I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand:
Die 1963 geborene Klägerin begehrt Krankengeld im Sinne von §§ 44 ff des Sozialgesetzbuches – Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V) auch noch für den Zeitraum 12.02.2004 bis 20.02.2004.
Mit dem streitgegenständlichen Bescheid vom 05.02.2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.05.2004 hat die Beklagte ausgeführt, dass die ab dem 08.12.2003 bestehende Arbeitsunfähigkeit mit dem 11.02.2004 geendet hat. Ab dem 08.12.2003 sei die Klägerin an einer chronischen Bandscheibenerkrankung arbeitsunfähig erkrankt. Nach Wegfall der Lohnfortzahlung durch die Agentur für Arbeit habe sie ab dem 19.01.2004 von der Beklagten Krankengeld erhalten. Der Medizinische Dienst der Krankenversicherung (MDK) habe aufgrund einer Begutachtung nach Aktenlage am 04.02.2004 festgestellt, dass ab sofort wieder Arbeitsfähigkeit bestehe. Mit Bescheid vom 05.02.2004 sei dies dann mitgeteilt und die Krankengeldzahlung mit dem 11.02.2004 beendet worden.
Hiergegen erhob die Klägerin am 01.06.2004 Klage zum Sozialgericht Augsburg. Zur Begründung führte sie aus, dass ihre Hausärztin eine weitere Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung für den Zeitraum 12.02.2004 bis 20.02.2004 ausgestellt habe.
Von Seiten des Gerichts wurden die Unterlagen der Beklagten, die Leistungsakte der Agentur für Arbeit A. und die Schwerbehinderten-Akten des Amtes für Versorgung und Familienförderung A. beigezogen. Herr Dr. med. A. N.(Orthopäde), Herr Dr. med. H.-J. S. (Nervenarzt) und Frau R. S. (Hausärztin) erstellten am 03.08.2004, 11.08.2004 und 09.08.2004 aktuelle Befundberichte.
Im Folgenden bestellte das Sozialgericht Augsburg mit Beweisanordnung vom 31.08.2004 Herrn Dr. med. T. M. gemäß § 106 Abs. 3 Nr. 5 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zum ärztlichen Sachverständigen. Dieser führte mit orthopädischem Fachgutachten vom 21.09.2004 sinngemäß zusammengefasst aus, dass aufgrund des Wirbelsäulenleidens eine Arbeitsunfähigkeit nicht mehr über den 11.02.2004 hinaus bestanden hat. Aufgrund eines hochfieberhaften Infektes mit akuter Kreislaufstörung sei die Klägerin jedoch auch noch in dem sich anschließenden Zeitraum 12.02.2004 bis 20.02.2004 arbeitsunfähig erkrankt.
In Beantwortung der Anfrage des Sozialgerichts Augsburg vom 28.09.2004 machte die Beklagte mit Schreiben vom 25.11.2004 darauf aufmerksam, dass die Klägerin vom 12.02.2004 bis 11.03.2004 über ihren Ehegatten bei ihr familienversichert gewesen sei. Ein Krankengeldanspruch habe deshalb gemäß § 19 Abs. 2 Satz 2 SGB V nicht entstehen können.
In der mündlichen Verhandlung vom 21.02.2005 wird mit den Beteiligten das Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 07.05.2002 – B 1 KR 24/01 R einerseits und das gemeinsame Rundschreiben zu dem GKV-Modernisierungsgesetz vom 26.11.2003 andererseits erörtert.
Die Klägerin stellt den Antrag, Krankengeld auch noch für den Zeitraum 12.02.2004 bis 20.02.2004 zu bewilligen.
Der Bevollmächtigte der Beklagten beantragt, die Klage abzuweisen.
Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Akten und den der beigezogenen Unterlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zum örtlich und sachlich zuständigen Sozialgericht Augsburg form- und fristgerecht erhobene Klage ist gemäß §§ 51 ff des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässig.
Die Klage erweist sich jedoch als unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Krankengeld im Sinne von §§ 44 ff des Sozialgesetzbuches – Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V) in dem hier noch streitgegenständlichen Zeitraum 12.02.2004 bis 20.02.2004.
Versicherte haben gemäß § 44 Abs. 1 SGB V Anspruch auf Krankengeld, wenn die Krankheit sie arbeitsunfähig macht oder sie auf Kosten der Krankenkasse stationär in einem Krankenhaus, einer Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtung behandelt werden.
Weiterhin bestimmt § 19 Abs. 2 SGB V: Endet die Mitgliedschaft Versicherungspflichtiger, besteht Anspruch auf Leistungen längstens für einen Monat nach dem Ende der Mitgliedschaft, solange keine Erwerbstätigkeit ausgeübt wird. Eine Versicherung nach § 10 SGB V hat Vorrang vor dem Leistungsanspruch nach Satz 1. – Satz 2 ist angefügt worden durch das Gesundheits-Modernisierungsgesetz vom 14.11.2003 (BGBl. I S. 2190).
Hiervon ausgehend hat der gerichtlich bestellte Sachverständige Herr Dr. med. T. M. mit Gutachten vom 21.09.2004 schlüssig und überzeugend die Auffassung des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) bestätigt, dass bei der Klägerin eine chronische Bandscheibenerkrankung bestanden hat, aufgrund derer sie längstens bis 11.02.2004 arbeitsunfähig gewesen ist. Wenn kein hochfieberhafter Infekt eingetreten wäre, hätte nach dem 11.02.2004 keine Arbeitsunfähigkeit bestanden. Die Arbeitsunfähigkeit ab dem 12.02.2004 bis 20.02.2004 hat ausschließlich aus dem erwähnten hochfieberhaften Infekt mit akuter Kreislaufstörung resultiert.
Zu Fallkonstellationen wie dem vorliegenden hat das BSG mit Urteil vom 07.05.2002 – B 1 KR 24/01 R grundlegend ausgeführt, dass eine Krankenversicherung als Familienangehöriger nicht zustande kommt, solange der Angehörige aus der eigenen Pflichtversicherung noch nachgehenden Versicherungsschutz im Sinne von § 19 Abs. 2 SGB V genießt.
Hierzu hat der Bevollmächtigte der Beklagten in der mündlichen Verhandlung vom 21.02.2005 zutreffend angemerkt, dass die vorstehend bezeichnete Entscheidung des BSG zu § 19 Abs. 2 SGB V alter Fassung ergangen ist.
Zwischenzeitlich hat der Gesetzgeber mit dem Gesundheits-Modernisierungsgesetz vom 14.11.2003 (BGBl. I S. 2190) in § 19 Abs. 2 Satz 2 SGB V bestimmt, dass eine Versicherung nach § 10 SGB V – also eine Familienversicherung – Vorrang vor dem nachgehenden Leistungsanspruch nach § 19 Abs. 2 Satz 1 SGB V hat.
Als Familienversicherte hat die Klägerin jedoch keinen Anspruch mehr auf Krankengeld, auch wenn sie wie hier im Zeitraum vom 12.02.2004 bis 20.02.2004 aufgrund des hochfieberhaften Infektes mit akuter Kreislaufstörung arbeitsunfähig erkrankt ist.
Kernproblem dieses Rechtsstreits ist, dass die eigene Krankenversicherung aufgrund der chronischen Bandscheibenerkrankung und hieraus resultierenden Krankengeldzahlung zum 11.02.2004 – 24.00 Uhr geendet hat. – Die neue Arbeitsunfähigkeit aufgrund des hochfieberhaften Infektes mit akuter Kreislaufstörung hat eine Arbeitsunfähigkeit ab dem 12.02.2004 – 00.00 Uhr zur Folge gehabt. – Höchstrichterlich ist bislang nicht geklärt, ob im Hinblick auf die vorstehend aufgezeigte "logische Sekunde" eine Zäsur eingetreten ist oder nicht.
Vor der Anfügung von § 19 Abs. 2 Satz 2 SGB V hatten Teile der Literatur und der Rechtsprechung sowie das Bundessozialgericht (BSG in SozR 3-2500 § 19 Nr. 5) den Übergangsansprüchen des § 19 Abs. 2 Satz 1 SGB V gegenüber der Familienversicherung nach § 10 SGB V Vorrang eingeräumt. Das BSG hatte dies daraus geschlossen, dass die subsidiäre Familienversicherung eine Sicherungslücke voraussetze, die nicht vorliege, soweit Übergangsansprüche bestünden. – Entgegen diesen Erwägungen hat der Gesetzgeber mit Wirkung vom 01.01.2004 § 19 Abs. 2 Satz 2 SGB V angefügt und darin der Familienversicherung nach § 10 SGB V Vorrang eingeräumt vor den Leistungsansprüchen nach § 19 Abs. 2 Satz 1 SGB V. Grund dieser Regelung war die bisherige Praxis der Spitzenverbände der Krankenkassen bei der Abgrenzung der §§ 10 und 19 Abs. 2 SGB V im Rahmen des Risikostrukturausgleiches. Diese sollte beibehalten werden, da die Rechtsprechung des BSG nach übereinstimmender Auffassung der Spitzenverbände meldetechnisch kaum umsetzbar war. Die leistungsrechtlichen Auswirkungen, die sich im Wesentlichen auf das Krankengeld beziehen, hat der Gesetzgeber als gering eingeschätzt, da sie nur solche Krankengeld-Ansprüche beträfen, die im Monat nach Beendigung der Mitgliedschaft entstünden, während davor entstandene Ansprüche unberührt blieben (Höfler in Kasseler Kommentar, Randziff. 32 zu § 19 SGB V mit Hinweis auf BT-Drucks 15/1525 S. 82).
Vorstehendem ist zu entnehmen, dass aufgrund der "logischen Sekunde" zwischen dem 11.02.2004 – 24.00 Uhr und dem 12.02.2004 – 00.00 Uhr bzw. der Neuerkrankung der Klägerin am 12.02.2004 diese keinen Anspruch mehr auf Krankengeld für den Zeitraum 12.02.2004 bis 20.02.2004 hat. Denn sie ist ab dem genannten Zeitpunkt familienversichert im Sinne von § 10 SGB V und damit ohne Anspruch auf Krankengeld gewesen (§ 44 Abs. 1 Satz 2 SGB V).
Nach alledem ist die Klage mit der sich aus § 193 SGG ergebenden Kostenfolge abzuweisen gewesen.
Die Berufung ist wegen grundsätzlicher Bedeutung im Sinne von § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG zuzulassen gewesen.
Erstellt am: 27.07.2005
Zuletzt verändert am: 27.07.2005