Auf die Beschwerde des Bezirksrevisors wird der Beschluss des Sozialgerichts Köln vom 30.07.2009 geändert.
Die der Antragstellerin zu zahlenden Gebühren und Auslagen werden auf 559,30 EUR festgesetzt.
Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Im beim Sozialgericht seit dem 21.11.2007 anhängig gewesenen Hauptsacheverfahren war streitig, ob der durch die Antragstellerin vertretenen Klägerin im Zeitraum September 2007 bis August 2008 monatlich höhere Grundsicherungsleistungen von 35,85 EUR nach dem Sozialgesetzbuch 12. Buch – Sozialhilfe (SGB XII) zustanden. Nach Vorlage der vollständigen Betriebskostenrechnung 2006 stellte die Beklagte mit Schriftsatz vom 23.01.2008 zunächst fest, dass als (weiteres) Einkommen statt wie bisher angenommen ein Betrag von 287,28 EUR lediglich ein Betrag von 166,80 EUR zu berücksichtigen sei. Nach einer weiteren Stellungnahme der Klägerin teilte die Beklagte mit einem unmittelbar an die Antragstellerin gerichteten Schriftsatz vom 25.02.2008 mit, dass das durch den Vermieter errechnete Betriebskostenguthaben 138,51 EUR betrage. Mit der Grundsicherungsleistung für März 2008 erfolge daher eine Nachzahlung in Höhe von 5,13 EUR.
Mit Beschluss vom 03.03.2008 bewilligte das Sozialgericht der Klägerin Prozesskostenhilfe ab dem Zeitpunkt der Antragstellung (21.11.2007).
In dem vom Sozialgericht anberaumten Termin der mündlichen Verhandlung vom 21.05.2008, zu dem das persönliche Erscheinen der Klägerin nicht angeordnet war, erklärten die Beteiligten übereinstimmend, dass lediglich ein Betrag von 138,51 EUR als Einkommen der Klägerin angerechnet werde. In der Sitzungsniederschrift finden sich sodann Hinweise des Sozialgerichts zur Rechtslage. Sodann ist die Klagerücknahme protokolliert.
Mit ihrer Kostenrechnung vom 27.05.2008 hat die Antragstellerin die Festsetzung von Gebühren in Höhe eines Gesamtbetrages von 785,40 EUR beantragt. Dieser Betrag berücksichtigte die folgenden Gebühren nach dem Vergütungsverzeichnis (VV) des Rechtsanwaltsgebührengesetzes (RVG):
Einigungsgebühr VV-RVG Nr. 1006 von 190 EUR Gebühr VV-RVG Nr. 3102 von 250 EUR Terminsgebühr VV-RVG Nr. 3106 von 200 EUR Pauschale VV-RVG Nr. 7002 von 20 EUR Umsatzsteuer VV-RVG Nr. 7008 von 125,50 EUR.
Mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 01.07.2008 hat der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle des Sozialgerichts die zu zahlenden Gebühren und Auslagen auf 559,30 EUR festgesetzt. Zur Begründung hat sie ausgeführt, eine Einigung im Sinne von VV-RVG Nr. 1006 sei nicht angefallen, da das Verfahren ohne jeden Erfolg durch Klagerücknahme beendet worden sei.
Mit ihrer dagegen gerichteten Erinnerung vom 08.07.2008 hat die Antragstellerin geltend gemacht, die Beteiligten hätten sich erst nach ausführlicher Erörterung des Sachverhaltes und entsprechender Hinweise des Gerichts dahingehend geeinigt, dass lediglich ein Betrag von 138,51 EUR als sonstiges Einkommen Berücksichtigung finden solle. Erst nachdem insoweit eine Einigung erzielt worden sei, sei das Verfahren "letztendlich aus Kostengründen" durch Klagerücknahme erledigt worden. Vor dem Hintergrund der erzielten Einigung sei die in Ansatz gebrachte Einigungsgebühr gerechtfertigt.
Mit Beschluss vom 30.07.2008 hat das Sozialgericht die aus der Staatskasse zu zahlende Vergütung auf 785,40 EUR festgesetzt. Die Rechtssache habe sich ganz oder teilweise durch anwaltliche Mitwirkung erledigt. Die Beteiligten hätten sich erst im Termin auf die Anrechnung eines Betrages von 138,51 EUR als Einkommen geeinigt. Nur hinsichtlich dieses Restbetrages sei eine Klagerücknahme erfolgt. Aufgrund anwaltlicher Mitwirkung habe das Verfahren mit teilweisem Erfolg der Klägerin geendet. Festzusetzen sei die angemessene Mittelgebühr nach VV-RVG Nr. 1006 in Höhe von 190 EUR. Unter Berücksichtigung der unstreitigen Beträge ergebe sich die Gesamtsumme von 785,40 EUR.
Zur Begründung seiner hiergegen gerichteten Beschwerde vom 27.08.2008 hat der Beschwerdeführer unter Verweis auf Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) ausgeführt, die Gebühr nach VV-RVG Nr. 1006 verlange eine Tätigkeit, die über die bloße Einlegung und Begründung eines Rechtsmittels hinausgehe. Der Rechtstreit habe insgesamt durch Rücknahme der Klage geendet. Es liege weder ein Anerkenntnis noch ein Vergleich vor. Die Erklärungen in der Sitzungsniederschrift dürften dahingehend auszulegen sein, dass die ("nunmehr im Laufe des Klageverfahrens ermittelte") Höhe des anzurechnenden Einkommens feststehe.
Die Antragstellerin hat erwidert, es müsse berücksichtigt werden, dass die Beklagte erst im Klageverfahren die Einkommensanrechnung zunächst auf einen Betrag von 166,80 EUR reduziert habe. Nachfolgend sei hinsichtlich der weiteren Reduzierung dieses Betrages erst in der mündlichen Verhandlung Einigkeit erzielt worden. Die weitere Herabsetzung sei auf den Umstand zurückzuführen, dass sie, die Antragstellerin, darauf hingewiesen habe, dass die Nachzahlung der Klägerin auf die Heiz- und Kaltwasserkosten für das Jahr 2006 gemäß Abrechnung der Vermieterin vom Juni 2006 in vollem Umfange von dem Guthaben aus der allgemeinen Betriebskostenabrechnung in Abzug zu bringen sei. Im Übrigen habe das Gericht im Rahmen der ausführlichen Erörterung auf Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) zur Frage der Behandlung von Kosten der Warmwasserbereitung hingewiesen. Nach der Rechtsprechung des BSG wäre die von der Antragstellerin vorgenommene Berechnung "wohl eher als korrekt anzusehen". Zwecks kurzfristiger Erledigung, aber auch zur Vermeidung eines weiteren Prozessrisikos für die Beklagte, habe das Sozialgericht vorgeschlagen, dass man Einigkeit hinsichtlich der Anrechnung eines Betrages von 138,51 EUR herstelle. Nachdem sich die Beklagte auf dieser Grundlage bereit erklärt hätte, einen Abänderungsbescheid zu erlassen, sei die Klage aus Kostengründen zurückgenommen worden. Insgesamt sei klar erkennbar, dass ein Tätigwerden der Antragstellerin zur Erzielung einer Einigung bzw. zur Erledigung der Angelegenheit stattgefunden habe. Nachfolgend hat die Antragstellerin erneut betont, dass die Beklagte erst in der mündlichen Verhandlung nach Erörterung des Sach- und Streitverhältnisses Bereitschaft signalisiert habe, lediglich den zuletzt genannten Betrag als weiteres Einkommen anzurechnen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der beigezogenen Prozessakte Bezug genommen.
II.
1.
Das Rubrum war zunächst – wie geschehen – zu korrigieren. Antragsteller ist in Verfahren, welche die Höhe der Rechtsanwaltsvergütung betreffen, der Rechtsanwalt selbst. Antragsgegner (und hier Beschwerdeführer) ist in solchen Verfahren die Landeskasse, vertreten durch den Bezirksrevisor. Der durch die Prozesskostenhilfe begünstigte Beteiligte ist am Festsetzungsverfahren nicht beteiligt (vgl. Beschluss des Senats vom 03.08.2009 – L 20 B 16/09 SO m.w.N.).
2.
a)
Die Beschwerde ist nach § 56 Abs. 2 i.V.m. § 33 Abs. 3 Satz 1 RVG zulässig, weil der Wert des Beschwerdegegenstandes (Gebühr von 190,00 EUR zzgl. 19 % Umsatzsteuer, mithin 226,10 EUR) 200,00 EUR übersteigt.
b)
Die Beschwerde ist auch begründet. Die Erledigungsgebühr nach VV-RVG Nr. 1006 ist nicht angefallen. Für eine "Erledigung durch anwaltliche Mitwirkung" i.S.v. VV-RVG Nr. 1006 i.V.m. VV-RVG 1005 und VV-RVG Nr. 1002 muss die anwaltliche Mitwirkung kausal für die Erledigung der Rechtssache gewesen sein. "Mitwirkung" meint dabei mehr als die bloße Einschaltung oder Hinzuziehung eines Rechtsanwaltes; sie erfordert vielmehr ein auf die Erledigung der Rechtssache gerichtetes Tätigwerden, das über die reine Verfahrenseinleitung, Klagebegründung und Terminswahrnehmung hinausgeht (vgl. BSG, Urteil vom 07.11.2006 – B 1 KR 22/06 R). Werden diese Tätigkeiten bereits durch sonstige Gebührenbestände die Verfahrensgebühr abgegolten, ist für eine Mitwirkung bei der Erledigung ein qualifiziertes Tätigwerden notwendig, welches gerade darauf abzielt, die bereits eingeleitete Streitsache aufgrund der besonderen Mitwirkung ohne gerichtliche Entscheidung zu erledigen (vgl. Beschlüsse des Senats vom 13.11.2008 – L 20 B 59/08 SO und vom 15.07.2009 – L 20 B 27/09 AS).
Entgegen der Auffassung der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle ist zwar nicht davon auszugehen, dass der Rechtstreit für die Klägerin ohne jeden Erfolg endete.
Im vorliegenden Fall ist das Tätigwerden der Antragstellerin aber durch die Gebührentatbestände nach VV-RVG Nr. 3102 und 3106 erfasst. Ein Tätigwerden, das über die allgemeine Wahrnehmung verfahrensmäßiger bzw. rechtlicher Interessen für die Mandantin hinausging und einer "qualifizierten erledigungsgerichteten Mitwirkung" des Rechtsanwalts entspräche, liegt nicht vor. Entgegen der Auffassung der Antragsteller reicht eine schlichte Kausalität ihres Tätigwerdens für die Erledigung des Rechtstreits insoweit nicht aus. Ebenso rechtfertigt der Umstand, dass der Rechtstreit für die Klägerin mit teilweisem Erfolg endete, das Entstehen der Einigungs- oder Erledigungsgebühr nicht.
Insoweit ist zunächst bereits der Vortrag der Antragstellerin hinsichtlich der Kausalität der mündlichen Verhandlung für die Einigung auf einen Anrechnungsbetrag von 138,51 EUR nicht nachvollziehbar. Denn die Beklagte hatte ausweislich ihres Schreibens vom 25.02.2008 (siehe Gründe zu I.) bereits im Vorfeld der mündlichen Verhandlung eben diesen Betrag anerkannt und für März 2008 eine daraus folgende Nachzahlung von 5,13 EUR angekündigt. Prozessual ist dieses Vorgehen der Beklagten als (bereits umgesetztes) Teilanerkenntnis zu würdigen. Einer weitergehenden Einigung auf genau diesen Anrechnungsbetrag im Rahmen der mündlichen Verhandlung bedurfte es ebenso wenig wie eines (weiteren) Abänderungsbescheides. Aus diesem Grund kann auch eine vergleichsweise Einigung, wie sie das Sozialgericht (hilfsweise) ausweislich eines Aktenvermerks vom 18.05.2009 unterstellt, nicht angenommen werden. Selbst wenn eine Nachzahlung entgegen der aktenkundigen Ankündigung nicht erfolgt wäre, hätte die Antragstellerin in dem Termin der mündlichen Verhandlung lediglich das abgegebene Teilanerkenntnis angenommen. Auch die Dauer der mündlichen Verhandlung rechtfertigt die Annahme eines qualifizierten Tätigwerdens nicht. Die Antragstellerin musste ersichtlich weder die Beklagte noch ihre – nicht anwesende – Mandantin von der Sinnhaftigkeit einer Klagerücknahme im Übrigen überzeugen.
Im Übrigen haben das Sozialgericht und die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle die Gebühren entsprechend der Kostenrechnung der Antragstellerin unter Beachtung der Kriterien aus § 14 Abs. 1 RVG zutreffend festgesetzt. Die Annahme der Mittelgebühr sowohl für die Verfahrensgebühr als auch die Terminsgebühr ist gerechtfertigt. Umfang und Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit sind vorliegend als durchschnittlich einzustufen. Der überdurchschnittlichen Bedeutung der Angelegenheit für die Klägerin, die sich bereits daraus ergibt, dass eine Kürzung existenzsichernder Leistungen erfolgt war, stehen unterdurchschnittliche Einkommens- und Vermögensverhältnisse gegenüber. Die vom Durchschnitt abweichenden Kriterien "Bedeutung der Angelegenheit" sowie "Einkommens- und Vermögensverhältnisse" kompensieren sich (vgl. zu alledem BSG, Urteil vom 01.07.2009 – B 4 AS 21/09 R).
Die festzusetzende Gebühr setzt sich somit wie folgt zusammen:
Verfahrensgebühr gemäß VV-RVG Nr. 3102: 250,00 EUR Terminsgebühr gemäß VV-RVG Nr. 3106: 200,00EUR Pauschale für Telekommunikationsdienstleistung, VV-RVG Nr. 7002: 20,00 EUR Zwischensumme: 470,00 EUR zzgl. 19 % Umsatzsteuer: 89,30 EUR Endsumme: 559,30 EUR.
3.
Die Beschwerde ist gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet (§ 56 Abs. 2 Satz 2 und 3 RVG).
4.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 56 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 33 Abs. 4 Satz 2 RVG, § 177 Sozialgerichtsgesetz).
Erstellt am: 14.12.2009
Zuletzt verändert am: 14.12.2009