Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 05.02.2008 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist die Anerkennung eines Unfalls als Wegeunfall.
Die 1946 geborene Klägerin bewohnt eine Eigentumswohnung in einem Wohnhaus mit 11 Parteien. Dieses Wohnhaus hat, ebenso wie zwei weitere Wohnhäuser mit 11 bzw. 9 Parteien, vom Kellergeschoss aus unmittelbaren Zugang zu einer Tiefgarage, in der die Klägerin ihren für die Fahrt zum Arbeitsplatz genutzten PKW abstellt. Nach dem von der Klägerin vorgelegten Prospektmaterial gehört zu jeder Eigentumswohnung ein Stellplatz in der Tiefgarage.
Am 11.04.2007 begab sich die Klägerin um 06:15 Uhr morgens zur Tiefgarage des Hauses, um mit dem Auto zur Arbeit zu fahren. Dabei öffnete sie die Tür zur Tiefgarage und versuchte, mit der rechten Hand den Lichtschalter zu erreichen. Sie drückte den Schalter, aber das Licht ging nicht an. Daraufhin ging sie vorsichtig weiter, die Tür schlug zu und stieß die Klägerin nach vorn, wodurch sie zu Fall kam und sich verletzte. Der H-Arzt Dr. C aus C diagnostizierte bei der Klägerin eine Fraktur der Verankerung einer im April 2004 eingesetzten linksseitigen Handgelenksprothese. Am 13.06.2007 wurde in den Städtischen Kliniken C die distale Prothesenkomponente ausgewechselt.
Mit Bescheid vom 19.07.2007 lehnte die Beklagte die Anerkennung des Unfalls vom 11.04.2007 als Arbeitsunfall mit der Begründung ab, als Arbeitsunfall gelte zwar auch ein Unfall auf einem mit der versicherten Tätigkeit im Unternehmen zusammenhängenden Weg nach und von dem Ort der Tätigkeit; der Unfall habe sich aber noch im unversicherten häuslichen Wirkungskreis ereignet. Dazu zählte auch eine auf dem Grundstück befindliche Garage, die mit dem Wohngebäude eine bauliche Einheit bilde und von innen zu erreichen sei.
Nach erfolglosem Widerspruch (Bescheid vom 15.08.2007) hat die Klägerin Klage zum Sozialgericht Detmold erhoben und zur Begründung vorgetragen, als Außentür im Sinne der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) sei die Tür vom Kellergeschoss zur Tiefgarage anzusehen. Bei Ihrem Wohnhaus handele es sich um ein Haus mit 11 Parteien; von der Parterre aus gehe man in das Kellergeschoss und erst vom Kellergeschoss gebe es eine Außentür, die durch einen weiteren Gang mit einer weiteren Tür zur Tiefgarage führe. Um von der Tiefgarage in den Keller zu gelangen, benötige man einen Schlüssel. Hinzu komme, dass die Tiefgarage nicht nur durch die 11 Parteien des Wohnhauses der Klägerin genutzt werde, sondern durch eine Vielzahl weiterer Personen, nämlich die Bewohner der beiden anderen Wohnhäuser.
Die Beklagte ist bei ihrer Auffassung verblieben.
Das Sozialgericht hat mit Urteil vom 05.02.2008, auf dessen Begründung Bezug genommen wird, die Klage abgewiesen.
Mit der Berufung hat die Klägerin ihr Vorbringen weiter verfolgt und vertieft. Sie verweist auf die Brandversicherung, die das Wohngebäude und die Tiefgarage jeweils als separate Gebäude behandele. Sie hat Prospektmaterial vorgelegt, sowie eine Grundrisszeichnung des Kellergeschosses der drei Wohngebäude und der Tiefgarage und ergänzend vorgetragen, in den drei Wohnhäusern befänden sich ausschließlich Eigentumswohnungen; Die Eigentümer dieser Wohnung hätten teilweise mehrere Stellplätze in der Tiefgarage gekauft. Es gebe auch einige Eigentümer von Wohnungen, die keinen Stellplatz gekauft hätten; einige Stellplätze seien auch von Personen gekauft worden, die kein Eigentum in einem dieser Häuser hätten.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 05.02.2008 zu ändern und unter Aufhebung des Bescheides vom 19.07.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.08.2007 festzustellen, dass ihr Unfall vom 11.04.2007 ein Arbeitsunfall ist.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie vertritt unter Hinweis auf die Rechtsprechung des BSG die Auffassung, eine Garage, die an das Wohngebäude angebaut oder als Tiefgarage in das Wohngebäude eingebaut sei und die durch einen direkten Zugang vom Wohngebäude aus zu erreichen sei, sei Teil des unversicherten häuslichen Bereiches. Eine andere Wertung könne auch nicht deshalb erfolgen, weil die Tiefgarage von mehreren Gebäuden aus erreicht und genutzt werden könne.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten und des Sach- und Streitstandes im Einzelnen wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten und der Streitakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung der Klägerin ist nicht begründet.
Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Klägerin hat keinen aus der gesetzlichen Unfallversicherung zu entschädigenden Arbeitsunfall erlitten.
Arbeitsunfälle sind nach § 8 Abs. 1 Satz 1 des Siebten Buchs des Sozialgesetzbuchs (SGB VII) Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach § 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit. Versicherte Tätigkeiten sind auch das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII).
Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG, der sich der Senat anschließt, beginnt der Versicherungsschutz nach dieser Vorschrift erst mit dem Verlassen des häuslichen Bereichs; dieser wird mit dem Durchschreiten der Außentür des von der Versicherten bewohnten Gebäudes verlassen. Dies gilt auch in Mehrfamilienhäusern, weil auch deren Treppenhaus kein öffentlicher Raum ist, dieses dem jeweiligen Versicherten besser als anderen Personen bekannt ist und er für diese "Gefahrenquelle" mitverantwortlich ist (s ua BSGE 2, 239, 243; 42, 293, 294; zuletzt vom 12.12.2006 – B 2 U 28/05 R – SozR 4-2700 § 8 Nr 20). Außentür eines Gebäudes ist nicht nur die Haustür, an oder neben der die Klingeln und die Briefkästen angebracht sind und durch die gewöhnlich das Wohngebäude verlassen oder betreten wird, sondern jede Außentür, durch die der häusliche Bereich verlassen werden kann.
Teil des häuslichen Bereichs ist auch eine Garage, die an das Wohngebäude angebaut oder als Tiefgarage in das Wohngebäude eingebaut und die durch einen direkten Zugang vom Wohngebäude aus zu erreichen ist. Das Garagentor ist dann eine der Außentüren des Gebäudes, mit deren Durchschreiten oder Durchfahren der Versicherungsschutz beginnt und bei der Rückkehr von dem Ort der Tätigkeit endet (BSGE 37, 36; 42, 293, 295; BSG vom 31.05.1988 – 2/9b RU 6/87 – BSGE 63,212). Bei dieser auf objektive Merkmale gegründeten klaren Grenzziehung zwischen dem versicherten Teil und dem unversicherten Teil des Weges hat sich das BSG – neben der schon angeführten der gesetzlichen Unfallversicherung zugrunde liegenden Unternehmerhaftung – von dem Gesichtspunkt der Rechtssicherheit und dem Streben nach einer möglichst einheitlichen Rechtsprechung leiten lassen und keine Ausnahme zugelassen. Die Grenze "Außentür des Gebäudes" trennt klar den öffentlichen Verkehrsraum von dem unversicherten Bereich ab.
Die Rechtsprechung des BSG entspricht auch der einhelligen Auffassung in der Literatur (SGB VII-Komm/Krasney., Stand November 2008, § 8 RdNr 181 ff; Lauterbach/Schwerdtfeger, Unfallversicherung, 4. Aufl. Stand Mai 2008, § 8 Rdnr 449 ff; Keller in Hauck/Noftz, SGB VII, Stand Februar 2009, § 8 RdNr 197; Bereiter-Hahn/Mehrtens, Gesetzliche Unfallversicherung, 5. Aufl., Stand Februar 2009, § 8 SGB VII Anm 12.17f; Ricke in Kasseler Kommentar zur Sozialversicherung, Stand Januar 2009, § 8 SGB VII RdNr 182). In Anwendung dieser Grundsätze ist hier ein versicherter Wegeunfall nicht gegeben. Der Unfall ereignete sich in der Tiefgarage. Diese gehört noch zum unversicherten häuslichen Bereich der Klägerin. Nach deren Vorbringen, das durch den Grundriss des Wohnhauses und der Tiefgarage bestätigt wird, hatte sie vom Kellergeschoss des Wohngebäudes aus unmittelbaren Zugang zur Garage. Die Tiefgarage und die drei Mehrfamilienhäuser bilden eine bauliche Einheit. Dies ergibt sich zweifelsfrei aus dem von der Klägerin vorgelegten Prospektmaterial. Die Tiefgarage grenzt unmittelbar an das Kellergeschoss der Häuser, die jeweils aneinander gebaut sind. Das Wohnhaus der Klägerin hat unmittelbaren Zugang. Die Stellplätze sind – so das von der Klägerin vorgelegte Prospekt – jeweils einer Wohnung der drei Häuser zugeordnet.
Der Umstand, dass die Garage nicht nur den Bewohnern des von der Klägerin bewohnten Hauses sondern auch zweier weiterer Mehrfamilienhäuser zugänglich ist, hat keine entscheidende Bedeutung. Insoweit besteht unter dem maßgeblichen Aspekt der Risikoabgrenzung kein wesentlicher Unterschied des hier zu entscheidenden Falles (Tiefgarage für drei Häuser mit insgesamt 31 Parteien) zu dem von BSG im Urteil vom 31.05.1988 (BSGE 63, 212 ff.) entschiedenen Sachverhalt (Tiefgarage für ein Hochhaus mit insgesamt 20 Einzelwohnungen). Unerheblich ist dabei, ob eine Tür zwischen Wohngebäude und (Tief)Garage verschließbar ist und ob sie regelmäßig verschlossen gehalten wird.
Auch der Vortrag der Klägerin im Berufungsverfahren, wonach einzelne Stellplätze auch an Personen verkauft worden seien, die nicht Eigentümer von Wohnungen in einem der drei Häuser seien, vermag zu keinem anderen Ergebnis zu führen. Gesichtspunkte der Rechtssicherheit und des Strebens nach einer möglichst einheitlichen Rechtsprechung gebieten, von der vom BSG vorgenommenen klaren Grenzziehung keine auf einzelfallbezogene Besonderheiten gegründete Ausnahmen zuzulassen (BSG SozR 4-2700 § 8 Nr. 20).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Die Voraussetzung für eine Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG sind nicht gegeben.
Erstellt am: 16.07.2009
Zuletzt verändert am: 16.07.2009