I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist die Bezugsdauer des an die Klägerin zu zahlenden Elterngeldes. Die Klägerin ist die Mutter des am 2007 geborenen Kindes S … Sie beantragte am 07.12.2007 die Gewährung von Elterngeld für die Lebensmonate 1 –12. nach der Geburt des Kindes. In der Zeit vom 26.09.2007 – 30.01.2008 bezog die Klägerin Mutterschaftsgeld.
Mit Bescheid vom 11.01.2008 wurde der Antrag bewilligt und ein Elterngeld in Höhe von. 1158,29 Euro/mtl. ab dem 25.03.2008 gezahlt. Für die Zeit des Mutterschaftsgeldbezugs wurde dieser angerechnet, so dass erst im 5. Lebensmonat noch ein Betrag von 971,36 Euro zur Auszahlung kam.
Dagegen legte die Klägerin fristgerecht Widerspruch ein. Sie war mit der Anrechnung des Mutterschaftsgeldes nicht einverstanden. Das Mutterschutzgesetz nehme Rücksicht auf eine Frühgeburt und es werde eine zusätzliche Schutzfrist gewährt. Im Elterngeldgesetz sei die Situation einer Frühgeburt völlig außer Betracht geblieben. Ihr werde so das Elterngeld für zwei Monate entzogen.
Mit Bescheid vom 31.03.2008 wurde der Widerspruch zurückgewiesen, weil das Mutterschaftsgeld nach § 3 Abs. 1 Satz 1 BEEG (Bundeselterngeldgesetz) auf das Elterngeld anzurechnen sei und eine Ausnahmeregelung für Frühgeburten nicht enthalten sei.
Die Klägerin hat durch ihre Bevollmächtigte fristgerecht Klage zum Sozialgericht Augsburg erhoben.
Das Gericht hat dann die Bevollmächtigte darauf hingewiesen, dass aus seiner Sicht der § 3 Abs. 1 BEEG eindeutig sei und die Regelung im Mutterschutzgesetz bereits für einen Ausgleich bei den Belangen der Eltern von Frühgeborenen sorge.
Die Bevollmächtigte der Klägerin teilte dann mit, dass das BEEG hinsichtlich der Anrechnung von Mutterschaftsgeld verfassungswidrig sei, zumindest insoweit als es keine Verlängerung wie in § 6 MuschutzG gebe
Die Bevollmächtigte der Klägerin beantragt: Den Bescheid der Beklagten vom 11.01.2008 in Form des Widerspruchsbescheides vom 31.03.2008 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, Elterngeld ohne An- rechnung des Mutterschaftsgeldes zu bezahlen oder den Bezugszeitraum für das Elterngeld bis 04.12.2008 zu verlängern.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen
Zur Ergänzung des Tatbestands wird auf die beigezogene Akte des Beklagten sowie auf den Inhalt der Gerichtsakte Bezug genommen
Entscheidungsgründe:
Die zulässige, form- und fristgerecht erhoben Klage ist nicht begründet.
Der Bescheid des Beklagten vom 11.01.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 31.03.2008 verletzt die Klägerin nicht in Ihren Rechten.
Die Anspruchsvoraussetzungen für das Elterngeld nach § 1 BEEG sind gegeben.
Grundsätzlich ermittelt sich die Höhe des Elterngeldes daher nach § 2 Abs. 1 BEEG. Die Klägerin erzielt aber nach der Geburt eine Leistung, welche nach § 3 Abs. 1 BEEG anzurechnen ist.
Gemäß § 3 Abs. 1 BEEG wird das Mutterschaftsgeld, das der Mutter nach der Reichsversicherungsordnung (RVO) oder dem Gesetz über die Krankenversicherung der Landwirte für die Zeit ab dem Tag der Geburt zusteht, auf das nach § 2 BEEG berechnete Elterngeld angerechnet. Dies gilt nach Satz 3 der Vorschrift auch für den Zuschuss zum Mutterschaftsgeld nach § 14 Mutterschutzgesetz sowie für sonstige Bezüge und Zuschüsse, die für die Zeit der Beschäftigungsverbote zustehen. Stehen die Leistungen nur für einen Teil des Lebensmonats des Kindes zu, sind sie nur auf den entsprechenden Teil des Elterngeldes anzurechnen.
Der Beklagte hat daher im Sinne des Wortlauts der Vorschrift das der Klägerin zustehende Mutterschaftsgeld rechtmäßig angerechnet.
Dies ergibt sich nach Überzeugung der Kammer nicht nur aus dem eindeutigen Wortlaut des § 3 BEEG sondern auch aus der Gesetzesbegründung zu § 3 BEEG. Darin heißt es, dass Arbeitnehmerinnen ab dem Tag der Entbindung dadurch besonders geschützt werden, weil sie für die Zeit des Beschäftigungsverbots einen Anspruch auf Mutterschaftsgeld und einen Zuschuss dazu haben, der im Regelfall das ausfallende Nettoeinkommen während dieser Zeit in voller Höhe ersetzt. Diese Leistungen und das Elterngeld dienen insoweit dem selben Zweck, als sie für den gleichen Leistungszeitraum aus dem selben Anlass, nämlich der Geburt des Kindes, dieselben Einkommenseinbußen ganz oder teilweise ersetzen oder ausgleichen. Sie können deshalb nicht nebeneinander gewährt werden. Der Zweck des Elterngeldes, Eltern individuell bei der Sicherung ihrer Lebensgrundlagen zu unterstützen, wenn sie nach der Geburt die Betreuung ihres Kindes übernehmen, ist im Fall gezahlter Mutterschaftsleistungen bereits erfüllt (vgl. BT-Drs. 16/1889 Seite 22).
Dies wird auch durch § 4 Abs. 3 BEEG verdeutlicht. Danach kann ein Elternteil nur für höchstens zwölf Monate Elterngeld beziehen. Lebensmonate des Kindes, in denen nach § 3 Abs. 1 oder 3 BEEG anzurechnende Leistungen zustehen, gelten als Monate, für die die berechtigte Person Elterngeld bezieht. Diese Monate gelten nach der Gesetzesbegründung damit als verbraucht (vgl. BT-Drs. 16/1889 Seite 23).
Die Bevollmächtigte der Klägerin meint, dass die Fälle einer Frühgeburt vom Gesetzgeber nicht gesehen worden sind. Sie meint auch, dass die Regelung verfassungswidrig sei.
Davon ist die Kammer allerdings nicht überzeugt. Ganz im Gegenteil hält die Kammer hier den Gesetzeswortlaut und die Gesetzesbegründung für eindeutig.
Eine staatliche Leistung kann abhelfende, unterstützende oder vorbeugende Hilfe sein. Das Elterngeld ist abhelfende Hilfe und zugleich Hilfe zur Sicherung der eigenen Lebensgrundlage für die Zukunft. Es ist keine Sozialleistung im herkömmlichen Sinne, sondern zuvorderst eine familienunterstützende dynamische Leistung in Anknüpfung an das Erwerbseinkommen.
Bei einer Frühgeburt gleicht § 6 Mutterschutzgesetz den Einkommensverlust der Mutter nicht nur für die normalerweise zustehenden 14 Wochen aus, sondern es stehen maximal 18 Wochen Mutterschaftsgeld zu. Mit dem Bezug des Gesetzgebers in den §§ 3 und 4 BEEG auf das Mutterschaftsgeld hat er auch die verlängerte Leistung wegen einer Frühgeburt, Mehrlingsgeburten oder sonstigen vorzeitigen Entbindungen miteinbezogen (vgl. Ranke in Kommentar zum Elterngeld, 1. Auflage 2007, § 32 Rdnr. 2). Die Kammer kann eine planwidrige Lücke des Gesetzgebers, die durch Analogie geschlossen werden könnte, nicht erkennen. Das Mutterschutzgesetz wurde erst durch die Richtlinie der Europäischen Union 92/85/EWG vom 19.10.1992 über die Durchführung von Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes von schwangeren Arbeitnehmerinnen, Wöchnerinnen und stillenden Arbeitnehmerinnen am Arbeitsplatz am 20.06.2002 geändert. Dabei wurde der Artikel 8 (Mutterschaftsurlaub) der Richtlinie 92/85/EWG des Rates vom 19. Oktober 1992 umgesetzt. Es lag der Änderung damit keine Verfassungswidrigkeit der bisherigen Norm zugrunde.
Der Ansatz des Gesetzgebers, das Mutterschaftsgeld auch bei Frühgeburten oder Mehrlingsgeburten anzurechnen, ist damit nicht zu beanstanden. Die Kammer ist von der Rechtmäßigkeit dieser Regelung überzeugt. Denn das Elterngeld stellt eine Leistung des Staates im Bereich der gewährenden Staatstätigkeit dar, für die keine Beiträge zu entrichten sind. Zur Gewährung dieser Leistung ist der Staat aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht verpflichtet. Vielmehr dient das Elterngeld dazu, die wirtschaftliche Lage der Familie mit Kindern zu verbessern und dadurch die Entscheidung für ein Kind zu fördern. Im Bereich der gewährenden Staatstätigkeit steht dem Gesetzgeber jedoch ein weiter Gestaltungsspielraum bei der Bestimmung der Leistungshöhe zu. Innerhalb des ihm eingeräumten Ermessensspielraums hat sich der Gesetzgeber mit der Anrechnung des Mutterschaftsgeldes, welches nach der Geburt des Kindes gezahlt wird, gehalten. Er musste hier keine Besonderheiten, wie z.B. Frühgeburten, berücksichtigen. Die Kammer sieht daher keine Verfassungswidrigkeit des Bundeselterngeldgesetzes. Auch eine Lücke im Gesetz, die eine Analogie möglich machen könnte kann die Kammer aus den oben genannten Gründen nicht erkennen.
Die Klage war daher abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG:
Erstellt am: 24.09.2013
Zuletzt verändert am: 24.09.2013