaft ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige Zwecke. Sie verfolge damit steuerbegünstigte Zwecke im Sinne der Abgabenordnung (§§ 51 bis 68 AO). Nach Absatz 2 ist die Gesellschaft selbstlos tätig. Sie verfolge nicht in erster Linie eigenwirtschaftliche Interessen. Gemäß § 3 Abs 4 werden die durch den Gegenstand des Unternehmens gewonnen Mittel für die Finanzierung von Arbeitsplätzen von behinderten Menschen in der Gesellschaft oder bei einer anerkannten Werkstätte für behinderte Menschen verwendet (50 %). Die restlichen 50 % werden anderen gemeinnützigen Institutionen und Stiftungen gespendet. Im Handelsregister (Amtsgericht F, Handelsregister B, HRB 000) ist ua ausgeführt, das Unternehmen sei als Integrationsobjekt im Sinne des § 132 SGB IX tätig. Es betreibe keinen reinen Handel, sondern lasse alle EDV-Produkte von behinderten Menschen "veredeln". Es sei geplant, gemeinsam mit einer anerkannten gemeinnützigen Werkstatt zusammenzuarbeiten. Die beschriebenen Arbeiten, die nicht von der eigenen Firma erbracht werden könnten, sollten bei anerkannten Werkstätten für behinderte Menschen in Auftrag gegeben werden.
Nach Angaben der Klägerin wurden am 01.01.2013 159 Mitarbeiter beschäftigt. Davon waren 44,64 vH behinderte Menschen, darunter 40,25 vH aus der Zielgruppe des § 132 Abs 1 SGB IX. Von den 159 Mitarbeitern waren 15 in leitender Funktion, 14 in der Verwaltung, 45 im Vertrieb, Verkauf und Logistik, 55 in Technik, Test, Zerlegung und Softwareentwicklung und 30 als Auszubildende und Praktikanten beschäftigt. In dem Fragebogen für die Beklagte gab die Klägerin zur Art der neu anzumeldenden Einrichtung an, es handele sich um ein Integrationsprojekt nach § 132 SGB IX.
Mit Zuständigkeitsbescheid vom 26.11.2009 erklärte die Beklagte ihre Zuständigkeit für das Unternehmen und veranlagte es im Folgenden als Beschäftigungs-/Qualifizierungsprojekt innerhalb der Gefahrtarifstelle 17 mit dem Strukturschlüssel 0830.
Am 14.12.2009 übersandte die Klägerin die Gemeinnützigkeitsbescheinigung des Finanzamtes F-Nordost vom 10.12.2008.
Bereits mit Schreiben vom 12.06.2012 bat sie im Rahmen eines Widerspruchs gegen den Beitragsbescheid 2011 und den Vorschussbescheid 2012 um Prüfung der Zuordnung zur Beklagten. Es stelle sich die Frage, warum sie bei der Beklagten und nicht der Beigeladenen als Einzelhandelsunternehmen eingegliedert sei. Die Klägerin sei zwar als Integrationsprojekt anerkannt, sei aber keine Werkstatt für behinderte Menschen, die komplett mit staatlichen Mitteln gefördert werde. Es würden keine Maßnahmen mit behinderten Menschen durchgeführt. Vielmehr werde diesen ein ganz normaler Arbeitsplatz angeboten, an dem sie ihre Aufgabe erfüllen müssten. Es finde keine Weiterbeschäftigung statt, wenn die anfallenden Arbeiten nicht erledigt würden. Es handele sich nicht um eine Arbeitsbeschaffungsmaßnahme. Die bei der Klägerin anfallenden Tätigkeiten seien identisch mit denen eines ganz normalen Handelsunternehmens. Auch die Klägerin müsse Umsätze erwirtschaften, um überleben zu können. Es sei nicht klar, warum hier eine Einordnung als Beschäftigungsprojekt erfolge und nicht als normales Einzelhandelsunternehmen in der Computerbranche.
Mit Schreiben vom 06.07.2012 wies die Beklagte ua auf ihre Zuständigkeit für Unternehmen, die im Gesundheitsdienst oder der Wohlfahrtspflege tätig sind, hin. Die Klägerin sei, wie sie selbst ausgeführt und es auch in ihrem Gesellschaftsvertrag beschrieben habe, ein gemeinnütziges Unternehmen mit dem Ziel, Menschen mit Behinderung einen Arbeitsplatz auf dem ersten Arbeitsmarkt zu ermöglichen. Sie sei als Integrationsprojekt anerkannt und gemeinnützig. Entscheidend für die Beurteilung der Zuständigkeit und der damit verbundenen Veranlagung zum Gefahrtarif seien Art und Gegenstand des Unternehmens. Dabei sei nachrangig, wie der Unternehmenszweck umgesetzt werde. Die Klägerin sei daher als Beschäftigungs- und Qualifizierungsobjekt erfasst und veranlagt worden. Unternehmen dieser Art seien der Wohlfahrtspflege zugehörig, da sie zum Wohle der Allgemeinheit für gesundheitlich, sittlich und wirtschaftlich gefährdete oder notleidende Menschen tätig würden. Ein Vergleich mit Werkstätten für behinderte Menschen und deren staatliche Sonderstellung sei unerheblich. Es würde neben den anerkannten Werkstätten für behinderte Menschen eine Vielzahl anderer Einrichtungen am Markt existieren, die diese Sonderstellung nicht inne hätten, gleichwohl aber wohlfahrtspflegerische Zwecke erfüllten.
Mit Schreiben vom 28.02.2013 beantragte die Klägerin die Überweisung an die zuständige Berufsgenossenschaft. Da der Schwerpunkt der Tätigkeit im Vertrieb und der Verwertung von EDV-Geräten liege, sei die Zuständigkeit der Beigeladenen in deren Gefahrtarifstellen 3 und 11 gegeben. Zwar sei ausweislich des Gesellschaftsvertrages übergeordnetes strategisches Unternehmensziel die Beschäftigung schwerbehinderter Menschen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt. Auch handele es sich um ein Integrationsprojekt im Sinne des § 132 SGB IX. Zwecksetzung dieser gesellschaftsvertraglichen Regelungen sei jedoch allein, deutlich zu machen, dass die Klägerin mit ihren unzweifelhaft im Schwerpunkt dem EDV-Vertrieb zuzuordnenden gewerblichen Aktivitäten steuerrechtlich als gemeinnütziger Zweckbetrieb im Sinne von § 68 Nr 3c der Abgabenordnung (AO) handele. Dieses übergeordnete Unternehmensziel dürfe jedoch den Blick auf den unfallversicherungsrechtlich relevanten eigentlichen Unternehmensgegenstand nicht verstellen. Nur in dem vom Unternehmensgegenstand bestimmten tatsächlichen betrieblichen Geschehen entstünden die Unfallrisiken, gegen die sich die Unternehmen genossenschaftlich absicherten. Die besondere Art der Gewinnverwendung auf die sich die Klägerin gesellschaftsvertraglich verpflichtet habe, sei als sachlicher Anknüpfungspunkt für eine Unfallversicherung nicht relevant und ungeeignet. Die Klägerin sei kein bloßes Beschäftigungs- und Qualifizierungsprojekt und keine marktferne Einrichtung mit primär sozialem Charakter. Sie beschäftige sämtliche Arbeitnehmer tarifgerecht und zu Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes und konkurriere mit Anbietern am allgemeinen EDV-Markt. Die Feststellung der Zuständigkeit durch die Beklagte und Zuordnung zur Tarifstelle 17 verstoße gegen höherrangiges Gesetzes- und Verfassungsrecht. Sie sei von Anfang an unrichtig gewesen und durch Überweisung an die zuständige Beigeladene zu korrigieren. Eine Zuordnung zur Beklagten wegen der Beschäftigung eines steuerrechtlich beachtlichen Anteils von behinderten Mitarbeitern widerspreche der gesetzlich gewünschten Tätigkeit solcher Unternehmen als Unternehmen im allgemeinen Markt nach dem § 132 ff SGB IX und erschwere damit die mit diesen Regelungen angestrebte Vollintegration. Ein berufsgenossenschaftlicher Sonderstatus sei hiermit nicht vereinbar. Die Einstufung verstoße gegen §§ 7 Abs 1 u 2 und 3 Abs 1 u 2 des Allgemeinen Gleichstellungsgesetzes (AGG), die eine Benachteiligung wegen der Beschäftigung behinderter Menschen ausdrücklich untersage und entgegenstehende Regelungen für unwirksam erkläre. Auch liege ein Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot des § 31c Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) vor, welches eine Benachteiligung behinderter Arbeitnehmer und ihrer Arbeitgeber bei der Wahrnehmung ihrer sozialen Rechte ebenfalls untersage. Die Beigeladene handele ihrem ausdrücklichen Förderauftrag in § 7 Abs 1 u 2 des Behindertengleichstellungsgesetzes zuwider, indem sie Unternehmen, die in einem überdurchschnittlichen Umfang behinderte Mitarbeiter voll integriert und inklusiv beschäftigten, gegenüber anderen Unternehmen des gleichen Gewerbezweiges beteilige. Schließlich liege ein Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot aus Artikel 3 Abs 3 S 2 Grundgesetz (GG) vor.
Mit Bescheid vom 22.04.2013 lehnte die Beklagte den Antrag auf Überweisung ab. Ein Anspruch auf Überweisung bestehe, wenn die ursprünglich festgestellte Zuständigkeit eindeutig falsch sei oder sich durch Änderung in Art und Gegenstand des Unternehmens eine veränderte Zuständigkeit ergebe. Vorliegend komme nur die erste Tatbestandsalternative in Betracht. Diese sei jedoch nicht erfüllt. Bei der Beurteilung der Zuständigkeit sei nicht auf die ausgeübten Tätigkeiten, sondern auf Art und Gegenstand des Unternehmens sowie auf den mit der Tätigkeit verfolgten Zweck abzustellen. Dieser Zweck ergebe sich objektivierbar aus Unterlagen wie Satzungen und Gesellschaftsverträgen. Schon durch den Gesellschaftsvertrag ergebe sich hier die besondere Ausrichtung des Unternehmens. Diese Zwecksetzung werde von der Steuerbegünstigung unterstrichen, denn diese erfolge vor dem Hintergrund des verfolgten Zwecks, der über den Betrieb eines normalen Unternehmens hinausgehe. Die Klägerin selbst habe in ihrem Überweisungsantrag vom übergeordneten Unternehmensziel als Beschäftigungsprojekt gesprochen. Selbst wenn man hierüber streiten könne, sei die festgestellte Zuständigkeit jedenfalls nicht "eindeutig" falsch im Sinne der Überweisungsvorschrift. Die Klägerin habe sich offenbar bewusst bei der Beklagten angemeldet und sei erst durch die gestiegenen Beiträge aktiv geworden. Hohe Beiträge bzw Beitragsanstiege seien nach obergerichtlicher Rechtsprechung aber kein Anlass für eine Überweisung. Der hohen Gefahrklasse mit den hierdurch verbundenen Wettbewerbsnachteilen stünden umgekehrt Vorteile gemeinnütziger Unternehmen gegenüber gewinnorientierten Wettbewerbern entgegen, die nicht nur steuerliche Begünstigungen, sondern zB in der gesetzlichen Unfallversicherung auch die Befreiung von Beiträgen zur solidarischen Lastenverteilung zwischen den Berufsgenossenschaften bedeuteten. Bei einer Beurteilung, ob ein bestimmtes Abgaben- oder Beitragssystem eine gerechte Belastung aller Wettbewerber mit sich bringe, dürfe keine Beschränkung auf einzelne Aspekte erfolgen.
Zur Begründung des hiergegen am 10.05.2013 eingegangenen Widerspruchs wies die Klägerin nochmals darauf hin, dass die im Gesellschaftsvertrag und Handelsregister ausgewiesene gemeinnützige Zweckbestimmung lediglich die Gewinnverwendung an die Erhaltung und Schaffung von Arbeitsplätzen für behinderte Menschen binde. Sie eigne sich jedoch nicht als Anknüpfungspunkt für die fachliche Begründung einer berufsgenossenschaftlichen Unfallversicherung. Sie sei gegenüber ihren Wettbewerbern erheblich benachteiligt. Es sei nicht rechtlich zulässig, dass die Beklagte die Wirkung der gesetzlichen Förderung von Integrationsunternehmen nach den §§ 132 ff SGB IX, die ausgleichsabgabenfinanzierte Kompensation von Beschäftigungsnachteilen, die Besserstellung durch Freibeträge nach § 180 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) und die Effekte der steuerlichen Begünstigungen von Zweckbetrieben nach § 51 ff AO durch die Einheitsveranlagung aller Integrationsunternehmen in einer gemeinsamen Gefahrentarifstelle zunichtemache. Neben den schon im Antrag genannten Normen verstoße die Praxis der Beklagten auch gegen unmittelbar geltendes europäisches Richtlinienrecht (RL 2000/78 EG).
Mit Widerspruchsbescheid vom 05.09.2013 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Die Voraussetzungen für eine Überweisung nach § 136 Abs 1 S 4 SGB VII seien nicht erfüllt, denn die Beklagte sei für das Unternehmen der Klägerin sachlich zuständig. Die Feststellung der Zuständigkeit sei rechtmäßig erfolgt, denn es handele sich bei dem Unternehmen um ein solches der Wohlfahrtspflege.
Am 07.10.2013 hat die Klägerin beim Sozialgericht Duisburg (SG) Klage erhoben. Nach Maßgabe der aktuellen Aufteilung der Gewerbearten und -zweige unter den neuen gewerblichen Berufsgenossenschaften und anderen Unfallversicherungsträgern liege das Schwergewicht der Unternehmenstätigkeit der Klägerin in der Zuständigkeit der Beigeladenen und im Übrigen im Bereich der BG Elektro und Medien. Nach Maßgabe von § 131 Abs 2 SGB VII sei daher der Bereich Handel als Hauptunternehmen und die anderen Bestandteile (Elektro, Medien) als Nebenunternehmen anzusehen. Die ursprüngliche Zuständigkeitsentscheidung sei von Anfang an unrichtig gewesen. Dieser trotz bestandskräftiger Zuständigkeitsentscheidung fortbestehende Fehler in der Sache sei Grund des aktuellen Überweisungsbegehrens. Darüber hinaus hat die Klägerin ihr Vorbringen aus dem Antrags- und Widerspruchsverfahren wiederholt.
Die Beklagte hat zunächst auf ihre Ausführungen im Widerspruchsbescheid Bezug genommen. Schwerwiegende Unzuträglichkeiten bei der Durchführung der Unfallversicherung seien durch die Klägerin nicht vorgetragen worden. Selbst wenn man die relativ hohe Hürde eines eindeutigen Widerspruchs gegen geltende Zuständigkeitsregelungen außer Betracht lasse, sei die derzeit bestehende Zuständigkeit der Beklagten eindeutig richtig. Die Klägerin betreibe ein Integrationsunternehmen. Die Beklagte sei der insofern sachlich zuständige Unfallversicherungsträger. Wegen der fehlenden Zuständigkeitsverordnung bleibe nach § 122 Abs 2 SGB VII jede BG für die Unternehmensart sachlich zuständig, für die sie bis zur Einführung des SGB VII im Jahre 1997 zuständig gewesen sei. Die zuständige BG werde nach Art und Gegenstand des Unternehmens bestimmt. Der Begriff der "Wohlfahrtspflege" sei in Bezug auf den Versicherungsschutz weit auszulegen. Dies müsse auch für die Zuständigkeit der Beklagten gelten. Da Integrationsunternehmen im SGB IX geregelt seien, bestehe ein starkes Indiz dafür, diese dem Begriff der "Wohlfahrtspflege" und damit der sachlichen Zuständigkeit der Beklagten zuzuordnen. Die in aller Regel gewährte Steuerbefreiung wegen Gemeinnützigkeit, Mildtätigkeit oder als Zweckbetrieb unterstreiche dies zusätzlich. Der Klägerin seien durch das zuständige Finanzamt steuerbegünstigte Zwecke beschieden worden. Dies hebe die Klägerin von normalen Handelsunternehmen ab. In der Gewerbeanmeldung werde als Unternehmenszweck die Beschäftigung schwerbehinderter Menschen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt angegeben. Es werde nicht beschrieben, dass es sich um ein Handelsunternehmen handele. Zudem würden behinderte Menschen durch die Zuständigkeit der Beklagten für die gesamte Wohlfahrtspflege nicht diskriminiert, sondern privilegiert. Die besondere Absicherung für die in den Unternehmen der Wohlfahrtspflege tätigen Personen sei gerade der Zweck der Versicherungstatbestände in § 2 Abs 1 Nrn 4 und 9 SGB VII. Dadurch sei jeder Mensch, der in irgendeiner Weise für ein Unternehmen der Wohlfahrtspflege tätig sei, unfallversichert, nicht nur, wenn er Beschäftigter ist. Die Wahrnehmung der Interessen behinderter Menschen sei durch die Vertreter der Wohlfahrtspflege in den Selbstverwaltungsorganen der Beklagten in besonderem Maße gewährleistet. Mehr Versicherte, ein weiterer Versicherungsschutz und eine intensivere Präventionsarbeit erhöhten konsequenterweise auf der anderen Seite die Ausgaben des Versicherungsträgers und damit den Beitragsfuß bzw die Gefahrklassen. Ein eigens für das Gesundheitswesen und die Wohlfahrtspflege errichteter Unfallversicherungsträger mit weiterreichendem Versicherungsschutz für die in diesen Branchen Tätigen habe zwangsläufig für alle Mitglieder ein etwas höheres Beitragsniveau zur Folge. Dies stelle aber keine Diskriminierung der behinderten Menschen selbst dar.
Durch Beschluss vom 31.01.2016 hat das SG die BG Handel und Warendistribution (jetzt BG Handel und Warenlogistik) beigeladen.
Die Beigeladene hat sich den Ausführungen der Beklagten angeschlossen. Die Zuständigkeit richte sich bei den gewerblichen gesetzlichen Unfallversicherungsträgern nach § 121, 122 SGB VII. Hierbei gehe es immer um die gesamtwirtschaftliche Ausrichtung des Unternehmens, also den Geschäftszweck insgesamt und nicht um einzelne Tätigkeiten. Die Zuständigkeit der Beigeladenen sei für Handelsunternehmen gegeben, die gewerbsmäßig den Handel und Verkauf zum Zwecke der Gewinnerzielung betrieben. Gemäß dem Gesellschaftsvertrag der Klägerin sei der Zweck der Gesellschaft die Beschäftigung behinderter Menschen unter Nutzung steuerlicher Begünstigungen. Hierzu betreibe diese Läden und Werkstätten und beschäftige größtenteils schwerbehinderte Menschen. Ein übliches Handelsunternehmen, das in den Zuständigkeitsbereich der Beigeladenen falle, sei dies nicht.
Mit Urteil vom 28.07.2016 hat das SG die Klage abgewiesen. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Überweisung an die Beigeladene. Gemäß § 136 Abs 1 S 4 SGB VII überweise ein Unfallversicherungsträger ein Unternehmen an den zuständigen Unfallversicherungsträger, wenn die Feststellungen der Zuständigkeit für das Unternehmen von Anfang an unrichtig gewesen sei oder die Zuständigkeit für das Unternehmen sich geändert habe. Die Feststellung der Zuständigkeit sei nach § 136 Abs 2 S 1 SGB VII von Anfang an unrichtig, wenn sie den Zuständigkeitsregelungen eindeutig widerspreche oder das Festhalten an dem Bescheid zu schwerwiegenden Unzuträglichkeiten führen würde. Eine wesentliche Änderung der tatsächlichen Verhältnisse liege dagegen gemäß § 136 Abs 2 S 2 SGB VII vor, wenn das Unternehmen grundlegend und auf Dauer umgestaltet worden ist. Anhaltspunkte für eine Änderung in den Unternehmensverhältnissen seien nicht ersichtlich. Die Voraussetzungen für die Annahme einer anfänglichen Unrichtigkeit lägen ebenfalls nicht vor. Weder könne ein eindeutiger Widerspruch gegen Zuständigkeitsregeln angenommen werden, noch würde das Festhalten an der aktuellen Zuständigkeit zu schwerwiegenden Unzuträglichkeiten führen. Ein eindeutiger Widerspruch sei nur dann anzunehmen, wenn die Unrichtigkeit auf einem groben Verstoß des Unfallversicherungsträgers gegen seine Ermittlungs- und Prüfpflicht beruht, zB in Form von unterlassener Prüfung der Betriebsverhältnisse oder bloßer Zuständigkeitsfeststellung auf Verdacht. Derartige Unzuträglichkeiten seien jedoch nicht ersichtlich. Die Zuständigkeitsfeststellung entspreche der materiellen Rechtslage. Für das Unternehmen der Klägerin sei die Beklagte der zuständige Unfallversicherungsträger gemäß § 122 Abs 2 SGB VII iVm Abschnitt A Abs I a der Verordnung über Träger der Unfallversicherungen vom 17.05.1929 (RGBl I, 104). Nach § 3 ihrer Satzung sei die Beklagte für Unternehmen (Betriebe, Verwaltungen, Einrichtungen und Tätigkeiten) der Wohlfahrtspflege zuständig. Darunter fielen auch Einrichtungen zur Hilfe für Menschen mit Behinderungen. Das Unternehmen der Klägerin sei der Wohlfahrtspflege zuzuordnen. Der Begriff der "Wohlfahrtspflege" sei im SGB VII nicht definiert. In der Rechtsprechung werde unter der Wohlfahrtspflege die planmäßige, zum Wohle der Allgemeinheit und nicht des Erwerbs wegen ausgeübte unmittelbare vorbeugende oder abhelfende Hilfeleistung für gesundheitlich, sittlich oder wirtschaftlich gefährdete oder notleidende Mitmenschen verstanden. Davon gehe die Kammer auf der Grundlage des Gesellschaftsvertrages aus. Denn Gegenstand des Unternehmens sei nach § 2 des Vertrages die "Beschäftigung schwerbehinderter Menschen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt". Zudem verfolge die Gesellschaft gemäß § 3 des Vertrages ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige Zwecke. Es werde nicht beschrieben, dass es sich um ein Handelsunternehmen handelt, worauf die Beklagte zutreffend hingewiesen habe. Angesichts dieser nach außen hin erkennbaren Indizien könne nicht davon ausgegangen werden, dass der Schwerpunkt der unternehmerischen Tätigkeit der Klägerin einzig und allein im Vertrieb und in der Verwertung von EDV-Geräten liege. Dagegen spreche auch der Umstand, dass vom Finanzamt F-Nord steuerbegünstigte Zwecke beschieden worden sind. Auch dies hebe die Klägerin von einem normalen Handelsunternehmen ab. Vor diesem Hintergrund könnten jedenfalls weder ein eindeutiger Widerspruch gegen Zuständigkeitsregeln noch schwerwiegende Unzuträglichkeiten angenommen werden. Das Gesetz mache insoweit schon seinem Wortlaut nach klar, dass nicht von festen Kriterien für die Zuordnung eines Unternehmens zu einer konkreten BG ausgegangen werden könne und nicht jede Abweichung von herkömmlichen Kriterien zur Überweisung an eine andere BG führen solle. Von daher verbleibe es selbst dann bei der Zuweisung der Klägerin an die Beklagte, wenn die derzeitig bestehende Zuständigkeit der Beklagten für die Klägerin nicht eindeutig richtig sei. Die Kammer werde damit zugleich der Aufgabe enthoben, zu prüfen, ob die bestehende die einzig richtige Zuständigkeit sei. Soweit die Klägerin im Termin zur mündlichen Verhandlung darauf verwiesen habe, Unternehmen der Wohlfahrtspflege seien anderen Bilanzierungsvorschriften als sie unterworfen, führe auch dies nicht zum Erfolg der Klage. Da es an allgemein gültigen Kriterien für die Zuständigkeit einer BG fehle, könnten einzelne Gesichtspunkte kein solches Gewicht erlangen, dass allein sie einen eindeutigen Widerspruch zu den bestehenden Zuständigkeitsregelungen oder eine schwere Unzuträglichkeit begründen würden. Letztlich bleibe zu beachten, dass Integrationsunternehmen einen "hybriden Charakter" aufweisen würden, so dass die Beklagte eine Gewichtung habe vornehmen können. Dass die Beklagte hierbei das größere Gewicht auf die Wohlfahrtspflege gelegt hat, stelle unter Berücksichtigung des Inhalts des Gesellschaftsvertrages und der dort geregelten eindeutigen Zweckbestimmung keinen groben Rechtsverstoß dar.
Die höhere Beitragsbelastung der Klägerin bei fortbestehender Zuständigkeit der Beklagten könne ebenfalls nicht als schwere Unzuträglichkeit angesehen werden. Ohnehin sei fraglich, ob die Beitragsstruktur der Beigeladenen bei der Überweisung der Klägerin und vergleichbarer Unternehmen künftig noch Bestand hätte.
Die Feststellung der Zuständigkeit durch die Beklagte verstoße auch nicht gegen höherrangiges Gesetzes- und Verfassungsrecht. Zusammengefasst sehe die Klägerin ihre Konkurrenzfähigkeit gegenüber anderen Unternehmen durch die im Vergleich zur Beigeladenen höheren Beiträge der Beklagten gefährdet. Dem könne die Kammer schon mit Blick auf die der Klägerin gewährten Steuervergünstigungen nicht folgen. Zudem lasse es die Klägerin an konkreten Belegen für ihre verminderte Wettbewerbsfähigkeit fehlen. Zwar lege sie dar, dass sie bei der Beigeladenen geringere Beiträge aufbringen müsse, allerdings werde die Konkurrenz- und Wettbewerbsfähigkeit eines Unternehmens nicht allein durch die Höhe der Beiträge zur gesetzlichen Unfallversicherung bestimmt. Insoweit bleibe ebenfalls darauf hinzuweisen, dass die Klägerin aufgrund ihrer Stellung als Integrationsunternehmen steuerliche Vorteile (zB als Zweckbetrieb im Sinne des § 68 Nr 3c AO) in Anspruch nehme und grundsätzlich Anspruch auf finanzielle Förderleistungen nach § 134 SGB IX besitze. Dies seien Vergünstigungen, die Betriebe in einem vergleichbaren unternehmerischen Segment eben nicht besäßen. Die Klägerin müsse sich ferner darauf verweisen lassen, dass sie nach dem Gesellschaftsvertrag das Unternehmen nicht allein aus wirtschaftlichen Gründen unterhalte, sondern wegen eines übergeordneten ideellen Zwecks. Wäre dies anders, läge ein steuerlich privilegierter Zweckbetrieb, dh ein Unternehmen, das sich in seiner Gesamtausrichtung als Integrationsprojekt darstellt, nicht mehr vor. Vor diesem Hintergrund könne die Kammer die – im Übrigen lediglich pauschal behauptete – Verletzung der §§ 132 ff SGB IX, des § 7 AGG, des § 33 c SGB I und des § 7 Behindertengleichstellungsgesetz nicht nachvollziehen. Vielmehr ließen die Regelung der §§ 132 ff SGB IX und die entsprechende steuerliche Förderung von Integrationsunternehmen erkennen, dass sich der Gesetzgeber bewusst für ein Model zur Förderung der Beschäftigung behinderter Menschen entschieden habe, das Integrationsunternehmen eben nicht in jeder Hinsicht mit am Markt tätigen Unternehmen gleichstelle. Insgesamt könne nicht erkannt werden, dass allein durch die bestehende höhere Beitragslast zur gesetzlichen Unfallversicherung Behinderte benachteiligt würden. Vielmehr erscheine es sachgerecht, dass die in Integrationsunternehmen erforderliche Begleitung der Tätigkeit von behinderten Menschen im Sinne einer Wohlfahrtspflege zur Zuständigkeit der Beklagten und damit auch zu höheren Beiträgen führe. Artikel 3 GG sei ebenfalls nicht verletzt. Der allgemeine Gleichheitssatz aus Artikel 3 Abs 1 GG sei nur dann verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten oder Normbetroffenen im Vergleich zu einer anderen anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die unterschiedliche Behandlung rechtfertigen können. Zwischen der Gruppe der Integrationsunternehmen und der Gruppe der reinen Handelsunternehmen bestünden Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht, dass sie eine Zuweisung zur Beklagten und damit eine Ungleichbehandlung hinsichtlich der Höhe der Beiträge zur gesetzlichen Unfallversicherung rechtfertigten. Denn bei ersteren trete neben eigenwirtschaftlichen, gewinnorientierten Tätigkeiten ein ideeller Zweck als Art und Gegenstand des Unternehmens hinzu, der mit der Förderung schwerbehinderter Menschen Elemente der Wohlfahrtspflege enthalte. Die Kammer könne es letztlich dahinstehen lassen, ob die Zuweisung der Integrationsunternehmen an die Beklagte die Interessen der behinderten Menschen umfassend und besser fördert. Die Beklagte habe insoweit im Termin zur mündlichen Verhandlung nochmals eingehend ausgeführt, dass die Wahrung der Interessen behinderter Menschen gerade durch die Vertreter der Wohlfahrtspflege in den Selbstverwaltungsorganen der Beklagten sowie angesichts deren Erfahrung auf dem Gebiet der Prävention und Rehabilitation im Bereich der Wohlfahrtspflege im besonderen Maße gewährleistet sei.
Gegen das am 03.09.2016 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 28.09.2016 Berufung eingelegt. Die Feststellung der Zuständigkeit der Beklagte sei von Anfang an unrichtig gewesen. Die Feststellung des SG, der für die Bestimmung der sachlichen Zuständigkeit maßgebliche Unternehmensgegenstand der Klägerin sei die Schaffung von Arbeitsplätzen für behinderte Menschen, treffe nicht zu. Für das unfallversicherungsrechtlich relevante Unfallgeschehen seien allein die Risiken an den konkreten Arbeitsplätzen im Handel und der Wiederaufarbeitung maßgeblich. Der Handel, die Softwareaufarbeitung und Resteverwertung bildeten den unfallversicherungsrechtlich maßgeblichen tatsächlichen Unternehmensgegenstand der Klägerin. Auch das Bundessozialgericht (BSG) habe ausgeführt, dass für die Zuständigkeit die Art und der Gegenstand des Unternehmens und die durch das Arbeitsverfahren und die dabei genutzten Betriebseinrichtungen gekennzeichnete Herstellungsweise der Erzeugnisse maßgebend seien. Die Klägerin sei unternehmensgegenständlich ein Unternehmen des Handels, für das die Zuständigkeit der Beigeladenen gegeben sei. Die gemeinnützige Zwecksetzung sei hingegen eine "innere" Tatsache und nur für Gewinnverwendung und steuerliche Einstufung der Klägerin maßgebend. Den für die Zuständigkeit maßgeblichen Unternehmensgegenstand berühre sie nicht. Die gesetzliche Forderung, dass eine Überweisung nur erfolgen solle, wenn ein eindeutiger Verstoß gegen Zuständigkeitsvorschriften vorliege oder schwere Unzuträglichkeiten zu besorgen sind, stelle kein wesentliches Hindernis dar. Gesetzgeberisches Motiv bei der Schaffung der Überweisungshürden sei es gewesen, eine stabile Zuständigkeit zu schaffen, die nur bei eindeutigen Rechtsfehlern und schweren Unzuträglichkeiten abgeändert werden konnte. Das sei beim Aufbau der gesetzlichen Unfallversicherung bei zunächst über 180 verschiedenen, eher berufsständischen Versicherungen vernünftig und legitim gewesen. Diese Art von "Katasterstätigkeit" sei heute bei nur noch neun verschiedenen und ganz unterschiedlich zusammengesetzten großen Unfallversicherungen nicht mehr erforderlich. Gleichwohl ergebe sich aus den bereits dargelegten Gründen, dass die Zuständigkeitsbestimmung von Anfang an unrichtig und eindeutig widersprechend eingeordnet werden müsse. Das SG mache es sich zu leicht, wenn sie die benachteiligende Veranlagung der Integrationsunternehmen gegenüber anderen Unternehmen mit einem angeblichen Mehraufwand der Beklagten rechtfertige. Dieser sei durch die Beklagte weder behauptet noch belegt. Auch gehe es nicht an, die durch den Gesetzgeber gewährten Vorteile bei der Beschäftigung von mehr als 40 % Arbeitnehmer aus der Zielgruppe des § 131 Abs 1 SGB IX sowie weitere Privilegierungen zu nutzen, um höhere Zwangsbeiträge für Integrationsunternehmen zu rechtfertigen. Die durch den Gesetzgeber gewollten Vorteile würden damit unzulässigerweise verrechnet. Die Klägerin sei, auch wenn sie als Integrationsunternehmen im Sinne von § 132 Abs 1 SGB IX angesehen werden müsse und durch die Finanzbehörden als gemeinnützig anerkannt sei, nicht schon wegen ihrer Gemeinnützigkeit ein Wohlfahrtsunternehmen. Sie sei funktional ein Handelsunternehmen. Eine Verdeckung des wirklichen Unternehmensgegenstandes durch eine gemeinnützige Zwecksetzung in den Verträgen oder Registereinträgen sei rechtlich nicht beachtlich.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 28.07.2016 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 22.04.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.09.2013 zu verurteilen, die Klägerin an die Beigeladene zu überweisen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Die sachliche Zuständigkeit der Beklagten auf dem Gebiet der Wohlfahrtspflege bestimme sich praktisch ausschließlich nach dem Zweck. Denn die Verfolgung wohlfahrtspflegerischer Zwecke sei es, die überhaupt zur Zuständigkeit der Beklagten führe. Zur Heranziehung des Zwecks für die sachliche Zuständigkeit der Beklagten gebe es eine langjährige und gefestigte obergerichtliche Rechtsprechung. Maßgebend sei, dass das Unternehmen der Klägerin sich des Handels und der Zerlegung von EDV-Geräten bediene, um den übergeordneten Zweck der Eingliederung behinderter Menschen in Arbeit und Gesellschaft zu erreichen. Für die Zuständigkeit der Beklagten als Unfallversicherungsträger sei nicht die organisatorische Gestaltung maßgebend, sondern die Zweckbestimmung. Die Zweckbestimmung liege bei einem Integrationsbetrieb in der Integration behinderter Menschen in Arbeit und Gesellschaft. Vor diesem Hintergrund erhalte der Integrationsbetrieb auch seinen Gemeinnützigkeitsstatus. Insofern handele es sich um eine besondere Ausprägung der "Rosinenpickerei", wenn viele Integrationsbetriebe im Gesellschaftsvertrag und gegenüber der Finanzverwaltung die gemeinnützigen (wohlfahrtspflegerischen) Zwecke betonen würden, diese aber im Bezug auf die sachliche Zuständigkeit in der Unfallversicherung leugneten. Selbst wenn man Zweifel an der sachlichen Zuständigkeit der Beklagten für Integrationsbetriebe habe, seien zumindest die Überweisungsvoraussetzungen nicht erfüllt, da diese weder eindeutig falsch sei noch schwerwiegende Unzuträglichkeiten festzustellen seien. Eine vermeintliche Diskriminierung liege nicht vor. Die Beklagte sei die zuständige Berufsgenossenschaft für Unternehmen, welche für und mit benachteiligten Personen tätig sind. Mit dieser Sonderzuständigkeit gehe ein weiter flankierender Versicherungsschutz einher, der in den Versicherungstatbeständen festgehalten sei und der zu etwas höheren Ausgaben im Bereich der Prävention und Rehabilitation führe. Der Gesetzgeber wolle die Tätigen in den Branchen Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege besser stellen als in anderen Branchen und erwarte, dass die in diesen Branchen engagierten Arbeitgeber diese Kosten tragen.
Die Beigeladene schließt sich den Ausführungen der Beklagten an ohne einen Antrag zu stellen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen.
Richtige Klage für das klägerische Begehren auf Überweisung von der Beklagten an die Beigeladene ist die Anfechtungs- und Verpflichtungsklage nach § 54 Abs 1 und 2 Sozialgerichtsgesetz – SGG – (vgl BSG, Urteil vom 11.08.1998 – B 2 U 31/97 R – in juris Rn 25; LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 20.01.2011 – L 2 U 1145/05 – in juris Rn 33). Bei der Entscheidung über die Überweisung des Unternehmens handelt es sich gegenüber diesem um einen Verwaltungsakt, den der Unternehmer mit Widerspruch- und Anfechtungsklage anfechten kann (vgl. Bereiter-Hahn/Mertens, Gesetzliche Unfallversicherung, § 136 Rn 7), so dass die Anfechtungs- und Verpflichtungsklage statthaft ist.
Die Klage ist jedoch unbegründet, da die Klägerin keinen Anspruch auf Überweisung ihres Unternehmens an die Beigeladene hat.
Nach § 136 Abs 1 Satz 1 SGB VII stellt der Unfallversicherungsträger Beginn und Ende seiner Zuständigkeit für ein Unternehmen durch schriftlichen Bescheid gegenüber dem Unternehmer fest. War die Feststellung der Zuständigkeit für ein Unternehmen von Anfang an unrichtig oder ändert sich die Zuständigkeit für ein Unternehmen, überweist der Unfallversicherungsträger dieses dem zuständigen Unfallversicherungsträger (§ 136 Abs 1 S 4 SGB VII). Die Überweisung erfolgt nach § 136 Abs 1 S 5 SGB VII im Einvernehmen mit dem zuständigen Unfallversicherungsträger; sie ist dem Unternehmen von dem überweisenden Unfallversicherungsträger bekanntzugeben. Nach § 136 Abs 2 S 1 SGB VII ist die Feststellung der Zuständigkeit von Anfang an unrichtig gewesen, wenn sie den Zuständigkeitsregelungen eindeutig widersprochen hat oder das Festhalten an dem Bescheid zu schwerwiegenden Unzuträglichkeiten führen würde. Nach § 136 Abs 2 S 2 SGB VII liegt eine wesentliche Änderung der tatsächlichen Verhältnisse im Sinne des § 48 Abs 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X), die zu einer Änderung der Zuständigkeit führt, vor, wenn das Unternehmen grundlegend und auf Dauer umgestaltet worden ist. Diese Voraussetzung des Überweisungsanspruchs sollen Kontinuität und Rechtssicherheit in Bezug auf die Zuständigkeit der Träger für die bei ihnen versicherten Unternehmen gewährleisten (Grundsatz der Katasterstetigkeit; vgl. BSG, Urteil vom 02.04.2009 – B 2 U 20/07 R – in juris Rn 24 mwN). Die einmal begründete und praktizierte Zuständigkeit kann, wenn ihre Voraussetzungen nicht vorgelegen haben oder objektiv entfallen sind, nur in einem besonderen Überweisungsverfahren und unter den genannten engen Voraussetzungen geändert werden. Ein Unternehmen ist nicht allein deshalb zu überweisen, weil sich herausstellt, dass ein anderer Träger objektiv zuständig ist. Vielmehr setzt die Überweisung voraus, dass die bisher praktizierte Zuständigkeit den materiellen Zuständigkeitsregelungen des SGB VII "eindeutig" widerspricht oder jedenfalls das Festhalten an ihr zu "schwerwiegenden Unzuträglichkeiten" führen würde (vgl. BSG, aaO mwN; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 12.05.2016, L 6 U 90/16 – in juris Rn 33 mwN). § 136 SGB VII verdrängt hierbei die allgemein anwendbaren Regelungen des SGB X zur Bestandskraft und Rücknahme von Verwaltungsakten (vgl LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 19.01.2016 – L 9 U 1028/15 – in juris Rn 29 mwN).
Im vorliegenden Fall kommt allein die Alternative der anfänglichen Unrichtigkeit in Betracht. Das Vorliegen einer Änderung in den Unternehmensverhältnissen ist weder ersichtlich noch vorgetragen.
Die Feststellung der Zuständigkeit der Beklagten widerspricht weder eindeutig den Zuständigkeitsregeln (1.) noch würde das Festhalten an dem Bescheid vom 26.11.2009 zu schwerwiegenden Unzuträglichkeiten führen (2.).
1.
Die Klägerin ist im Bereich der Wohlfahrtspflege tätig und damit bei der Beklagten versicherungspflichtig. Für Unternehmen der Wohlfahrtpflege ist die Beklagte der zuständige Unfallversicherungsträger gemäß § 122 Abs 2 SGB VII iVm Abschnitt A Abs I a der Verordnung über die Träger der Unfallversicherung vom 17.05.1929 [RGBl I, 104]; (vgl BSG, Urteil vom 31.01.2012 – B 2 U 3/11 R – in juris Rn 15; Hessisches LSG, Urteil vom 15.03.2016 – L 3 U 173/12 – in juris Rn 26 mwN). Das SGB VII enthält keine Definition des Begriffs der "Wohlfahrtspflege". Nach ständiger Rechtsprechung wird unter "Wohlfahrtspflege" die planmäßige, zum Wohl der Allgemeinheit und nicht des Erwerbs wegen ausgeübte, vorbeugende oder helfende, unmittelbare Betreuung von gesundheitlich, sittlich oder wirtschaftlich gefährdeten Menschen verstanden (vgl BSG aaO Rn 18; Hessisches LSG aaO Rn 28 mwN). Maßgeblich ist dabei, dass das betreffende Unternehmen den genannten Zwecken hauptsächlich dient. Danach setzt die Zweckerfüllung und damit die Annahme eines Unternehmens der Wohlfahrtspflege nicht das Bestehen einer bestimmten Organisation oder Einrichtung voraus. Maßgeblich ist vielmehr allein die (Haupt-) Zweckbestimmung einer Tätigkeit unabhängig von einer Organisation oder Einrichtung (vgl BSG, Urteile vom 25.10.1957 – 2 RU 122/54 – in juris Rn 18 ff und vom 26.06.1985 – 2 RU 79/84 – in juris Rn 14; zusammenfassend Hessisches LSG, aaO, juris Rn 28 mwN). Die Zweckausrichtung ist anhand objektiver äußerer Kriterien zu bestimmen, da nur solche Faktoren nachvollzogen und überprüft werden können. Maßgeblich sind dabei der bei Aufnahme des Geschäftsbetriebs – etwa in einer Gewerbeanmeldung oder in einer Satzung – dokumentierte Unternehmenszweck und welches Gepräge das Unternehmen durch den tatsächlichen Geschäftsbetrieb erhalten hat (vgl LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 24.02.2017 – L 8 U 1754/16 – in juris Rn 43 mwN).
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist die Klägerin der "Wohlfahrtspflege" zuzuordnen. Die Klägerin hat bereits in der Gewerbeanmeldung vom 21.08.2009 als Tätigkeitsschwerpunkt die Beschäftigung schwerbehinderter Menschen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt angegeben. Auch ist das Unternehmen als Integrationsprojekt im Sinne des § 132 SGB IX tätig. Dementsprechend wird gemäß den gesetzlichen Anforderungen die Mindestquote für die Beschäftigung schwerbehinderter Menschen im Sinne dieser Norm beachtet. Dies entspricht auch der in § 2 des Gesellschaftsvertrages vom 29.09.2008 zum Gegenstand des Unternehmens getroffenen Regelung. Gemäß § 3 Abs 1 des Vertrages verfolgt die Gesellschaft ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige Zwecke. Nach § 3 Abs 2 ist sie selbstlos tätig und verfolgt nicht in erster Linie eigenwirtschaftliche Interessen. Die durch den Gegenstand des Unternehmens gewonnenen Mittel werden gemäß § 3 Abs 4 für die Finanzierung von Arbeitsplätzen von behinderten Menschen in der Gesellschaft oder bei einer anerkannten Werkstatt für behinderte Menschen verwendet (50 %). Die restlichen 50 % werden anderen gemeinnützlichen Institutionen und Stiftungen gespendet. Auch im Handelsregister des Amtsgerichts F ist ua ausgeführt, dass das Unternehmen als Integrationsobjekt im Sinne des § 132 SGB IX tätig ist. Bereits die Regelung des Gesellschaftsvertrages und die Angaben bei der Gewerbeanmeldung sprechen damit deutlich dafür, dass es sich um eine planmäßige, zum Wohle der Allgemeinheit ausgeübte, Tätigkeit zu Gunsten schwerbehinderter Menschen handelt. Insbesondere steht nicht die Gewinnerzielung im Vordergrund ihrer Tätigkeit, sondern die Schaffung von Arbeitsplätzen für behinderte Menschen. Zwar sind Integrationsprojekte als wettbewerbsorientierte Marktteilnehmer auch Teil des allgemeinen Arbeitsmarktes (vgl LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 19.01.2016 – L 9 U 1028/15 – in juris Rn 40). Insofern weisen sie – entgegen der Auffassung der Klägerin – unter Berücksichtigung des übergeordneten Zwecks des Unternehmens einen "hybriden Charakter" auf (vgl. LSG Baden-Württemberg, aaO, Rn 41). Hierfür spricht auch, dass in der Gesetzesbegründung zur Vorgängervorschrift zu § 132 SGB IX, dem § 53a Schwerbehindertengesetz, folgendes ausgeführt ist: " … Diese Integrationsprojekte – obwohl dem allgemeinen Arbeitsmarkt angehörend – zwischen dem allgemeinen Arbeitsmarkt und den Werkstätten für Behinderte sollen auch den Übergang von Schwerbehinderten von Werkstätten für Behinderte auf den allgemeinen Arbeitsmarkt ermöglichen " (BT Drucks 14/3372 S 24).
Da das Unternehmen der Klägerin als Integrationsunternehmen daher einen "hybriden Charakter" aufweist, ist eine Gewichtung hinsichtlich des im Vordergrund des Unternehmens stehenden Zweckes vorzunehmen (vgl LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 19.01.2016 – L 9 U 1028/15 – in juris Rn 41). Allein der Umstand, dass es sich bei dem Unternehmen der Klägerin um einen Integrationsbetrieb handelt rechtfertigt die Zuordnung zum Bereich der "Wohlfahrtspflege" (noch) nicht.
Für den Senat steht unter Berücksichtigung aller Umstände fest aus, dass im vorliegenden Fall der ideelle Zweck des Unternehmens und damit seine Gemeinnützigkeit den übergeordneten Unternehmenszweck darstellt. Neben den bereits erwähnten Regelungen im Gesellschaftsvertrag – insbesondere der Zurückstellung eigenwirtschaftlicher Interessen gegenüber unmittelbar gemeinnützigen Zwecken – spricht hierfür im Wesentlichen, dass das Unternehmen der Klägerin als Zweckbetrieb gemäß § 68 Nr 3c AO anerkannt ist. Gemäß § 65 Nr 1 AO ist Voraussetzung eines Zweckbetriebes ua, dass der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb in seiner Gesamtrichtung dazu dient, die steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecke der Körperschaft zu verwirklichen. Bereits daraus wird deutlich, dass der Schwerpunkt der unternehmerischen Tätigkeit der Klägerin, der Vertrieb und die Verwertung von EDV Geräten, gegenüber dem übergeordneten Unternehmenszweck, der Eingliederung schwerbehinderter auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt, zurücktritt. Darüber hinaus setzt die Anerkennung eines Zweckbetriebs gemäß § 68 Nr 3c AO voraus, dass mindestens 40 % der Beschäftigten besonders betroffene schwerbehinderte Menschen im Sinne des § 132 Abs 1 SGB IX sind, während die Anerkennung als Integrationsunternehmen gemäß § 132 Abs 3 SGB IX lediglich einen Beschäftigungsanteil von 25 % schwerbehinderter Menschen im Sinne von Abs 1 voraussetzt. Der ideelle Zweck und die gemeinnützige Ausrichtung der Klägerin gehen als Zweckbetrieb im Sinne des § 68 Nr 3c AO damit deutlich über denjenigen reiner Integrationsbetriebe im Sinne des § 132 SGB IX hinaus. Unter Berücksichtigung aller Umstände steht für den Senat fest, dass der übergeordnete Zweck der Unternehmen der Klägerin derart im Vordergrund steht, dass die zu dessen Verwirklichung ausgeübte unmittelbare unternehmerische Tätigkeit deutlich dahinter zurücktritt. Vielmehr stellt sich diese gleichsam als "Mittel zum Zweck" dar, ohne dem Betrieb sein Gepräge zu geben. Die Beklagte hat das Unternehmen der Klägerin damit zu Recht dem Bereich der "Wohlfahrtspflege" zugeordnet.
Damit kann jedenfalls nicht festgestellt werden, dass die Feststellung der Zuständigkeit der Beklagten den Zuständigkeitsregelungen eindeutig widerspricht. Ein eindeutiger Widerspruch ist nur dann anzunehmen, wenn die Unrichtigkeit auf einem groben Verstoß des Unfallversicherungsträgers gegen seine Ermittlungs- und Prüfpflicht beruht, zB in Form von unterlassener Prüfung der Betriebsverhältnisse oder bloßer Zuständigkeitsfeststellung auf Verdacht. Somit genügt für die Annahme einer anfänglichen Unrichtigkeit nicht lediglich ein bloßer Irrtum über die sachliche Zuständigkeit. Erforderlich ist stattdessen ein grober Rechtsverstoß bei der Eingliederung in die geschaffene Organisation der Berufsgenossenschaften (vgl LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 19.01.2016 – L 9 U 1028/15 – in juris Rn 32 mwN). Hiervon kann nach dem Gesagten jedenfalls nicht ausgegangen werden. Dagegen spricht auch, dass die Klägerin ihr Unternehmen selber bei der Beklagten angemeldet hat, die Zuordnung zur Beklagten für die Dauer von ca zweieinhalb Jahren unbeanstandet gelassen und erst zu einem Zeitpunkt Einwände erhoben hat, an dem eine Beitragserhöhung in Kraft getreten ist. Schließlich spricht auch die bislang zur Zuordnung von Integrationsbetrieben vorliegende Rechtsprechung – soweit ersichtlich – gegen einen groben Rechtsverstoß, da die insoweit ergangenen Urteile übereinstimmend von der Zuordnung von Integrationsprojekten zum Bereich der "Wohlfahrtspflege" ausgegangen sind (vgl LSG Baden-Württemberg, Urteile vom 19.01.2016 – L 9 U 1028/15 – in juris und vom 24.02.2017 – L 8 U 1754/16 – in juris; SG Augsburg, Urteil vom 12.06.2014 – S 4 U 281/13 – in juris). Ein gröblicher Irrtum bei der Beurteilung der Zuständigkeit durch den Zuständigkeitsbescheid vom 26.11.2009 lag daher nicht vor.
2.
Das Festhalten an dem Bescheid der Beklagten vom 26.11.2009 führt auch nicht zu schwerwiegenden Unzuträglichkeiten, die nach § 136 Abs 1 S 4 iVm § 136 Abs 2 S 1 2. Alt SGB VII die Überweisung der Klägerin an die Beigeladene rechtfertigen könnten. Schwerwiegende Unzuträglichkeiten, welche die Zugehörigkeit zur formal zuständigen Berufsgenossenschaft als unbillige Härte erscheinen lassen, können in Umständen gesehen werden, die geeignet sind, im Aufbau und in der Durchführung der gesetzlichen Unfallversicherung selbst Schwierigkeiten hervorzurufen (vgl BSG, Urteil vom 28.11.1961 – 2 RU 36/58 – in juris Rn 23). Eine Beitragsbelastung stellt dagegen keine Unzuträglichkeit dar (vgl. BSG, aaO; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 19.01.2016 – L 9 U 1028/15 – in juris Rn 43 mwN; Quabach in Schlegel/Voelzke – Brandenburg, juris PK – SGB VII, 2. Auflage 2014, Stand: 15.03.2014, Rn 78 mwN). Für Unzuträglichkeiten im beschriebenen Sinn sind im vorliegenden Fall keine Anhaltspunkte ersichtlich oder vorgetragen.
Soweit die Klägerin rügt, dass die "Überweisungshürden" in § 136 Abs 1 S 4 SGB VII iVm § 136 Abs 1 S 1 SGB VII angesichts der Änderung der Strukturen in der gesetzlichen Unfallversicherung nicht mehr erforderlich seien, geht ihr Vortrag ins Leere, da diese Voraussetzungen im Gesetz ausdrücklich aufgeführt sind. Etwaige Änderungen bleiben dem Gesetzgeber vorbehalten. Der Gesetzgeber hat in der Vergangenheit aber lediglich mit dem Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Unfallversicherung (Unfallversicherungsmodernisierungsgesetz – UVMG – vom 30.10.2008; BGBl I 2008, 2130) Veranlassung gesehen, die Zuständigkeitsregelung weitergehend zu ändern bzw zu ergänzen, indem in § 136 Abs 2 SGB VII zum 05.11.2008 die Sätze 3 bis 6 angefügt worden sind. Durch § 136 Abs 2 Satz 3 SGB VII werden die Voraussetzungen einer wesentlichen Veränderung konkretisiert. Von einer weitergehenden Erleichterung der Überweisung hat der Gesetzgeber bislang keinen Gebrauch gemacht. Vielmehr hat er – in Kenntnis der eher restriktiven Auslegung der Kriterien für eine Überweisung durch Unfallversicherungsträger und Gerichte (vgl BT – Drucks 16/9154 zu Nummer 16) -keinen weiteren Reformbedarf gesehen.
Es liegt auch kein Verstoß gegen höherrangiges Recht, insbesondere nationale, verfassungsrechtliche oder europäische Diskriminierungsverbote vor. Der Senat nimmt insofern zunächst auf die zutreffenden Ausführungen der angefochtenen Entscheidung Bezug (§ 153 Abs 2 SGG). Insbesondere liegt kein Verstoß gegen Art. 3 Abs 3 S 2 GG vor. Danach darf niemand wegen seiner Behinderung benachteiligt werden. Eine Benachteiligung liegt nicht nur bei Regelungen und Maßnahmen vor, die die Situation des Behinderten wegen seiner Behinderung verschlechtern. Vielmehr kann eine Benachteiligung auch bei einem Ausschluss von Entfaltungs- und Betätigungsmöglichkeiten durch die öffentliche Gewalt gegeben sein, wenn dieser nicht durch eine auf die Behinderung bezogenen Förderungsmaßnahme hinlänglich kompensiert wird. Wann ein solcher Ausschluss durch Förderungsmaßnahmen soweit kompensiert ist, dass er nicht benachteiligend wirkt, lässt sich nicht generell und abstrakt festlegen. Ob die Ablehnung einer vom Behinderten erstrebten Ausgleichsleistung und der Verweis auf eine andere Entfaltungsalternative als Benachteiligung anzusehen ist, wird regelmäßig von Wertung, wissenschaftlichen Erkenntnissen und prognostischen Einschätzungen abhängen. Nur aufgrund des Gesamtergebnisses dieser Würdigung kann darüber befunden werden, ob eine Maßnahme im Einzelfall benachteiligend ist (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteile vom 19.01.2016 – L 9 U 1028/15 – in juris Rn 45 mwN und 24.02.2017 – L 8 U 1754/16 – in juris Rn 63 mwN). Eine unmittelbare Benachteiligung ist bereits deshalb nicht ersichtlich, weil im gesetzlichen Unfallversicherungsrecht die Beiträge ausschließlich den Arbeitgeber und nicht die vom Schutzbereich des Art 3 Abs 3 S 2 GG betroffenen behinderten Menschen belasten. Auch eine mittelbare Benachteiligung behinderter Menschen ist im vorliegenden Fall nicht ersichtlich. Soweit sich die Klägerin darauf beruft, dass sie durch hohe Beiträge zur Beklagten in ihrer Wettbewerbsfähigkeit gegenüber anderen Anbietern eingeschränkt sei und damit die Interessen der schwerbehinderten Beschäftigten ebenfalls berührt wären, berührt dies gleichwohl weder unmittelbar noch mittelbar grundrechtlich geschützte Positionen der bei der Klägerin arbeitenden Personen. Dies gilt umso mehr, als die Beitragshöhe von der Veranlagung abhängig ist, die gerade nicht Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits ist, nicht jedoch von der allgemeinen (zumindest formellen) Zuständigkeit der Beklagten (vgl LSG Baden-Württemberg, Urteile vom 19.01.2016 und 24.02.2017, aaO). Darüber hinaus hat die Beklagte zutreffend darauf hingewiesen, dass der Gesetzgeber mit der für Wohlfahrtsunternehmen begründeten Sonderzuständigkeit der Beklagten die Tätigkeit in den Branchen "Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege" besser stellen will als in anderen Bereichen und erwartet, dass die in diesen Branchen engagierten Arbeitgeber die Kosten tragen. Die Wahrnehmung der Interessen behinderter Menschen ist durch die Vertreter der Wohlfahrtspflege in den Selbstverwaltungsorganen der Beklagten im besonderen Maße gewährleistet. Auch stehen der höheren Beitragslast ein weiterer Versicherungsschutz und eine intensivere Präventionsarbeit der Beklagten gegenüber. Insofern besteht ein sachlicher Grund für die Zuordnung der Klägerin zu der Beklagten. Aus den genannten Gründen liegt auch kein Verstoß gegen das AGG, die Richtlinie 2000/78 EG oder den Art 21 der Charter der Grundrechte der europäischen Union vor. Übereinstimmendes Ziel dieser Regelungen ist es, unmittelbare oder mittelbare Diskriminierung wegen einer Behinderung zu vermeiden oder zu beseitigen. Eine unmittelbare oder mittelbare Diskriminierung liegt nach dem og aber nicht vor. Auch eine europarechtskonforme Auslegung des § 136 Abs 2 SGB VII ist insofern nicht erforderlich (vgl Urteile des LSG Baden-Württemberg vom 19.01.2016 und 24.02.2017, aaO).
Das Verfahren ist nach § 197a Abs 1 SGG iVm § 183 S 2 Gerichtskostengesetz (GKG) gerichtskostenpflichtig. Gemäß § 197a Abs 1 SGG iVm § 154 Abs 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) trägt die Klägerin die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beklagten (§ 162 Abs 2 VwGO). Nachdem die Beigeladene keinen Sachantrag gestellt und somit nicht am Prozessrisiko teilgenommen hat, ist eine Erstattung ihrer außergerichtlichen Kosten nicht angezeigt. Gemäß § 162 Abs 3 VwGO sind die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder Staatskasse auferlegt. Die Auferlegung von Kosten der Beigeladenen entspricht nach gefestigter Rechtsprechung jedoch nur dann der Billigkeit, wenn dieser erfolgreich Anträge gestellt hat und somit ein eigenes Prozessrisiko eingegangen ist (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 24.02.2017, aaO, Rn 66 mwN).
Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 52 Abs 1 und 3 Satz 1 GKG. In Verfahren vor den Gerichten ua der Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers ergebenen Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen (§ 52 Abs 1 GKG). Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist gemäß § 52 Abs 3 GKG ein Streitwert von 5.000,00 Euro anzunehmen. Bei einem Streit um den zuständigen Unfallversicherungsträger für ein Unternehmen nach §§ 121 ff SGB VII ist der dreifache Jahresbeitrag des Unfallversicherungsträgers, gegen dessen Zuständigkeit sich das klagende Unternehmen wendet, mindestens aber der vierfache Auffangstreitwert zugrundezulegen (vgl. Beschlüsse des BSG vom 08.09.2009 – B 2 U 113/09 B – in juris Rn 2 und 3 und 28.02.2006 – B 2 U 31/05 R – in juris; LSG Baden-Württemberg, Urteile vom 19.01.2016 – L 9 U 1028/15 – in juris Rn 53, 12.05.2016 – L 6 U 90/16 – in juris Rn 51 und 24.02.2017 – L 8 U 1754/16 – in juris Rn 67; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 23.11.2015 – L 2 U 207/13 – in juris Rn 42). Der Jahresbeitrag betrug für das Jahr 2015 85.750,63 EUR. Hieraus errechnet sich ein Streitwert von 257.251,86 EUR.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs 2 Nr 1 und 2 SGG liegen nicht vor, da die Zuordnung der Klägerin zur Beklagten weder den Zuständigkeitsregelungen eindeutig widerspricht noch diese zu schwerwiegenden Unzuträglichkeiten führt. Der Senat weicht insofern nicht von der Rechtsprechung des BSG zur Auslegung des § 136 Abs 1 S 4 iVm § 136 Abs 2 S 1 SGB VII und sieht diesbezüglich auch keine grundsätzliche Bedeutung der Angelegenheit.
Erstellt am: 19.12.2017
Zuletzt verändert am: 19.12.2017