Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Detmold vom 08.11.2005 wird zurückgewiesen. Kosten sind im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Der Kläger wehrt sich mit der Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts (SG) Detmold, mit dem das SG die Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) aufgehoben hat. Im Hauptsacheverfahren ist die Aufhebung und Rückforderung der Bewilligung von Arbeitslosenhilfe (Alhi) streitig gewesen.
Der Kläger arbeitete während des Bezuges von Alhi in der Zeit vom 23.08. bis 25.08.2004 als Malerhelfer für den Zeugen L. Am 15.10.2004 meldete er sich erneut arbeitslos. Die Beklagte hob daraufhin die Bewilligung der Alhi für die Zeit vom 23.08. bis 14.10.2004 auf und verlangte die überzahlte Alhi erstattet (Bescheid vom 07.11.2004). Hiergegen erhob der Kläger Widerspruch zur Niederschrift und erklärte, er habe die Tätigkeit der Agentur für Arbeit leider nicht rechtzeitig mitgeteilt. Er sei nicht mit der Rückzahlung und Nichtzahlung der Alhi ab 26.08.2004 bis zum 14.10.2004 einverstanden, da er in dieser Zeit nicht gearbeitet habe, sondern weiterhin arbeitslos gewesen sei. Mit Widerspruchsbescheid vom 15.11.2004 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.
Mit der dagegen erhobenen Klage hat der Kläger zunächst sinngemäß vorgetragen, es könne nicht sein, dass der Zeuge D Q (sein Bruder) im Gegensatz zu ihm trotz gleichen Sachverhaltes die Alhi behalten dürfe. Sodann hat sich Rechtsanwältin T für den Kläger bestellt, PKH beantragt und wie folgt vorgetragen: Der Kläger habe noch vor Arbeitsaufnahme eine Veränderungsmitteilung per Post an die Beklagte geschickt, die aus nicht nachvollziehbarem Grund nicht zur Akte gelangt sei. Zusätzlich habe er sich – ebenso wie der Zeuge D Q – telefonisch bei der Beklagten gemeldet und die befristete Arbeitsaufnahme angezeigt. Hierfür hat der Kläger den Zeugen D Q und den Zeugen L ausdrücklich für die Mitteilung bereits vor Aufnahme der Beschäftigung benannt. Das SG hat dem Kläger daraufhin PKH bewilligt und Rechtsanwältin T beigeordnet (Beschluss vom 13.04.2005).
Im Erörterungstermin vom 20.10.2005 hat der Kläger vorgetragen, er habe die Agentur für Arbeit vorab von der Aufnahme der Beschäftigung bei dem Zeugen L schriftlich und telefonisch informiert. Das SG hat sodann die Zeugen L und D Q vernommen. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Niederschrift Bezug genommen. Der Kläger hat im Anschluss an die Beweisaufnahme den Rechtsstreit für erledigt erklärt.
Das SG hat daraufhin den Beschluss vom 13.04.2005 rückwirkend aufgehoben und sich zur Begründung auf § 124 Nr. 1 Zivilprozessordnung (ZPO) gestützt. Der Kläger habe wahrheitswidrig behauptet, dass er vor Aufnahme der Aushilfstätigkeit bei dem Zeugen L diese Arbeitsaufnahme sowohl schriftlich als auch mündlich der Beklagten angezeigt habe. Nur durch diesen wahrheitswidrigen Vortrag habe das Gericht die hinreichende Erfolgsaussicht bejaht.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Klägers, mit der dieser die Verletzung seines Rechts auf rechtliches Gehör durch das SG rügt und zudem vorträgt, es stehe nicht fest, dass er das Streitverhältnis unrichtig dargestellt habe.
II.
Der Senat kann entscheiden, ohne dem Kläger weiteres rechtliches Gehör gewähren zu müssen. Zusätzlichen Sachvortrag des Klägers hält der Senat nicht für erforderlich. Die zur Feststellung des Sachverhaltes erforderlichen Tatsachen ergeben sich mit hinreichender Deutlichkeit aus den vorliegenden Unterlagen. Im Hinblick darauf brauchte der Senat dem "vorsorglich" gestellten Antrag des Klägers auf Fristverlängerung zur weiteren Stellungnahme nicht zu entsprechen.
Die zulässige Beschwerde, der das SG nicht abgeholfen hat, ist unbegründet.
Der Beschluss des SG ist nicht im Hinblick auf die Rüge der Verletzung rechtlichen Gehörs aufzuheben. Denn das rechtliche Gehör ist im Abhilfeverfahren (§ 174 Sozialgerichtsgesetz [SGG]) ebenso wie im Beschwerdeverfahren gewährt worden, und der Senat hatte die Möglichkeit, das Vorbringen des Klägers zu berücksichtigen (vgl. BSG, Urteil v. 28.07.1977, 2 RU 31/77, BSGE 44, 207, 211 m.w.N.; im Übrigen allg.M.: Danckwerts in Hennig, SGG, § 62 Rdnr. 19; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, § 62 Rdnr. 11d; Littmann in Hk-SGG, § 62 Rdnr. 9; Rower-Kahlmann, § 62 SGG Rdnr. 54).
Nach § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 124 Nr. 1 ZPO kann das Gericht die Bewilligung der PKH aufheben, wenn der Beteiligte durch unrichtige Darstellung des Streitverhältnisses die für die Bewilligung der PKH maßgebenden Voraussetzungen vorgetäuscht hat. Der hierfür erforderliche, zumindest bedingt vorsätzlich unwahre Vortrag kann sich auch aus der nachfolgenden Beweisaufnahme ergeben (OLG Koblenz, Beschluss v. 22.03.1999, 2 W 69/99; OLG Naumburg, Beschluss v. 25.02.2003, 4 W 75/02).
Nach Maßgabe dieser Grundsätze sind die Voraussetzungen für eine Aufhebung der PKH im vorliegenden Fall erfüllt.
Der Kläger hat das Streitverhältnis unrichtig dargestellt. Er hat vorgetragen, er habe sich vorab schriftlich, außerdem telefonisch bei der Agentur für Arbeit gemeldet und die auf drei Tage befristete Arbeitsaufnahme angezeigt (Schriftsatz vom 18.03.2005), wobei auch die telefonische Mitteilung vor der Arbeitsaufnahme erfolgt sei (Schriftsatz vom 11.04.2005).
Diese Darstellung ist durch das Ergebnis der Beweisaufnahme widerlegt worden.
Zunächst ist erwiesen, dass der Kläger sich nicht vor Aufnahme der Beschäftigung beim Zeugen L schriftlich oder mündlich an die Agentur für Arbeit gewandt hat.
Der Zeuge D Q hat ausgesagt, er habe den Kläger während der ersten Frühstückspause gefragt, ob er sich auch schon bei der Agentur für Arbeit gemeldet habe. Das habe der Kläger verneint und daraufhin versucht, die Agentur mit dem Handy zu erreichen.
Es bestehen keine Bedenken, den Bekundungen des Zeugen zu folgen. Die Aussage ist in sich schlüssig und glaubhaft. Ausweislich der Niederschrift des Erörterungstermins ist der Kläger ihr auch nicht entgegengetreten und hat im Anschluss an die Beweisaufnahme den Rechtsstreit für erledigt erklärt. Der Zeuge hatte zudem keine erkennbare Veranlassung, zu Lasten des Klägers – der sein Bruder ist und ihn zudem ausdrücklich benannt hat – unwahr auszusagen.
Im Hinblick auf die Aussage des Zeugen D Q ist davon auszugehen, dass der Kläger die beabsichtigte Arbeitsaufnahme entgegen seinem Vortrag nicht schriftlich bei der Agentur angezeigt hat. Andernfalls wäre nicht zu erklären, wieso er nicht nur die entsprechende Frage des Zeugen verneint, sondern zusätzlich anschließend versucht hat, die Agentur telefonisch zu erreichen. Das Beweisergebnis steht zudem in Einklang mit den Angaben des Klägers im Widerspruchsverfahren, wonach er der Agentur für Arbeit die Beschäftigungsaufnahme nicht angezeigt hat. Schließlich hat der Kläger für die von ihm behauptete Anzeige auch keine weiteren Beweise angeboten: Weder konnte er benennen, mit wem er bei der Agentur telefoniert hat, noch hat er Unterlagen beigebracht (z.B. eine Ablichtung der Veränderungsmitteilung), die die vorgetragene schriftliche Anzeige belegen.
Es bestehen keine Bedenken anzunehmen, dass der Kläger im Verfahren vor dem SG zumindest bedingt vorsätzlich falsch ausgesagt hat. Er hat bei der Niederschrift seines Widerspruchs bei der Agentur für Arbeit in Herford ausdrücklich erklärt, er habe die Tätigkeit dort "leider nicht rechtzeitig mitgeteilt", und diese Erklärung mit seiner Unterschrift bestätigt. Gründe, wieso er aus eigener Erinnerung seinerzeit die Unwahrheit gesagt haben sollte, sind nicht erkennbar. Der Kläger hat solche Gründe auch auf ausdrücklichen Vorhalt seines widersprüchlichen Vortrags durch den Kammer-vorsitzenden und trotz anschließender Zwischenberatung mit seiner Prozess-bevollmächtigten außerhalb des Gerichtssaals nicht zu Protokoll gegeben.
Die unrichtige Darstellung des Streitverhältnisses ist schließlich auch für die Bewilligung der PKH ursächlich gewesen.
Aus den erstinstanzlichen Verfahrensakten ergibt sich, dass das SG die PKH im Anschluss an den unrichtigen Vortrag des Klägers bewilligt hat, er habe die Beschäftigungsaufnahme der Agentur für Arbeit (vorab) mitgeteilt. Im Hinblick darauf ist unbedenklich anzunehmen, dass dieser Vortrag des Klägers ursächlich für die Entscheidung des SG gewesen ist.
Das SG hätte PKH auch nicht aus einem anderen Gesichtspunkt bewilligen müssen. Insbesondere hat die beabsichtigte Rechtsverfolgung nicht deshalb Aussicht auf Erfolg gehabt, weil Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Kläger sich – insoweit abweichend von seinem Vortrag im Klageverfahren – nicht vor, aber unverzüglich nach der Beschäftigungsaufnahme an die Agentur für Arbeit gewandt hat, was nach § 122 Abs. 2 Nr. 2 Drittes Buch Sozialgesetzbuch noch ausgereicht hätte. Zwar hat der Zeuge D Q ausgesagt, er habe im Anschluss an die Frühstückspause "aus der Ferne gesehen", dass der Kläger telefoniert habe. Er gehe davon aus, dass der Kläger mit der Agentur gesprochen habe. Indessen beruht diese Schlussfolgerung nach eigenen Angaben des Zeugen auf der rein spekulativen Überlegung, er wisse nicht, mit wem der Kläger sonst telefoniert haben solle. Es kommt hinzu, dass der Kläger selbst zu keinem Zeitpunkt behauptet hat, er habe nach Aufnahme der Beschäftigung bei der Agentur angerufen. Vielmehr hat er noch im Erörterungstermin auf die ausdrückliche Frage des Kammervorsitzenden geantwortet, er habe sich "vor" Beginn der Tätigkeit bei der Beklagten gemeldet. Im Hinblick darauf hat der Senat keinerlei Anhaltspunkte für die Annahme, dass der Kläger im Anschluss an die Frühstückspause am 23.08.2005 mit der Agentur für Arbeit telefoniert hat.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 127 Abs. 4 ZPO.
Diese Entscheidung kann nicht mit der Beschwerde angefochten werden (§ 177 SGG).
Erstellt am: 10.05.2006
Zuletzt verändert am: 10.05.2006