Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 25. November 2008 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger Anspruch auf Anerkennung eines Ereignisses vom 07.08.2006 als Arbeitsunfall hat.
Der 1956 geborene, als Kraftfahrer tätige Kläger teilte dem Durchgangsarzt Dr. T, Komm. Chefarzt der Klinik für Unfall- und Wiederherstellungschirurgie im Klinikum I, mit, ihm sei am 07.08.2006 bei Ladetätigkeiten ein Hubwagen ("Ameise") mit einem Gewicht von ca. 70 kg außer Kontrolle geraten. Er habe versucht, den Absturz des Hubwagens von der Ladefläche zu verhindern und habe deshalb reflexartig nachgefasst. Anschließend habe er starke Schmerzen im rechten Ellenbogen mit Kraftlosigkeit bei Beugung des Armes verspürt. Dr. T diagnostizierte anschließend einen distalen Bizepssehnenabriss rechts.
Der beratende Arzt der Beklagten, der Unfallchirurg Dr. T, vertrat in einer Stellungnahme vom 22.09.2006 die Auffassung, es könne nicht von einem Unfallgeschehen ausgegangen werden. Insoweit sei zu berücksichtigen, dass eine normal entwickelte Sehne durch körpereigene Kraft nicht reißen könne, da die Reißfestigkeit einer Sehne die Zugkraft des anhängenden Muskels etwa um das Dreifache übersteige. Wenn durch körpereigene Kraftentwicklung eine Sehne reiße, müsse immer eine weitere Komponente hinzutreten, die das Element des Plötzlichen und Unerwarteten beinhalte. Im vorliegenden Fall habe ausschließlich körpereigene Kraft eingewirkt, welche zielgerichtet eingesetzt worden sei. Wenn bei einem solchen Vorgang eine Sehne reiße, sei der Unfallbegriff im Rechtssinne nicht erfüllt. Hinzukomme im vorliegenden Fall, dass am Rissrand schwere degenerative Veränderungen beschrieben worden seien.
Die den Kläger behandelnden Ärzte Dr. C und Dr. T vertraten demgegenüber in einer Stellungnahme vom 16.10.2006 die Auffassung, der Argumentation des beratenden Arztes könne nicht gefolgt werden. Seine Argumentationskette entspreche der Bewertung eines proximalen Bizepssehnenabrisses, nicht jedoch derjenigen eines distalen Bizepssehnenabrisses. Zweifelsohne hätten bei dem Kläger gewisse degenerative Veränderungen, auch der distalen Bizepssehne, vorgelegen, dennoch sei gerade das von dem Kläger genannte reflektorische Spannen der Sehne beim festen Zufassen eines plötzlich abstürzenden Gegenstandes eine erhebliche mechanische Belastung, zum anderen komme es angesichts des Gewichtes einer Hubameise, die von einer Ladefläche stürze, zu einer passiven Überdehnung der Sehne, wie sie vom beratenden Arzt gefordert werde. Auch wenn histologisch degenerative Veränderungen nachweisbar seien, wäre es ohne den von dem Kläger beschriebenen Arbeitsunfall mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht zu diesem Zeitpunkt oder in einem nahen zeitlichen Zusammenhang zu einer Ruptur der distalen Bizepssehne gekommen. Ein rein degeneratives Geschehen sei bei distalen Bizepssehnenabrissen eher die Ausnahme.
Hierzu holte die Berufsgenossenschaft (BG) der chemischen Industrie, die Rechtsvorgängerin der Beklagten, eine weitere beratungsärztliche Stellungnahme ein. In dieser vertrat die Unfallchirurgin Dr. C1 unter dem 02.11.2006 die Auffassung, ein reflexartiges Nachfassen oder Zufassen sei nicht dazu geeignet, den Riss einer gesunden Bizepssehne zu verursachen. Es gebe weder Hinweise darauf, dass der Versicherte in einen körperlichen Kontakt mit der abrutschenden 70 kg schweren "Ameise" gekommen noch von dieser in der Ellenbeuge getroffen worden sei. Wäre es zu einer direkten Prellung gekommen, so hätte mit Sicherheit ein ganz anderer Lokalbefund vorgelegen. Sie könne in Kenntnis der Akten die Auffassung von Dr. T nur unterstreichen.
Auf dieser Grundlage lehnte die BG der chemischen Industrie die Anerkennung des Ereignisses vom 07.08.2006 als Arbeitsunfall mit Bescheid vom 22.12.2006 ab. Der gegen diese Entscheidung erhobene Widerspruch des Klägers blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 22.05.2007).
Dagegen hat der Kläger am 08.06.2007 Klage vor dem Sozialgericht (SG) Detmold erhoben.
Das SG hat zunächst von Amts wegen Beweis erhoben durch die Einholung eines Gutachtens bei Dr. X, Arzt für Chirurgie und Unfallchirurgie am Klinikum M. Der Sachverständige (SV) ist in seinem Gutachten vom 26.10.2007 zu dem Ergebnis gelangt, dass hier eine verschleißbedingte Zusammenhangstrennung der distalen Bizepssehne stattgefunden habe, die gelegentlich der Ausschöpfung der Muskelkraft in Erscheinung getreten sei. Eine willkürliche Kraftanstrengung, wie sie hier vorgelegen habe, sei niemals in der Lage, eine gesunde Sehne zu zerreißen, da die Zugfestigkeit der Sehne stets größer sei als die vom zugehörigen Muskel aufzubringende Kraft. Eine für den Muskel zu schwere Last könne schon deshalb nicht übermäßig auf die Sehne einwirken, weil der Muskel als Partner der komplementären Last schon vorher versage. Nach der hier vorliegenden Hergangsschilderung habe der betriebliche Vorgang eine plötzliche Kraftanstrengung enthalten, die nicht dazu imstande gewesen sei, eine Sehne auch ohne Begünstigung durch eine degenerative Vorschädigung zu zerreißen. Hier hätten im Zeitpunkt des betrieblichen Vorganges am 07.08.2006 bereits ausgeprägte degenerative Veränderungen der distalen Bizepssehne vorgelegen, welche die pathogenetisch wirksame und damit unerlässliche Bedingung zum Eintritt des Sehnenrisses dargestellt hätten. Die degenerative Schadensanlage der distalen Bizepssehne sei bereits so stark ausgeprägt und deshalb so leicht ansprechbar gewesen, dass die Auslösung des akuten Schadensbildes keiner besonderen, in ihrer Art unersetzlichen äußeren Einwirkungen aus der versicherten Tätigkeit bedurft hätte.
Auf Antrag des Klägers nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat das SG sodann ein Gutachten bei Prof. Dr. D, Leitender Arzt im Orthopädischen Forschungsinstitut N, in Auftrag gegeben, das dieser unter dem 17.04.2008 erstellt hat. Darin hat dieser SV ausgeführt, vorliegend hätten deutliche degenerative Veränderungen der Sehne bestanden, die auch feingeweblich nachgewiesen worden seien. In der Regel sei es so, dass bei einer aktiven Kraftanstrengung eine Sehne nicht reiße, da die Zugfestigkeit regelmäßig ausreichend sei. Nur wenn deutliche degenerative Veränderungen bestünden, könne dann auch ein Sehnenriss auftreten. Dafür, dass hier die Schadensanlage sehr ausgeprägt gewesen sei und der Riss der Bizepssehne jederzeit auch bei einer anderen Gelegenheit hätte auftreten können, spreche auch der Umstand, dass der Kläger nach eigenen Angaben nach dem Ereignis noch weiter gearbeitet und eigentlich gar keine starken Schmerzen verspürt habe. Insofern handele es sich hier um eine Gelegenheitsursache bei einer ausgeprägten Schadensanlage.
Nachdem der Kläger gegen dieses Gutachten Einwendungen erhoben hatte, hat der SV in einer ergänzenden Stellungnahme vom 20.08.2008 an seiner Beurteilung festgehalten.
Mit Urteil vom 25.11.2008 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung seiner Entscheidung hat das SG ausgeführt, der Kläger habe am 07.08.2006 keinen Arbeitsunfall erlitten, da das betriebliche Ereignis keinen Körperschaden rechtlich wesentlich verursacht habe. Nach der übereinstimmenden Auffassung von Dr. X und Prof. Dr. D sei das Ereignis vom 07.08.2006 nicht in der Lage gewesen, eine Sehne auch ohne Begünstigung durch eine degenerative Vorschädigung zu zerreißen. Wesentliche Ursache des distalen Bizepssehnenabrisses sei daher die ausgeprägte degenerative Vorschädigung der distalen Bizepssehne des rechten Armes gewesen. Das Gewebe der distalen Bizepssehne, das am 11.08.2006 und mithin vier Tage nach dem Vorgang entnommen worden sei, habe bei der mikroskopischen Untersuchung neben den Erscheinungen einer akuten Zusammenhangstrennung bereits ausgeprägte degenerative Veränderungen gezeigt, die innerhalb von vier Tagen nicht entstehen könnten. Das Ausmaß der nachgewiesenen degenerativen Veränderungen der betroffenen Sehne im Zeitpunkt der plötzlichen Kraftanstrengung rechtfertige die Erwartung, dass der Zeitpunkt gekommen gewesen sei, von dem ab es wahrscheinlich nur noch einer beliebig austauschbaren alltäglichen Belastung bedurft habe, um die Zusammenhangstrennung auszulösen. Der betriebliche Vorgang habe somit lediglich eine beliebig austauschbare und damit ersetzbare Bedingung gebildet, während die nachgewiesene degenerative Vorschädigung der Sehne die pathogenetisch wirksame und damit unerlässliche Bedingung zum Eintritt des Sehnenrisses darstelle.
Gegen das ihm am 02.02.2009 zugestellte Urteil hat der Kläger am 25.02.2009 Berufung eingelegt.
Er trägt vor, das SG habe den maßgeblichen Sachverhalt nicht von Amts wegen ermittelt. So habe er dem Gericht den Operationsbericht vom 03.08.2007 vorgelegt, der von den bis dahin im Verfahren tätigen Sachverständigen Prof. Dr. D und Dr. X nicht eingesehen worden sei. Aus diesem Bericht folge, dass die Bizepssehne in seinem rechten Arm nicht mehr vorhanden sei. Da beide Gutachter angegeben hätten, ausgerechnet die Sehne getastet zu haben, die nach dem Operationsbericht nicht vorhanden sei, entstünden erhebliche Zweifel an der Richtigkeit ihrer Feststellungen. Zu dem Bericht seien die Zeugen Dr. C und Dr. T benannt worden. Diese hätten schildern können, dass sich die Sehne zum Schluss nur noch als narbiger Strang dargestellt habe. Ohne genaue Kenntnis von deren Zustand hätten die Sachverständigen nicht erklären können, warum die Sehne allein bei starker, nicht aber bei alltäglicher Belastung gerissen sei. Soweit Dr. X und Prof. Dr. D behaupteten, der Sehnenabriss hätte bei jeder alltäglichen Tätigkeit auftreten können, sei festzuhalten, dass er sich die Verletzung bei einer versicherten Tätigkeit zugezogen habe. Ohne die versicherte Tätigkeit wäre er nicht in der Situation gewesen, auf einer LKW-Ladefläche zu stehen, von der ein Hubwagen abstürzt. Wesentliche Bedingung für den Sehnenabriss sei auch nicht allein die Kraftanstrengung gewesen, die er aufgebracht habe, den Hubwagen festzuhalten. Wesentliche Bedingung sei zudem das Gewicht des abstürzenden Hubwagens und die hierdurch entwickelte Kraft gewesen, die weder von den Sachverständigen noch vom Gericht berücksichtigt worden sei. Diese physikalische Kraft sei für den Sehnenabriss mitursächlich gewesen. Die für den Ursachenzusammenhang sprechenden Faktoren (erhebliches Gewicht des von einem LKW stürzenden Hubwagens) überwögen deutlich die Umstände, die gegen den Ursachenzusammenhang sprächen, denn alltägliche Lebensvorgänge hätten den Sehnenabriss nicht herbeigeführt, obwohl die Sehne angeblich degeneriert gewesen sei. Er habe vor dem Arbeitsunfall auch keinerlei Beschwerden gehabt und habe seinen rechten Arm normal belasten können. Erst die massive Krafteinwirkung beim hier in Rede stehenden Ereignis sei nötig gewesen, um den Sehnenabriss herbeizuführen. Die altersgemäße Beschaffenheit der Sehne spiele somit allenfalls eine untergeordnete Rolle, eine Gelegenheitsursache sei daher nicht anzunehmen.
Der Kläger beantragt schriftsätzlich,
das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 25.11.2008 zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 22.12.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.05.2007 zu verurteilen, das Ereignis vom 07.08.2006 als Arbeitsunfall sowie dessen Folgen mit einer MdE von nicht unter 20 v.H. anzuerkennen und die daraus resultierenden Leistungen zu bewilligen.
Die Beklagte, die dem angefochtenen Urteil beipflichtet, beantragt schriftsätzlich,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Senat hat zunächst eine ergänzende Stellungnahme bei Dr. X vom 27.10.2009 eingeholt, in welcher dieser zusammenfassend dargelegt hat, die Einwendungen des Klägers seien nicht geeignet, von der bisherigen Zusammenhangsbeurteilung abzuweichen.
Sodann hat der Senat von Amts wegen ein weiteres Gutachten bei Dr. E, Fachärztin für Chirurgie in C, eingeholt. Die SV hat in ihrem Gutachten vom 08.10.2010 ausgeführt, bei der aktuellen Begutachtung hätten sich keine Aspekte dafür ergeben, dass das Ereignis vom 07.08.2006 wesentlich ursächlich oder teilursächlich im Sinne der Entstehung und/oder der Verschlimmerung für die nachfolgend festgestellte distale Bizepssehnenrissbildung gewesen sei. Wesentlich ursächlich für die nachfolgend festgestellte Kontinuitätsunterbrechung im Bereich der distalen Bizepssehne seien vielmehr die erheblichen degenerativen Veränderungen mit bereits bestehenden Nekrosen gewesen, wie sie auch pathohistologisch hätten aufgezeigt werden können, während das angeschuldigte Ereignis vom 07.08.2006 allenfalls als Gelegenheitsursache zu werten sei. Unabhängig davon, welche Version des Geschehensablaufs zugrunde gelegt werde, sei festzustellen, dass ein Ereignisablauf, wie er notwendig wäre, um die distale Sehne des Musculus biceps zu zerreißen, nicht aufzuzeigen sei. Der Kläger habe, wenn auch reflexartig, so doch willentlich, den Handgriff des Hubwagens gegriffen und versucht, diesen aufzuhalten. Dieser Vorgang entspreche nicht einer auf den vorgespannten Muskel einwirkenden Kraft, wie sie für einen Bizepssehnenriß erforderlich wäre. Auch sei dem Kläger keine schwere Last auf den gebeugten und supinierten Unterarm gefallen, ein Schlag in die Ellenbeuge habe ebenfalls nicht stattgefunden. Die willentliche Kraftanstrengung ohne zusätzliche Einwirkung, aber auch das Anheben eines schweren Gegenstandes seien nicht geeignet, eine Bizepssehne zum Zerreißen zu bringen. Die Rissbildung der Sehne anlässlich der geschilderten Ereignisabläufe sei deshalb nur denkbar, wenn die degenerativen Veränderungen im Bereich der distalen Bizepssehne die überwiegende Ursache, d.h. die rechtlich wesentliche Bedingung, darstellten. Falls die einwirkende Kraft, hier der Hubwagen, die Belastbarkeit des Armes überschritten hätte, wäre es zu einer Rissbildung des Muskels gekommen, denn die Reißfestigkeit einer Sehne sei erheblich höher als die Reißfestigkeit des Muskels. Das Hämatom ulnarseitig spreche für die Art der Verletzung, wie der Kläger sie im Rahmen der aktuellen Begutachtung geschildert habe, nämlich dass er den Griff des Hubwagens von oben reflexartig gefasst habe. Bei der Pronation des Unterarmes sei der Musculus biceps nicht beteiligt, die Pronation erfolge vielmehr durch den Musculus pronator quadratus, den Musculus pronator teres und den Musculus brachioradialis. Eine Hämatomausbildung auf der Ulnarseite der Ellenbeuge könne für eine Verletzung des Musculus pronator teres sprechen. Aus den Angaben des Klägers, wonach dieser "nach der Aktion mit dem Hubwagen" weiter gearbeitet und abends "sicherheitshalber zum Arzt gefahren" sei, sei ferner abzuleiten, dass eine functio laesa, wie sie bei einer traumatisch bedingten Sehnenruptur zu fordern wäre, von dem Kläger nicht beschrieben werde. Das Ereignis vom 07.08.2006 müsse daher als sog. Gelegenheitsursache gewertet werden.
Zu diesem Gutachten trägt der Kläger vor, das Gutachten bleibe im Kernpunkt ungenau. Einerseits führe die SV aus, es böten sich keine Aspekte dafür, dass das Ereignis vom 07.08.2006 ursächlich oder teilursächlich für den Sehnenabriss gewesen sei, andererseits seien die degenerativen Veränderungen an der Sehne wesentlich ursächlich für die nachfolgend festgestellte Kontinuitätsunterbrechung. Damit aber stehe eine Alleinursächlichkeit des Zustands der Sehne nicht fest, sondern allenfalls eine Mitursächlichkeit, so dass auch der Unfall mitursächlich für den Sehnenabriss sei. Soweit die SV eine Rissbildung des Muskels verlange, habe sie eine solche nicht sicher ausschließen können, weil sich Blutungsreste gefunden hätten. Wenn sie dazu ausführe, dass diese zu vernachlässigen seien, weil ja der Sehnenriss feststehe, sei dies nicht plausibel. Jedenfalls seien ausweislich des histologischen Befundes Einblutungen vorhanden gewesen, die einen Riss des Muskels anzeigten. Diese Blutungsreste habe die SV zwar zur Kenntnis genommen, ebenso die Hämatomausbildung mit Einblutung in die Weichteile. Sie meine jedoch, diese vernachlässigen zu dürfen, da zusätzlich eine Rissbildung der Sehne vorgelegen habe. Bei einer bloßen Muskelzerrung seien im Gegensatz zu einem Muskelfaser- oder Muskelbündelriss jedenfalls keine Einblutungen vorhanden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen, der jeweils Gegenstand der Beratung war.
II.
Die Berufsrichter sind übereinstimmend zu dem Ergebnis gelangt, dass die zulässige Berufung unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht erforderlich ist. Sie haben sie daher, nachdem die Beteiligten mit Verfügung vom 17.12.2010 – und der Kläger nochmals mit Verfügungen vom 10.01.2011, 31.01.2011, 04.02.2011 und 11.02.2011 – auf diese Verfahrensweise hingewiesen worden sind, durch Beschluss gem. § 153 Abs. 4 SGG zurückgewiesen.
Zu Recht hat das SG die Klage abgewiesen, denn der angefochtene Bescheid vom 22.12.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.05.2007 ist rechtmäßig und beschwert den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 54 Abs. 2 Satz 1 SGG). Darin hat die Beklagte die Anerkennung des streitigen Ereignisses vom 07.08.2006 als Arbeitsunfall zu Recht abgelehnt.
Soweit der Kläger darüber hinaus beantragt, die Beklagte zu verurteilen, ihm "Leistungen" zu bewilligen, ist seine insoweit erhobene Leistungsklage bereits unzulässig. Weder hat der Kläger ein konkretes Leistungsbegehren (wie Krankenbehandlung, Rehabilitation, Verletztengeld, Verletztenrente o.ä.) geltend gemacht, noch besteht eine gesetzliche Handhabe für den Erlass eines allgemein auf "Leistungen" gerichteten Grundurteils nach § 130 Abs. 1 Satz 1 SGG (vgl. etwa BSG, Urteil vom 07.09.2004 – B 2 U 46/03 R – SozR 4-2700 § 2 Nr. 3; Senatsurteil vom 10.05.2006 – L 17 U 109/05). Über die Gewährung von Sozialleistungen wie Verletztengeld oder Verletztenrente ist vor Klageerhebung in einem Verwaltungsverfahren zu befinden, das mit einem Verwaltungsakt abschließt, gegen den die kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage oder Anfechtungs- und Leistungsklage zulässig ist (§ 54 Abs. 1, 2, 4 SGG). Vorliegend werden in dem angefochtenen Bescheid weder eine mögliche Verletztenrente noch andere konkrete Leistungen erwähnt. Zwischen der Anerkennung eines Versicherungsfalls und der Gewährung der verschiedenen auf einem anerkannten Versicherungsfall beruhenden Leistungen ist jedoch zu unterscheiden (vgl. etwa BSG, Urteil vom 30.10.2008 – B 2 U 4/06 R – BSGE 99, 162 = SozR 4-5671 Anl. 1 Nr. 2108 Nr. 5; ferner BSG, Urteil vom 07.09.2004, a.a.O.; BSG, Urteil vom 16.11.2005 – B 2 U 28/04 R – HVBG-INFO 2006, 657). Nachdem die beklagte BG jedwede Entschädigung schon deshalb abgelehnt hatte, weil kein Versicherungsfall eingetreten sei, hätte der Kläger mit der Klage zunächst allenfalls die Anerkennung eines Versicherungsfalls erreichen können, um darauf aufbauend später Leistungen beanspruchen zu können. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG kann der Versicherte in dieser Situation die Grundlagen der in Frage kommenden Leistungsansprüche vorab im Wege einer isolierten Feststellungsklage klären lassen. Das betrifft nicht nur die in § 55 Abs. 1 Nr. 3 SGG ausdrücklich vorgesehene Feststellung des ursächlichen Zusammenhangs einer Gesundheitsstörung mit einem Arbeitsunfall oder einer BK, sondern auch die Feststellung des Eintritts des Versicherungsfalls in Fällen, in denen vom Versicherungsträger bereits das Vorliegen eines Arbeitsunfalls oder einer BK bestritten wird (vgl. BSG, Urteil vom 28.04.2004 – B 2 U 21/03 R – SozR 4-5671 Anl. 1 Nr. 5101 Nr. 2).
Unbeschadet dessen, ob der Kläger (allein) eine solche Feststellungsklage bei sinnentsprechender Auslegung seines Vorbringens (§ 123 SGG) erhoben hat und die Klage insoweit insgesamt als zulässig anzusehen wäre, hat der Kläger jedenfalls keinen Anspruch auf Anerkennung des streitigen Ereignisses vom 07.08.2006 als Arbeitsunfall.
Arbeitsunfälle sind gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen, § 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII. Für das Vorliegen eines Arbeitsunfalls ist danach in der Regel erforderlich, dass die Verrichtung des Versicherten zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer bzw. sachlicher Zusammenhang, vgl. BSG SozR 2200 § 548 Nr. 92; BSG SozR 3-2200 § 548 Nr. 19), dass die Verrichtung zu dem zeitlich begrenzten, von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis – dem Unfallereignis – geführt hat und letzteres einen Gesundheits(-erst-)schaden oder den Tod des Versicherten verursacht hat (haftungsbegründende Kausalität). Das Entstehen von länger andauernden Unfallfolgen aufgrund des Gesundheits-(erst-)schadens (haftungsausfüllende Kausalität) ist nicht Voraussetzung für die Anerkennung eines Arbeitsunfalls (vgl. BSGE 94, 269 = SozR 4-2700 § 8 Nr. 15).
Hier kann zwar davon ausgegangen werden, dass der Kläger am 07.08.2006 bei einer Verrichtung war, die in sachlichem Zusammenhang mit seiner versicherten Tätigkeit stand, es fehlt indes an der haftungsbegründenden Kausalität. Denn das von ihm geschilderte Ereignis – reflexartiges Nachfassen beim Absturz des Hubwagens von der Ladefläche – ist keine zumindest wesentliche Teilursache für den Riss der distalen Bizepssehne. Für die haftungsbegründende Kausalität zwischen Unfallereignis und Gesundheitsschaden gilt die Theorie der wesentlichen Bedingung. Diese setzt zunächst einen naturwissenschaftlichen Ursachenzusammenhang zwischen dem Unfallereignis und dem Gesundheitsschaden voraus und in einem zweiten wertenden Schritt, dass das versicherte Unfallereignis für den Gesundheitsschaden wesentlich war. Denn als im Sinne des Sozialrechts ursächlich und rechtserheblich werden nur solche Ursachen angesehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben (vgl. BSG SozR 3-2200 § 548 Nr. 13; BSGE 94, 269 = SozR 4-2700 § 8 Nr. 15). Gab es neben dem versicherten Ereignis noch konkurrierende Ursachen, z.B. Krankheitsanlagen, so war die versicherte Ursache wesentlich, solange die unversicherte Ursache nicht von überragender Bedeutung war (BSG, a.a.O.). Eine Krankheitsanlage war von überragender Bedeutung, wenn sie so stark oder so leicht ansprechbar war, dass die (naturwissenschaftliche) Verursachung akuter Erscheinungen nicht besonderer, ihrer Art unersetzlicher äußerer Einwirkungen bedurfte, sondern jedes alltäglich vorkommende Ereignis zu etwa der selben Zeit die Erscheinungen verursacht hätte (vgl. BSGE 62, 220, 221 = SozR 2200 § 589 Nr. 10). War die Krankheitsanlage von überragender Bedeutung, so ist die versicherte naturwissenschaftliche Ursache nicht als wesentlich anzusehen und scheidet als Ursache nach der Theorie der wesentlichen Bedingung und im Sinne des Sozialrechts aus, sie ist dann bloß eine sog. Gelegenheitsursache (vgl. BSG, a.a.O.).
Auf der Basis dieser rechtlichen Vorgaben ist das vom Kläger geschilderte Ereignis vom 07.08.2006 nicht als rechtlich wesentliche Ursache für den Riss der distalen Bizepssehne anzusehen. Dies hat bereits das SG unter Berücksichtigung der nachvollziehbaren und überzeugenden Ausführungen von Dr. X und Prof. Dr. D dargelegt. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird deshalb auf die zutreffenden Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils verwiesen (§ 153 Abs. 2 SGG), mit folgenden Ergänzungen:
Die im Berufungsverfahren ergänzend durchgeführte Beweisaufnahme hat die Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung nachdrücklich bestätigt. Dr. E hat insoweit zur Überzeugung des Senats nochmals ausführlich, nachvollziehbar und zutreffend begründet, aus welchen Gründen bei dem Kläger keine Gesundheitsstörungen vorliegen, die wesentlich ursächlich oder teilursächlich im Sinne der Entstehung und/oder der Verschlimmerung auf das angeschuldigte Ereignis vom 07.08.2006 zurückgeführt werden können.
Die Bizepssehnen – zwei körpernahe und eine körperferne – stellen die Verbindung des Bizepsmuskels mit Schultergürtel und Unterarm her. Neben der Stabilisierung des Oberarmkopfes in der Schulterpfanne ist vorrangige Aufgabe des Bizepsmuskels die Beugung des Unterarms im Ellenbogengelenk und die Auswärtsdrehung des Unterarms. Die häufigste Form der Bizepssehnenzerreißung ist mit 96% an der langen körpernahen Bizepssehne lokalisiert, 3% betreffen – wie beim Kläger – die körperferne Sehne. Die Ruptur der kurzen körpernahen Sehne ist sehr selten (vgl. Schönberger/Mehrtens/ Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Aufl. 2010, S. 402). Nach neueren medizinischen Erkenntnissen hat der Riss der distalen Bizepssehne zu 50 % seine Ursache in degenerativen Veränderungen und geht zu 50 % auf ein Trauma zurück (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O., S. 407).
Vorliegend steht auch zur Überzeugung des Senates fest, dass der Riss der distalen Bizepssehne beim Kläger seine wesentliche Ursache in den ausgeprägten degenerativen Veränderungen hat. Darauf hat bereits das SG unter Bezugnahme auf die Ausführungen von Dr. X und Prof. Dr. D zutreffend hingewiesen. Dieser Auffassung hat sich auch Dr. E angeschlossen. Die SV hat ebenso wie Prof. Dr. D ferner darauf hingewiesen, dass eine gestörte Funktion, wie sie bei einer traumatisch bedingten Sehnenruptur typischerweise auftritt, bei dem Kläger, der nach dem streitigen Ereignis zunächst noch weiter gearbeitet hat, nicht unmittelbar vorgelegen hat.
Soweit der Kläger meint, wesentliche Bedingung für den Sehnenabriss sei sowohl die Kraftanstrengung gewesen, die er aufgebracht habe, den Hubwagen festzuhalten als auch die Kraft, die sich durch das Gewicht des abstürzenden Hubwagens entwickelt habe, ist hierzu auszuführen, dass unbeschadet des nicht unerheblichen Gewichtes des Hubwagens in dem (reflexartigen) Nachfassen nach einem sich bewegenden Gegenstand eine willentliche Kraftanstrengung liegt. Während Vorgänge wie etwa ein direkter Schlag eines Gegenstandes in die Ellenbeuge, eine plötzliche Bewegung von muskulär fixierten Gelenken oder eine direkte Krafteinwirkung durch Quetschungen, Schläge oder Stiche geeignete Unfallmechanismen für den Riss der distalen Bizepssehne sind, weil sie durchgängig das Kriterium der plötzlichen, ungewollten Einwirkung von außen erfüllen, sind willentliche Kraftanstrengungen ohne zusätzliche Einwirkung für die vorliegende Verletzung kein geeigneter Vorgang (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O., S. 408). Dass hier die willentliche Kraftaufwendung, die erforderlich war, um den drohenden Absturz des Hubwagens zu verhindern, kein geeigneter Unfallmechanismus war, haben sowohl die Beratungsärzte Dr. T und Dr. C1 als auch sämtliche im Laufe des Klage- und Berufungsverfahrens gehörten Sachverständigen betont.
Auch das Vorbringen des Klägers betreffend die vermeintlich unzureichenden Ermittlungen des SG rechtfertigt keine andere Entscheidung. Soweit er etwa vorträgt, Prof. Dr. D und Dr. X hätten angegeben, ausgerechnet die Sehne getastet zu haben, die nach dem Operationsbericht gar nicht mehr vorhanden gewesen sei, so dass schon von daher erhebliche Zweifel an der Richtigkeit ihrer Feststellungen entstünden, trifft dies nach dem Inhalt der Gutachten nicht zu. Denn Dr. X hat nicht behauptet, die Bizepssehne getastet zu haben, vielmehr hat er ausgeführt, dass die distale Bizepsendsehne in der Ellenbeuge nicht abgrenzbar gewesen sei. Ebenfalls ist nicht ersichtlich, an welcher Stelle seines Gutachtens Prof. Dr. D eine entsprechende Behauptung aufgestellt haben soll. Ohnedies ist nicht ersichtlich, welche Schlussfolgerung aus dem Umstand, dass die Sehne sich zurückgebildet hat, für die Beurteilung der Zusammenhangsfrage gezogen werden soll; dass die Sehne als solche gerissen ist (und sich deshalb zurückgebildet hat), ist schließlich unstreitig. Insofern war auch eine Vernehmung von Dr. C und Dr. T zum Inhalt des OP-Berichtes nicht erforderlich.
Unerfindlich ist schließlich, woraus der Kläger meint entnehmen zu können, dass Dr. E eine Rissbildung des Muskels nicht sicher habe ausschließen können, denn ein Muskelriss ist zu keinem Zeitpunkt auch nur ansatzweise diskutiert worden, so dass die SV insoweit auch nichts auszuschließen hatte. Deren Ausführungen kann jedenfalls an keiner Stelle entnommen werden, dass sie einen Muskelriss anlässlich des streitigen Ereignisses überhaupt für möglich erachtet. Die SV äußert sich zur Rissbildung des Muskels ausschließlich im Konjunktiv ("wäre"), führt aber an keiner Stelle aus, dass bei dem Kläger tatsächlich ein Muskelriss vorgelegen hat oder vorgelegen haben könnte. Auch die behandelnden Ärzte haben nach Aktenlage zu keinem Zeitpunkt die Auffassung vertreten, dass es zu einer muskulären Rissbildung gekommen ist. Daran ändert auch der Hinweis des Klägers auf die im histologischen Befund erwähnten Einblutungen, die angeblich einen Riss des Muskels anzeigten, nichts. Denn unabhängig davon, dass auch Muskelzerrungen durchaus mit Einblutungen einhergehen können – Dr. E spricht insoweit von einer "unspezifischen Zerrung im Bereich der Ellenbeuge mit Einblutung" -, ist hier entscheidend, dass jedenfalls ein Riss des maßgebenden Musculus biceps weder nachgewiesen noch zu irgendeinem Zeitpunkt überhaupt diskutiert worden ist. Die Hämatomausbildung auf der Ulnarseite der Ellenbeuge deutet Dr. E lediglich als mögliche Verletzung des Musculus pronator teres.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Erstellt am: 14.09.2011
Zuletzt verändert am: 14.09.2011