I. Die Klage gegen die Bescheide vom 18. Dezember 2008, 8. Januar 2009 und 13. März 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom
15. Juni 2009 wird abgewiesen.
II. Die Beigeladene trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten der
Klägerin. Ansonsten sind außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten.
III. Die Berufung wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist die Kostenerstattung für die zweiwöchige Miete einer motorisierten Kniebewegungsschiene.
Der bei der Beklagten versicherten Klägerin wurde nach Durchführung einer ambulanten Arthroskopie mit Außenmeniskusteilresektion und Abrasionsarthroplastik vom Orthopäden Dr. E. am 09.12.2008 eine motorisierte Kniebewegungsschiene leihweise für drei Wochen verordnet. Die Verordnung wurde an die Beigeladene gefaxt und der Klägerin am 10.12.2008 im Original übergeben. Am 10.12.2008 reichte die Beigeladene die Verordnung sowie einen Kostenvoranschlag für eine leihweise Versorgung mit einer motorisierten Kniebewegungsschiene für zwei Wochen in Höhe von 251,80 EUR bei der Beklagten ein. Es wurde um Abgabe der Kostenübernahmeerklärung innerhalb von einem Werktag gebeten, da die Patientin schnellstmöglich versorgt werden müsse.
Am 13.12.2008 schloss die Klägerin mit der Beigeladenen einen Mietvertrag über die verordnete Kniebewegungsschiene. Der Mietvertrag beinhaltet eine Mietdauer von zwei Wochen bei einem Mietzins von 205,00 EUR. Er enthält folgenden Passus: "auf Wunsch des Mieters beantragt O. die Kostenübernahme bei der zuständigen Krankenkasse. Werden von der Krankenkasse die Kosten ganz oder zum Teil übernommen und an O. gezahlt, wird der entsprechende Betrag dem Mieter gutgeschrieben."
Die Motorschiene wurde der Klägerin vom 13. bis 26.12.2008 zur Verfügung gestellt. Mit Rechnung vom 25.02.2009 forderte die Beigeladene von der Klägerin die vereinbarten Mietkosten in Höhe von 205,00 EUR. Die Rechnung wurde von der Klägerin beglichen.
Die Beklagte schaltete den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) ein. Dieser stellte nach Vorlage des OP-Berichtes am 17.12.2008 fest, dass keine Indikation für die Kniebewegungsschiene bestehe.
Daraufhin lehnte die Beklagte die Kostenübernahme mit Bescheiden vom 18.12.2008, 08.01.2009 und 13.03.2009 ab.
Hiergegen erhob die Klägerin Widerspruch.
Die Beklagte legte den Fall erneut dem MDK vor. Dieser kam in nach Aktenlage erstellten Gutachten und Stellungnahmen vom 07.01.2009, 27.01.2009 und 11.03.2009 zu dem Ergebnis, dass die Kniebewegungsschiene vorliegend nicht erforderlich sei. Statt der Kniebewegungsschiene würden intensive Heilmitteltherapie, häusliche Übungen sowie Anleitungen empfohlen.
Daraufhin wies die Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 15.06.2009 zurück.
Hiergegen hat die Klägerin durch ihren Bevollmächtigten am 16.07.2009 Klage erhoben. Die Verordnung einer Kniebewegungsschiene sei mit dem Orthopäden am Operationstag nach Durchführung der Operation besprochen worden. Die Verordnung vom 09.12.2008 sei der Klägerin am 10.12.2008 ausgehändigt und von ihr am 13.12.2008 an den Mitarbeiter der Beigeladenen, der die Schiene überbracht habe, übergeben worden. Am 12.12.2008 habe ein Mitarbeiter der Beigeladenen bei der Klägerin angerufen und mitgeteilt, dass die Schiene am nächsten Tag geliefert würde. Bei der Auslieferung der Schiene am 13.12.2008 habe der Lieferant auf Nachfrage der Klägerin erklärt, dass er nicht wisse, ob die Kostenfrage mit der Krankenkasse geregelt sei. Die Klägerin sei bei der Unterzeichnung des Mietvertrages irrtümlich davon ausgegangen, dass sie nur den Empfang der Schiene bestätige und dass die Kosten durch die Beklagte übernommen würden. Alternative Möglichkeiten wie eine adäquate Krankengymnastik mit zweimal täglichen Hausbesuchen seien angesichts der bevorstehenden Weihnachtsfeiertage nicht realisierbar und unwirtschaftlich gewesen. Bei der Anwendung der Motorschiene handle es sich um eine für die Herbeiführung des Operationserfolges unaufschiebbare Maßnahme. Die Klägerin habe keinen Einfluss auf die Planung der Operation und die nachfolgende Behandlung gehabt. Im Übrigen habe die Klägerin davon ausgehen müssen, dass sich die Entscheidung der Beklagten unzumutbar verzögere, da die Beklagte bis 13.12.2009 nicht reagiert habe. Die Beklagte sei aufgrund der Fristsetzung der Beigeladenen gehalten gewesen, diese darauf hinzuweisen, dass so kurzfristig keine Entscheidung getroffen werden könne und die Klägerin entsprechend zu informieren. Der formelle Ablehnungsbescheid vom 18.12.2008 sei wesentlich verspätet gewesen. Selbst wenn die Gestaltung des Vertrages zwischen der Firma O. und der Klägerin rechtliche Probleme aufwerfe, so könne dies nicht der Klägerin angelastet werden.
Die Beklagte hat vorgetragen, dass die Bewegungsschiene vorliegend ohne vorherige Kostenübernahmeerklärung der Beklagten ausgeliefert worden sei. Es erscheine höchst bedenklich, wenn ein Leistungserbringer einerseits den nach dem Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) in Verbindung mit den vertraglichen Vereinbarungen vorgesehenen Sachleistungsweg beschreite und andererseits die Sachleistung vor der im Vertrag vorgesehenen Entscheidung durch die Beklagte an den Versicherten ausliefere und mit diesem gleichzeitig einen privatrechtlichen Mietvertrag abschließe. Es stelle sich die Frage, ob eine derartige vertragliche Vereinbarung unter das Verbot nachteiliger Vereinbarungen nach § 32 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I) falle. Werde dies bejaht, so sei die Klägerin gegenüber der Beigeladenen nicht zur Entrichtung des Mietzinses verpflichtet und ihr fehle gegenüber der Beklagten die Klagebefugnis. Denn bei bezogener Sachleistung solle der Vergütungsanspruch des Leistungserbringers nicht über einen vom Versicherten geführten Kostenerstattungsstreit geklärt werden. Selbst wenn man die Vertragsgestaltung im Mietvertrag als wirksam anerkenne, so bestehe kein Kostenerstattungsanspruch nach § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V. Eine unaufschiebbare Leistung im Sinne der 1. Alternative der Vorschrift liege nicht vor. Die vorliegende Operation am Knie sei keine Notoperation gewesen, sondern mit einigem zeitlichen Vorlauf geplant gewesen. Deshalb sei auch die nachfolgende Therapie mit Hilfsmitteln oder Heilmitteln planbar gewesen. Für eine rechtswidrige Leistungsablehnung im Sinne der 2. Alternative der Vorschrift fehle es an dem zwischen der Ablehnung und der Kostenlast des Versicherten erforderlichen Kausalzusammenhang. Denn die Klägerin habe vor der Inanspruchnahme der Leistung nicht die Entscheidung der Krankenkasse über deren Gewährung abgewartet. Vorliegend sei die Bewegungsschiene der Klägerin zwar auch nach Ablehnung durch die Beklagte weiterhin zur Verfügung gestellt worden. Doch handle es sich um einen einheitlichen Vorgang, der sich nicht aufspalten lasse. Somit sei die Entscheidung der Krankenkasse nicht geeignet gewesen, das weitere Leistungsgeschehen zu beeinflussen.
Die Beklagte hat zwei weitere, nach Aktenlage erstellte Gutachten des MDK vom 04.12.2009 und 04.02.2010 vorgelegt. Danach seien motorisierte Kniebewegungsschienen ursprünglich im Hilfsmittelverzeichnis der Spitzenverbände der Krankenkassen gelistet gewesen. Hier sei jedoch festgehalten gewesen, dass diese Produkte nur begleitend zu einem Physiotherapieregime zum Einsatz kommen sollten. Dies sei vorliegend nicht erfolgt. Die alleinige Beschränkung auf den Einsatz der Motorbewegungsschiene könne nicht als ausreichend angesehen werden. Für die Vorstellung, dass durch die Motorbewegungsschienenbehandlung Stammzellregenerate aus den tieferen Knochenschichten einer Umbildung zu Knorpel zugeführt werden sollten, würden belastbare Studien zur klinischen Umsetzung fehlen. Es gebe in diesem Zusammenhang auch keine allgemein anerkannten oder evaluierten Nachbehandlungskonzepte. Eine passive Bewegung des Unterschenkels durch Pendelbewegungen im Stand sei grundsätzlich möglich gewesen. Alternativ zur Motorbewegungsschiene hätten somit krankengymnastische Übungsbehandlungen und selbstständige passive Pendelübungen zu Gebote gestanden.
Die Beigeladene hat vorgetragen, dass in dem Vertrag zwischen ihr und der Klägerin keineswegs vereinbart worden sei, dass es um eine Sachleistung zulasten der gesetzlichen Krankenkasse gehe. Die Klägerin sei vielmehr ausdrücklich darauf hingewiesen worden, dass sie persönlich für die Kosten der Miete aufkommen müsse. Dem Vertrag sei zweifelsfrei zu entnehmen, dass es sich gerade nicht um eine Kassenleistung handle. Der Einsatz der Bewegungsschienentherapie sei seit Jahrzehnten etabliert. Der Einsatz der Schiene sei eilig in dem Sinne, dass eine Versorgung spätestens 24 bis 48 Stunden nach dem Eingriff beginnen und dann kontinuierlich fortgesetzt werden müsse. Wenn die Krankenkasse die Versorgung nicht innerhalb von zwei Tagen organisiere, nachdem sie von dem Bedarf Kenntnis erhalten habe, sei dem Patienten ein längeres Zuwarten nicht zumutbar und ein Fall des § 13 Abs. 3 SGB V gegeben. Name und ladungsfähige Anschrift des Mitarbeiters der Beigeladenen, der die Motorbewegungsschiene am 13.12.2008 an die Klägerin ausgeliefert habe, lasse sich nicht mehr klären.
Im vorbereitenden Verfahren hat das Gericht einen Befundbericht des behandelnden Orthopäden Dr. E. vom 04.11.2009 eingeholt. Darin führt der Arzt aus, dass der Klägerin für die Zeit nach der Operation keine Krankengymnastik verordnet worden sei. Die Patientin habe für drei Wochen das Knie vollständig entlasten müssen, so dass ohne die Schiene Krankengymnastik mit Hausbesuch und zwar täglich zweimal hätte erfolgen müssen. Die Schiene habe die Patientin viermal täglich für eine halbe bis eine Stunde anwenden müssen. Bei der Operation seien so genannte Microfrakturen gesetzt worden. Dadurch würden Stammzellen, die im Blut des Erwachsenen vorhanden sind, angeregt, neue Knorpel zu bilden. Hierfür sei eine Behandlung mit einer Schiene unablässig, um die Stammzellenreifung zu stimulieren. Die Patientin habe an zwei Unterarmkrücken gehen müssen. Sie habe kein Fahrzeug führen und keine Treppen steigen können. Auch ein Ein- und Aussteigen in ein Fahrzeug sei fast unmöglich gewesen. Die passiven Übungen habe die Patientin nicht selbst durchführen können, da es sich sonst um aktive Übungen gehandelt hätte.
Die Klägerin beantragt,
die Bescheide der Beklagten vom 18.12.2008, 08.01.2009 und 13.03.2009 in der Ge-stalt des Widerspruchsbescheids vom 15.06.2009 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Kosten für die Kniebewegungsschiene in Höhe von 205,00 EUR zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.
Zur Ergänzung des Tatbestands wird im Übrigen auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zum sachlich und örtlich zuständigen Sozialgericht Augsburg form- und fristgerecht erhobene Klage ist zulässig, jedoch nicht begründet.
Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Kostenerstattung für die zweiwöchige Miete der motorisierten Kniebewegungsschiene.
Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung werden grundsätzlich als Sach- oder Dienstleistungen erbracht (§ 2 Abs. 2 Satz 1 SGB V). Eine Kostenerstattung für selbstbeschaffte Leistungen kommt nur unter den Voraussetzungen des § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V in Betracht. Danach hat die Krankenkasse den Versicherten die Kosten für eine selbstbeschaffte Leistung zu erstatten, wenn sie eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen konnte (1. Alternative) oder eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat (2. Alternative) und dadurch Kosten für eine selbstbeschaffte Leistung entstanden sind.
Ein Kostenerstattungsanspruch nach § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V setzt voraus, dass eine wirksame Zahlungsverpflichtung des Versicherten vorliegt (Bundessozialgericht – BSG – vom 28.03.2000, B 1 KR 21/99 R; BSG vom 09.10.2001, B 1 KR 6/01 R; BSG vom 23.07.1998, B 1 KR 3/97 R). Nur im Falle einer wirksamen Zahlungsverpflichtung ist die selbstbeschaffte Leistung im Sinne von § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V durch die Verweigerung der Sachleistung verursacht. Der erforderliche Kausalzusammenhang fehlt, soweit der Versicherte mehr aufwendet, als dem Leistungserbringer von Rechts wegen zusteht. Denn dann ist nicht mehr die Ablehnung durch die Krankenkasse, sondern das Verhalten des Patienten die wesentliche Ursache für das Entstehen der Kosten. Ob der Versicherte die ohne Rechtsgrund gezahlte Vergütung zurückfordern kann, ist für den krankenversicherungsrechtlichen Kostenerstattungsanspruch ohne Belang. Das Kostenerstattungsverfahren kann nicht dazu benutzt werden, die Leistungspflicht der Krankenkasse für eine Sachleistung unabhängig von einer tatsächlichen Kostenbelastung allein im Interesse des Leistungserbringers abstrakt klären zu lassen und diesem damit einen eigenen Prozess zu ersparen. Ist ein Versicherter keiner durchsetzbaren Vergütungsforderung ausgesetzt, so schließt dies einen Kostenerstattungsanspruch nach § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V aus. Dies gilt selbst dann, wenn die Rechnung bereits bezahlt ist (BSG vom 23.07.1998, aaO).
Vorliegend hat die Klägerin die Forderung der Beigeladenen beglichen, obwohl letztere keinen wirksamen Vergütungsanspruch erworben hatte. Denn der zwischen der Klägerin und der Beigeladenen abgeschlossene privatrechtliche Mietvertrag ist aufgrund von § 32 SGB I nichtig. Nach § 32 SGB I sind privatrechtliche Vereinbarungen, die zum Nachteil des Sozialleistungsberechtigten von Vorschriften dieses Gesetzbuchs abweichen, nichtig. Vorliegend handelt es sich bei dem zwischen der Klägerin und der Beigeladenen abgeschlossenen Mietvertrag um eine derartige Vereinbarung. Zwar ist es ein berechtigtes Anliegen eines Leistungserbringers, sich durch die Vereinbarung einer Sekundärhaftung des Versicherten für den Fall der Ablehnung des vorrangigen, zur Kostenpflicht der Krankenkasse führenden Sachleistungsanspruches vergütungsrechtlich abzusichern. Jedoch ist der Schutzzweck des § 32 SGB I berührt, wenn der Leistungserbringer bei einem Sachleistungsverhältnis auch dann vertraglich auf den Versicherten zurückgreifen will, wenn die Krankenkasse die Vergütung aus Gründen verweigert, die in die Risikosphäre des Leistungserbringers fallen und von ihm zu vertreten sind (BSG vom 03.08.2006, B 3 KR 24/05 R).
Dies ist vorliegend nach Überzeugung des Gerichts der Fall. Die Beigeladene hat in ihre Risikosphäre fallende und von ihr zu vertretende Umstände auf die Klägerin verlagert. Denn aufgrund der Rahmenverträge zur Hilfsmittelversorgung sind die Leistungserbringer dazu verpflichtet, vor Lieferung des Hilfsmittels bei der Krankenkasse einen Kostenvoranschlag und die ärztliche Verordnung einzureichen sowie die Genehmigung der Krankenkasse abzuwarten. Will ein Leistungserbringer ein Hilfsmittel vor Genehmigung durch die Krankenkasse an einen gesetzlich Krankenversicherten ausliefern, so erfordert dies nach Auffassung des Gerichts eine vorherige und ausdrückliche, möglichst auch schriftliche Aufklärung des Versicherten darüber, dass eine individuelle Genehmigung durch die Krankenkasse erforderlich ist und diese nicht zwingend zu erfolgen hat. Dies muss erst recht dann erfolgen, wenn ein Hilfsmittel aus dem Hilfsmittelverzeichnis gestrichen wurde, wie es vorliegend für die Bewegungsschiene im August 2004 der Fall war.
Dadurch, dass die Beigeladene mit der von einer Sachleistung ausgehenden Klägerin vor Genehmigung durch die Beklagte einen privatrechtlichen Mietvertrag abgeschlossen hat, hat sie ihr Risiko, bei einer Lieferung vor Genehmigung durch die Beklagte ihre Vergütung nicht zu erhalten, auf die Klägerin verlagert. Aus den glaubhaften Äußerungen der Klägerin im Rahmen der mündlichen Verhandlung ergibt sich, dass sie sich nicht bewusst war, einen privatrechtlichen Mietvertrag abzuschließen. Vielmehr war sie der Auffassung, eine Sachleistung der Krankenkasse zu erhalten und lediglich den Empfang des Hilfsmittels zu be-stätigen. Diesbezüglich sind auch die im Mietvertrag enthaltenen Formulierungen irreführend. Dies gilt insbesondere für den Satz "auf Wunsch des Mieters beantragt O. die Kostenübernahme bei der zuständigen Krankenkasse." Die von der Beigeladenen vorgenommene Verlagerung von in ihre Risikosphäre fallenden und von ihr zu vertretenden Umständen bewirkt die Nichtigkeit des privatrechtlichen Mietvertrages.
Ebenso wenig wie aus dem nichtigen Mietvertrag bestehen Ansprüche der Beigeladenen gegenüber der Klägerin aus Geschäftsführung ohne Auftrag (§§ 670, 683 Bürgerliches Gesetzbuch – BGB -) oder aus ungerechtfertigter Bereicherung (§ 812 BGB). Denn eine Entgegennahme der Bewegungsschiene als Privatpatientin entsprach weder dem wirklichen oder mutmaßlichen Willen der Klägerin noch ihrem Interesse. Ein Bereicherungsanspruch nach § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB scheitert daran, dass zwischen der Klägerin und der Beigeladenen in Bezug auf die Lieferung der Kniebewegungsschiene kein Leistungsverhältnis besteht. Nach dem objektiven Empfängerhorizont war Leistende hier die Beklagte (vgl. BSG vom 09.10.2001, Az: B 1 KR 6/01 R).
Selbst wenn vorliegend ein wirksamer Vergütungsanspruch bestehen würde, so hätte die Klägerin keinen Anspruch auf Kostenerstattung nach § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V. Ein Anspruch nach der 2. Alternative des § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V scheitert daran, dass sich die Klägerin die Leistung besorgt hat, ohne die Entscheidung der Beklagten abzuwarten. Denn einem derartigen Fall fehlt der notwendige Kausalzusammenhang für eine Entstehung der Kosten durch die Ablehnung der Krankenkasse (ständige Rechtsprechung, so z.B. BSG vom 26.09.2006, B 1 KR 3/06 R). Auch eine unaufschiebbare Leistung im Sinne der 1. Alternative lag nicht vor. Dies kann nur angenommen werden, wenn es dem Versicherten nicht zumutbar ist, mit dem Beginn einer Behandlung bis zu einer Entscheidung der Krankenkasse zu warten. Die Leistung muss im Zeitpunkt ihrer tatsächlichen Erbringung so dringlich sein, dass aus medizinischer Sicht keine Möglichkeit eines nennenswerten Aufschubes besteht (BSG vom 04.04.2006, Az: B 1 KR 7/05 R). Von einer unaufschiebbaren Leistung kann dann nicht ausgegangen werden, wenn die Leistung in aller Regel zeitlich absehbar ist, so dass ihre Gewährung durch die Krankenkasse rechtzeitig sichergestellt werden kann (BSG vom 20.05.2003, B 1 KR 9/03 R). Gerade dies ist aber bei der Versorgung mit einer Bewegungsschiene nach einem geplanten Eingriff der Fall (BSG vom 10.04.2008, B 3 KR 8/07 R). Das Gericht ist nicht davon überzeugt, dass eine rechtzeitige Mobilisation des Kniegelenkes im Anschluss an die geplante Operation nicht hätte erfolgen können und nur unter Umgehung der gesetzlich vorgesehenen Vorabbefassung der Krankenkasse unzumutbare gesundheitliche Folgen hätten vermieden werden können. Denn bis zur Genehmigung durch die Krankenkasse hätte zunächst Krankengymnastik, gegebenenfalls im Wege des Hausbesuches, erfolgen können.
Die Klage war daher abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Da die Beigeladene durch den nichtigen Mietvertrag und das Beharren auf ihrer Forderung den Rechtsstreit ausgelöst hat, erschien es angemessen, ihr die außergerichtlichen Kosten der Klägerin aufzuerlegen.
Die Berufung ist nicht zulässig, da der Streitwert weniger als 750,00 EUR beträgt (§ 144 Abs. 1 SGG). Sie war auch nicht zuzulassen (§ 144 Abs. 2 SGG), da die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat noch das Urteil von einer obergerichtlichen Entscheidung abweicht.
Erstellt am: 29.11.2011
Zuletzt verändert am: 29.11.2011