Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Aachen vom 06.01.2006 wird zurückgewiesen. Die Antragsgegnerin trägt die erstattungsfähigen außergerichtlichen Kosten des Antragstellers in beiden Rechtszügen.
Gründe:
I.
Der Antragsteller begehrt von der Antragsgegnerin die Bewilligung von (weiteren) Heizkosten.
Die 1975 geborene Antragsteller zu 1) sowie die 1972 geborene Antragstellerin zu 2), seine Ehefrau, stehen seit Januar 2005 im Leistungsbezug nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II). In ihrem Haushalt lebt als Pflegekind die 1996 geborene T K, die neben Kindergeld auch Pflegegeld erhält.
Am 25.10.2005 beantragte der Antragsteller die Gewährung einer Einmalzahlung für Heizkosten. Er benötige für die kommende Heizperiode etwa 2000 Liter Heizöl. Für das bereits seit dem 01.07.2005 bewohnte Einfamilienhaus waren durch die Antragsgegnerin bereits zuvor monatliche Heizkostenabschläge gewährt worden. Bei dem von den Antragstellern bewohnten Haus handelt es sich um ein erstmals im Jahre 1982 bezugsfertiges freistehendes Einfamilienhaus, das über Fenster mit Isolierglas, wärmendes Mauerwerk mit Hohlschicht und Blender sowie einen Fußboden mit Wärmeisolierung verfügt. Eine Wärmeisolierung des Dachs fehlt.
Mit Bescheid vom 15.11.2005 stellte die Antragsgegnerin fest, den Antragstellern stehe für die Heizperiode 2005/2006 bzw. den Zeitraum 01.07.2005 bis 30.06.2006 insgesamt ein (Heizkosten-) Betrag von 442,50 EUR zu, wobei bereits ein Betrag von 296,52 EUR ausgezahlt worden sei. Die Antragsgegnerin legte bei der Berechnung der angemessenen Heizkosten die Werte aus dem Runderlass des Finanzministeriums zu § 13 Abs. 1 Satz 1 der Dienstwohnungsverordnung (DWVO) sowie eine angemessene Wohnungsgröße von 75 qm für den Dreipersonenhaushalt zugrunde. Laut DWVO sei hier ein Betrag von 5,90 EUR je Quadratmeter anzuerkennen.
Hiergegen haben die Antragsteller am 23.11.2005 Widerspruch eingelegt und um Erläuterung der Berechnung gebeten. Sie haben vorgetragen, bei Mietbeginn zum 01.07.2005 sei ein Restbestand Heizöl von etwa 300 Litern vom Vormieter übernommen worden. Ende November 2005 hätten sie etwa 500 Liter Heizöl bezogen. Diese Menge werde allenfalls bis Mitte Januar ausreichen. Zum Nachweis haben die Antragsteller eine Rechnung der Firma Florack Brennstoffe vom 29.11.2005 über einen Betrag von 352,64 EUR für 500 Liter Heizöl vorgelegt.
Am 02.02.2006 haben die Antragsteller beim Sozialgericht (SG) Aachen beantragt, die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zur verpflichten, ihnen 700 Liter Heizöl zur Verfügung zu stellen. Die Wohnung könne derzeit nur sehr notdürftig durch einen Gasbrenner beheizt werden. Zur Glaubhaftmachung hat der Antragsteller zu 1) eine Eidesstattliche Versicherung vom 31.01.2006 überreicht. Er hat darauf hingewiesen, dass der gesamte Heizölvorrat seit Mitte Januar verbraucht sei.
Das SG Aachen hat ausweislich eines Aktenvermerks vom 06.02.2006 bei der Firma Heizöl D um eine Einschätzung des jährlichen Heizölverbrauchs für das von den Antragstellern bewohnte Haus gebeten. Danach sei insgesamt ein Verbrauch von etwa 3000 Litern Heizöl zu erwarten.
Die Antragsgegnerin hat sich auf Grund einer Neuberechnung mit Schreiben vom 06.02.2006 bereit erklärt, einen weiteren Betrag von 37,27 EUR zu zahlen. Sie hat vorgetragen, es handele sich nicht um ein freistehendes Einzelhaus und dies befinde sich nicht in besonders ungeschützter Lage. Es errechneten sich lediglich 5 Mängelpunkte, weshalb die Antragsgegnerin von einer guten Isolierung (Wärmeklasse I) ausgehe. Ausgehend von der DWVO ergäbe sich grundsätzlich ein Betrag von 7,38 EUR pro Quadratmeter als Mittelwert für sämtliche Wohnungen, egal ob sie gut oder schlecht isoliert seien. Die Antragsgegnerin weiche je nachdem, ob es um eine gute oder schlechte Isolierung gehe, um 30 % nach oben oder unten ab, so dass sich vorliegend der Betrag von 5,90 EUR pro Quadratmeter und Jahr ergebe. Der Umstand, dass die Ende November 2005 erhaltenen 500 Liter Heizöl bereits Mitte Januar verbraucht gewesen seien, spreche dafür, dass sich die Antragsteller unwirtschaftlich verhalten hätten. Im Übrigen hätten die Antragsteller im Zeitraum 19.03.2005 bis September 2005 Leistungen in Höhe von 341,57 EUR zu Unrecht erhalten. Von diesem Betrag könne auch Heizöl angeschafft werden.
Mit Beschluss vom 06.02.2006 hat das Sozialgericht die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, den Antragstellern weitere Heizkostenbeihilfe in Höhe von 580,- EUR zu zahlen. Im Übrigen hat es den Antrag abgewiesen. Zu Begründung hat das Sozialgericht ausgeführt, entgegen den Angaben der Antragsgegnerin handele es sich bei dem von den Antragstellern bewohnten Haus um ein freistehendes Einfamilienhaus. Ausgehend von der Auskunft des befragten örtlichen Heizölhändlers sei von einem Jahresverbrauch von mindestens 3000 Litern Heizöl auszugehen. Selbst wenn man berücksichtige, dass bei Mitaufnahme eines Pflegekindes lediglich 2/3 der Heizkosten und zwar nur für eine als angemessen zu erachtende Größe von 75 qm berücksichtigt werden könnten, ergebe sich ein Anspruch auf Heizkostenbeihilfe in Höhe von weiteren 580,- EUR. Für 3000 Liter Heizöl sei ein Betrag in Höhe von 2115,84 EUR in Ansatz zu bringen.
Gegen den ihr am 09.02.2006 zugestellten Beschluss hat die Antragsgegnerin am 09.03.2006 Beschwerde eingelegt. Die Orientierung an den Mittelwerten aller Heizkostenabrechnungen für an dienstliche Versorgungleitungen angeschlossene bundeseigene Wohnungen sei sachgerecht. Der von der Antragsgegnerin als angemessen angesehene Betrag liege über dem vom Deutschen Mieterbund veröffentlichten aktuellen Betriebs- und Heizkostenspiegel für die Bundesrepublik Deutschland sowie speziell für Nordrhein-Westfalen. Es sei nicht nachvollziehbar, dass das Gericht die hierfür verwendeten Kriterien zur Berechnung der angemessenen Kosten für nicht geeignet halte. Es sei auch nicht plausibel dargelegt, dass speziell das Einfamilienhaus der Antragsteller mehr Energie benötige als eine Wohnung. Auch Wohnungen in Mietshäusern hätten bekanntlich mindestens zwei Seiten hin zur Außenluft. Sicherlich ließen sich auch einzelne Räume des Hauses der Antragsteller von der Beheizung ausnehmen. Es sei nicht nachvollziehbar, dass das Gericht ohne weiteres den Angaben eines telefonisch befragten örtlichen Heizölhändlers folge. Mehr als die anerkannten 295,04 EUR Heizkosten könnten auch nicht darlehensweise gemäß § 23 SGB II gewährt werden. Das Gericht nehme offenbar Bezug auf die tatsächlichen Aufwendungen. Das Gesetz sehe insoweit aber als Obergrenze die angemessenen Aufwendungen an. Schließlich sei darauf hinzuweisen, dass nur der Bedarf der Antragsteller sicherzustellen sei und nicht der des Pflegekindes, das 693,- EUR Pflegegeld zzgl. 154,- Kindergeld erhalte. Die Antragsteller hätten "ruhig auch einmal das überschüssige Pflegegeld einsetzen können". Wenn die Antragsteller zum Zeitpunkt des Antrags kein Heizöl mehr gehabt hätten, dann hätten sie unwirtschaftlich geheizt. Es könne nicht zu Lasten der Allgemeinheit gehen, wenn die Antragsteller wissentlich eine unangemessen große Wohnung anmieteten. Das Sozialgericht habe schließlich außer Acht gelassen, dass die Antragsteller im Jahr 2005 Leistungen in Höhe von 341,57 EUR zu Unrecht erhalten hätten.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Beschluss des Sozialgerichts Aachen vom 06.02.2006 abzuändern und den Antrag abzulehnen.
Die Antragsteller beantragen,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie halten die Ausführungen des Sozialgerichts für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf den Inhalt der Verwaltungsakte des Antragsgegners sowie der Gerichtsakte, der der Entscheidung des Senats zu Grunde liegt.
II.
Die zulässige Beschwerde ist unbegründet.
Die Entscheidung des Sozialgerichts Aachen vom 06.02.2006 ist im Ergebnis nicht zu beanstanden; vielmehr hat es die Voraussetzungen für den Erlass der beantragten einstweiligen Anordnung, soweit es dem Antrag stattgegeben hat, zu Recht bejaht. Insoweit wird zunächst auf die Ausführungen im angefochtenen Beschluss verwiesen (§ 142 Abs. 2 Satz 3 Sozialgerichtsgesetz [SGG]). Auch zur Überzeugung des Senat sind die Voraussetzungen der begehrten Regelungsanordnung nach § 86 b Abs. 2 Satz 2 SGG, nämlich das Bestehen eines Anordnungsanspruchs sowie eines Anordnungsgrundes für die Gewährung von Heizkosten, glaubhaft gemacht.
Leistungen für Unterkunft und Heizung werden gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen sind. Vorliegend ergibt sich die Höhe der laufenden Kosten für die Heizung nicht aus dem Mietvertrag und auch nicht aus Vorauszahlungsfestsetzungen der Energieversorgungsunternehmen, die somit auch keine Vermutung der Angemessenheit der tatsächlich erfolgten Aufwendungen (vgl. etwa LSG NRW, Beschluss vom 01.08.2005, Az.: L 19 B 68/05 AS ER) begründen können. Als konkreter Anhaltspunkt für den tatsächlichen Verbrauch an Heizöl liegt derzeit allein der behauptete Verbrauch von 500 Litern Heizöl im Zeitraum 28.11.2005 bis Mitte Januar 2006 vor. Die Überlegungen des Sozialgerichts, aus der Auskunft eines örtlichen Heizölhändlers und einem danach zu erwartenden Mindestverbrauch von 3000 Litern Heizöl pro Heizperiode nicht auf ein unwirtschaftliches Verhalten der Antragsteller zu schließen, sind nicht zu beanstanden.
Die dagegen gerichtete Argumentation der Antragsgegnerin übersieht, dass die Frage der Angemessenheit der Heizkosten schon nach dem Gesetzeswortlaut nicht losgelöst von den tatsächlichen Aufwendungen und damit vom konkreten Einzelfall zu beurteilen ist. Die Höhe der Heizkosten hängt von einer Vielzahl von Faktoren ab, die durch die Antragsgegnerin nicht sämtlich in ihre Überlegungen mit einbezogen wurden. Zwar hat sie die baulichen Voraussetzungen zum Teil berücksichtigt. Sie hat aber bereits verkannt, dass es sich bei dem bewohnten Einfamilienhaus um ein freistehendes Familienhaus handelt, welches zudem auch im Umfeld eine nur lose Bebauung aufweist. Insoweit vermag der Senat das Vorbrigen der Antragsgegnerin nicht ohne Weiteres nachzuvollziehen, das SG habe nicht dargelegt, warum bei dem Einfamilienhaus höhere Heizkosten zu vermuten seien als bei den der DWVO zu Grunde liegenden Mietwohnungen. Denn schließlich können etwa auch der Wirkungsgrad und Wartungszustand der Heizungsanlage die Höhe der Heizkosten ebenso beeinflussen wie etwa die Zahl der Heiztage und die absoluten Außentemperaturen (vgl. etwa Berlit in: LPK – SGB XII, § 22 RdNr. 51). Der Senat verweist im Übrigen auf die Vorschrift des § 29 Abs. 3 Satz 3 SGB XII, die zur Bestimmung der anzulegenden Maßstäbe auch für die Leistungen nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II durchaus geeignet erscheint.
Die erschwerte und ggf. nicht ohne weitere Ermittlungen zu treffende Feststellung, wann Heizkosten " angemessen" sind, ist in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes – wie hier – vielfach abschließend nicht möglich. Sie wird im Hauptsacheverfahren ggf. durch Einholung eines Sachverständigengutachtens zu treffen sein.
Quadratmeterbezogene Richtwerte können danach auch zur Überzeugung des Senats nur einen Anhaltspunkt geben, der nach Maßgabe der Besonderheiten des Einzelfalls zu überprüfen ist (vgl. Berlit a.a.O.).
Für ein unwirtschaftliches Heizverhalten der Antragsteller fehlen derzeit hinreichende Anhaltspunkte. Soweit die Antragsgegnerin in der Beschwerdebegründung darauf hinweist, dass die angemietete Wohnfläche von 120 qm den Maßgaben des § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II nicht entspricht, hat das SG diesem Umstand dadurch Rechnung getragen, dass es seinen Berechnungen eine angemessene Wohnungsgröße von lediglich 75 qm zu Grunde gelegt hat. Schließlich hat das SG auch den Umstand, dass im Haushalt der Antragsteller ein Pflegekind wohnt, dadurch berücksichtigt, dass es lediglich 2/3 der gesamten Heizkosten anerkannt hat.
Der Senat vermag auch den Ausführungen der Antragsgegnerin zum Vorliegen eines Anordnungsgrundes nicht zu folgen. Das Pflege- und Kindergeld des Pflegekindes ist nicht zur Sicherung des Lebensunterhalts der Antragsteller einzusetzen. Hinsichtlich der vermeintlichen Überzahlung im Jahr 2005 in Höhe von 341,57 EUR, von der die Antragsgegnerin annimmt, sie stehe den Antragstellern weiterhin zur Verfügung, ist darauf hinzuweisen, dass es sich diesbezüglich hinsichtlich des Vorhandenseins des Geldes um reine Mutmaßungen handelt und im Übrigen nicht ersichtlich ist, dass der Rückfordungsbescheid vom 07.07.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.02.2006 bestandskräftig geworden wäre. Angesichts der insbesondere im vergangenen Winter herrschenden Witterungsverhältnisse wäre ein weiteres Zuwarten nach den Umständen des Einzelfalls nicht zumutbar gewesen.
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 177 SGG.
Erstellt am: 06.12.2006
Zuletzt verändert am: 06.12.2006