Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 19.02.2004 geändert und die Klage abgewiesen, soweit sie über das Teilanerkenntnis vom heutigen Tag hinausgeht. Die Beklagte trägt 1/5 der außergerichtlichen Kosten des Klägers. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist hinsichtlich der Höhe der dem Kläger ab 23.12.2002 bis 05.10.2004 zu zahlenden Arbeitslosenhilfe (Alhi) nur noch die Frage, in welchem Umfang beim anzurechnenden Bruttoeinkommen die Beiträge zur freiwilligen Rentenversicherung des Klägers absetzbar sind.
Dem 1951 geborenen Kläger bewilligte die Beklagte mit Bescheid vom 20.11.2002 ab 23.12.2002 Alhi in Höhe von wöchentlich 38,78 EUR nach einem gerundeten wöchentlichen Bemessungsentgelt von 385,00 EUR, dem allgemeinen Leistungssatz der Leistungsgruppe A und unter Berücksichtigung eines wöchentlichen Anrechnungsbetrages von 96,32 EUR. Den Widerspruch des Klägers wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 28.11.2002 zurück. Neben Ausführungen zur Höhe des Bemessungsentgelts verwies sie zur Begründung darauf, dass sich der Leistungssatz nach § 195 Satz 2 Sozialgesetzbuch Drittes Buch – Arbeitsförderung – (SGB III) um das im Rahmen der Bedürftigkeitsprüfung zu berücksichtigende Einkommen des Klägers in Form von Berufsunfähigkeitsrente mindere. Diese betrage 677,78 EUR Brutto, 622,05 EUR Netto und sei abzüglich des Freibetrags nach § 2 Nr. 3 Arbeitslosenhilfe-Verordnung (AlhiV 2002) in Höhe von 184,43 EUR monatlich und abzüglich eines Freibetrags von 20,34 EUR monatlich gemäß § 194 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 SGB III i.V.m. § 3 Abs. 2 AlhiV 2002 i.H.v. 3 % der Brutto-Berufsunfähigkeitsrente als Beitrag zu öffentlichen und privaten Versicherungen zu berücksichtigen. Unter Berücksichtigung von monatlichen Zinseinnahmen von 0,12 EUR ergebe sich somit ein monatlicher Anrechnungsbetrag von 417,40 EUR und ein wöchentlicher Betrag von 96,32 EUR (Monatsbetrag mal 3: 13 = Wochenbetrag).
Am 13.12.2002 hat der Kläger vor dem Sozialgericht (SG) Detmold Klage erhoben und begehrt, nicht nur 3 % vom Bruttoeinkommen, sondern die tatsächlichen Aufwendungen für Versicherungen vom Einkommen abzusetzen.
Der Kläger hat beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 20.11.2002 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.11.2002 aufzuheben und ihm ab dem 23.12.2002 Arbeitslosenhilfe von täglich 10,61 EUR zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat an ihrer Ansicht festgehalten, dass als Beiträge zu öffentlichen und privaten Versicherungen nur eine Pauschale von 3 % vom Bruttoeinkommen abzusetzen sei und weitere Bescheide entsprechenden Inhalts erteilt (Änderungsbescheide vom 20.01.2003 und 25.11.2003, Bescheid vom 27.11.2003, Änderungsbescheide vom 07.01.2004 und vom 01.06.2004).
Mit Urteil vom 19.02.2004 hat das SG die Beklagte unter Abänderung der angefochenen Bescheide verurteilt, dem Kläger Alhi unter Berücksichtigung seiner von ihm tatsächlich aufgewendeten Beiträge für gesetzlich vorgeschriebene oder nach Grund und Höhe angemessene Versicherungen zu gewähren.
Gegen das ihr am 23.03.2004 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 06.04.2004 Berufung eingelegt. Nachdem sie noch mit Änderungsbescheid vom 01.06.2004 nur die 3 %-Pauschale vom Bruttoeinkommen für Versicherungsbeiträge abgesetzt hat, hat die Beklagte nach den Urteilen des Bundessozialgerichtss (BSG) vom 09.12.2004 – B 7 AL 24/04 R und B 7 AL 22/04 R sowie vom 17.03.2005 – B 7 a / 7 AL 70/04 R und B 7 a / 7 AL 90/04 R – mit fünf Änderungsbescheiden vom 14.07.2005 an den Kläger, der ab 06.10.2004 bis 27.10.2004 von der LVA Übergangsgeld und vom 28.10. bis 31.12.2004 Krankengeld erhielt, für die Zeit vom 23.12.2002 bis 05.10.2004 unter Absetzung vom Einkommen des Klägers der von diesem für die Hausrat-, Unfall-, Haftpflicht-, Kfz-, Rechtsschutzversicherung, zwei Krankenhaustagegeldversicherungen und die Glasversicherung gezahlten Beiträge die Alhi des Klägers neu berechnet und einen weiteren Betrag i.H.v. 1.084,75 EUR an den Kläger ausgezahlt. Wegen der von der Beklagten insoweit angestellten Berechnungen, für deren Unrichtigkeit Anhaltspunkte nicht ersichtlich sind und die auch vom Kläger nicht beanstandet wurden, wird auf Bl. 544 bis 546, 549, 550, 553, 554, 557, 558, 561 und 562 der den Kläger betreffenden Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 25.01.2006 hat die Beklagte auf die Änderungsbescheide vom 14.07.2005 verwiesen und entsprechend der Rechtsprechung des erkennenden Senats anerkannt, dass dem Kläger im maßgeblichen Zeitraum ein weiterer Betrag i.H.v. 223,74 EUR an Alhi zu zahlen ist. Der Kläger hat dieses Teilanerkenntnis angenommen.
Die Beklagte beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts zu ändern und die Klage abzuweisen, soweit der Klageantrag über das vom Kläger angenommene Teilanerkennntnis hinausgeht.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
die Berufung zurückzuweisen und ihm für den maßgeblichen Zeitraum weitere Alhi i.H.v. 2.151,51 EUR zu zahlen.
Er ist nach wie vor der Ansicht, dass die von ihm tatsächlich an seine freiwillige Rentenversicherung entrichteten Beiträge (1.361,50: 12 = 113,46 EUR monatlich) vollständig von seinem Einkommen absetzbar sind und begehrt für die Zeit vom 23.12.2002 bis 05.10.2004 entsprechend dem geringeren zu berücksichtigenden Einkommen die Zahlung des beantragten Betrages.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte verwiesen. Auf den Inhalt der den Kläger betreffenden Verwaltungsakten der Beklagten, der ebenfalls Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, wird Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist auch begründet.
Zu Unrecht hat das SG die Beklagte verurteilt, dem Kläger Alhi unter Berücksichtigung seines Einkommens nach Absetzung auch der von ihm tatsächlich aufgewendeten Beiträge zu seiner freiwilligen Rentenversicherung zu zahlen. Soweit das SG diese der Altersvorsorge dienenden Beiträge im vollen Umfang als angemessen angesehen hat, vermag der Senat ihm nicht zu folgen.
Maßstab für die Absetzbarkeit von Beiträgen zu öffentlichen oder privaten Versicherun- gen oder ähnlichen Einrichtungen ist allein die gesetzliche Regelung des § 194 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 SGB III. Der erkennende Senat hat in seinem Urteil vom 28.01.2004 – L 12 AL 175/03 – entschieden, dass bei der Altersvorsorge dienenden Altverträgen in Anlehnung an die Regelung des § 86 Einkommenssteuergesetz (EStG) in den Jahren 2002 und 2003 1 % des monatlichen Bruttoeinkommens, im Jahr 2004 ein Betrag von 2 % als angemessen anzusehen ist. Der Senat hält an seiner Rechtsprechung fest und verweist zur weiteren Begründung daher auf seine oben genannte Entscheidung.
Der Antrag des Klägers, der über den zutreffend errechneten und auch von ihm nicht beanstandeten Betrag von 223,74 EUR hinaus sich auf die Absetzbarkeit der von ihm tatsächlich entrichteten Beiträge zu seiner freiwilligen Rentenversicherung gründet, ist daher abzuweisen. Die von ihm tatsächlich entrichteten Beiträge sind als unangemessen anzusehen.
Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 183, 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Sie berücksichtigt, dass der vom wöchentlichen Leistungssatz abzuziehende wöchentliche Anrechnungsbetrag im Ergebnis um ca. 1/5 niedriger ist und zu dem entsprechend höheren Leistungssatz für den Kläger führt.
Die Revision hat der Senat nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 SGG nicht vorliegen.
Es liegt keine Abweichung von höchstrichterlicher Rechtsprechung vor, weil das BSG in seinen Urteilen vom 09.12.2004 – B 7 AL 24/04 R und B 7 AL 22/04 R – von einer Entscheidung darüber, inwieweit die Höhe anzuerkennender Beiträge zu der Altersvorsorge dienenden Lebens- und Rentenversicherungen in Anlehnung an § 86 EStG auf 1 % beschränkt ist, abgesehen hat. Zwar hat es im Übrigen Zweifel daran angedeutet, jedoch auch ausgeführt, dass die Beitragshöhe innerhalb der Grenzen des § 86 EStG in der Regel als angemessen nicht zu beanstanden sei. Der Senat misst der Sache auch keine grundsätzliche Bedeutung mehr bei, weil die Vorschriften über die Alhi im 7. Unterabschnitt des SGB III (§§ 190 bis 206) mit Wirkung vom 01.01.2005 durch das 4. Gesetz für Moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24.12.2003 (BGBl. I S. 2954) aufgehoben wurden.
Erstellt am: 28.06.2006
Zuletzt verändert am: 28.06.2006