Auf die Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 28.08.2003 geändert. Dem Kläger wird für das Klageverfahren Prozesskostenhilfe bewilligt. Kosten sind im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
Die zulässige Beschwerde ist begründet. Der Kläger hat Anspruch auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe, da die wirtschaftlichen Voraussetzungen hierfür erfüllt sind und die Klage Aussicht,auf Erfolg bietet (§ 73a Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz [SGG] iV.m. § 114 Zivilprozessordnung [ZPO]). Der Kläger ist nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen nicht in der Lage, die Kosten der Prozessführung aufzubringen. Die Prozessverfolgung bietet hinreichende Aussicht auf Erfolg und erscheint auch nicht mutwillig. Dem Vortrag des Klägers sind genügende Anhaltspunkte für eine weitere Sachaufklärung zu entnehmen (vgl. zu diesem Kriterium BVerfG, NJW 1997, 2745; Meyer-Ladewig, SGG, 7. Aufl. [2002], § 73a Rdnr. 7). Hinsichtlich der Frage, ob die Voraussetzungen für die Gewährung von Arbeitslosenhilfe (Alhi) mit Ablauf des 03.04.2003 entfallen sind, besteht noch Anlass für weitere Ermittlungen. Voraussetzung für den Anspruch auf Alhi war nach der hier maßgebenden Vorschrift der §§ 190 Abs. 1 Nr. 1, 119 Abs. 1 Nr. 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) in der vom 01.01.1998 bis zum 31.12.2004 geltenden Fassung, dass der Arbeitslose alle Möglichkeiten nutzte und nutzen wollte, um seine Beschäftigungslosigkeit zu beenden (sog. Eigenbemühungen).
Fehlt es hieran, besteht kein Anspruch auf Alhi, und ihre Gewährung ist mit Wirkung vom Wegfall der Eigenbemühungen aufzuheben (§ 48 Abs. 1 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch i.V.m. § 330 Abs. 3 SGB III). Diese Rechtsfolge tritt allerdings nur dann ein, wenn der Arbeitslose auf seine Verpflichtung und die mit ihrer Nichterfüllung verbundenen Konsequenzen hingewiesen worden ist. Dies ist in § 119 Abs. 5 Satz 1 SGB III für den Zeitpunkt der Arbeitslosmeldung ausdrücklich geregelt, gilt aber auch über diesen Zeitpunkt hinaus für die gesamte Zeit des Alhi-Bezuges. Insbesondere muss die Beklagte, wenn sie während des laufenden Bezuges von Alhi den Nachweis von Eigenbemühungen verlangt, zuvor auf die dahingehende Verpflichtung und die Möglichkeit der Leistungseinstellung bei Nichtbefolgung besonders hinweisen. Dieser Verpflichtung kann die Beklagte jedenfalls durch eine hinreichend eindeutig formulierte schriftliche Rechtsfolgenbelehrung genügen (vgl. Brand in Niesei, SGB III, 2. Aufl. [2002], § 119 Rdnr. 64). Ob demgegenüber ein mündlicher Hinweis anlässlich eines gesonderten Beratungsgesprächs im Einzelfall ausreicht, braucht dabei zumindest im gegenwärtigen Verfahrensstadium nicht entschieden zu werden. In jedem Fall ist nämlich erforderlich, dass ein solcher Hinweis eindeutig und unter Berücksichtigung aller möglicherweise bestehenden Fehlvorstellungen des Arbeitslosen erteilt wird. Dass diese Voraussetzungen im vorliegenden Fall erfüllt sind, steht nach den bisherigen Feststellungen des Sozialgerichts nach dem Inhalt der Verfahrensakten sowie der beigezogenen Akte des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens S 10 AL 112/03 ER SG Aachen noch nicht fest. Zwischen den Beteiligten ist zwar unstreitig, dass die Beklagte den Kläger mit Schreiben vom 23.01.2003 aufgefordert hat, Eigenbemühungen nachzuweisen.
Der Inhalt dieses Schreibens – insbesondere, ob es mit einer Rechtsfolgenbelehrung versehen war – steht indessen nicht fest, zumal es sich nicht bei den Akten befindet. Vor allem aber hat der Kläger gegen das Schreiben mit Schreiben vom 10.02.2003 Widerspruch erhoben. Dabei kann zumindest nicht ausgeschlossen werden, dass er davon ausgegangen ist, dieser Widerspruch habe hinsichtlich seiner Verpflichtung, sich auch auf andere Stellenangebote als diejenigen für Fotografen zu bewerben, aufschiebende Wirkung. In diese Richtung deutet jedenfalls der Aktenvermerk der Beklagten über das Gespräch mit dem Kläger vom 03.04.2003. Ebenso hat der Kläger im Erörterungstermin am 23.06.2003 im einstweiligen Rechtsschutzverfahren S 10 AL 112/03 ER SG Aachen erklärt, er habe der Mitarbeiterin der Beklagten, Frau H, in diesem Gespräch gesagt, er werde hinsichtlich seiner Verpflichtung, sich auf andere Stellen bewerben, solange keine Entscheidung treffen, wie das Widerspruchsverfahren anhängig sei. Sollte sich im Rahmen der weiteren Sachaufklärung herausstellen, dass der Kläger erkennbar einer entsprechenden Fehlvorstellung unterlegen war, wäre die Beklagte verpflichtet gewesen, ihn mit hinreichender Deutlichkeit darauf aufmerksam zu machen, dass das Schreiben vom 10.02.2003 ihrer Auffassung nach kein wider-spruchsfähiger Bescheid sei und der "Widerspruch" dagegen ihn infolgedessen auch nicht vorübergehend von seiner Verpflichtung zu Eigenbemühungen hinsichtlich aller nach § 121 SGB III zumutbarer Tätigkeiten entbinde. Dass ein solcher Hinweis erteilt worden ist, steht nach den bislang vom Sozialgericht getroffenen Feststellungen noch nicht fest und wird daher noch zu ermitteln sein.
Es kommt hinzu, dass bei dem Gespräch am 03.04.2003 nicht nur die vom Sozialgericht im einstweiligen Rechtsschutzverfahren bereits vernommene Zeugin H anwesend gewesen ist, sondern auch die vom Kläger als Zeugin benannte Mitarbeitern Frau T. Diese hat der Kläger ausdrücklich zum Nachweis benannt, dass die Zeugin H im Erörterungstermin den Inhalt des Gesprächs vom 03.04.2003 unzutreffend wiedergegeben habe. Insoweit kann nicht von vornherein angenommen werden, die als Zeugin benannte Mitarbeitern T werde die Aussage der Zeugin H bestätigen. Dies käme vielmehr einer unzulässigen vorweggenommenen Beweiswürdigung gleich. Das gilt umso mehr, als der Aktenvermerk über das Gespräch vom 03.04.2003 allein von der Zeugin H gefertigt und zudem zwei Monate später hinsichtlich der entscheidungserheblichen Frage der Rechtsfolgenbelehrung ergänzt worden ist. Auch insoweit sind daher noch Ermittlungen des Sozialgerichts veranlasst. Dem Kläger kann derzeit kann Rechtsanwalt beigeordnet werden, nachdem die zunächst für ihn tätig gewordene Rechtsanwältin das Mandat niedergelegt hat. Die Kostenentscheidung beruht auf § 127 Abs. 4 ZPO.
Diese Entscheidung kann nicht mit der Beschwerde angefochten werden
Erstellt am: 14.07.2006
Zuletzt verändert am: 14.07.2006