Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 27. Februar 1997 abgeändert. Die Klagen werden abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind in beiden Instanzen nicht zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Umstritten ist, ob die Beklagte zu Recht die Bewilligung von Arbeitslosenhilfe ab dem 02.02.1996 aufgehoben hat.
Der am … geborene Kläger beantragte am 06.12.1995 die Bewilligung von Arbeitslosenhilfe für die Zeit ab 01.01.1996. Am 05.12.1995 hatte er die 2. juristische Staatsprüfung bestanden. Das Referendargehalt wurde ihm bis Ende Dezember 1995 gezahlt.
Mit Bescheiden vom 21.12.1995 und 09.01.1996 bewilligte die Beklagte dem Kläger Arbeitslosenhilfe vom 01.01. bis 28.12.1996 in Höhe von wöchentlich 259,80 DM. Die Ehefrau des Klägers hatte zu der Zeit kein Einkommen.
Am 15.01.1996 teilte der Kläger der Beklagten mit, daß seiner Frau durch Bescheid der Universität zu Köln vom 08.01.1996 ein Habilitationsstipendium im Rahmen des Lise-Meitner-Programms bewilligt worden sei. Das Stipendium von insgesamt 3.900,– DM monatlich setze sich zusammen aus einem Grundbetrag von 3.400,– DM, einem Sach- und Reisekostenzuschuß von 200,– DM und einem Kinderbetreuungszuschlag von 300,– DM. Die Bewilligung erfolgte für die Dauer von zwei Jahren. Die erste Auszahlung fand am 02.02.1996 statt.
Daraufhin teilte die Beklagte dem Kläger mit Bescheiden vom 23.01.1996, 15.04.1996 und 02.05.1996 mit, daß die Bewilligung von Arbeitslosenhilfe ab 02.02.1996 aufgehoben werde, weil unter Berücksichtigung des Einkommens seiner Ehefrau Bedürftigkeit nicht mehr gegeben sei. – Mit seinem Widerspruch wandte sich der Kläger gegen die Berücksichtigung des Stipendiums. In keinem Falle dürfe der volle Betrag angerechnet werden, sondern allenfalls der Grund betrag von 3.400,– DM. Weiterhin müßten Werbungskosten und Versicherungsbeiträge abgezogen werden. Der Anrechnung des Stipendiums stehe § 138 Abs. 3 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) entgegen. Die Leistung sei allein dafür bestimmt, seiner Frau bei der Erstellung der Habilitationsschrift zu helfen. Das Stipendium diene nicht zur Sicherung der allgemeinen Lebensführung. Das Fehlen des Verheiratetenzuschlages, wie er sonst im öffentlichen Recht gezahlt werde, zeige, daß das Stipendium nicht für die Erfüllung ehelicher Unterhaltspflichten gewährt werde.
Mit Widerspruchsbescheid vom 31.05.1996 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück und führte aus, bei dem nach § 138 Abs. 3 AFG zu berücksichtigenden Einkommen müsse es sich nicht um Arbeitsentgelt im Sinne von § 14 des Vierten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB IV) handeln. Zugrunde gelegt werden müsse der Grundbetrag von 3.400,– DM. Selbst wenn man Aufwendungen in Höhe von 667,84 DM als abzugsfähig anerkenne, verbleibe ein anzurechnendes Einkommen von wöchentlich 260,39 DM. Bei einem Leistungssatz des Klägers von 259,80 DM ergebe sich kein Auszahlungsbetrag.
Gegen den am 05.06.1996 zugestellten Widerspruchsbescheid hat der Kläger am 4.07.1996 Klage bei dem Sozialgericht in Köln erhoben. Er hat weiterhin die Auffassung vertreten, daß angesichts des besonderen Charakters des Stipendiums eine Berücksichtigung als an rechenbares Einkommen im Rahmen der Bedürftigkeitsprüfung nicht erfolgen dürfe. Es handele sich bei dem Stipendium um eine zweckgebundene Leistung zur Berufsausbildung.
Seit dem 29.02.1996 ist der Kläger als Rechtsanwalt selbständig tätig. Vor dem Sozialgericht hat der Kläger selbst beantragt, die Bescheide der Beklagten vom 23.01.1996, 15.04.1996 und 02.05.1996 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31.05.1996 insoweit aufzuheben, als sie den Zeitraum bis zum 28.02.1996 einschließlich betreffen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat an ihrer im Verwaltungs- und Widerspruchsverfahren vertretenen Rechtsauffassung festgehalten.
Mit Urteil vom 27.02.1997 hat das Sozialgericht der Klage entsprochen und die angefochtenen Bescheide insoweit aufgehoben, als sie die Zeit bis zum 28.02.1996 einschließlich betreffen. Das Sozialgericht hat die Auffassung vertreten: Bei dem Stipendium der Ehefrau des Klägers handele es sich um eine zweckgebundene Leistung im Sinne von § 138 Abs. 3 AFG, die nicht auf die Arbeitslosenhilfe des Klägers angerechnet werden dürfe. Die Nichtanrechnung erfolge weder deshalb, weil es sich bei dem Stipendium nicht um Entgelt im Sinne von § 14 SGB IV handele noch deshalb, weil die Leistung steuerfrei sei. Maßgebend für die Entscheidung sei, daß die Höhe des Stipendiums sich ausschließlich am Lebensalter des Stipendiaten, nicht aber an seinen Lebens- oder Familienstand orientiere. Mit dem Geld solle nur der eigene Lebensunterhalt zum Zweck der zügigen und zielgerichteten Erstellung der Habilitationsschrift abgedeckt werden. Der Grundbetrag von 3.400,– DM diene in keiner Weise auch zur Bestreitung des Lebensunterhaltes von Kindern oder Ehegatten. Die Begrenztheit des Stipendiums zeige sich auch darin, daß Versicherungen wie Kranken-, Unfall- und Haftpflichtversicherungen nicht im Stipendium enthalten seien, sondern vom Betreffen den selbst aufgebracht werden müßten. Die Zielgerichtetheit der Zuwendung aus dem Stipendium ergebe sich aus dem im Bewilligungsbescheid ersichtlichen Verpflichtungen, die der Stipendiat zu er füllen habe. Ein Vergleich mit dem Unterhaltsgeld nach dem AFG, welches vom Bundessozialgericht (BSG) als anrechenbar angesehen worden sei, komme nicht in Betracht. Das Unterhaltsgeld habe Lohnersatzfunktion und diene durchaus der Sicherung des allgemeinen Lebensunterhalts. Es sei in der Höhe abhängig vom Familienstrand.
Im Gegensatz hierzu werde das Stipendium im Grundbetrag unabhängig vom Familienstand und Elternschaft ausdrücklich nach dem Lebensalter berechnet.
Dieses mit einer falschen Rechtsmittelbelehrung versehene Urteil wurde der Beklagten am 07.04.1997 zugestellt. Sie hat zunächst am 02.05.1997 Berufung eingelegt. Auf einen entsprechenden Hinweis des Senates hin hat sie die Berufung zurückgenommen und am 30.03.1998 Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt. Daraufhin ist die Berufung vom Sozialgericht mit Beschluss vom 10.09.1998 zugelassen worden.
Die Beklagte vertritt die Auffassung, § 138 Abs. 3 Nr. 3 AFG stehe der Anrechnung des Stipendiums auf die Arbeitslosenhilfe des Klägers nicht entgegen. Vom Wesensgehalt dieser Vorschrift her würden nur solche Leistungen privilegiert, die einen besonderen Aufwand abgelten sollten; nicht zweckgebunden seien dagegen Leistungen, die als Lohnersatz dem allgemeinen Lebensunterhalt dienten. Bei einer Habilitation handele es sich dem Wesen nach nicht um eine Ausbildung, wie bereits das BSG entschieden habe. Eine Zweckgebundenheit zur Berufsausbildung sei daher zu verneinen. Das Stipendium der Ehefrau diene auch nicht einer besonderen Zweckbindung, indem es etwa einen besonderen Bedarf des Stipendiaten abdecken solle, sondern es diene in erster Linie der Sicherstellung des Lebensunterhaltes während der Dauer der Habilitation. Eine Zweckbindung des Stipendiums könne nur teilweise anerkannt werden. Der Stipendienbetrag weise neben dem Grundbetrag separat noch einen Kinderbetreuungszuschuß sowie einen Sach- und Reisekostenzuschuß aus. Diese Zuschüsse seien zweifelsfrei zweckgebunden und damit nicht anrechenbar. Der Grundbetrag diene dagegen zur Deckung der allgemeinen Lebenshaltungskosten. Auch die Steuerfreiheit des Stipendiums deute eher auf eine Anrechenbarkeit hin. Stipendien zur Förderung der wissenschaftlichen Fortbildung seien nämlich selbst dann steuerfrei, wenn sie nur für die Bestreitung des Lebensunterhalts bestimmt seien. Die Steuerbefreiung des Stipendiums könne somit für die Beurteilung des vorliegenden Sachverhalts nicht zu Gunsten des Klägers entscheidend sein.
Die Beklagte beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 27.02.1997 abzuändern und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen und die Beklagte unter Abänderung des Urteils des Sozialgerichts Köln vom 27.02.1997 zu verurteilen, ihm Arbeitslosenhilfe auch für die Zeit vom 29.02.1996 bis 31.05.1996 zu gewähren.
Der Kläger hält das angefochtene Urteil hinsichtlich der Zeit bis zum 28.02.1996 für zutreffend. Beim Stipendium seiner Ehefrau handele es sich um eine zweckgebundene Leistung. Dies folge daraus, daß der Ehefrau die staatlichen Leistungen allein zum Zwecke der Anfertigung einer Habilitationsschrift und zur Vorbereitung für die spätere Professur bewilligt worden seien. Die Habilitationsschrift sei für den Einstieg in den wissenschaftlichen Dienst als Professor an einer Hochschule unabdingbar, so daß die Habilitation als Berufsausbildung zu werten sei. Die Zweckgebundenheit des bewilligten Stipendiums zeige sich auch darin, daß ein Widerruf des Bewilligungsbescheides jederzeit möglich sei, wenn die vergebenen Mittel nicht zweckentsprechend verwendet würden oder das Vorhaben abgebrochen werde. Die Zweckbindung zeige sich darin, daß die Stipendiatin ihre Arbeitskraft auf das Habilitationsvorhaben zu konzentrieren habe. Zutreffend habe das Sozialgericht darauf hinge wiesen, daß das Stipendium unabhängig vom Familienstand gewährt werde und folglich mit dem zur Verfügung gestellten Geld nur der eigene Lebensunterhalt zum Zwecke der zügigen und zielgerichteten Erstellung der Habilitationsschrift abgedeckt werden sollen. Dies zeige sich auch daran, daß der Grundbetrag von 3.400,– DM stets konstant bleibe, unabhängig davon, ob Kinder vorhanden seien oder nicht. Der Grundbetrag diene ersichtlich nicht der Bestreitung des Unterhalts dritter Personen. Er beinhalte noch nicht einmal die notwendigen Aufwendungen zum Abschluß notwendiger Versicherungen. Eine andere Betrachtung führe zu dem nicht nachvollziehbaren Ergebnis, daß der Stipendiat die im Falle einer privaten Krankenversicherung zu entrichtenden erheblichen Beiträge nicht nur für sich, sondern auch für den Ehegatten zu entrichten hätte. Dies würde jedoch zu einer solchen Minderung des dem Stipendiaten zur Verfügung stehenden Etats führen, daß der mit der Zahlung des Stipendiums verfolgte Zweck gefährdet werde. Das Stipendium könne auch nicht, wie vom Sozialgericht zutreffend ausgeführt, mit der Zahlung von Übergangsgeld im Sinne des AFG verglichen werden.
Der Kläger begehrt im Termin zur mündlichen Verhandlung am 01.09.199 erstmals die Zahlung von Arbeitslosenhilfe bis zum 31.05.1996. Die erfolgte Einschränkung auf die Zeit bis zum 28.02.1996 sei zu Unrecht erfolgt. Zwar sei er ab 29.02.1996 selbständig als Rechtsanwalt tätig, diese Tätigkeit sei jedoch vom zeitlichen Aufwand her bis Ende Mai 1996 so geringfügig gewesen, daß dies der Gewährung von Arbeitslosenhilfe nicht entgegengestanden habe.
Die Beklagte hat der Klageänderung widersprochen.
Der Senat hat dem Kläger aufgegeben, Unterlagen und Belege für Aufwendungen vorzulegen, die von Stipendium abzuziehen sein könnten, wenn man es als anrechenbar ansehen sollte. Der Kläger hat mitgeteilt, daß er hiervon absehen wolle.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der den Kläger betreffenden Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen. Diese Akten waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig. Zwar war bei Einlegung der Berufung nur ein Betrag von 995,90 DM (23 Tage x 43,30 DM) streitig, worauf der Senat die Beteiligten mit Verfügung vom 10.03.1998 hingewiesen hat. Jedoch war das angefochtene Urteil mit einer unzutreffenden Rechtsmittelbelehrung versehen, so daß die am 30.03.1998 eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten gemäß § 66 Abs. 2 SGG noch rechtzeitig war. Da das Sozialgericht der Beschwerde abgeholfen und die Berufung zugelassen hat, war das Verfahren gemäß § 145 Abs. 5 S. 1, 1 HS SGG als Berufungsverfahren fortzusetzen.
Die in zweiter Instanz erhobene Klage auf Zahlung von Arbeitslosenhilfe auch für die Zeit vom 29.02. bis 31.05.1996 war als unzu lässig abzuweisen. Dem Kläger war ursprünglich Arbeitslosenhilfe bis zum 28.12.1996 bewilligt worden. Mit der Aufhebung dieser Bewilligung ab 02.02.1996 wird also auch die Zeit vom 29.02. bis 31.05.1996 erfaßt. Der Kläger hat jedoch in erster Instanz sein Klagebegehren ausdrücklich auf die Zeit bis zum 28.02.1996 beschränkt. Eine solche Beschränkung des Klageantrages ist zulässig. Damit wurden die ursprünglich angefochtenen Bescheide für die Zeit ab dem 29.02.1996 bestandskräftig. Der erstmals in zweiter Instanz vorgetragene Sachverhalt für die Zeit ab 29.02.1996 ist völlig neu. Bis zum 28.02.1996 war zu prüfen, ob das Stipendium der Ehefrau bei der Arbeitslosenhilfe des arbeitslosen Klägers anzurechnen war oder nicht. Hiermit haben sich die Beklagte im Verwaltungs- und Widerspruchsverfahren und das Sozialgericht auseinandergesetzt. Nunmehr aber stellt sich die zusätzliche Frage, in wie weit trotz Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit in zeitlicher Hinsicht noch Verfügbarkeit angenommen werden kann und ob nunmehr nicht eigenes Einkommen aus Erwerbstätigkeit den Anspruch aus schließen könnte. Eine solche Klageänderung, der die Beklagte ausdrücklich widersprochen hat, hält der Senat nicht für sachdienlich im Sinne von § 99 SGG. Auch § 99 Abs. 3 Nr. 3 SGG greift nicht ein, da jedenfalls der Klagegrund für die Zeit ab 29.02.1996 er weitert wird.
Die Berufung bezüglich der Zeit vom 02.02. bis 28.02.1996 erweist sich als begründet. Die Klage war auch bezogen auf diesen Zeitraum abzuweisen, weil der Kläger durch die angefochtenen Bescheide nicht beschwert ist. Die Beklagte hat die Bewilligung von Arbeitslosenhilfe ab 02.02.1996 zu Recht aufgehoben. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Arbeitslosenhilfe ab dem 02.02.1996, weil das Stipendium seiner Ehefrau entgegen der Auffassung des Sozialgerichtes auf seine Arbeitslosenhilfe anzurechnen ist und der Anrechnungsbetrag seinen Leistungsanspruch übersteigt, so daß sich ein Auszahlungsbetrag für ihn nicht ergibt.
Dem Kläger wurde für die Zeit nach Beendigung seiner Referendarausbildung ab 01.01.1996 Arbeitslosenhilfe in Höhe von 259,80 DM zuerkannt. Diese Entscheidung war rechtmäßig. Der Kläger war arbeitslos, hatte Arbeitslosenhilfe beantragt, stand der Arbeitsvermittlung zur Verfügung und war bedürftig im Sinne des § 134 AFG. Der Kläger war insbesondere nicht erwerbstätig, seine Ehefrau bezog keine Leistungen, die nach § 138 AFG als Einkommen anrechnungsfähig gewesen wären. Dies hat sich ab dem 02.02.1996 geändert. An diesem Tag ist der Ehefrau erstmals die Leistung in Höhe von 3.900,– DM aus dem Stipendium zugeflossen. Hierbei handelt es sich um eine wesentliche Änderung im Sinne des § 48 Abs. 1 S. 1 SGB X, die Beklagte berechtigt, den Verwaltungsakt über Bewilligung von Arbeitslosenhilfe mit Wirkung für die Zukunft ab Änderung der Verhältnisse aufzuheben. Dies hat die Beklagte auch gesetzeskonform umgesetzt.
Seit dem 02.02.1996 bezog die Ehefrau des Klägers fortlaufend monatlich ein Stipendium im Rahmen des Lise-Maitner-Programms zur Vorbereitung ihrer Habilitation von 3.900,– DM monatlich. In Höhe von 3.400,– DM (Grundbetrag des Stipendiums) ist dieser Geldzufluß als Einkommen nach § 138 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AFG auf die Arbeitslosenhilfe des Klägers anzurechnen. Das Habilitationsstipendium ist entgegen der Ansicht des Klägers und des Sozialgerichtes nicht nach § 138 Abs. 3 Nr. 3 AFG von der Anrechnung ausgeschlossen. Es ist weder als Leistung zur Berufsausbildung noch als sonstige zweckgebundene Leistung anzusehen.
Die Vorbereitung auf die Habilitation ist keine Berufsausbildung im Sinne von § 138 Abs. 3 Nr. 3 AFG. Berufsausbildung liegt nur dann vor, wenn es sich dem Wesen nach um eine Ausbildung handelt und diese dazu dient, Fähigkeiten zu erlangen, die die Ausübung des zukünftigen Berufes ermöglichen. Sie setzt ein echtes Ausbildungsverhältnis voraus, das nach Inhalt und zeitlicher Gestaltung sowie Leistungskontrolle einem von vornherein festgelegten Plan entspricht und sich an einem bestimmten Ausbildungsziel orientiert. Dazu gehört in der Regel, daß sachkundige verantwortliche Ausbilder bestellt sind, die den Ausbildenden anleiten, belehren und ihn mit dem Ziel unterweisen, ihm die für den erstrebten Beruf notwendigen Kenntnisse und Fähigkeiten zu vermitteln. Einen derartigen Ausbildungscharakter hat die Habilitation nicht. Für den von der Ehefrau erstrebten Beruf einer Hochschullehrerin sind zwar außer einem abgeschlossenen Hochschulstudium u.a. die Promotion und nachfolgend die Habilitation regelmäßig Einstellungsvoraussetzungen. Dies rechtfertigt es jedoch nicht, die Habilitation als Berufsausbildung zu qualifizieren, denn sie dient dem Nachweis der Befähigung zu eigenständiger wissenschaftlicher Arbeit bzw. zusätzlichen wissenschaftlichen Leistungen. Sie erfolgt weder nach einem bestimmten, festen Zeitplan noch ist eine Leistungskontrolle bzw. Unterweisung oder Belehrung durch einen Ausbilder festgelegt. Die im Einzelfall erfolgende Betreuung durch einen "Habilitationsvater" ist einem geregelten Ausbildungsgang nicht vergleichbar. Dies ist vom Bundessozialgericht (BSG) bereits mit Urteil vom 21.03.1996 – 11 RAr 95/95 – entschieden worden. Der Senat schließt sich dieser Rechtsprechung des BSG an.
Der Umstand, daß nicht von Ausbildung gesprochen werden kann, führt jedoch nicht zwangsläufig zur Anrechenbarkeit des Stipendiums. Es war ferner zu prüfen, ob es sich nicht um eine sonstige zweckgebundene Leistung im Sinne von § 138 Abs. 3 Nr. 3 AFG handelt. Die Bezeichnung "zweckgebunden" ist nicht so eng auszulegen, daß darunter lediglich solche Leistungen zu verstehen wären, die der Empfänger nur zu dem im Gesetz oder in einer Vereinbarung vor gesehenen Zweck verwenden darf und bei denen der Leistende ein Kontrollrecht oder einen Einfluß auf die Verwendung hat. Vielmehr fallen darunter auch solche Beträge, die aus einem bestimmten Anlaß sowie in einer bestimmten Erwartung gegeben werden und die der Empfänger zwar im allgemeinen für einen bestimmten Zweck verwenden wird, ohne daß er jedoch dazu angehalten werden könnte. Die vom Gesetzgeber vorgenommene Aufzählung in § 138 Abs. 3 Nr. 3 AFG ist nicht erschöpfend, gleichartig privilegierte Leistungen sind eben falls anrechnungsfrei (vgl. BSG SozR 4100 § 138 Nr. 13; BSG in SozR 3 4100 § 138 Nr. 1 mit weiteren Nachweisen). Als zweckgebun den in diesem Sinne sieht der Senat den Kinderbetreuungszuschuß in Höhe von 300,– DM an, da die Kinderbetreuungskosten nachgewiesen werden müssen und ein Differenzbetrag zurückzuzahlen ist (vgl. Ziffer II 1 b des Lise-Meitner-Programms). Auch der Sach- und Reisekostenzuschuß in Höhe von 200,– DM (vgl. Ziffer II 1 c) ist in diesem Sinne zweckgebunden. Bei dem Grundbetrag von 3.400,– DM vermag der Senat im Gegensatz zu dem Kläger und dem Sozialgericht eine Zweckbindung nicht zu erkennen. Nicht als von der Anrechnung ausgenommene zweckgebundene Leistungen im Sinne des § 138 Abs. 3 Nr. 3 AFG sind nämlich solche Leistungen, deren Zweck darin besteht, dem allgemeinen Lebensunterhalt des Empfängers zu dienen (vgl. BSG a.a.O.).
Zur Überzeugung des Senates dient der Grundbetrag im wesentlichen dem Lebensunterhalt der Ehefrau des Klägers. Der Umstand, daß keine familienbezogenen Leistungen gewährt werden und sich die Ehefrau selbst um ihre Kranken-, Renten- und Unfallversicherung kümmern muß, stehen dem nicht entgegen. Das Stipendium wird hochqualifzierten Wissenschaftlerinnen gewährt, die sich dadurch voll auf ihre Habilitation konzentrieren können. Ihnen wird dadurch "der Rücken frei gehalten", um sich ihrer Habilitation widmen zu können. Diese allgemeine Zweckbindung reicht jedoch nicht aus, eine Anrechnung nach § 138 Abs. 3 nr. 3 AFG auszuschließen. Zur Überzeugung des Senates muß auf die Zweckbindung des Geldes abgestellt werden. Das Stipendium dient grade dazu, den Lebensunterhalt der Ehefrau wegen der Inanspruchnahme durch die Habilitation sicherzustellen. Dafür spricht auch, daß das Stipendium nicht gewährt wird, soweit Übergangsgelder aus öffentlichen Kassen zu stehen. Solche Übergangsgelder sind aber nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes (Urteil vom 21.03.1996), anrechenbar im Sinne der vorgenannten Vorschrift. Zwar wurde Übergangsgeld im Falle des BSG in einem Betrag ausbezahlt. Es kann jedoch zur Überzeugung des Senates keinen Unterschied machen bei der Anrechnung nach § 138 Abs. 3 Nr. 3 AFG, ob der Betrag in einer Summe oder monatlich laufend ausgezahlt wird.
Auch wenn das Stipendium keine familienbezogenen Anteile enthält, ist die Anrechnung sachgerecht. Auch Arbeitsentgelt wird in der freien Wirtschaft nicht familienbezogen gewährt. Es unterliegt je doch keinem Zweifel, daß Arbeitsentgelt eines Ehegatten anrechnungsfähig ist. Ist dieses so hoch, daß (bei Berücksichtigung aller Freibeträge), noch ein Unterhaltsbeitrag für den Ehegatten geleistet werden kann, so ist die Anrechnung geboten. Der Senat vermag nicht zu erkennen, warum dies bei dem Grundbetrag des Stipendiums anders sein sollte. Rein theoretisch könnte auch ein wohlhabender Bekannter des Habilitanden einen Zuschuß mit gleicher Intension wie beim Lise-Meitner-Programm gewähren und dies in nach oben unbegrenzter Höhe. Die Anrechnung ist sozial geboten, um Mißbräuchen vorzubeugen. Je geringer das Stipendium oder die freiwillige Leistung eines Dritten ist, desto weniger werden sich durch die Berücksichtigung von Freibeträgen sozial ungerechtfertigte Ergebnisse ergeben.
Der Umstand, daß das Stipendium bei Vernachlässigung der Habilitation möglicherweise zurückgefordert werden kann, ist kein Grund, von der Anrechnung abzusehen. Auf einen eventuellen Erstattungsanspruch, der sich nur bei vertrauenswidrigem Verhalten des Begünstigten realisiert, kann man sich nicht berufen (vgl. BSG Urteil vom 18.03.1999 – B 14 KG 5/98 R-).
Wenn aber der Grundbetrag des Stipendiums der Ehefrau des Klägers auf die Arbeitslosenhilfe des Klägers anzurechnen ist, dann ergibt sich für den Kläger kein Zahlbetrag, so daß die Entscheidungen der Beklagten auch rechnerisch zu bestätigen waren. Im Februar 1996 hatte der Kläger Anspruch auf Arbeitslosenhilfe in Höhe von 259,80 DM pro Woche. Das anrechenbare Einkommen der Ehefrau betrug 3.400,– DM im Monat. Von diesem Betrag sind abzusetzen:
– Freibetrag nach § 138 Abs. 1 Satz 2 AFG 1.203,80 DM
– Kinderfreibetrag (Düsseldorfer Tabelle Stand 0101.1996) 435,– DM
– Krankenversicherung Ehefrau 473,50 DM
– Unfallversicherung Ehefrau 37,40 DM
– Lebensversicherung der Ehefrau (abzüglich Angaben im Termin vom 01.09.1999) 14,50 DM
Damit sind 2.164,20 DM abzusetzen, so daß ein anrechenbares Ein kommen in Höhe von 1.235,80 DM verbleibt. Diese Abzüge hält der Senat nach der allgemeinen Lebenserfahrung für üblich und damit für glaubhaft. Weitere Absetzungen hätten sich aufgrund entsprechender Nachweise ergeben können. Der Kläger hat jedoch trotz entsprechender Aufforderung durch den Senat keine weiteren Belege vorgelegt. Die Kraftfahrzeugversicherung, die eigene Lebensversicherung und die Familienversicherung waren daher mangels Nach weises nicht absetzbar. Ausgehend von einem anrechnungsfähigen Einkommen der Ehefrau von 1.235,80 DM (dieses x 3: 13) ergibt sich ein wöchentliches anrechenbares Einkommen in Höhe von 285,18 DM. Damit übersteigt der wöchentliche Anrechnungsbetrag von 285,18 DM den Leistungsbetrag des Klägers in Höhe von 259,80 DM. Die Be klagte hat somit im Ergebnis zutreffend entschieden, daß sich für den Kläger ab 02.02.1996 kein Auszahlungsbetrag an Arbeitslosenhilfe mehr ergibt.
Auf die Berufung der Beklagten war somit das angefochtene Urteil abzuändern und die Klage in vollem Umfang abzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 183, 193 SGG.
Der Senat hat die Revision zugelassen, weil er der Frage grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG beigemessen hat, ob Bezüge (der Ehefrau) aus einem Habilitationsstipendium nach § 138 Abs. 3 Nr. 3 AFG auf die Arbeitslosenhilfe des Leistungsbeziehers anzurechnen sind.
Erstellt am: 19.08.2003
Zuletzt verändert am: 19.08.2003