Auf die Berufung der Klägerin wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Münster vom 24. Juni 1998 aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung an das Sozialgericht zurückverwiesen. Das Sozialgericht wird auch über die Kosten des Berufungsverfahrens zu entscheiden haben. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist der Beginn der von der Beklagten bereits gewährten Altersrente für Schwerbehinderte (29.05.1995 statt 01.08.1997).
Die am xx.xx.1935 geborene Klägerin hatte bereits am 08.01.1990 einen Antrag auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit gestellt, der aber durch Bescheid vom 26.10.1990 und Widerspruchsbescheid vom 11.10.1991 abgelehnt worden war. Die dagegen gerichtete Klage (S 8 (6) J 75/91) war durch rechtskräftig gewordenes Urteil des Sozialgerichts (SG) Münster vom 22.06.1994 abgewiesen worden.
Am 05.08.1997 beantragte die Klägerin die Gewährung von Altersrente wegen Vollendung des 60. Lebensjahres für Versicherte, die als Schwerbehinderte nach § 1 des Schwerbehindertengesetzes (SchwbG) anerkannt sind. Dazu fügte sie eine Kopie des Vergleichsangebotes des Landesversorgungsamtes NRW vom 16.07.1997 in der Streitsache S 11 Vs 12/96 (SG Münster) bei, wonach bei ihr ab 29.05.1995 ein GdB von 60 festgestellt werden soll. Mit Bescheid vom 22.08.1997 gewährte die Beklagte für die Zeit ab 01.08.1997 "Altersrente für Schwerbehinderte, Berufsunfähige oder Erwerbsunfähige". Dagegen legte die Klägerin am 10.09.1997 Widerspruch ein und trug vor: Das Versorgungsamt Münster habe ab dem 29.05.1995 einen GdB von 60 festgestellt. Im Mai 1995 habe ihr Ehemann die Rentenberatung in Beckum in Anspruch genommen, um abzuklären, welche Maßnahmen in Bezug auf eine mögliche Verrechnung erforderlich seien. Dort sei ihm erklärt worden, eine Antragstellung erübrige sich vor Abschluß des Verfahrens mit dem Versorgungsamt, da eine positive Entscheidung des Versorgungsamtes Voraussetzung für einen positiven Rentenbescheid sei. Der Rentenantrag solle daher erst dann eingereicht werden, wenn der entsprechende Bescheid des Versorgungsamtes vorliege. Diesem Ratschlag sei sie gefolgt mit der Konsequenz, daß nunmehr für einen Zeitraum von 2 Jahren und 2 Monaten ein Rentenverlust eintrete, da in dem Rentenbescheid auf das Datum der Antragstellung abgestellt werde, der Antrag jedoch aufgrund des Hinweises erst gestellt worden sei, nachdem der positive Ausgang des Verfahrens vor dem SG bekannt gewesen sei. Die ihr erteilte Auskunft sei eindeutig falsch. Richtigerweise hätte ihr geraten werden müssen, den Rentenantrag vorsorglich bereits im Mai 1995 zu stellen, damit darüber unmittelbar im Anschluß an die Auseinandersetzung mit dem Versorgungsamt – entsprechend der Entscheidung des Versorgungsamtes – hätte entschieden werden können. Zumindest dem beratenden Mitarbeiter der Beklagten habe bekannt sein müssen, daß sie mangels Antragstellung Gefahr gelaufen sei, daß ein später gestellter Antrag erst ab dem Zeitpunkt der Antragstellung zur Rentenbewilligung würde führen können. Diese falsche Beratung könne nicht zu ihren Lasten gehen. Bei einer Rentenantragstellung im Mai 1995 wäre angesichts des rückwirkenden Bescheides des Versorgungsamtes daher ab Juni 1995 spätestens die Rente zu bewilligen. Ihr Ehemann sei selbstverständlich jederzeit bereit, seine Erklärung persönlich abzugeben oder deren Richtigkeit an Eides Statt zu versichern.
Diese Widerspruchsbegründung hat folgenden Hintergrund: Auf den Antrag der Klägerin nach dem SchwbG vom 24.09.1992 war zunächst durch Bescheid vom 01.12.1992 ein GdB von 40 festgestellt worden. Ein Änderungsantrag vom 14.04.1994 blieb ohne Erfolg (Bescheid vom 24.06.1994 und Widerspruchsbescheid vom 26.01.1995). Nach Durchführung einer medizinischen Rehabilitationsmaßnahme in der Klinik B. in F. in der Zeit vom 27.03. bis 23.04.1995 zu Lasten der Beklagten (Entlassung nach Hause als arbeitsfähig) stellte die Klägerin einen weiteren Auml;nderungsantrag bei dem Versorgungsamt, und zwar am 29.05.1995. Nachdem die Versorgungsverwaltung auch diesen Antrag (durch Bescheid vom 12.07.1995 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.12.1995) abgelehnt hatte, kam es zu dem Verfahren vor dem SG Münster (S 11 Vs 12/96). Dieses endete dadurch, daß die Klägerin den bereits zitierten Vergleichsvorschlag annahm. Diesen Vergleich führte das Versorgungsamt Münster mit Bescheid vom 01.09.1997 aus und stellte einen GdB von 60 ab 29.05.1995 fest.
Die Beklagte holte im Widerspruchsverfahren eine Auskunft von der Stadt B. ein, die unter dem 13.10.1997 mitteilte, daß der Ehemann der Klägerin in der Vergangenheit bei den Versicherungsstellen im Rathaus B. sowie bei der Bezirksverwaltungstelle N. des öfteren Gespräche geführt habe, über deren Zeitpunkt und Inhalte keine Nachweise geführt worden seien. Es könne bestätigt werden, daß der Ehemann der Klägerin aufgrund der Komplexität der Angelegenheit mehrmals auf die Durchführung der LVA-Sprechtage im Rathaus hingewiesen worden sei. Es sei möglich, daß er an einem Beratungsgespräch im Mai 1995 in der Beratungsstelle der LVA im Rathaus B. teilgenommen habe. Von der Versicherungsstelle der Stadt B. sei jedoch erstmalig für den Sprechtag am 19.12.1995 eine namentliche Terminliste im Rathaus Bxxxxx vorbereitet worden. Die Bezirksverwaltungsstelle für den Ortsteil Nxxxxxxxx führe erst ab Oktober 1997 namentliche Terminlisten. Nach Auswertung dieser Terminlisten sei festgestellt worden, daß weder für die Klägerin noch ihren Ehemann in der Zeit von Dezember 1995 bis Oktober 1997 ein Termin bereitgestellt worden sei. Mit Widerspruchsbescheid vom 19.12.1997 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin zurück und beließ es bei dem Rentenbeginn am 01.08.97; dem Rentenantrag vom 05.08.97 habe zunächst ein Hinweis, daß schon 1995 ein Rentenbegehren ausgesprochen worden sei, nicht entnommen werden können. Ob im März 1995 (gemeint ist Mai 1995) ein Beratungsgespräch in der Beratungsstelle Bxxxxx tattgefunden habe, könne über entsprechende Terminlisten der Versicherungsstelle der Stadt Bxxxxx nicht festgestellt werden, da dort namentliche Terminlisten erst seit Dezember 1995 geführt würden. Abgesehen davon, daß hierüber kein Nachweis mehr erbracht werden könne, sei Voraussetzung für den sozialrechtlichen Herstellungsanspruch zunächst ein rechtswidriges Verhalten eines Leistungsträgers. Rechtswidrig sei jedes Verwaltungsverhalten, das gegen eine Rechtspflicht verstoße, die die Rechtsordnung dem Leistungsträger gegenüber dem Geschädigten auferlegt habe. Eine Verletzung der Betreuungspflicht durch fehlerhafte oder pflichtwidrige unterlassene Auskunft oder Beratung könne nicht erkannt werden.
Mit der am 16.01.1998 erhobenen Klage hat die Klägerin ihr Begehren auf Vorverlegung des Rentenbeginns weiterverfolgt und sich auf das Zeugnis ihres Ehemannes berufen.
Die Klägerin hat sinngemäß beantragt,
ihr unter Abänderung des Bescheides vom 22.08.1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.12.1997 Altersrente für Schwerbehinderte bereits ab dem 29.05.1995 zu gewähren.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat darauf hingewiesen, daß nach der Auskunft ihrer Leistungsabteilung II bei der AOK in Bxxxxx am 30.05.1995 ein Sprechtag von ihr durchgeführt worden sei. Eingesetzt worden sei die Mitarbeiterin Frau Bxxxx.
Das SG hat zwei Erklärungen des Ehemannes der Klägerin vom 31.03.98 und 17.04.1998 beigezogen, wonach er sich nicht genau erinnern könne, an welchem Tage er in Bxxxxx vorstellig geworden sei. Es müsse aber nach der Rückkehr aus der Kur in F. am 24.04.1995 gewesen sein. Er könne heute die Person, die ihn beraten habe, nicht mehr beschreiben; er könne nicht einmal mehr sagen, ob es eine Frau oder ein Mann gewesen sei. Er sei dort mit der Bescheinigung der Kurärzte erschienen. Man habe ihm erklärt, aufgrund dieser Bescheinigung sei eine Antragstellung nicht möglich. Vielmehr sei erforderlich, daß zunächst durch das Versorgungsamt ein GdB von mindestens 50 bescheinigt würde. Als er den ablehnenden Bescheid des Versorgungsamtes erhalten habe, ei er wiederum zur Beratung nach Beckum gegangen. Er habe gefragt, was er tun solle. Man habe wieder erklärt, der Rentenantrag sei nutzlos, da das Versorgungsamt den Antrag auf Erhöhung zurückgewiesen habe.
Mit Verfügung vom 03.04.1998 hat das SG auf § 105 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hingewiesen.
Die Klägerin hat noch vorgetragen, der Zeuge sei am Sprechtag der Beklagten im Rathaus gewesen und nicht bei der AOK. Ausweislich der von der Beklagten vorgelegten Liste sei der Sprechtag im Rathaus am 25.04.1995 gewesen.
Mit Gerichtsbescheid vom 24.06.1998 hat das SG die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt: Die Klägerin könne von der Beklagten keine Altersrente für einen vor dem 01.08.1997 liegenden Zeitraum verlangen. Es werde den Begründungen der angefochtenen Bescheide gefolgt, § 136 Abs. 3 SGG analog. Zur näheren Darlegung der weiteren Einzelheiten werde auf die Streitakten, die Rentenakten der Beklagten und die SchwbG-Akten des Versorgungsamtes Münster Bezug genommen. Zusätzlich sei darauf hingewiesen, daß der Rentenbeginn der gesetzlichen Regelung entspreche. Die Klägerin habe auch keinen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch. Ein Beratungsfehler der Beklagten sei nicht feststellbar. Das von der Klägerin behauptete Beratungsgespräch zwischen ihrem Ehemann und der Beklagten anläßlich eines Sprechtages bei der Stadtverwaltung Bxxxxx könne weder zeitlich noch inhaltlich festgestellt werden. Insofern lägen nur Angaben des Ehemannes der Klägerin vor, die aber ungenau, widersprüchlich und daher nicht ausreichend verläßlich seien. Im Widerspruchsverfahren habe die Klägerin angegeben, ihr Ehemann habe im Mai 1995 die Rentenberatung in B. in Anspruch genommen. Im Mai habe aber gar kein Sprechtag der Beklagten bei der Stadtverwaltung in Bxxxxx stattgefunden, sondern lediglich am 30.05.1995 bei der AOK. Der Ehemann bestätige auch, daß er nicht im Gebäude der AOK beraten worden sei; auch habe das Gespräch auf jeden Fall vor dem 29.05.1995 stattgefunden. In seiner Erklärung vom 31.03.1998 gebe der Ehemann an, am 24.04.1995 seien er und seine Frau aus der Kur in F. zurückgekommen. Den Entlassungsbericht mit einer Bescheinigung über 50% Erwerbsminderung habe sie mitbekommen. Mit dem Bericht sei er beim Beratungsdienst der Beklagten im Rathaus gewesen. In seiner Erklärung vom 17.04.1998 gebe der Ehemann an, am 23.04.1995 (Sonntag) seien sie aus der Kur zurückgekehrt. In der darauf folgenden Woche sei er bei der Stadtverwaltung gewesen (Ende April oder Anfang Mai). Der Angestellte habe keine Auskunft erteilen können und habe verwiesen auf den Beratungsdienst der Beklagten. Zeit und Ort habe er bereits mitgeteilt. Er sei sicher, den erstmöglichen Termin wahrgenommen zu haben, im Gebäude der Stadtverwaltung. Da die Sprechstunde am 17.05.1995 abgehalten worden sei, betrage der Zeitraum zwischen den 2 Gesprächen in der Stadtverwaltung etwa 2 1/2 bis 3 Wochen. Diese letzten Angaben könnten nicht zutreffen. Am 17.05.1995 habe kein Sprechtag stattgefunden. Der einzige Sprechtag zwischen Rückkehr der Klägerin aus der Kur und dem 30.05.1995 habe am 25.04.1995 bei der Stadtverwaltung stattgefunden. Eine Wahrnehmung dieses Termins passe aber nicht mit den Angaben des Ehemannes der Klägerin zusammen. Auch könne er nicht einmal angeben, ob er mit einem Mann oder einer Frau gesprochen habe. Die mangelnde Zuverlässigkeit der Angaben des Ehemannes der Klägerin ergebe sich auch aus seinem Vortrag, seine Frau habe aus der Kur den Entlassungsbericht mit einer Bescheinigung über 50% mitbekommen. Eine solche Bescheinigung sei offensichtlich nicht ausgestellt worden. Denn mit dem Antrag auf Neufeststellung beim Versorgungsamt vom 26./29.05.1995 sei der vollständige Bericht über die durchgeführte Kur beigefügt worden, in dem sich keine Stellungnahme zum GdB befinde. Da ein Beratungsfehler der Beklagten nicht festgestellt werden könne, bedürfe es keiner Ausführungen dazu, ob überhaupt eine Verpflichtung der Beklagten bestehe, zu einer vorsorglichen Rentenantragstellung anzuhalten, wenn noch nicht einmal ein Antrag beim Versorgungsamt auf Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft gestellt worden sei.
Gegen den ihr am 29.06.1998 zugestellten Gerichtsbescheiid hat die Klägerin am 29.07.1998 Berufung eingelegt. Sie bleibt dabei, daß ein Beratungsfehler der Beklagten vorliege, und bietet noch einmal die Vernehmung des Zeugen Preuß an, damit sich das Gericht selbst von dessen Glaubwürdigkeit und Glaubhaftigkeit überzeugen könne.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Münster vom 24. Juni 1998 aufzuheben und die Sache zur erneuten Entscheidung an das Sozialgericht zurückzuverweisen,
hilfsweise,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Münster vom 24. Juni 1998 abzuändern und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 22. August 1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.12.1997 zu verurteilen, ihr bereits ab 01. Juli 1995 Altersrente für Schwerbehinderte zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend.
Die Rentenakten der Beklagten, die SchwbG-Akten des Versorgungsamtes Münster sowie die Akten des SG Münster, S 8 (6) J 95/91, S 2 AR 117/90 und S 11 Vs 12/96, haben vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen. Auf den Inhalt dieser Akten und den der Streitakten wird ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin ist im Sinne der Aufhebung des angefochtenen Gerichtsbescheides und der Zurückverweisung der Sache an die erste Instanz begründet. Das erstinstanzliche Verfahren leidet an mehreren Verfahrensfehlern. Der Senat hat zum Mittel der Zurückverweisung gemäß § 159 Abs. 1 Nr. 2 SGG gegriffen, um der Klägerin zwei vollständige Tatsacheninstanzen zu erhalten.
Der angefochtene Gerichtsbescheid beruht zunächst auf einer Verletzung von § 106 Abs. 3 Nr. 4 SGG. Da es im vorliegenden Falle entscheidend auf die Glaubwürdigkeit des Zeugen Pxxxx, des Ehemannes der Klägerin, ankommt, hätte das SG diesen mündlich vernehmen müssen, und zwar nicht nur zum Inhalt des behaupteten Beratungsgesprächs, sondern auch zu der Frage, wann und wo der Sprechtag stattgefunden hat. Der Zeuge ist angeboten und gut erreichbar. Eine Auskunftserteilung nach § 106 Abs. 3 Nr. 3 SGG in Verbindung mit § 377 Zivilprozeßordnung ist daher in dieser Fallkonstellation nicht ausreichend. Diese mündliche Einvernahme hat das SG nachzuholen. Die Einvernahme der Berater der Beklagten als weiterer Zeugen bleibt vorbehalten.
Ungeachtet der Frage, ob die Sache tatsächlich "keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist", wie das von § 105 Abs. 1 Satz 1 SGG für den Erlaß eines Gerichtsbescheides gefordert wird, hat das SG einen weiteren Verfahrensfehler dadurch begangen, daß es Satz 2 dieser Vorschrift verletzt hat, wonach die Beteiligten vorher zu hören sind (vgl. auch § 62 SGG). Das SG hat sich auf einen bloßen Hinweis auf § 105 SGG beschränkt. Es hat keinerlei inhhaltliche Hinweise dazu gegeben, in welche Richtung es zu entscheiden gedenkt, und damit dem potentiellen Verlierer keine Möglichkeit gegeben, das, was in einer mündlichen Verhandlung mündlich hätte vorgetragen erden können, vor Erlaß des Gerichtsbescheides schriftlich anzubringen. Der Senat hat bereits mehrfach entschieden (Urteile des erkennenden Senats vom 17.09.1993, L 4 J 109/93, und vom 27.07.1998, L 4 RJ 256/97), daß eine dem Anspruch der Beteiligten auf Gewährung von rechtlichem Gehör genügende Anhörung zumindest kurze inhaltliche Hinweise enthalten muß.
Wie das Bundessozialgericht (BSG) schon zu der für das Berufungsverfahren geltenden Bestimmung des § 153 Abs. 4 SGG ausgeführt hat (vgl. Urteil vom 18.11.1997, 2 RU 16/97, und Beschluss vom 22.04.1998, B 9 SB 19/97 R), muß das Gericht den Beteiligten mitteilen, daß es eine Entscheidung durch Beschluss ohne mündliche Verhandlung erwägt, und ihnen Gelegenheit geben, sich dazu zu äußern. Dabei ist – so das BSG – das rechtliche Gehör den Beteiligten nur dann ausreichend gewährt, wenn ihnen Gelegenheit zur ausführlichen Stellungnahme in der Sache selbst wie auch zur Äußerung von etwaigen Bedenken eingeräumt wird, die sie gegen die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung und durch Beschluss haben; deshalb muß die Anhörung in einer Weise erfolgen, die diesem Ziel gerecht wird, also unmißverständlich, konkret und fallbezogen. Diese § 153 Abs. 4 SGG betreffenden Ausführungen zur Berufungszurückweisung durch Beschluss gelten um so mehr für den erstinstanzlichen Gerichtsbescheid. Denn durch diesen ist jede Entscheidung möglich, also auch eine dem Klagebegehren folgende, während § 153 Abs. 4 SGG lediglich die Berufungszurückweisung durch Beschluss erlaubt, so daß – im Gegensatz zu § 105 SGG – ein Hinweis auf § 153 Abs. 4 SGG zwingend immer auch schon einen Hinweis auf das in Aussicht gestellte Prozeßergebnis enthält.
Schließlich hat das SG nicht den Anforderungen von § 136 SGG genügt. Auch wenn es in Form eines Gerichtsbescheides entscheidet, ist eine gedrängte Darstellung des Tatbestandes erforderlich, § 136 Abs. 1 Nr. 5 SGG. Die Ersetzung durch die Verweisung auf vorbereitende Schriftsätze gemäß § 136 Abs. 2 Satz 1 SGG ist hier nicht genügend, weil keine Schriftsätze eingereicht worden sind, die die Darstellung des Tatbestandes in einer ausreichenden Weise zu ersetzen geeignet sind. Im übrigen sind nach § 136 Abs. 2 Satz 2 SGG in jedem Falle die rhobenen Ansprüche genügend zu kennzeichnen und die dazu vorgebrachten Angriffs- und Verteidigungsmittel ihrem Wesen nach hervorzuheben. Das ist hier in keiner Weise geschehen. So ist auch nicht darauf eingegangen worden, daß die mündliche Vernehmung des Zeugen Pxxxx angeboten worden ist.
Erstellt am: 13.08.2003
Zuletzt verändert am: 13.08.2003