I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Der Streitwert wird auf 100,- Euro festgesetzt.
IV. Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Zahlung einer Aufwandspauschale für die Überprüfung der Abrechnungen durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK).
Die Klägerin betreibt das Zentralklinikum A-Stadt. Vom 12.11.2007 bis 13.11.2007 sowie vom 16.11.2007 bis 27.11.2007 wurde die Versicherte der Beklagten C. stationär im Klinikum A-Stadt behandelt. Die Klägerin stellte der Beklagten hierfür mit Rechnung vom 27.11.2007 die Fallpauschale J65A mit 283,35 EUR und mit Rechnung vom 27.12.2007 die Fallpauschale F73Z mit 1.361,55 EUR in Rechnung.
Die Beklagte holte eine gutachterliche Stellungnahme des MDK ein. In der Prüfanzeige des MDK an das Klinikum A-Stadt wurde als Aufnahmedatum der Versicherten der 16.11.2007, die für den Aufenthalt vom 16.11.2007 bis 27.11.2007 abgerechnete Fallpauschale und als Aufnahmenummer die Fallnummern der beiden stationären Aufenthalte angegeben. Die Fragestellung lautete folgendermaßen: "Sind die Aufenthalte vom 12.11.2007 bis 13.11.2007 und vom 16.11.2007 bis 27.11.2007 als zusammenhängender Behandlungsfall zu sehen, handelt es sich um eine Wiederaufnahme wegen Komplikationen innerhalb der Grenzverweildauer?" Der MDK stellte in seinem Gutachten vom 23.01.2008 fest, dass die beiden Aufenthalte der Versicherten nicht zusammenzufassen seien und sich deshalb keine Verringerung der Rechnungsbeträge ergebe. Die Beklagte beglich die beiden Rechnungen daraufhin.
Mit Schreiben vom 07.05.2009 und 11.05.2009 forderte die Klägerin von der Beklagten die Zahlung zweier Aufwandspauschalen in Höhe von jeweils 100,00 EUR für die Prüfung der Aufenthalte vom 12.11.2007 bis 13.11.2007 und 16.11.2007 bis 27.11.2007.
Die Beklagte zahlte nur eine Aufwandspauschale.
Mit der am 11.05.2010 erhobenen Klage begehrt die Klägerin die Zahlung einer zweiten Aufwandspauschale. Mit der Prüfung im Hinblick auf eine Fallzusammenlegung werde sowohl die Abrechnung des ersten als auch des zweiten Krankenhausaufenthaltes angezweifelt. Der MDK sei bezüglich beider Behandlungsfälle mit der Überprüfung beauftragt worden. Die Prüfung der Voraussetzungen einer Fallzusammenführung sei nur möglich, wenn dem MDK die Behandlungsunterlagen für beide Fälle vorgelegt werden. Der MDK habe vorliegend Einsicht in die Krankenunterlagen beider Behandlungsfälle genommen. Bei einer Fallzusammenlegung nach § 2 der Fallpauschalenvereinbarung (FPV) müsse sowohl die Rechnung für den ersten als auch für den zweiten Krankenhausaufenthalt geändert werden.
Die Klägerin beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 100,00 EUR zuzüglich Zinsen hieraus in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie ist der Auffassung, dass die Aufwandspauschale nur einmal anfalle, da der MDK nur mit einer Prüfung beauftragt worden sei, nämlich der Überprüfung des Aufenthaltes vom 16.11. bis 27.11.2007. Der MDK sei nicht beauftragt worden, den Aufenthalt der Versicherten vom 12.11.2007 bis 13.11.2007 zu überprüfen. Die Überprüfung habe auch nicht zu einer Minderung des Abrechnungsbetrages der Rechnung für den ersten Aufenthalt führen können. Die Rechnung des ersten Aufenthaltes sei nie angezweifelt worden. Darauf, wie die Prüfanzeige des MDK an das Krankenhaus formuliert sei und ob der MDK für die Prüfung der Unterlagen auch die Unterlagen des ersten Aufenthalts benötige, komme es nicht an. Es liege im Wesen einer pauschalen Abgeltung, dass es auf den tatsächlichen Prüfaufwand für den einzelnen Fall nicht ankomme. Im Übrigen sei der Mehraufwand für das Krankenhaus bei der auf eine mögliche Fallzusammenlegung hin vorgenommenen inzidenten Prüfung eines anderen Falles zu vernachlässigen. Zeitlich und örtlich handle es sich um eine Prüfung. Eine Überprüfung des ersten Aufenthaltes sei aufgrund Ablaufs der 6-Wochenfrist gar nicht mehr möglich gewesen.
Zur Ergänzung des Tatbestands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
I.
Die zum sachlich und örtlich zuständigen Sozialgericht Augsburg formgerecht erhobene Leistungsklage ist zulässig. Eines Vorverfahrens und der Einhaltung einer Klagefrist bedurfte es nicht, da es sich um eine Zahlungsklage im Gleichordnungsverhältnis handelt.
Die Klage ist jedoch nicht begründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Zahlung einer weiteren Aufwandspauschale nach § 275 Abs. 1c Satz 3 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V).
Nach § 275 Abs. 1 Nr. 1 SGB V sind die Krankenkassen in den gesetzlich bestimmten Fällen oder wenn es nach Art, Schwere, Dauer oder Häufigkeit der Erkrankung oder nach dem Krankheitsverlauf erforderlich ist, verpflichtet, bei Erbringung von Leistungen, insbesondere zur Prüfung von Voraussetzungen, Art und Umfang der Leistungen sowie bei Auffälligkeiten zur Prüfung der ordnungsgemäßen Abrechnung eine gutachterliche Stellungnahme des MDK einzuholen. § 275 Abs. 1c Sätze 1 und 2 SGB V ordnen in Bezug auf die Krankenhausbehandlung nach § 39 SGB V an, dass eine Prüfung nach Abs. 1 Nr. 1 zeitnah durchzuführen, spätestens 6 Wochen nach Eingang der Abrechnung bei der Krankenkasse einzuleiten und durch den MDK dem Krankenhaus anzuzeigen ist. Gemäß § 275 Abs. 1c Satz 3 SGB V hat die Krankenkasse dem Krankenhaus eine Aufwandspauschale in Höhe von 100,00 EUR zu entrichten, falls die Prüfung nicht zu einer Minderung des Abrechnungsbetrags führt.
Bei der Prüfung der Abrechnung eines Krankenhausaufenthaltes darauf, ob eine Fallzusammenführung nach der FPV mit einem zuvor zeitnah erfolgten ersten Krankenhausaufenthalt erfolgen kann, handelt es sich um eine Prüfung im Sinne von § 275 Abs. 1 Nr. 1 SGB V mit der Folge, dass auch nur eine Aufwandspauschale von der Krankenkasse an das Krankenhaus zahlen ist.
Zwar hätte eine Fallzusammenführung nach § 2 der FPV 2007 zur Folge, dass sowohl die Rechnung für den ersten als auch für den zweiten Aufenthalt der Versicherten im klägerischen Krankenhaus zu korrigieren und eine einheitliche Rechnung für beide Aufenthalte mit einem insgesamt geringeren Betrag zu erstellen wäre. Anlass für die von der Krankenkasse in Auftrag gegebene Prüfung war jedoch, dass eine Wiederaufnahme der Patientin innerhalb der oberen Grenzverweildauer erfolgte. Eine Prüfung erfolgte somit nur aus Anlass des zweiten Aufenthaltes. Allein der erste Aufenthalt der Versicherten und die dafür erstellte Rechnung der Klägerin gab der Beklagten keinen Anlass zur Einleitung einer Prüfung durch den MDK. Eine Prüfung des ersten Aufenthaltes wäre zudem aufgrund des Ablaufes der 6-Wochenfrist nach § 275 Abs. 1c Satz 2 SGB V überhaupt nicht mehr möglich gewesen. Dass der erste Aufenthalt der Patienten bei der Prüfung einer Fallzusammenführung nach der FPV inzident mit überprüft werden muss, ist Folge der in der Vereinbarung getroffenen Regelungen, wonach unter bestimmten Voraussetzungen eine Neueinstufung in eine Fallpauschale vorzunehmen ist, wenn eine erneute Aufnahme des Patienten innerhalb der oberen Grenzverweildauer erfolgte.
Nur diese Auslegung steht mit der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) in Einklang, der zufolge Voraussetzung für die Abrechnung eine Aufwandspauschale ist, dass dem Krankenhaus durch die Befassung mit dem Behandlungs- und Abrechnungsfall ein zusätzlicher Verwaltungsaufwand entstand (BSG vom 22.06.2010, Az: B 1 KR 1/10 R). Denn dadurch, dass dem MDK vom Krankenhaus im Falle der Prüfung der Zusammenführung nach der Fallpauschalenvereinbarung auch die Unterlagen des ersten Aufenthaltes desselben Versicherten vorgelegt werden müssen, entsteht dem Krankenhaus nur ein geringer zusätzlicher Verwaltungsaufwand.
Zu beachten ist auch, dass § 275 Abs. 1c SGB V zur Wahrung der Gleichgewichtigkeit der wechselseitigen Interessen von Krankenhäusern und Krankenkassen einer einschränkenden Auslegung bedarf. Eine davon abweichende Sichtweise liefe auf eine sachlich nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung der Träger der gesetzlichen Krankenversicherung und der sie finanziell tragenden Beitragszahler hinaus (BSG vom 22.06.2010, aaO.). Dies gilt umso mehr, als die Aufwandspauschale mittlerweile auf 300,00 EUR pro Prüfung erhöht wurde.
II.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Sozialgerichtsgesetz (SGG) i.V.m. §§ 161 Abs. 1,154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO), da weder die Klägerin noch die Beklagte zu den in § 183 SGG genannten Personen gehören und die Klägerin die unterlegene Partei des Rechtsstreits ist.
III.
Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit dem Gerichtskostengesetz (GKG). Da der Klageantrag auf eine bezifferte Geldleistung gerichtet war, ist deren Höhe maßgeblich (§ 52 Abs. 3 GKG).
IV.
Die Berufung war zuzulassen, da eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufgeworfen ist (§ 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG). Angesichts der Vielzahl der betroffenen Fälle hat die Frage, ob die Prüfung einer Fallzusammenlegung nach der FPV eine oder zwei Aufwandspauschalen nach sich zieht, grundsätzliche Bedeutung.
Erstellt am: 05.05.2011
Zuletzt verändert am: 05.05.2011