Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 14. Dezember 2001 aufgehoben. Die Streitsache wird zur weiteren Sachaufklärung, zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Sozialgericht Düsseldorf zurückverwiesen, das auch über die Kosten des gerichtlichen Verfahrens zu entscheiden hat.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Beitragsforderung für illegal beschäftigte Ausländer.
Anlässlich einer Kontrolle von Beamten des Hauptzollamtes K … am 17.12.1998 auf dem Betriebsgelände der im Rahmen eines Nebenerwerbs geführten Gerüstbaufirma des Klägers in R …- … wurden vier polnische Staatsangehörige namens D … (D.), K … (K.), P … (P.) und W … (W.) angetroffen. D. gab bei seiner Vernehmung an, seit dem 16.12.1998 Pflastertätigkeiten für den Kläger ausgeführt zu haben. K. erklärte, seit zwei Tagen Pflasterarbeiten für den Kläger durchgeführt zu haben. P., der zuerst bestritt, für den Kläger gearbeitet zu haben, änderte seine Aussage am 18.12.1998 dahin, dass er von Anfang September 1998 bis zum 17.12.1998 Gerüste auf- und abgebaut und an den letzten zwei Tagen Pflasterarbeiten durchgeführt habe. W. erklärte, dass er seit dem 09.09.1998 für den Kläger Gerüste aufgestellt habe.
Nach Besprechung des Sachverhalts mit dem Kläger verlangte die Beklagte mit Bescheid vom 16.06.1999 insgesamt 8.907,12 DM an Beitragszahlungen. Sie stellte insoweit eine zur Krankenversicherung-, Pflegeversicherung- und Rentenversicherung sowie beitragspflichtige Beschäftigung zur Bundesanstalt für Arbeit von P. und W. in der Zeit vom 09.09. bis 17.12.1998 und des D. und K. für die Zeit vom 15. bis 17.12.1998 fest.
Der Kläger legte am 13.07.1999 Widerspruch ein. Er machte geltend, die vier benannten Personen mit Pflasterarbeiten im Rahmen eines selbständigen werkvertraglichen Verhältnisses nur in der Zeit vom 15.12. bis 17.12.1998 beschäftigt zu haben.
Mit Widerspruchsbescheid vom 02.11.1999 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück, weil die Auswertung der vom Hauptzollamt zur Verfügung gestellten Unterlagen die entsprechende Nachforderung begründeten.
Der Kläger hat am 06.12.1999 Klage vor dem Sozialgericht (SG) Düsseldorf erhoben. Er hat geltend gemacht, die vier polnischen Hilfsarbeiter seien nicht seit Anfang September für ihn tätig gewesen, sondern hätten vielmehr bei einem benachbarten Landwirt gearbeitet. Lediglich in Eigenverantwortung hätten sie vom 15.12. bis 17.12.1998 einen Auftrag von ihm angenommen. Dabei sei er davon ausgegangen, dass sie sich legal in der Bundesrepublik Deutschland aufhielten, da sie bereits seit mehreren Monaten bei einem benachbarten Landwirt wohnten.
Das SG hat die Büroangestellte G … Sch … vernommen. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 11.07.2000 verwiesen.
Sodann hat das SG die Akte des Amtsgerichts G … in der Strafsache gegen den Kläger Az.: 23 Cs 111/00 beigezogen. Auf den Inhalt dieser Akte wird ebenfalls Bezug genommen. Durch Beschluss vom 19.02.2001 hat das Amtsgericht G … das Strafverfahren gegen den Kläger vorläufig gegen Zahlung einer Geldbuße in Höhe von 5.000,– DM, beginnend ab dem 15.03.2001, und nach Zahlung dieser Summe durch weiteren Beschluss vom 10.09.2001 endgültig eingestellt.
Mit Urteil vom 14.12.2001 hat das SG die Klage abgewiesen. Auf die Entscheidungsgründe wird Bezug genommen.
Gegen das ihm am 18.01.2002 zugestellte Urteil hat der Kläger am 18.02.2002 Berufung eingelegt. Er macht geltend, das SG habe sich nicht hinreichend mit den Widersprüchen in den Zeugenaussagen des W. und P. auseinandergesetzt. Es erscheine unglaubhaft, dass zwei Polen monatelang, ohne dafür Geld zu erhalten, gearbeitet hätten. Die privaten Aufzeichnungen des W. begännen nach den Feststellungen des SG erst am 22.10.1998, obwohl die Beschäftigung bereits im September 1998 aufgenommen worden sein sollte. Auch die Art der Zahlendokumentation lasse nicht auf eine kontinuierliche Aufzeichnung, sondern auf eine einmalige Niederschrift schließen. Nach den Ermittlungen im Strafverfahren hätten P. und W. bei dem Landwirt B … gewohnt und geschlafen, so dass davon auszugehen sei, dass sie dort "schwarz" gearbeitet hätten. Die Zeugin Sch … habe eine Beschäftigung der Polen nicht bestätigt. Diese seien schließlich auch nicht persönlich durch das Strafgericht oder das SG vernommen worden.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 14.12.2001 zu ändern und den Bescheid der Beklagten vom 16.06.1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02.11.1999 aufzuheben, hilfsweise die vier betroffenen vier polnischen Arbeitnehmer als Zeugen zu der Frage zu hören, in welchem Umfange sie bei ihm beschäftigt waren und welches Entgelt sie erhalten haben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten und der Akte des Amtsgerichts G … – Az.: 23 Cs 111/00 – Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist i.S.d. Zurückverweisung (§ 159 Sozialgerichtsgesetz – SGG -) begründet. Die Ermittlungen im Feststellungs- und Gerichtsverfahren tragen das vom SG gefundene Ergebnis nicht, so dass die angefochtene Entscheidung an einem wesentlichen Verfahrensmangel (§ 159 Abs. 1 Nr. 2 SGG) leidet.
Mit dem SG hat der Senat allerdings keinen Zweifel daran, dass D., K., P. und W. vom 15. bis 17.12.1998 für den Kläger i.S. einer abhängigen Beschäftigung gem. § 7 Abs. 1 des Vierten Buches des Sozialgesetzbuchs – gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung – SGB IV – tätig waren. Eine solche wird dadurch gekennzeichnet, dass der Arbeitnehmer in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt (ständige Rechtsprechung des BSG, vgl. SozR 3-2400 § 7 Nrn. 4, 13, 15, 19, 20). Die selbständige Tätigkeit wird demgegenüber vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen freigestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet (BSG SozR 3-4100 § 168 Nr. 22; SozR 3-2400 § 7 Nr. 15, 19). Anhaltspunkte dafür, dass die vier genannten Polen als selbständige Unternehmer in der Bundesrepublik Deutschland tätig werden konnten und auch als solche für den Kläger gearbeitet haben, sind nicht ersichtlich. Auch die Einlassung des Klägers im Widerspruchsverfahren, in der er von einer "Beschäftigung" dieser Arbeiter gesprochen hat, weist darauf hin, dass er selbst nicht von einem selbständigen Werksvertragsverhältnis ausgegangen ist.
Daraus folgt aber nicht, dass P. und W. auch in der übrigen Zeit mit anderen Arbeiten (Gerüstbautätigkeiten) für den Kläger tätig geworden sind. Soweit sich das SG zum Beweis des Gegenteils im Wesentlichen auf die Aussagen von P. und W. vor dem Hauptzollamt bzw. dem Strafgericht gestützt hat, fehlt es an einer Auseinandersetzung mit den wiederholten Änderungen deren Angaben. W. hat zunächst bekundet, der benachbarte Bauer des Klägers (B …) habe ihm die Beschäftigung bei ersterem zum 09.09.(1998) besorgt. Bei seiner gerichtlichen Vernehmung hat er den Zeitpunkt aber schon in Zweifel gezogen und sich dahin revidiert, dass der Bauer B … ihm nicht die Arbeit besorgt habe. Letzteres stimmt zwar mit den Angaben des Nachbarn B … überein, jedoch ist nicht erklärlich, wieso letzterer von den Tätigkeiten nichts gewußt hat, wenn der Kläger nach den Angaben von W. diesen auf dem Hof von B. angesprochen haben soll. Schon aus diesem Grunde hätte sich eine Vernehmung des Nachbarn B … dem SG aufdrängen müssen. Hinzu kommt, dass der Nachbar B … bei dem Hauptzollamt angegeben hat, P. sei, nachdem er bei ihm als Erntehelfer bis zum Juli tätig gewesen sei, im August nach Deutschland zurückgekehrt und W. sei ihm im September gefolgt. Zum einen hat der Nachbar B … diese Aussage bei seiner Vernehmung im Strafverfahren dahin geändert, dass P. und W. sich durchgehend bei ihm aufgehalten hätten, während W. ausgesagt hat, er habe P. bei dem Bauern B … nach seiner Ankunft im September angetroffen. Diesen Widersprüchlichkeiten hätte das SG nachgehen müssen, zumal auch nicht erklärlich ist, warum die schriftlichen Aufzeichnungen des P. über seine Tätigkeiten für den Kläger erst mit dem 22.10. beginnen. Dem ist gegebenenfalls durch Anhörung des P. nachzugehen, dessen ladungsfähige Anschrift im Strafverfahren aktenkundig gemacht worden ist.
Weitere Hinweise dazu könnten sich den Akten des Ausländeramtes sowie den gesamten Original-Akten des Hauptzollamtes entnehmen lassen, die bislang nicht beigezogen waren.
Schließlich hätte das SG auch der Behauptung des Klägers, welche in der Aussage der Zeugin Sch … eine Stütze findet, wegen der sog. Rübenkampagne im streitigen Zeitraum keine Gerüstbauarbeiten durchgeführt zu haben, nach gehen müssen. Insoweit bietet es sich an, die Geschäftsunterlagen des Klägers beizuziehen und die von der Zeugin benannten Mitarbeiter Schw … und Bo … zu hören. Gegebenenfalls könnten auch die Nachbarn des Klägers hierzu sachdienliche Auskünfte machen.
Der Senat hat angesichts dieser Umstände von seinem Ermessen Gebrauch gemacht, den Rechtsstreit an das SG zurückzuverweisen. Dabei war auch zu beachten, dass das SG von der notwendigen Beiladung der durch den angefochte nen Bescheid begünstigten Versicherungsträger und der Versicherten selbst (vgl. dazu BSG SozR 2200 § 75 Nrn. 41, 72) ohne ersichtlichen Grund Abstand genommen hat. Letztere sind vorliegend beizuladen, weil die Beklagte keinen sog. Summenbeitragsbescheid i.S.d. § 28f Abs. 2 Satz 1 Viertes Buch Sozialgesetbuch (SGB IV) erlassen hat, sondern trotz der Bezugnahme im Widerspruchsbescheid auf die Vorschrift des § 28 Abs. 2 SGB IV den Beschäftigten bestimmte Lohnsummen zugewiesen hat. Ihre Rechte werden daher durch den angefochtenen Bescheid ebenfalls berührt.
Das SG wird auch über die Kosten des Berufungsverfahrens zu entscheiden haben.
Erstellt am: 20.08.2003
Zuletzt verändert am: 20.08.2003