Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 24.06.2004 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt von der Beklagten höhere Arbeitslosenhilfe für die Zeit vom 01.07.2003 bis 31.12.2004.
Der 1945 geborenen Kläger bezog bereits in den achtzigen Jahren Leistungen von der Beklagten. 1987 war der Leistungsbezug aufgrund einer Tätigkeit (Firma L) unterbrochen. In diesem Zusammenhang kam es zu verschiedenen gerichtlichen Auseinandersetzungen, insbesondere strafrechtlicher und arbeitsrechtlicher Art. Der hier streitige Anspruch des Klägers auf Arbeitslosenhilfe besteht seit dem 19.02.1994. Zuvor bezog der Kläger Arbeitslosengeld vom 22.04.1993 bis 18.02.1994. Dieses Arbeitslosengeld wurde bewilligt auf der Grundlage eines Bemessungsentgelts von 580 DM wöchentlich. Maßgebend dafür war der für die Zeit vom 01.01.1993 bis 31.03.1993 abgerechnete Verdienst (Arbeitsbescheinigung der Fa Elektro C, bei der der Kläger vom 12.09.1992 bis 31.03.1993 beschäftigt war).
Ausweislich der vorliegenden Zahlungsnachweise wurde dem Kläger Arbeitslosenhilfe stets jährlich für Bewilligungsabschnitte vom 1.4. eines Jahres bis 31.03. des Folgejahres bewilligt. Das Bemessungsentgelt wurde ab 1.7.1996 jeweils jährlich zu diesem Termin entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen angepasst, wobei sich allerdings nicht stets neue Zahlbeträge ergaben. Entsprechende Bescheide wurden bindend, ebenso wie die Anpassungsbescheide an die aktuellen Leistungsverordnungen bzw. Leistungsentgeltverordnungen zu Beginn der jeweiligen Jahre. In der Zeit vom 01.07.2002 bis 30.06.2003 bezog der Kläger Arbeitslosenhilfe unter Berücksichtigung eines wöchentlichen Bemessungsentgelts von 285,00 Euro (ungerundet 286,69 Euro).
Mit bindendem Bescheid vom 18.01.2003 passte die Beklagte die Bewilligung ab 01.01.2003 der Leistungsentgeltverordnung 2003 an. Danach änderten sich das Leistungsentgelt und der Zahlbetrag (109,83 Euro) bei gleich bleibendem Bemessungsentgelt. Mit Bescheid vom 20.07.2003 senkte die Beklagte ab 01.07.2003 das wöchentliche Bemessungsentgelt auf nunmehr 280,00 Euro ab und bewilligte Arbeitslosenhilfe nur noch in Höhe vom 108,36 Euro.
Dagegen legte der Kläger Widerspruch ein, den die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 14.08.2003 als unbegründet zurückwies. Sie verwies auf § 200 Abs. 3 Drittes Buch Sozialgesetzbuch – SGB III -. Danach werde das Bemessungsentgelt für die Arbeitslosenhilfe, das sich vor der Rundung ergebe, jeweils nach Ablauf eines Jahres um 3 % abgesenkt. Die Minderung des wöchentlichen ungerundeten Bemessungsentgelts von zuvor 286,69 Euro um 3 % ergäbe ein gemindertes ungerundetes Entgelt von 278,09 Euro, was 280,00 Euro an Bemessungsentgelt wöchentlich entspreche.
Dagegen hat der Kläger am 27.08.2003 vor dem Sozialgericht (SG) Köln Klage erhobenen.
Im Laufe des Klageverfahrens erließ die Beklagte im Januar 2004 einen Änderungsbescheid für die Zeit ab 01.01.2004 aufgrund der Leistungsentgeltverordnung für das Kalenderjahr 2004. Nunmehr betrug das Leistungsentgelt – auf der Grundlage des wöchentlichen Bemessungsentgelts von 280,00 Euro – 208,38 Euro (Leistungssatz wöchentlich 110,46 Euro). Mit Bescheid vom 26.03.2004 wurden dem Kläger vom 01.04.2004 bis 31.12.2004 ebenfalls wöchentlich 110,46 Euro als Leistungsbetrag bewilligt.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten: Eine zweimalige Minderung während eines Jahres sei unzulässig. Die Bescheide der Beklagten seien darüber hinaus nichtig nach § 40 SGB X. Die Norm müsse dahingehend ausgelegt werden, dass auch solche sozialrechtlichen Verwaltungsakte nichtig und unwirksam seien, die aus solchen Handlungen und pflichtwidrigen Unterlassen sich gründeten, die der Erlasser des Verwaltungsaktes begangen habe und die vom Gesetz grundsätzlich mit Straf- und hohen Geldbußen bedroht sei. Diese Voraussetzungen lägen hier vor, denn die Beklagte habe nicht nur die lange Arbeitslosigkeit verschuldet, sondern auch seine schwere Vermittelbarkeit. Der Kläger hat auf die gerichtlichen Verfahren hingewiesen, die ausgelöst worden seien durch seine Beschäftigung bei der Fa. L. Das von der Beklagten zugrunde gelegte Entgelt entspreche nach der Absenkung nicht mehr dem erzielbaren Arbeitsentgelt. Die Entscheidung stelle eine Bestrafung dar. Des Weiteren verweist er ausführlich auf die Zivil-, Straf- und Arbeitsrechtsstreitverfahren aus zurückliegenden Jahren.
Der Kläger hat beantragt,
1. die Beklagte unter Abänderung ihres Bescheides vom 28.07.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.08.2003, ergänzt durch Bescheide von Januar 2004 und 26.03.2004 zu verurteilen, dem Kläger Arbeitslosenhilfe ohne Anwendung von § 200 Abs. 3 SGB III zu bewilligen und Kürzungen zu unterlassen,
2. festzustellen, dass ihm Leistungen nach § 428 SGB zustehen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zum Klageantrag zu 2. hat sie erklärt, dass sie dem Kläger Leistungen unter den erleichterten Voraussetzungen nach § 428 SGB III zahle.
Mit Urteil vom 24.06.2004 hat das SG die Klage abgewiesen und zur Begründung im wesentlichen folgendes ausgeführt: Die Rechtmäßigkeit des Bescheides vom 28.07.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.08.2003, die die Absenkung des Bemessungsentgelts von wöchentlich 285,00 Euro auf wöchentlich 280,00 Euro betrifft, folge aus § 200 Abs. 3 SGB III. Nach dieser Vorschrift werde das Bemessungsentgelt für die Arbeitslosenhilfe, das sich vor der Rundung ergebe, jeweils nach Ablauf eines Jahres um 3 % abgesenkt. Das Bemessungsentgelt vor der Rundung sei 286,69 Euro gewesen. Abzüglich 3 % errechneten sich 278,09 Euro – gerundet 280,00 Euro. Es treffe nicht zu, dass eine zweimalige Absenkung innerhalb eines Jahres erfolgt sei. Der Bescheid vom 18.01.2003 habe keine Änderung des Bemessungsentgelts beinhaltet. Die Änderung ab 01.01.2003 beruhe ausschließlich auf der Leistungsentgeltverordnung, die am 01.01.2003 in Kraft getreten sei. Die Bescheide von Januar 2004 und vom 26.03.2004 seien Gegenstand des gerichtlichen Verfahrens geworden, aber ebenfalls nicht zu beanstanden, weil das Bemessungsentgelt nicht verändert worden sei. Die Bescheide der Beklagten seien auch keinesfalls nichtig. Nach § 40 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch – SGB X – sei ein Verwaltungsakt nichtig, soweit er an einem besonders schwerwiegenden Fehler leidet und dies bei vollständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände offensichtlich sei. Der Hinweis des Klägers auf seine im Zusammenhang mit der Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses bei der Fa. L entstandenen Verfahren von arbeitsrechtlicher, strafrechtlicher und amtsgerichtlicher Verfahren gäben keinen Hinweis, dass die hier angefochtenen Bescheide die Begehrung einer rechtwidrigen Tat darstellen, die einen Straf- oder Bußgeldtatbestand verwirklichten. Auch wenn der Kläger der Meinung sei, die Beklagte habe sowohl seine Langzeitarbeitslosigkeit als auch seine Schwervermittelbarkeit mit verschuldet, genüge dies nicht den Anforderungen an die Nichtigkeit des Bewilligungsbescheides bezüglich der Höhe seiner Arbeitslosenhilfe.
Das Urteil ist dem Kläger am 02.07.2004 zugestellt worden. Am 21.07.2004 hat er dagegen Berufung eingelegt. Er vertritt weiter die Auffassung, dass die zurückliegenden Geschehnisse – die im Einzelnen von ihm geschildert werden – zu berücksichtigen seien. Sie führten zur Sittenwidrigkeit der Entscheidungen der Beklagten.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 24.06.2004 zu ändern und nach seinem erstinstanzlich gestellten Klageantrag zu 1) zu erkennen, zusätzlich im Falle der Zurückverweisung der Berufung die Zulassung der Revision.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das Urteil für zutreffend. Ergänzend führt sie noch aus, die Minderung der Arbeitslosenhilfe ergebe sich von Gesetzeswegen. § 201 SGB III sehe weder die Ausübung von Ermessen vor noch komme es auf die Verschuldensfrage an.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der den Kläger betreffenden Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen. Diese Akten haben vorgelegen und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig aber unbegründet.
Zu Recht hat das SG die Klage abgewiesen, denn die Änderung ab 01.07.2003 ist zu Recht erfolgt. Es besteht nämlich kein Anspruch des Klägers auf höhere Arbeitslosenhilfe von diesem Zeitpunkt an.
Die Höhe der Arbeitslosenhilfe ab 01.07.2003 beruht letztlich auf dem Verdienst des Klägers in der Zeit vom 01.01.93 bis 31.03.93, der für das Bemessungsentgelt des letzten Arbeitslosengeldes maßgebend war. Die in der Folgezeit vorgenommen Anpassungen des Bemessungsentgelts entsprachen jeweils den gesetzlichen Bestimmungen (ab 01.07.1996 §137 Abs. 2 b iVm. § 242 v Arbeitsförderungsgesetz – AFG -; von 1998 bis 2002 § 201 SGB III).
Rechtgrundlage für die Minderung des der Arbeitslosenhilfe zugrunde liegenden Bemessungsentgelts ab 01.07.2003 war § 200 Abs. 3 iVm § 330 Abs 3 Satz 2 SGB III. Gegenüber § 200 Abs. 3 SGB III in der ab 01.01.2003 geltenden Fassung – durch die § 201 SGB III abgelöst wurde – bestehen keine durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken (vgl Senatsurteil vom 16.06.2004 – L 12 AL 32/04 -; zu § 201 SGB III: BSG 07.02.2002 – B 7 AL 42/01 R – mwN.).
Die Höhe der Arbeitslosenhilfe im hier streitigen Zeitraum steht mit den Geschehnissen aus dem Jahr 1987 und den sich daran anschließenden Verfahren in keinem rechtlichen und tatsächlichen Zusammenhang.
Anhaltpunkte für eine Nichtigkeit der angefochtenen Bescheide bestehen nicht. Im Übrigen würde die vom Kläger vertretene Nichtigkeitsfolge der hier angefochtenen Bescheide Rechtsnachteile für den Kläger mit sich bringen. Ein Rechtsgrund für die von ihm bezogenen Leistungen wäre dann nämlich nicht mehr vorhanden. Eine Befugnis, vor Gericht Rechtsnachteile zu erstreiten, besteht indes nicht.
Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 183, 193 SGG.
Die Revision wird nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs 2 Nrn. 1 oder 2 SGG nicht vorliegen.
Erstellt am: 18.05.2005
Zuletzt verändert am: 18.05.2005