Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 24.06.2015 wird zurückgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens auch im Berufungsverfahren. Die Revision wird zugelassen. Der Streitwert wird auf 153.230,49 EUR festgesetzt.
Tatbestand:
Im Streit steht die Erstattung der von der Klägerin für die Unterbringung des O G im Zeitraum vom 28.06.2012 bis 30.04.2014 aufgebrachten Kosten in Höhe von 153.230,49 EUR.
O G (im Folgenden: Hilfeempfänger) wurde am 00.00.2008 in G geboren. Bereits am 12.09.2008 wurde er stationär im St. N-Hospital E aufgenommen und wegen erheblichen Alkoholkonsums der allein sorgeberechtigten Mutter, verbunden mit Vernachlässigung ihrer Aufsichtspflicht, durch den Notdienst des Jugendamtes E in Obhut genommen. Vom 30.09.2008 bis 08.09.2009 lebte der Hilfeempfänger mit seiner Mutter in einer speziellen Wohngruppe für Eltern mit sozialen, familiären, persönlichen und psychischen Problemen in E, unterbrochen von einem viermonatigen Aufenthalt in der Suchtklinik G. Anlässlich eines Aufenthalts in der W Kinder- und Jugendklinik E vom 13.03.2009 wurden beim Hilfeempfänger u.a. ein Fetales Alkoholsyndrom sowie ein Plagiocephalus festgestellt (Arztbrief vom 13.03.2009). Nach der – infolge des Alkoholkonsums der wiederholt rückfälligen Mutter notwendig gewordenen – Beendigung der Unterbringung in E wurde der Hilfeempfänger vom Jugendamt der Klägerin zunächst in einer Bereitschaftspflegefamilie in C untergebracht.
Im Herbst 2009 zog die Mutter des Hilfeempfängers zu ihrem damaligen Partner nach I (Landkreis L). Gemeinsam mit dem Hilfebedürftigen, der mit Unterstützung des den Fall übernehmenden Jugendamtes des Landkreises L aus C zur Mutter gebracht wurde, begab sich diese am 21.12.2009 in stationäre Entzugsbehandlung in G (Landkreis N); diese Behandlung brach sie jedoch bereits am 23.12.2009 wieder ab. Der Hilfeempfänger wurde hierauf vom Jugendamt des Landkreises N in einer Pflegefamilie in Bad F (Kreis N) in Obhut genommen. Mit Zustimmung der wieder im Landkreis L wohnenden Mutter bewilligte der Landkreis L dem Hilfeempfänger Hilfe gem. § 33 SGB VIII; eine geeignete Pflegefamilie im Landkreis L wurde in der Folgezeit allerdings zunächst nicht gefunden, so dass er bei der Bereitschaftspflegefamilie im Landkreis N verblieb. In einem Bericht des Universitätsklinikums H und N – Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin – über eine Untersuchung des Hilfeempfängers am 10.05.2010 wurde ausgeführt, er leide an einem Fetalen Alkoholsyndrom und einer Entwicklungsretardierung sowie Dystrophie (Bericht vom 11.05.2010). Am 27.05.2010 wurde der Hilfeempfänger in einer Bereitschaftspflegefamilie in C (Landkreis L) untergebracht. Eine vom Landkreis L begehrte Fallübernahme lehnte der Beklagte unter Verweis auf die fehlende örtliche Zuständigkeit ab; der Hilfeempfänger habe durchgehend in Einrichtungen gelebt, so dass sich die örtliche Zuständigkeit nach dem Ort seiner Geburt richte (Bescheid vom 19.11.2010).
Bei einer Untersuchung im Klinikum L – Neuropädiatrie mit Sozialpädiatrischem Zentrum – am 25.11.2010 wurden u.a. ein Fetales Alkoholsyndrom, eine allgemeine Entwicklungsstörung und ein Plagiocephalus festgestellt (Bericht vom 06.01.2011). In einem weiteren Bericht des Klinikums L vom 06.06.2011 über eine Untersuchung des Hilfeempfängers am 12.05.2011 wurde ein ausgeprägtes Fetales Alkoholsyndrom mit einem geschätzten Entwicklungsquotient von 40 bis 50 beschrieben. Außerdem bestünden eine expressive Sprachentwicklungsstörung, die noch über das Ausmaß der allgemeinen Entwicklungsstörung hinausgehe, mit deutlichen Schwächen beim Sprachverständnis, eine motorische Koordinationsstörung, eine ausgeprägte Dystrophie sowie ein Mikrocephalus. In einer Entwicklungsbeurteilung des Klinikums L vom 22.07.2011 erreichte der Hilfeempfänger bei einem Lebensalter von 33 Monaten im Bereich der Sprache einen Entwicklungsstand von 14 Monaten, im Bereich der akustischen Wahrnehmung von 19 Monaten, bei der Körperkontrolle von 26 Monaten und im Sozialkontakt von 25 Monaten. Er sei deutlich nicht altersgemäß entwickelt.
Nachdem die Mutter und ihr Partner zunächst stabil und abstinent blieben, wurde die Inobhutnahme durch den Landkreis L beendet, und der Hilfeempfänger lebte ab 01.07.2011 bei der Familie in E (Landkreis L). Dort besuchte er als Integrationskind den Kindergarten. Nach einem Alkohol-Rückfall der Mutter erfolgte am 15.11.2011 eine erneute Inobhutnahme des Hilfeempfängers durch das Jugendamt des Landkreises L; er wurde in einer Pflegefamilie in I (Landkreis L) untergebracht. Am 22.12.2011 verzog die Mutter des Hilfeempfängers nach C. Der Hilfeempfänger verblieb zunächst in der Bereitschaftspflegefamilie in I und besuchte dort ab Februar 2012 eine integrative Kindertagesstätte.
Eine Bitte des Landkreises L um Fallübernahme und Anerkennung der Kostenerstattungspflicht ab dem Zeitpunkt des Umzuges der Mutter nach C (Schreiben vom 25.01.2012) lehnte die Klägerin mit Schreiben vom 09.02.2012 ab. Eine Inobhutnahme über einen längeren Zeitraum entspreche nicht den Vorschriften des SGB VIII. Sie diene ihrem gesetzlichen Zweck nach lediglich als eine vorläufige Sicherungsmaßnahme zur Wahrung des Kindeswohls, nicht aber als längerfristige Maßnahme. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bleibe das Jugendamt im Falle einer Inobhutnahme jugendhilferechtlich verpflichtet, im Zusammenwirken mit anderen Stellen die Art des jugendhilferechtlichen Bedarfs zu klären und zügig eine Entscheidung über die gebotene Hilfe herbeizuführen. Die dem Hilfeempfänger erbrachte Hilfe sei somit nicht rechtmäßig, weshalb eine Kostenerstattung abgelehnt werde.
Die Bereitschaftspflegefamilie teilte dem Jugendamt des Landkreises L in der Folgezeit mit, dass ein Verbleib des Hilfeempfängers bei ihr nicht länger möglich sei. Er sei für eine Familie nicht aushaltbar und unzumutbar. Im Kindergarten sei er nur drei Stunden am Tag tragbar; den Rest des Tages verbringe er bei ihr, wo er ständig in Bewegung sei und unter Aufsicht sein müsse. Er verhalte sich trotz seiner dreieinhalb Jahre wie ein Baby (Aktenvermerk vom 17.02.2012). Bei einem Gespräch mit dem Jugendamt der Klägerin am 02.05.2012, in dem es darum ging, dass der Hilfeempfänger nicht bei der Bereitschaftspflegefamilie in I verbleiben könne, beantragte seine Mutter Jugendhilfe nach den Bestimmungen des SGB VIII. Die Pflegefamilie selbst teilte der Klägerin am 24.05.2012 ausdrücklich mit, dass der Hilfeempfänger nicht länger bei ihr bleiben könne.
Am 28.06.2012 (= Beginn des streitigen Zeitraums) wurde der Hilfeempfänger in die Inobhutnahme- und Perspektivklärungsgruppe der Jugendhilfeeinrichtung Schloss E (C, Kreis W) aufgenommen. Nach der Leistungsbeschreibung der Einrichtung (Stand: 05.07.2012) bietet diese Gruppe eine vollstationäre Hilfe für kleine Kinder im Alter von 0 bis 6 Jahren (§ 27 i.V.m. §§ 34, 36, 42 SGB VIII). Das Angebot richte sich an Kinder, die nicht im bisherigen Umfeld verbleiben könnten und deren mittel- und langfristige Perspektive zu klären sei. Ziele seien u.a. der Schutz und die Pflege des Kindes sowie die Entwicklungsförderung. Die Verweildauer sei dabei "so kurz wie möglich, so lang wie nötig". Grundsätzlich sei der Aufenthalt begrenzt bis zur Klärung der weiteren Perspektive und der Realisierung des Übergangs. Durch eine angemessene Gestaltung des Alltags finde eine Förderung der kognitiven, motorischen und sprachlichen Entwicklung statt. Bildungskompetenzen würden durch Integration in eine Kindergartengruppe gefördert; bei Bedarf werde ein Integrationshelfer bereitgestellt. Das Team bestehe aus erfahrenen pädagogischen Fachkräften mit kinderpflegerischer Kompetenz.
Die Klägerin erteilte mit Schreiben vom 09.07.2012 gegenüber der Einrichtung Schloss E ein Kostenanerkenntnis über Leistungen der Hilfe zur Erziehung gemäß § 42 SGB VIII ab dem 28.06.2012; dies teilte sie der Mutter wie auch dem Vater des Hilfebedürftigen mit Schreiben vom 18.07.2012 unter ausdrücklicher Bezugnahme auf § 42 SGB VIII mit. Ebenfalls wurde die Bundesagentur für Arbeit – Familienkasse – über den Beginn von Leistungen (ausdrücklich) nach §§ 27 ff., 42 SGB VIII informiert. Ausweislich des Protokolls über das erste Hilfeplangespräch vom 02.08.2012 sollte in der Einrichtung Schloss E im Rahmen eines Clearings zunächst festgestellt werden, inwieweit beim Hilfeempfänger eine Behinderung durch das Fetale Alkoholsyndrom vorliege und welche Unterstützung notwendig sei. Er könne sich wenig über Sprache verständigen, sondern mehr über Zeichen. Darüber hinaus habe er erneut abgenommen und liege mit seinem Gewicht nunmehr an der absolut untersten Grenze. Er werde eine integrative Einrichtung in der Nähe besuchen; geplant sei ein Umfang von ca. 35 Stunden pro Woche unter Einsatz einer Integrationshelferin.
Bereits mit Schreiben vom 11.06.2012 übersandte die Klägerin Unterlagen an die Stadt L mit der Bitte um Fallübernahme. Bei dem Hilfeempfänger liege ein Fetales Alkoholsyndrom vor, welches eine Maßnahme im Rahmen der Eingliederungshilfe erforderlich mache. Die Stadt L gab die Angelegenheit zuständigkeitshalber an den Landkreis L ab; die Klägerin übersandte hierauf die Akte an den Landkreis L mit der Bitte um Bestätigung der Übernahme des Falles (Schreiben vom 18.07.2012). Der Landkreis L bat die Klägerin um Nachweis, dass amtsärztlich eine Zuordnung des Kindes zum Personenkreis des § 53 SGB XII erfolgt sei, sowie darüber, in welcher Form eine Leistung der Eingliederungshilfe erbracht werde (Schreiben vom 19.07.2012). Die Klägerin teilte dazu mit, die Unterbringung in der Pflegefamilie habe kurzfristig beendet werden müssen, da diese mit der Betreuung überfordert gewesen sei. Übergangsweise sei der Hilfeempfänger daher in Schloss E untergebracht worden, wo eine Diagnostik sowie eine Vorstellung beim Amtsarzt erfolgen werde. Grundsätzlich sei ein dauerhafter Aufenthalt in Schloss E jedoch nicht möglich, da diese Einrichtung nicht für die Versorgung eines solcherart behinderten Kindes eingerichtet sei. Der Einrichtung sei ein Integrationshelfer zur Seite gestellt worden, um die Unterbringung zu stützen, bis der Hilfeempfänger in einer für ihn geeigneten Einrichtung untergebracht werden könne. Die Jugendhilfe biete keine Möglichkeiten, den besonderen Anforderungen in diesem Falle Rechnung zu tragen (Schreiben vom 26.07.2012). Mit Schreiben vom 21.08.2012 beantragte die Klägerin beim Landkreis L außerdem die Erstattung der bei ihr entstehenden Kosten gemäß § 104 SGB X; eine ausführliche Begründung werde nach Vorliegen der Diagnostik erfolgen. Zuvor hatte der Beklagte (unter dem 14.08.2012) bereits einen vom Landkreis L geltend gemachten Erstattungsanspruch für die Zeit vom 06.06.2011 (= Stellungnahme des Klinikums L) bis zum 27.06.2012 (= Übernahme des Falles durch die Klägerin) abgelehnt.
Auf Antrag der Klägerin, für die die Mutter des Hilfeempfängers seit Juli 2012 nicht mehr greifbar war, wurde mit Beschluss des Amtsgerichts C vom 16.08.2012 (60 F 267/12) der Kindesmutter im Wege der einstweiligen Anordnung das Recht zur Gesundheitsfürsorge für den Hilfeempfänger entzogen und Ergänzungspflegschaft angeordnet. Zum Ergänzungspfleger wurde das Jugendamt der Klägerin bestellt.
Seit dem 01.08.2012 besuchte der Hilfeempfänger (im Rahmen seiner Betreuung in Schloss E) eine integrative Kindertagesstätte der AWO in T. Das Gesundheitsamt des Kreises W teilte der Klägerin mit Schreiben vom 22.08.2012 mit, es bestehe auf Grundlage der vorliegenden fachärztlichen Befunde beim Hilfeempfänger mit hoher Wahrscheinlichkeit eine geistige Behinderung, und er gehöre deshalb zum Personenkreis des § 53 SGB XII. Eine abschließende Stellungnahme könne jedoch erst nach einer ausführlichen testpsychologischen Untersuchung erfolgen. Der Clearingbericht aus Schloss E vom 02.10.2012 führte aus, der Hilfeempfänger leide an den Folgen eines voll ausgeprägten Fetalen Alkoholsyndroms. Dabei zeige er sowohl die entsprechenden äußerlichen charakteristischen Gesichtsmerkmale und körperlich-organischen bekannten Fehlbildungen, Minderwuchs und starkes Untergewicht als auch eine kognitive Behinderung und eine Störung des Sozialverhaltens. Er sei auf allen Ebenen stark in seiner Entwicklung verzögert und werde diese Rückstände, vor allem im kognitiven Bereich, auch bei bester Förderung wohl nur bedingt aufholen können. Auch die Auffälligkeiten in seinem Sozialverhalten seien typisch für ein Fetales Alkoholsyndrom. Der Entwicklungsstand entspreche ungefähr dem eines 1,5-jährigen Kindes. Für die Zukunft brauche der Hilfeempfänger eine heilpädagogisch oder sonderpädagogisch ausgerichtete Familienwohngruppe mit Kindern mit ähnlicher kognitiver Einschränkung innerhalb eines überschaubaren Rahmens. Es sei von einer dauerhaften Unterbringung auszugehen. Er benötige gezielte Förderungen in allen Bereichen des Lernens und im Bereich von Physiotherapie und Logopädie. In einem weiteren Hilfeplangespräch vom 20.11.2012 wurde festgehalten, es sollten noch weitere Untersuchungen und Tests im E SPZ stattfinden, die sich allerdings schwierig gestalteten, da der Hilfeempfänger nicht mitwirke. Er habe sich gut entwickelt und stehe mit seinen vier Jahren auf dem Entwicklungsstand eines Anderthalbjährigen. Ob er diesen Rückstand aufholen könne, sei nicht absehbar. Er solle weiterhin in der Einrichtung verbleiben, bis eine gesicherte Perspektive – etwa in einer heil- oder sonderpädagogisch ausgerichteten Familienwohngruppe – für ihn gefunden sei. Nach dem Entwicklungsbericht der AWO-Kindertagesstätte T aus Dezember 2012 war in allen Bereichen eine gute Entwicklung des Hilfeempfängers festzustellen; insbesondere sei er selbständiger geworden. Die anfangs noch bereitgestellte Begleitung durch einen Integrationshelfer sei nach kurzer Zeit bereits nicht mehr notwendig gewesen. Die Kinderklinik des G-Krankenhauses E – Sozialpädiatrisches Zentrum – berichtete nach diversen ambulanten Vorstellungen des Hilfeempfängers seit Oktober 2012 von einer stark ausgeprägten Dystrophie, einem Mikrocephalus, einer globalen Entwicklungsretardierung und einem ausgeprägten fetalen Alkoholsyndrom. Eine entwicklungspsychologische Untersuchung sei aufgrund der noch sehr stark ausgeprägten Unruhesymptomatik jedoch nicht möglich gewesen. In den Bereichen Laufalter, Handgeschicklichkeitsalter und Perzeptionsalter liege eine Entwicklungsverzögerung um ca. zehn bis 15 Monate vor; im Bereich der Sprachentwicklung, des Sozialalters und des Selbstständigkeitsalters bestehe eine deutlich stärkere Entwicklungsverzögerung um mehr als 20 bis 24 Monate (Bericht vom 06.02.2013). In einem weiteren Bericht vom 19.02.2013 wurde der expressive Sprachentwicklungsstand des 52 Monate alten Hilfeempfängers auf ca. 15 bis 18 Monate geschätzt, die symbolischen und die sozial-kommunikativen Kompetenzen auf 18 bis 24 Monate.
Mit Schreiben vom 25.01.2013 erkannte der Landkreis L seine örtliche Zuständigkeit im Sinne von § 98 Abs. 2 SGB XII für die Erstattung der stationären Aufwendungen an. Er bat um Übersendung einer Kostenaufstellung, da diese Aufwendungen mit dem Landschaftsverband Rheinland abgerechnet würden. Die Klägerin bat daraufhin um Erstattung von 45.046,34 EUR für die seit Juni 2012 entstandenen Kosten der Unterbringung des Hilfeempfängers und zahlte die monatlichen Unterbringungskosten seit dem 01.01.2013 nicht mehr an Schloss E. Der Landkreis L erstattete den genannten Betrag an die Klägerin.
Nachdem der Landschaftsverband Rheinland gegenüber dem Landkreis L eine Kostenerstattungspflicht mit der Begründung abgelehnt hatte, seine Zuständigkeit bestehe nicht, wenn die Unterbringung in einer Einrichtung nicht aus behinderungsbedingten Gründen erfolge, bat der Landkreis L die Klägerin mit Schreiben vom 21.03.2013 um Darlegung, aus welchen Gründen eine Unterbringung des Hilfeempfängers in der Einrichtung Schloss E erfolge. Die Klägerin teilte hierauf mit, die Unterbringung sei erfolgt, um eine Diagnostik erstellen zu können, damit geklärt werden könne, welcher Leistungsträger für die Hilfegewährung zuständig sei. Eine dauerhafte Unterbringung in einer Jugendhilfeeinrichtung sei nicht vorgesehen, da dies keine geeignete Unterbringungsform sei. Der Hilfeempfänger benötige zwingend eine spezielle behindertengerechte Betreuung. Es sei sicherzustellen, dass er kurzfristig in einer Einrichtung der Eingliederungshilfe untergebracht werde, um entsprechende Förderungsmöglichkeiten zu nutzen. Es bestehe mutmaßlich eine geistige Behinderung (Schreiben vom 15.04.2013). Am 10.06.2013 zog die Klägerin das Kostenanerkenntnis gegenüber Schloss E unter Verweis auf die anerkannte Kostenübernahme durch den Landkreis L zurück.
Mit Schreiben vom 18.06.2013 teilte der Landkreis L der Klägerin mit, entgegen seiner zunächst geäußerten Rechtsauffassung könnten die offenstehenden Rechnungen der Einrichtung Schloss E nicht angewiesen werden. Der Hilfeempfänger benötige Eingliederungshilfe. In der Jugendhilfeeinrichtung werde er nicht fachgerecht betreut; er müsse daher kurzfristig in eine Einrichtung der Eingliederungshilfe wechseln. Der Landkreis L könne als Träger der Eingliederungshilfe keine Kosten für Jugendhilfe übernehmen. Grundlage für Eingliederungshilfeleistungen sei, dass mit dem ausführenden Träger eine Leistungs- und Vergütungsvereinbarung im Sinne des § 75 SGB XII bestehe; dies könne hier bislang nicht belegt werden. Die vorliegende Entgeltvereinbarung gemäß §§ 78c SGB VIII betreffe eindeutig Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe. Unbestreitbar sei, dass der Hilfeempfänger nach dem SGB XII eingliederungshilfeberechtigt sei. Voraussetzung sei insoweit aber, dass auch tatsächlich Eingliederungshilfeleistungen aufgrund einer nach § 75 SGB XII geschlossenen Leistungs- und Vergütungsvereinbarung erbracht würden. Aufwendungen aufgrund einer nach § 78c SGB VIII geschlossenen Vereinbarung könnten nicht solche für Eingliederungshilfe sein, auch dann nicht, wenn eine Zuordnung des Leistungsempfängers zum Personenkreis des § 53 SGB XII erfolge. Eine Kostenübernahme im Rahmen der Jugendhilfe sei ebenfalls nicht möglich, da der Hilfeempfänger keiner Jugendhilfeleistungen bedürfe. Die Unterbringung in einer Jugendhilfeeinrichtung durch die Klägerin stelle daher einen Verstoß gegen den Interessenwahrungsgrundsatz dar. Zahlungen seitens des Landkreises L an die Einrichtung Schloss E erfolgten nicht.
Im August 2013 forderte Schloss E die Klägerin zur Zahlung der Unterbringungskosten auf. Die bisherigen Schreiben des Landkreises L änderten nichts an ihrer grundsätzlichen Kostentragungspflicht, denn der Hilfeempfänger befinde sich nach wie vor in einer vorläufigen Inobhutnahme nach § 42 SGB VIII in der Einrichtung. Der Landkreis L sei bei seiner Kostenerstattungszusage hingegen irrtümlich davon ausgegangen, es werde Eingliederungshilfe nach §§ 53 ff. SGB XII erbracht; dies sei aber zu keinem Zeitpunkt der Fall gewesen (Schreiben der CBH Rechtsanwälte vom 28.08.2013). Auf eine gegenüber dem Landkreis L erfolgte Fristsetzung der Klägerin zur Übernahme des Falles als Eingliederungshilfefall führte der Landkreis L mit Schreiben vom 19.09.2013 aus, es sei unzweifelhaft, dass der Hilfeempfänger dem Personenkreis des § 53 XII zuzuordnen sei. Weiterhin habe er seinen letzten gewöhnlichen Aufenthalt vor der Aufnahme in eine Einrichtung bzw. eine Pflegefamilie bei der Kindesmutter im dortigen Zuständigkeitsbereich gehabt, so dass für Eingliederungshilfe grundsätzlich der Landkreis L örtlich zuständig sei. Die Klägerin habe jedoch unter Verstoß gegen den sog. Interessenwahrungsgrundsatz durch die Unterbringung in der Jugendhilfeeinrichtung Schloss E Jugendhilfeleistungen gewährt. Diese Unterbringung sei nicht aus behinderungsbedingten Gründen erfolgt, sondern im Wege einer Inobhutnahme, da die letzte Pflegestelle mit der Situation überfordert gewesen sei. Dies führe dazu, dass die Leistungen von der Klägerin zu Unrecht erbracht worden seien. Erstattungsfähig seien indes nur objektiv rechtmäßige Aufwendungen. Die Entgeltvereinbarung betreffe eindeutig Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe; solche seien keine Eingliederungshilfe, auch wenn eine Zuordnung des Leistungsempfängers zum Personenkreis des § 53 SGB XII erfolge. Der Landkreis L forderte von der Klägerin zudem die Rückerstattung der bereits erstatteten Leistungen i.H.v. 45.046,34 EUR; nach ihren Angaben in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat erstattete die Klägerin ihm später diesen Betrag.
Im Oktober 2013 bezifferte die Klägerin gegenüber dem Landkreis L eine weitere Erstattungsforderung i.H.v. 60.613,51 EUR für die Unterbringung des Hilfeempfängers in der Zeit vom Januar bis September 2013 und forderte insoweit die Freistellung gegenüber der Einrichtung Schloss E. Der Landkreis L teilte hierauf mit Schreiben vom 05.11.2013 mit, nach erneuter eingehender Prüfung ergebe sich für die von der Klägerin gewährten Leistungen die sachliche Zuständigkeit des Beklagten. Nach § 97 Abs. 3 SGB XII sei der überörtliche Träger der Sozialhilfe für Leistungen der Eingliederungshilfe sachlich zuständig. Aus § 2 Abs. 1 Nr. 1 des Hessischen Ausführungsgesetzes zum SGB XII (HAG-SGB XII) ergebe sich, dass abweichend von § 97 Abs. 3 SGB XII der örtliche Träger der Sozialhilfe (nur dann) für Leistungen nach dem VI. bis VIII. Kapitel des SGB XII zuständig sei, wenn diese nicht in einer Einrichtung zur stationären bzw. teilstationären Betreuung oder in einer betreuten Wohnmöglichkeit für behinderte Menschen nach dem VI. Kap. des SGB XII gewährt würden.
Die Klägerin wandte sich hierauf mit Schreiben vom 09.12.2013 an den Beklagten als überörtlichen Träger der Sozialhilfe und machte die Erstattung der für die Zeit von Januar bis Oktober 2013 erbrachten Leistungen i.H.v. 67.479,98 EUR sowie eine Freistellung von der vom Landkreis L geforderten Rückerstattung geltend. Der Beklagte teilte mit Schreiben vom 16.12.2013 mit, er sei örtlich nicht zuständig. Leistungsberechtigter sei der Hilfeempfänger; dieser sei in G (S-Kreis) geboren und habe sich danach durchgehend in verschiedenen Einrichtungen und Bereitschaftspflegestellen aufgehalten. Dort habe er keinen gewöhnlichen Aufenthalt im sozialhilferechtlichen Sinne begründet. Heranzuziehen sei daher der gewöhnliche Aufenthalt seiner Mutter im Zeitpunkt der Geburt; dieser habe aber bei deren Großmutter in der Nähe von L gelegen.
Im Januar 2014 erhob die Einrichtung Schloss E gegen die Klägerin Klage vor dem Verwaltungsgericht Köln und verlangte die Zahlung der für den Hilfeempfänger angefallenen Unterbringungskosten seit Januar 2013. In diesem Verfahren schlossen die Klägerin und die Einrichtung im April 2014 einen Vergleich, wonach die Klägerin Kosten i.H.v. insgesamt 101.933,55 EUR zuzüglich Verzugszinsen für den Zeitraum seit 01.01.2013 übernahm.
Ein schulärztliches Gutachten des Gesundheitsamtes des Kreises W vom 12.12.2013 (Kinderärztin Dr. C) stellte fest, beim Hilfeempfänger bestehe eine geistige Behinderung. Er leide unter einem Fetalen Alkoholsyndrom mit globaler Entwicklungsverzögerung, Dystrophie bei Untergröße und Untergewicht sowie Mikrocephalus. Schwerpunkt eines sonderpädagogischen Förderbedarfs sei die geistige Entwicklung.
Das Amtsgericht Nettetal entzog mit Beschluss vom 21.03.2014 in Ergänzung des Beschlusses des Amtsgerichts C vom 16.08.2012 der Mutter insgesamt die elterliche Sorge für den Hilfeempfänger und ordnete insoweit Ergänzungspflegschaft durch das Jugendamt des Kreises W an (23 F 61/13). Das Versorgungsamt der Stadt N stellte mit Bescheid vom 06.06.2014 beim Hilfeempfänger einen Grad der Behinderung (GdB) von 100 und die Merkzeichen G, B und H seit dem 17.03.2014 fest.
Mit Schreiben vom 30.04.2014 teilte der Beklagte auf ein zuvor erhaltenes Schreiben der neuen Bevollmächtigten der Klägerin mit, zwischenzeitlich habe geklärt werden können, dass die Entlassung aus der Inobhutnahme am 27.06.2011 und der Wechsel in den Haushalt der Mutter zukunftsoffen und unbefristet erfolgt seien, so dass der Hilfeempfänger dadurch seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Hessen begründet habe. Der Beklagte sei daher örtlich zuständig. Er sei zudem sachlich zuständig, da 2011 im Klinikum L eine körperliche und geistige Behinderung diagnostiziert worden sei. Der Fall werde somit ab dem nächsten Ersten (= 01.05.2014) übernommen. Zur Erstattung der vom 15.11.2011 bis zum 30.04.2014 im Rahmen der Inobhutnahme des Hilfeempfängers entstandenen Aufwendungen sei er jedoch weiterhin nicht bereit. Die Inobhutnahme nach § 42 SGB VIII sei keine Leistung der Jugendhilfe, sondern eine andere Aufgabe der Jugendhilfe, welche der Kostenerstattungspflicht gemäß §§ 102 ff. SGB X nicht unterliege. Dass die Klägerin der Auffassung sei, diese Leistungen seien lediglich falsch als Inobhutnahme deklariert, führe zu keiner anderen Auffassung.
Am 28.05.2014 hat die Klägerin Klage vor dem Verwaltungsgericht L erhoben und die Erstattung der von ihr aufgewandten Kosten für den Hilfefall des Hilfeempfängers begehrt. Das Verwaltungsgericht hat den Rechtsstreit mit Beschluss vom 17.06.2014 an das Sozialgericht Köln verwiesen.
Die Klägerin hat vorgetragen, sie halte die Voraussetzungen des § 104 SGB X für erfüllt. Der dort geregelte Erstattungsanspruch verfolge bei konkurrierenden Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe sowie der Eingliederungshilfe nach dem SGB XII den Zweck, den nachrangig verpflichteten Leistungsträger so zu stellen, wie er bei rechtzeitiger Leistungserbringung durch den vorrangig verpflichteten Leistungsträger von Anfang an gestanden hätte. Es gehe daher um die Wiederherstellung der materiell-rechtlich vorgesehenen Lastenverteilung und eine vereinfachte administrative Rückabwicklung der vom eigentlich nicht verantwortlichen Leistungsträger erbrachten Leistung. Der Beklagte habe seine örtliche und sachliche Zuständigkeit bereits anerkannt. Die geistige Behinderung des Hilfeempfängers sei unstreitig; sein Anspruch richte sich auf eine vollstationäre Unterbringung, die seine erzieherischen und behinderungsbedingten Bedarfe berücksichtige. Der Anspruch auf solchermaßen bedarfsgerechte Leistungen ergebe sich sowohl in der Kinder- und Jugendhilfe als auch in der Eingliederungshilfe. Mit der konkreten Unterbringung in Schloss E seien sämtliche Bedarfe des Hilfeempfängers gedeckt worden. Gleichzeitig habe sie – die Klägerin – als nur nachrangig zuständiger Jugendhilfeträger gehandelt. Der Einwand des Beklagten, die Inobhutnahme nach § 42 SGB VIII sei keine Leistung der Eingliederungshilfe nach dem SGB XII, überzeuge nicht; denn insoweit handele es sich allein um eine unschädliche Falschetikettierung. Besonderes Charakteristikum einer Inobhutnahme sei ihre Eigenschaft als "andere Aufgabe" der Kinder- und Jugendhilfe, mit der dem Jugendamt ein Instrument der Krisenintervention und Schutzgewährung zur Verfügung gestellt werde. Sie werde nicht zuletzt als Rechtsgrundlage für Eingriffe in das Elternrecht genutzt. Die Unterbringung eines Kindes auf Wunsch der sorgeberechtigten Eltern sei daher zumindest dann eine erzieherische Hilfe im Sinne von § 27 SGB VIII, wenn die Hilfegewährung auf Dauer erfolgen solle und nicht nur als kurzfristige Clearingmaßnahme anzusehen sei. Spätestens mit der schriftlichen Antragstellung der Mutter des Hilfeempfängers auf Gewährung einer Kinder- und Jugendhilfeleistung sei eine gegebenenfalls zuvor durchgeführte Inobhutnahme in eine reguläre Hilfeleistung umgewandelt worden. Auch vor dieser Antragstellung habe bereits Einverständnis der Mutter mit der Unterbringung bestanden. Dies werde dadurch untermauert, dass eine Inobhutnahme grundsätzlich eine vorläufige Maßnahme darstelle, die zu beenden sei, wenn die angenommene Gefahr für das Kindeswohl nicht mehr bestehe. Der hier betroffene Zeitraum von annähernd zwei Jahren mache deutlich, dass tatsächlich keine Inobhutnahme, sondern eine standardisierte vollstationäre Leistung erbracht worden sei. Eine Inobhutnahme verlange schließlich auch ein Kriseninterventionsverfahren, welches vorliegend aber nicht notwendig gewesen sei. Denn für den Hilfeempfänger habe von Anfang an nicht die Option bestanden, bei der Mutter aufzuwachsen. Offen sei lediglich die Einschätzung gewesen, in welchem Ausmaß die Teilhabebeeinträchtigung bestehe und welche Lebensbereiche davon betroffen seien. Die familiäre Perspektive des Hilfeempfängers und seiner Mutter sei hingegen nicht mehr klärungsbedürftig und daher auch nicht im Rahmen einer Krisenintervention zu erörtern gewesen. Er habe sich vielmehr mit dem Willen seiner Mutter, die selbst um Hilfe in Form einer Fremdunterbringung in der Nähe ihres Wohnortes gebeten habe, in Schloss E befunden. Die Notwendigkeit einer dauerhaften Unterbringung sei offenkundig gewesen, so dass ein Clearing in Bezug auf die Frage des erzieherischen Bedarfs nicht notwendig gewesen sei. Objektiv betrachtet habe die Hilfegewährung daher von Beginn an die Voraussetzungen dauerhafter regulärer Kinder- und Jugendhilfe erfüllt. Insofern hätten regelmäßig Hilfeplangespräche stattgefunden, in denen zunächst über die Hilfeform entschieden worden sei, und in deren weiterem Verlauf sei die fachliche Begleitung der Hilfe erfolgt. Auch habe es sich um eine "Inobhutnahme- und Perspektivklärungsgruppe für Kleinkinder" gehandelt, in der die Partizipation der Eltern am Hilfeprozess gestaltet werden sollte. Damit habe keineswegs nur kurzfristige Krisenintervention erbracht werden sollen. Die Bezeichnung als "Hilfe zur Erziehung gem. § 42 SGB VIII" sei zwar irreführend, jedoch unschädlich für die objektive Zuordnung. Zwar hätte diese Falschbezeichnung jederzeit korrigiert werden können; es sei ihr – der Klägerin – jedoch nicht bewusst gewesen, dass ihr insofern ein Fehler unterlaufen sei. Da diese Hilfeart im Gesetz gar nicht vorgesehen sei, sei durch Auslegung zu ermitteln, welche Leistung tatsächlich erbracht worden sei. Für die rechtliche Qualifizierung komme es im Ergebnis nicht auf die subjektive Einschätzung der Beteiligten an, sondern auf die objektiven Umstände. Ohnehin sei davon auszugehen, dass die an der Maßnahme beteiligten sozialpädagogischen Fachkräfte keine juristisch einordnende Entscheidung getroffen hätten. Eine etwaige subjektive Vorstellung der Klägerin, die Inobhutnahme weiter fortzusetzen, könne die Rechtsnatur der neuen Maßnahme nicht entscheidend prägen. Stelle die Maßnahme somit eine dauerhafte stationäre Unterbringung des Hilfeempfängers zur Deckung aller erzieherischen und behinderungsbedingten Bedarfe dar, sei eine Leistung erbracht worden, die mit der geeigneten und erforderlichen Eingliederungshilfe im Sinne von § 53 SGB XII identisch sei. Doch selbst wenn man von einer Inobhutnahme ausgehen wollte, stehe dies einer Kostenerstattung nicht dem Grunde nach entgegen; es könnte vielmehr allenfalls Auswirkungen auf die Höhe der Erstattungspflicht haben. Denn während der Dauer einer Inobhutnahme habe der Jugendhilfeträger das Kind in geeigneter Form unterzubringen und seinen notwendigen Unterhalt sicherzustellen. Diese Pflicht entspreche in vollem Umfang den Pflichten bei stationärer erzieherischer Hilfe nach § 27 SGB VIII; die Inobhutnahme werde lediglich zusätzlich dadurch geprägt, dass sie ein Setting der Krisenintervention und des sozialpädagogischen Clearings biete. Pflege, Erziehung, Beaufsichtigung und Förderung des Kindes erfolgten auch im Rahmen einer stationären Unterbringung, so dass für den Kostenerstattungsanspruch lediglich zu fragen sei, ob diese Leistung auch durch den vorrangig verpflichteten Träger hätte gewährt werden müssen. Der vorrangig verpflichtete Leistungsträger könne sich somit seiner Leistungspflicht nicht mit dem Hinweis darauf entziehen, dass er für Krisenintervention nicht zuständig sei. Im vorliegenden Fall sei denn auch eine Krisenintervention nach § 42 SGB VIII tatsächlich nicht erforderlich gewesen. Der Beklagte könne seine Leistungspflicht auch nicht über einen langen Zeitraum dadurch umgehen, dass er Bitten auf eine Fallübernahme ignoriere und tatsächlichen Feststellungen zur örtlichen Zuständigkeit mit unbelegten Behauptungen gegenübertrete. Auch könne eine zusätzliche pädagogische Leistung dem Aufwand nicht einen anderen Inhalt geben, welcher dann der Erstattungspflicht nicht mehr unterliege. Schließlich sei sie – die Klägerin – für eine Inobhutnahme bereits nicht zuständig gewesen, da hierfür der tatsächliche Aufenthalt vor der Maßnahme maßgebend sei; dieser habe jedoch vor dem Wechsel in die Einrichtung Schloss E im Landkreis L gelegen.
Die Klägerin hat beantragt,
den Beklagten zu verpflichten, der Klägerin die gesamten im Zeitraum vom 28.06.2012 bis zum 30.04.2012 aufgewendeten Kosten i.H.v. 153.230,49 EUR für den Hilfefall O G zu erstatten und den Erstattungsbetrag um fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu verzinsen.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hat ausgeführt, nach der zukunftsoffenen und unbefristeten Entlassung aus der Inobhutnahme des Jugendamtes des Landkreises L am 27.06.2011 habe der Hilfeempfänger seinen gewöhnlichen Aufenthalt (§ 30 Abs. 3 S. 2 SGB I) in Hessen begründet; er – der Beklagte – sei deshalb örtlich zuständig. Angesichts des neuropädiatrischen Gutachtens vom 06.06.2011 sei er zudem sachlich zuständig. Allerdings habe das Jugendamt der Klägerin ausweislich des Schreibens vom 09.12.2013 den Hilfeempfänger im Rahmen einer Inobhutnahme ab dem 15.11.2011 in einer Einrichtung der Jugendhilfe untergebracht. Hiervon sei aufgrund des ursprünglichen Bescheides über eine Unterbringung des Hilfeempfängers im Rahmen von § 42 SGB VIII auszugehen. Deutlich werde dies auch dadurch, dass die Einrichtung gegenüber der Klägerin die Kostenerstattung für die Inobhutnahme nach § 42 SGB VIII eingefordert habe. Insofern sei der Hilfeempfänger im Zeitraum vom 28.06.2012 bis 30.04.2014 im Rahmen von § 42 SGB VIII untergebracht gewesen; da aber die Sozialhilfe nach dem SGB XII keine der Inobhutnahme identische Leistung kenne, sei eine Kostenerstattung gemäß § 104 SGB XII für diesen Zeitraum ausgeschlossen. Sei der Hilfeempfänger in der Inobhutnahmegruppe untergebracht worden, so sei in den Akten auch an anderen Stellen stets allein von einer Inobhutnahme die Rede. Eine nachträgliche Änderung der Qualifizierung der Leistung sei unzulässig; entscheidend sei, auf welcher Rechtsgrundlage die Maßnahme durchgeführt worden sei. Grundvoraussetzung für die Geltendmachung von Erstattungsansprüchen sei eine zeitliche und sachliche Übereinstimmung zwischen der Leistung des kostenerstattungsbegehrenden sowie des kostenerstattungspflichtigen Trägers. Eine solche Übereinstimmung bestehe hier nicht, da die Klägerin gegenüber der Einrichtung ein Kostenanerkenntnis ab dem 28.06.2012 gemäß § 42 SGB VIII ausgesprochen habe. Nach dem Grundsatz von Treu und Glauben sei davon auszugehen, dass diese Leistung entsprechend ihrer expliziten Benennung auch erbracht worden sei. Anderenfalls wäre eine unverzügliche Korrektur des Verwaltungsaktes geboten gewesen, die jedoch unterblieben sei. Sei Verwaltungshandeln an Recht und Gesetz gebunden, sei ein Verwaltungsakt so lange wirksam, bis er zurückgenommen, widerrufen oder aufgehoben werde. Eine Falschetikettierung der bewilligten Leistungen könne nicht nachvollzogen werden, zumal die Klägerin über einen sehr langen Zeitraum die Möglichkeit gehabt hätte, ihre Leistungsgrundlage zu korrigieren, und sich rechtmäßiges Verwaltungshandeln an dem allgemeinen Grundsatz von Treu und Glauben messen lassen müsse. Es verstieße indes gegen Treu und Glauben, wenn noch Jahre später die Rechtsgrundlage allein aus Gründen der Kostenerstattung ausgetauscht werden könnte.
Am 05.07.2014 ist der Hilfeempfänger in die Kindergruppe O des Behindertenhilfevereins O Erziehungsverein (Einrichtung der Kinder- und Jugendhilfe) aufgenommen worden.
Mit Bescheid vom 16.07.2014 hat der Beklagte gegenüber dem Jugendamt des Kreises W – vorläufig bis zur Klärung des anhängigen Klageverfahrens vor dem zuständigen Sozialgericht – die Übernahme der Kosten für die Betreuung des Hilfeempfängers in der Einrichtung Schloss E vom 01.05.2014 bis 04.07.2014 erklärt. Mit Schreiben vom selben Tag hat er bei der Klägerin einen Erstattungsanspruch bezüglich dieser Aufwendungen angemeldet.
Mit Urteil vom 24.06.2015 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Ein Kostenerstattungsanspruch nach § 104 SGB X bestehe nicht. Die Klägerin sei nicht nachrangig verpflichteter Leistungsträger, und der Beklagte sei nicht für die Leistungserbringung zuständig. Denn es sei eine Inobhutnahme nach § 42 SGB VIII erfolgt. Dies wiesen nicht nur sämtliche erlassene Bescheide aus; die Inobhutnahme sei vielmehr zunächst auch eine zutreffende und rechtmäßige Leistung gewesen. Denn das Kindeswohl des Hilfeempfängers sei nicht nur dadurch gefährdet gewesen, dass die alkoholkranke Mutter nicht zu Betreuung und Erziehung des Kindes in der Lage gewesen sei. Auch die Bereitschaftspflegefamilie im Landkreis L sei vielmehr mit der Betreuung überfordert gewesen; auch wegen dieser Überforderung sei das Kindeswohl gefährdet gewesen, so dass die Klägerin den Hilfeempfänger vorläufig, wie in § 42 Abs. 1 S. 2 SGB VIII vorgesehen, in einer Einrichtung habe unterbringen müssen. Eine Inobhutnahme sei auch möglich, wenn die Personensorgeberechtigten ihr nicht widersprächen. In diesem Falle sei unverzüglich ein Hilfeplanverfahren zur Gewährung einer Hilfe einzuleiten. Genau dies habe die Klägerin veranlasst. Der Hilfeempfänger sei deshalb vorläufig in einer Inobhutnahme- und Perspektivklärungsgruppe betreut worden. Keineswegs habe es sich dabei um eine falsche Etikettierung der Leistung gehandelt; vielmehr habe die Klägerin die notwendige Hilfe geleistet und sofort das Hilfeplanverfahren zur Klärung einer langfristigen Hilfe eingeleitet. Eine Inobhutnahme sei nicht nur eine Verwahrung, sondern könne gezielt und geplant auch die Gewährung von Hilfe zur Erziehung beinhalten. Der Hilfebedarf habe zu Beginn der Maßnahme keinesfalls bereits festgestanden. Es wäre nicht verantwortbar gewesen, eine Entscheidung über eine längerfristige Hilfe ohne eigene Erkenntnisse allein aufgrund von Arztberichten zu treffen. Im Schloss E hätten indes mit einem gruppenübergreifenden psychologischen Fachdienst die Möglichkeiten für eine weiterführende Diagnostik und eine Entscheidung über längerfristige Hilfe zur Verfügung gestanden. Hiervon habe die Klägerin zum Wohl des Hilfeempfängers Gebrauch gemacht. Da dieser zum damaligen Zeitpunkt kaum habe sprechen können, sei schwierig festzustellen gewesen, wie stark die wahrscheinliche geistige Behinderung ausgeprägt gewesen sei und welcher Hilfebedarf bestanden habe. Die Klärung sei dann auf der Grundlage eines Clearingberichtes vom 02.10.2012 erfolgt. Sodann sei jedoch im Protokoll des Hilfeplangespräches am 23.11.2012 nach Auswertung des Berichtes nicht festgehalten worden, dass der Hilfeempfänger in eine entsprechende Hilfe überführt werde; vielmehr sei als Zielvereinbarung festgehalten worden, dass er weiterhin in Schloss E verbleibe, bis eine gesicherte Perspektive für ihn gefunden worden sei. Obwohl die weitere Perspektive geklärt gewesen sei, habe die Klägerin die Inobhutnahme nicht beendet. Eine solche Entscheidung sei definitiv nicht getroffen worden, weder durch Bescheid, noch intern, und auch später nicht. Vielmehr sei tatsächlich die Inobhutnahme bis zur Übernahme in die Sozialhilfe in Kraft geblieben. Nach § 42 Abs. 4 SGB VIII sei die Inobhutnahme erst mit der Übergabe des Kindes an die Personensorgeberechtigten oder mit der Entscheidung über die Gewährung von Hilfen nach dem Sozialgesetzbuch beendet. Die Klägerin müsse sich daran festhalten lassen, dass sie es versäumt habe, die Inobhutnahme nach Maßgabe des § 42 Abs. 4 SGB VIII durch Bescheid zu beenden. Dies entspreche der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, welche maßgeblich auf die Bescheidlage abstelle. Die Klägerin hätte die Inobhutnahme Ende 2012 etwa durch die Bewilligung von Leistungen nach § 35a SGB VIII beenden können. Näher hätte es indes gelegen, die Inobhutnahme durch Bescheid zu beenden und gleichzeitig zu erklären, dass – falls eine Übernahme durch den zuständigen Sozialhilfeträger nicht rechtzeitig gelinge – die Leistung vorläufig als Eingliederungshilfe für den Sozialhilfeträger weiter erbracht werde; auf diese Weise hätte die Klägerin verdeutlicht, dass sie nicht in eigener Zuständigkeit, sondern für den Sozialhilfeträger leiste. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gründe der Entscheidung Bezug genommen.
Gegen das ihrer Bevollmächtigten am 06.07.2015 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 06.08.2015 Berufung eingelegt. Sie ist weiterhin der Auffassung, sie habe mit ihren Leistungen die erforderliche vollstationäre Unterbringung des Hilfeempfängers sichergestellt und in diesem Rahmen über die notwendig zu leistenden erzieherischen Hilfen hinaus auch die erforderliche Eingliederungshilfe geleistet. Aufgrund der geistigen Behinderung des Hilfeempfängers sei der Beklagte für den gesamten Umfang der Leistungen vorrangig zuständig. Soweit das Sozialgericht meine, eine Hilfe zur Erziehung könne auch in Form der Inobhutnahme geleistet werden, entspreche dies nicht den gesetzlichen Regelungen des SGB VIII. Hilfe zur Erziehung sei eine Leistung im Sinne des § 2 Abs. 2 SGB VIII; Inobhutnahme sei demgegenüber eine sog. andere Aufgabe im Sinne von § 2 Abs. 3 SGB VIII. Mithin komme es darauf an, den Inhalt der tatsächlich erbrachten Hilfe zu ermitteln und unter einen dieser rechtlichen Sachverhalte zu subsumieren. Hierbei zeige sich, dass zu keinem Zeitpunkt eine Inobhutnahme vorgelegen habe; insbesondere sei eine Situation der Kindeswohlgefährdung zu keinem Zeitpunkt erkannt worden. Das Sozialgericht habe offensichtlich den Irrtum wiederholt, welcher auch sie selbst – die Klägerin – zu ihrer Falschbezeichnung veranlasst habe. Es handele sich gerade nicht immer dann um eine Inobhutnahme, wenn noch keine Entscheidung über die dauerhafte Hilfegewährung getroffen werden könne. Die notwendige Klärung und Orientierung seien nicht zwingend im Rahmen einer Inobhutnahme zu treffen. Wenn vielmehr die sorgeberechtigte Mutter die dauerhafte Versorgung des Kindes wünsche und auch ausdrücklich beantrage, bestehe kein Grund, das Klärungsverfahren als Inobhutnahme und damit als staatliches Eingangsverfahren durchzuführen. Der Inhalt der Klärung sei tatsächlich ein gänzlich anderer gewesen als derjenige bei einer Inobhutnahme. Es habe kein Zweifel bestanden, dass eine dauerhafte stationäre Unterbringung unumgänglich gewesen sei; zu klären sei ausschließlich gewesen, inwieweit Beeinträchtigungen des Hilfeempfängers vorgelegen hätten, die eine dauerhafte Hilfe in einer spezialisierten Einrichtung erforderlich erscheinen ließen. Eine bescheidweise Beendigung der Inobhutnahme habe schon deswegen nicht erfolgen müssen, da kinder- und jugendhilferechtlich gar keine Inobhutnahme durchgeführt worden sei. Folge man der Auffassung des Sozialgerichts, dass ab November 2012 die Voraussetzungen für eine erzieherische Hilfe vorgelegen hätten, so würden die Kostenerstattungsvorschriften ab diesem Moment als Ordnungsrecht angewandt, welches gegenüber dem kostenerstattungsberechtigten Leistungsträger als Sanktionierungsinstrument diene. Zweck der §§ 102 ff. SGB X sei jedoch, die Ansprüche der vorleistenden Träger dadurch auszugleichen, dass die materiell-rechtlich verpflichteten Leistungsträger für die entsprechenden Kosten aufzukommen hätten. Die erforderliche Leistungsidentität sei dem Grunde nach nicht streitig; alle Leistungen, die der Hilfeempfänger erhalten habe, wären auch vom Beklagten auf der Grundlage von §§ 53 ff. SGB XII zu erbringen gewesen. Auf die bescheidmäßige Bezeichnung des Inhalts der Hilfe könne es schon deswegen nicht ankommen, weil dann der Jugendhilfeträger niemals einen Anspruch auf Kostenerstattung gegenüber dem Sozialhilfeträger haben könnte. Dass die Inobhutnahme nicht als mit der Eingliederungshilfe identische Leistung angesehen werde, liege nicht an ihrer Bezeichnung, sondern am Inhalt der geleisteten Hilfe. Die Klärung, welche dauerhaften Hilfen für den Hilfeempfänger geeignet und erforderlich gewesen seien, wäre im Übrigen ebenso vom Beklagten vorzunehmen gewesen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 24.06.2015 abzuändern und den Beklagten zu verpflichten, der Klägerin die gesamten im Zeitraum vom 28.06.2012 bis zum 30.04.2014 aufgewendeten Kosten in Höhe von 153.230,49 EUR für den Hilfefall O G zu erstatten.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verweist auf seinen erstinstanzlichen Vortrag sowie auf die Entscheidungsgründe des Sozialgerichts. Die Sozialhilfe enthalte keine der Inobhutnahme identische Leistung. Ein Anspruch auf Kostenerstattung gemäß § 104 SGB X ergebe sich daher nicht (SG Darmstadt, Urteil vom 13.03.2013 – S 17 SO 117/10). Unbeschadet dessen sei die Erstattungsberechnung jedenfalls um insgesamt 321,40 EUR zu hoch ausgefallen und betrage damit höchstens 152.909,09 EUR. Es bestünden Zweifel an einer ordnungsgemäßen Realisierung von Rückeinnahmen in Form des Kindergeldes als Mindestkostenbeitrag durch die Klägerin; denn für Juni und Juli 2012 sei keine anteilige Rückeinnahme von 184,00 EUR Kindergeld als Mindestunterhaltsbeitrag gutgebracht. Zudem seien im März 2014 Aufwendungen für eine Brille i.H.v. 119,00 EUR als Nebenkosten in Rechnung gestellt worden. Berufe sich die Klägerin insoweit auf §§ 39 und 40 S. 3 SGB VIII, sei zu bedenken, dass sie nicht auf Grundlage dieser Bestimmungen Leistung erbracht habe, sondern im Rahmen einer anderen Aufgabe der Jugendhilfe gemäß § 42 SGB VIII; die Übernahme der Krankenhilfe sei daher ohne Rechtsgrundlage erfolgt. Gemäß 33 Abs. 2 S. 1 i.V.m. Abs. 1 SGB V hätten Versicherte bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres zudem Anspruch auf kostenfreie Versorgung mit den notwendigen Sehhilfen. Mehrkosten für Sehhilfen könnten nur dann entstehen, wenn der Versicherte zusätzliche Leistungen wähle, die über das notwendige Maß hinausgingen. Dafür habe jedoch nicht der Sozialhilfeträger aufzukommen. Jedenfalls wäre vor Übernahme der Kosten für das Brillengestell durch die Klägerin zu prüfen gewesen, welche vorrangigen Mittel sich aus dem Satzungsrecht der Krankenkasse bzw. aus deren Härtefallregelung zu Kosten eines Brillengestells für ein behindertes Kind ergäben. Sofern dies nicht geprüft worden sei, habe die Klägerin als erstattungsbegehrender Kostenträger nicht, wie gesetzlich gefordert, den Aufwand des erstattungspflichtigen Kostenträgers so gering wie möglich gehalten.
Zur Höhe der Erstattungsforderung erwidert die Klägerin auf das Vorbringen des Beklagten, für Juni und Juli 2012 sei ein Kostenbeitrag der Mutter in Höhe von jeweils 202,40 EUR gefordert worden, den diese jedoch nicht entrichtet habe. Infolgedessen sei ein Erstattungsanspruch an die Familienkasse gerichtet worden, worauf das Kindergeld ab August 2012 direkt an sie – die Klägerin – überwiesen worden sei. Eine Vollstreckung gegen die Mutter sei nicht möglich; zugleich setze die Abzweigung bei der Familienkasse aber voraus, dass die kindergeldberechtigte Person ihrer Unterhaltspflicht nicht nachkomme. Sie – die Klägerin – habe demnach zunächst einen Kostenbeitrag festsetzen müssen und erst nach dessen Ausbleiben den Auszahlungsanspruch gegenüber der Familienkasse geltend machen können. Dies habe sie ohne Verzögerung getan. Die Anschaffung einer Brille für 119,00 EUR habe dem Umfang der Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe entsprochen. Sie habe sich insoweit an die Aussagen des DIJuF-Rechtsgutachtens vom 01.02.2007 gehalten, wonach einem untergebrachten Kind keine zusätzlichen Kosten für die Versorgung mit einer Brille entstehen dürften. Leistungen der Krankenversicherung, die ausschließlich die Kosten für Brillengläser übernehme, seien in der Rechnung nicht enthalten gewesen. Die Übernahme der Brillenkosten von 119,00 EUR sei unabdingbar gewesen, da sie – die Klägerin – gemäß §§ 39, 40 S. 3 SGB VIII den gesamten materiellen Unterhaltsbedarf des Hilfeempfängers habe sicherzustellen müssen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Klägerin sowie des Beklagten Bezug genommen. Der Inhalt ist Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe:
A. Die zulässige Berufung der Klägerin ist unbegründet. Zu Recht hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Die Klägerin hat gegen den Beklagten keinen Anspruch auf Erstattung der von ihr im Hilfefall O G im streitigen Zeitraum vom 28.06.2012 bis 30.04.2014 aufgewendeten Hilfekosten.
I. Beiladungen nach § 75 Abs. 1, 2 SGG mussten nicht erfolgen. Eine Beteiligung der Einrichtung Schloss E oder des Hilfeempfängers am Verfahren scheidet schon deshalb aus, weil beide die ihnen zustehenden Leistungen jeweils vollständig erhalten haben. Eine Beiladung des Landschaftsverbandes Rheinland als überörtlicher Träger der Sozialhilfe war nicht erforderlich, weil dessen örtliche Zuständigkeit für Leistungen der Eingliederungshilfe nach dem SGB XII erkennbar ausscheidet; denn der Hilfeempfänger wohnte im Zeitraum vom 01.07.2011 bis 15.11.2011 bei seiner Mutter in E (Hessen). Eine Beiladung des Landkreises L war ebenfalls entbehrlich, weil im Anschluss an die Rückerstattung des von ihm zunächst an die Klägerin erstatteten Betrages seine berechtigten Interessen durch die Entscheidung nicht berührt werden.
II. Die Klage ist im Erstattungsstreit zwischen einander im Gleichordnungsverhältnis gegenüberstehenden juristischen Personen des öffentlichen Rechts als allgemeine Leistungsklage (§ 54 Abs. 5 SGG) statthaft und auch im Übrigen zulässig. Eine Klagefrist war nicht einzuhalten, da es sich nicht um eine Anfechtungs- oder Verpflichtungsklage handelt (vgl. § 87 SGG). Auch das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis liegt vor, denn der Beklagte hat den von der Klägerin geltend gemachten Erstattungsanspruch vor Klageerhebung abgelehnt (Schreiben vom 30.04.2014).
III. Der von der Klägerin gegen den Beklagten geltend gemachte Anspruch auf Erstattung von 153.230,49 EUR besteht nicht.
1. Als Anspruchsgrundlage für das Erstattungsbegehren der Klägerin kommt einzig § 104 Abs. 1 S. 1 SGB X in Betracht. Andere spezialgesetzliche Vorschriften wie auch die weiteren allgemeinen Erstattungsansprüche nach den §§ 102 ff. SGB X sind von vornherein nicht einschlägig.
2. Nach § 104 Abs. 1 S. 1 SGB X ist, wenn ein nachrangig verpflichteter Leistungsträger Sozialleistungen erbracht hat, grundsätzlich der Leistungsträger erstattungspflichtig, gegen den der Berechtigte vorrangig einen Anspruch hat oder hatte. Ein Erstattungsanspruch besteht nach § 104 Abs. 1 SGB X also dann, wenn ein nachrangig verpflichteter Leistungsträger Sozialleistungen erbracht hat, ohne dass – wie hier – die Voraussetzungen des § 103 Abs. 1 SGB X vorliegen. Erstattungspflichtig ist dann der Leistungsträger, gegen den der Berechtigte vorrangig einen Anspruch hat oder hatte, soweit dieser Leistungsträger nicht bereits selbst geleistet hat, bevor er von der Leistung des anderen Kenntnis erlangt hat (Satz 1). Nachrangig verpflichtet ist ein Leistungsträger, soweit dieser bei rechtzeitiger Erfüllung der Leistungsverpflichtung eines anderen Leistungsträgers selbst nicht zur Leistung verpflichtet gewesen wäre (Satz 2). Voraussetzung eines Erstattungsanspruchs auf dieser Grundlage ist also das Bestehen miteinander konkurrierender, auf dieselbe Leistung gerichteter Leistungsverpflichtungen zweier unterschiedlicher Sozialleistungsträger (BVerwG, Urteil vom 02.03.2006 – 5 C 15/05 Rn. 7). Zwischen den Leistungen, die tatsächlich erbracht worden sind, und den Leistungen, welche der vorrangig verpflichtete Sozialleistungsträger schuldet, muss dabei Gleichartigkeit bestehen. Das ist dann der Fall, wenn die Leistungen demselben Zweck dienen, soll doch die Vorschrift die Erbringung zweckidentischer Leistungen vermeiden (Pattar in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB X, 2. Auflage 2017, § 104 Rn. 30).
Nach diesen Grundsätzen sind die Voraussetzungen eines Erstattungsanspruchs nicht erfüllt. Zwar bestehen nebeneinander konkurrierende Leistungspflichten zweier Leistungsträger (dazu a und b), wobei die Leistungspflicht der Klägerin der Leistungspflicht des Beklagten nachgeht (dazu c). Zwischen den Leistungen, die tatsächlich erbracht worden sind, und den Leistungen, welche der vorrangig verpflichtete Sozialleistungsträger schuldet, ist indes keine Gleichartigkeit gegeben (dazu d).
a) Die Klägerin war für den Hilfefall des Hilfeempfängers der sachlich und örtlich zuständige Träger der (erbrachten) Leistungen der öffentlichen Jugendhilfe.
Die sachliche Zuständigkeit der Klägerin ergibt sich grundsätzlich aus § 85 Abs. 1 SGB VIII. Für die Gewährung von Leistungen und die Erfüllung anderer Aufgaben nach dem SGB VIII ist danach der örtliche Träger sachlich zuständig, soweit nicht der überörtliche Träger sachlich zuständig ist. Sind die in Abs. 2 der Vorschrift geregelten Zuständigkeiten des überörtlichen Trägers vorliegend nicht einschlägig, folgt die Bestimmung des örtlichen Trägers der öffentlichen Jugendhilfe aus § 1a Abs. 1 AG-KHJG NW i.V.m. § 1 der auf Grundlage des § 2 S. 1 AG-KJHG NW erlassenen Verordnung über die Bestimmung Großer kreisangehöriger Städte und Mittlerer kreisangehöriger Gemeinden zu örtlichen Trägern der öffentlichen Jugendhilfe. Danach wird u.a. die Klägerin zum örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe bestimmt.
Die örtliche Zuständigkeit der Klägerin folgt aus § 86 Abs. 1 S. 1 SGB VIII, da die Mutter des Hilfeempfängers im Zeitpunkt der Fallübernahme durch die Klägerin in C ihren gewöhnlichen Aufenthalt hatte. Aus dem nahtlosen Übergang des Hilfeempfängers von der Bereitschaftspflegefamilie in Hessen zur Unterbringung in Schloss E folgt keine fortdauernde Zuständigkeit des Landkreises L; denn nach § 86c Abs. 1 S. 1 SGB VIII bleibt der bisher zuständige örtliche Träger nur so lange zur Gewährung der Leistung verpflichtet, bis der nunmehr zuständige örtliche Träger die Leistung fortsetzt. Dies aber hat die Klägerin mit der Fallübernahme anlässlich der Unterbringung des Hilfeempfängers in Schloss E getan.
b) Grundsätzlich hatte der Hilfeempfänger zugleich einen Anspruch auf Erbringung von Leistungen der Eingliederungshilfe nach dem SGB XII gegen den Beklagten.
aa) Dieser Anspruch folgt aus § 53 SGB XII. Danach erhalten Personen, die durch eine Behinderung im Sinne von § 2 Abs. 1 S. 1 SGB IX wesentlich in ihrer Fähigkeit, an der Gesellschaft teilzuhaben, eingeschränkt oder von einer solchen wesentlichen Behinderung bedroht sind, Eingliederungshilfe, wenn und solange nach der Besonderheit des Einzelfalls, insbesondere nach Art oder Schwere der Behinderung, Aussicht besteht, dass die Aufgabe der Eingliederungshilfe erfüllt werden kann. Nach § 2 Abs. 1 SGB IX sind Menschen behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist. Der Anspruch besteht dann auf die in § 54 SGB XII i.V.m. den dort in Bezug genommenen Vorschriften des SGB IX beschriebenen Leistungen. Zu den Leistungen der Eingliederungshilfe zählen auch vollstationäre Unterbringungen (vgl. BVerwG, Urteil vom 22.10.2009 – 5 C 19.08 Rn. 14).
(1) Der Hilfeempfänger war ausweislich der vorliegenden medizinischen Befunde im beschriebenen Sinne behindert und dadurch wesentlich in seiner gesellschaftlichen Teilhabefähigkeit eingeschränkt.
Im Sinne des § 53 Abs. 1 S. 1 SGB XII geistig wesentlich behindert sind Personen, die infolge einer Schwäche ihrer geistigen Kräfte in erheblichem Umfange in ihrer Fähigkeit zur Teilhabe am Leben in der Gesellschaft eingeschränkt sind (§ 2 EinglHV). Die Prüfung der Wesentlichkeit einer Behinderung ist dabei wertend an deren Auswirkungen für die Eingliederung in der Gesellschaft auszurichten. Entscheidend ist mithin nicht, wie stark die geistigen Kräfte beeinträchtigt sind und in welchem Umfang ein Funktionsdefizit vorliegt, sondern wie sich die Beeinträchtigung auf die Teilhabemöglichkeit auswirkt (vgl. BSG, Urteil vom 22.03.2012 – B 8 SO 30/10 R Rn. 19).
Die Teilhabemöglichkeit des Hilfeempfängers war erheblich eingeschränkt. Dies ergibt sich in der Zusammenschau aller vorliegenden ärztlichen Befunde und der weiteren Berichte.
Insbesondere die Beeinträchtigung in seiner Entwicklung wirkte sich erheblich auf seine Teilhabemöglichkeit aus; denn er war nach den Beschreibungen in den genannten Unterlagen in allen Bereichen seiner alltagspraktischen Fähigkeiten erheblich eingeschränkt. Bereits im März 2009 wurde das Vorliegen eines Fetalen Alkoholsyndroms mit der Folge einer deutlichen Entwicklungsverzögerung diagnostiziert. Im Bericht des Klinikums L vom 06.06.2011 wurde insoweit ein Entwicklungsquotient von 40 bis 50 geschätzt und eine deutliche allgemeine Entwicklungsstörung mit einer in ihrem Ausmaß noch darüber hinausgehenden expressiven Sprachentwicklungsstörung diagnostiziert (ICD-10 Diagnoseschlüssel F 89 und F 80.1). Der Bericht des Klinikums vom 22.07.2011 benennt bei einem Lebensalter von seinerzeit 33 Monaten Entwicklungsstände für optische Wahrnehmung entsprechend einem Lebensalter von 20 Monaten, für Handgeschick von 27 Monaten, für Körperkontrolle von 26 Monaten, für Sprache von 14 Monaten, für akustische Wahrnehmung von 19 Monaten und für Sozialkontakt von 25 Monaten. Diese deutliche allgemeine Entwicklungsverzögerung wird auch im weiteren Verlauf in den Berichten des Krankenhauses G in den Bereichen Lauf-, Handgeschicklichkeits- und Perzeptionsalter, stärker noch in den Bereichen Sprachentwicklung sowie Sozial- und Selbständigkeitsalter beschrieben (Bericht vom 06.02.2013). Die durch diese Retardierung hervorgerufenen erheblichen Einschränkungen der alltagspraktischen Fähigkeiten des Hilfeempfängers und folglich seiner Teilhabemöglichkeiten treten auch in dem vom Schloss E am 02.10.2012 erstellten Clearingbericht deutlich zu Tage, wenn darin eine kognitive Behinderung und eine Störung des Sozialverhaltens beschrieben wird; es liegt danach eine auf allen Ebenen starke Entwicklungsverzögerung vor, die vor allem im kognitiven Bereich auch bei bester Förderung nur bedingt aufholbar erschien. Insbesondere werden in dem Clearingbericht Auffälligkeiten in seinem Sozialverhalten als typische Merkmale des Fetalen Alkoholsyndroms geschildert. Für die Zukunft wurde dementsprechend eine heilpädagogische oder sonderpädagogisch ausgerichtete Familienwohngruppe mit Kindern mit ähnlicher kognitiver Einschränkung empfohlen; es sei von einer dauerhaften Unterbringung auszugehen. Dies alles zeigt die Wesentlichkeit der geistigen Behinderung und die dadurch begründeten erheblichen Teilhabeeinschränkungen des Hilfeempfängers. Entsprechend ging auch das Gesundheitsamt des Kreises W mit Schreiben vom 22.08.2012 ("mit hoher Wahrscheinlichkeit") ebenso wie später das schulärztlichen Gutachten (Kinderärztin Dr. C) vom Vorliegen einer geistigen Behinderung aus. Diese wesentliche Behinderung mit der Folge einer erheblichen Teilhabeeinschränkung hat der Beklagte im Übrigen auch nicht in Abrede gestellt und dementsprechend selbst eine geistige Behinderung des Hilfeempfängers angenommen.
Darüber hinaus besteht auch eine wesentliche körperliche Behinderung. Beschrieben wurde diese als angeborene Fehlbildung in Form eines Mikrocephalus (ICD-10 Diagnoseschlüssel Q02) sowie als eine ausgeprägte Dystrophie (so etwa der Bericht des Klinikums L vom 06.06.2011), die auch klinischer Behandlung bedurfte.
(2) War der Hilfeempfänger im streitigen Zeitraum deshalb geistig wie körperlich behindert und dadurch wesentlich in seiner gesellschaftlichen Teilhabefähigkeit eingeschränkt, hatte er dem Grunde nach auch einen Anspruch auf Leistungen der Eingliederungshilfe nach den §§ 53 ff. SGB XII.
bb) Für solche Leistungen der Eingliederungshilfe nach dem SGB XII war der Beklagte als überörtlicher Träger der Sozialhilfe (§ 3 Abs. 1 HAG-SGB XII in der bis zum 31.12.2013 geltenden Fassung bzw. § 1 Abs. 1 S. 2 HAG-SGB XII in der ab 01.01.2014 geltenden Fassung) nach § 97 Abs. 2 und Abs. 3 Nr. 1 SGG – mangels abweichender landesrechtlicher Regelungen für Leistungen der Eingliederungshilfe in Einrichtungen zur stationären oder teilstationären Betreuung (vgl. § 2 Abs. 1 Nr. 1 HAG-SGB XII in der bis zum 31.12.2016 geltenden Fassung) – der sachlich zuständige Träger, weil die Hilfe in einer stationären Einrichtung i.S.d. § 13 Abs. 2 SGB XII erfolgte. Er war nach § 98 Abs. 2 Abs. 1 SGG auch der örtlich zuständige Träger der Sozialhilfe für die Eingliederungshilfe nach dem SGB XII; denn der Hilfeempfänger hatte von Juli bis November 2011 und auch danach bis zur Aufnahme in Schloss E seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Hessen im Landkreis L. Dies alles stellt der Beklagte auch nicht in Abrede.
c) Das Konkurrenzverhältnis von Ansprüchen auf Eingliederungshilfe nach dem SGB VIII und nach dem SGB XII wird in § 10 Abs. 4 SGB VIII geregelt. Danach gehen grundsätzlich Leistungen nach dem SGB VIII solchen nach dem SGB XII vor (S.1). Dies gilt nach § 10 Abs. 4 S. 2 SGB VIII jedoch nicht für Leistungen der Eingliederungshilfe nach dem SGB XII für junge Menschen, die körperlich oder geistig behindert oder von einer solchen Behinderung bedroht sind; insofern besteht also ein Leistungsvorrang des Trägers der Eingliederungshilfe nach dem SGB XII gegenüber dem Träger der Jugendhilfe bei körperlich und/oder geistig behinderten jungen Menschen. Die körperliche und geistige Behinderung des Hilfeempfängers führte also nach § 10 Abs. 4 S. 2 SGB VIII zu einem grundsätzlichen Nachrang der Jugendhilfeleistungen.
d) Ein Rangverhältnis zwischen Jugendhilfe und Sozialhilfe nach § 10 Abs. 4 S. 2 SGB VIII besteht allerdings nur, soweit bei den Ansprüchen auf Jugendhilfe bzw. auf Sozialhilfe beide Leistungen gleich, gleichartig, einander entsprechend, kongruent, einander überschneidend oder deckungsgleich sind (BVerwG, Urteile vom 02.03.2006 – 5 C 15/05 Rn. 8, und vom 23.09.1999 – 5 C 26.98; ebenso BSG, Urteil vom 24.03.2009 – B 89 SO 29/07 R Rn. 17; Luthe in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VIII, 2014, § 10 Rn. 15). Die von der Klägerin als Träger der öffentlichen Jugendhilfe als geeignet und notwendig festgestellten und auch erbrachten Jugendhilfeleistungen in Form einer Inobhutnahme nach § 42 SGB VIII sind jedoch mit den Leistungen der Eingliederungshilfe nach dem SGB XII weder nach Leistungsart noch Zweckbestimmung im genannten Sinne vergleichbar, so dass der in § 10 Abs. 4 Satz 2 SGB VIII normierte Vorrang der Eingliederungshilfe nach dem SGB XII von vornherein nicht zum Tragen kommt.
aa) Ausgangspunkt für die Beurteilung der Vergleichbarkeit beider Leistungen ist zunächst die Bestimmung ihrer jeweiligen Zielrichtung und Zweckbestimmung. Zweck einer Inobhutnahme (§ 42 SGB VIII) als zeitlich befristeter Krisenintervention durch das Jugendamt ist eine sozialpädagogische Unterstützung durch intensive pädagogische Hilfestellung zum Schutz von Kindern und Jugendlichen und die dazu erforderliche Befugnis, vorläufig Funktionen der elterlichen Sorge wahrzunehmen (Kirchhoff in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VIII, 2014, § 42 Rn. 24 m.w.N.; Bayerischer VGH, Urteil vom 29.03. 2010 – 12 BV 08.942 Rn. 40). Dabei soll auch ein Weg gefunden werden, die Krise dauerhaft zu überwinden. Zweck der Eingliederungshilfe nach dem SGB XII ist es hingegen, Personen, die durch eine Behinderung wesentlich in ihrer Fähigkeit, an der Gesellschaft teilzuhaben, eingeschränkt sind, vor den Folgen ihrer Behinderung zu behüten oder diese jedenfalls zu mildern mit dem Ziel, den jungen Menschen in die Gesellschaft zu integrieren.
bb) Die dem Hilfeempfänger von Seiten der Klägerin erbrachten Leistungen dienten dem so umschriebenen Zweck der Inobhutnahme gem. § 42 SGB VIII. Dies ergibt sich aus der konkreten Handhabung des Hilfefalles durch die Klägerin sowie aus dem tatsächlichen Geschehensablauf.
(1) Schon die Situation, die zur Unterbringung des Hilfeempfängers in Schloss E durch die Klägerin führte, lässt erkennen, dass eine Inobhutnahme nach § 42 SGB VIII gewollt und auch erforderlich war. Denn bereits im Februar 2012 wurde dem Jugendamt des Landkreises L von der damaligen Bereitschaftspflegefamilie mitgeteilt, dass der Aufenthalt des Hilfeempfängers eine Zumutung sei; insbesondere die Wochenenden seien eine Katastrophe. Erneut drängte die Bereitschaftspflegefamilie im Mai 2012 auf eine schnelle Beendigung der dortigen Unterbringung und machte insbesondere auch gegenüber der Klägerin deutlich, dass die Situation, insbesondere im Hinblick auf die anstehenden Ferien, nicht mehr erträglich sei. Vor diesem Hintergrund wollte die Klägerin durch Unterbringung des Hilfeempfängers in der Inobhutnahmegruppe im Schloss E ausdrücklich unter Anwendung der ihr durch § 42 SGB VIII zur Verfügung gestellten Handlungsweise eine aktuelle, gefährdende Situation des Hilfeempfängers (dessen Bereitschaftspflegefamilie mit ihm völlig überfordert war) unverzüglich beenden. Dies teilte sie so auch ausdrücklich dem Jugendamt des Landkreises L mit; die Unterbringung in der Bereitschaftspflegefamilie sei kurzfristig zu beenden gewesen, da die Familie mit der Betreuung des Kindes völlig überfordert gewesen sei, und der Hilfeempfänger werde im Schloss E übergangsweise untergebracht (Schreiben vom 26.07.2012). Dabei war sich die Klägerin bereits von Beginn an darüber im Klaren, dass diese Unterbringung nicht von Dauer sein konnte, da die Einrichtung dafür nicht geeignet war. Dies macht deutlich, dass es (in Übereinstimmung mit dem Zweck des § 42 SGB VIII) um die bloße Beendigung einer aktuellen Gefahr für den Hilfeempfänger ging, nicht aber um eine auf Dauer angelegte Unterbringung zur Linderung der Behinderungsfolgen.
(2) Auch die weitere Fallbehandlung durch die Klägerin macht deutlich, dass die Klägerin gerade eine jugendhilferechtliche Inobhutnahme des Hilfeempfängers durchführen wollte. Denn es war ihre ausdrückliche Zielsetzung, zunächst im Rahmen eines Clearingverfahrens eine Diagnostik erstellen zu lassen, um den (erst zukünftig zu deckenden) Bedarf des Hilfeempfängers zu konkretisieren. Gerade dieses Verfahren sieht aber auch § 42 Abs. 3 S. 5 SGB VIII vor; danach ist unverzüglich ein Hilfeplanverfahren zur Gewährung von (erforderlichen) Hilfen einzuleiten. Dementsprechend wurde in der Einrichtung Schloss E unmittelbar eine Hilfeplanung veranlasst; am 02.08.2012 fand das erste Hilfeplangespräch statt. Das hierzu erstellte Protokoll hielt ausdrücklich fest, es stehe noch nicht fest, inwieweit eine Behinderung des Hilfeempfängers vorliege und welche Unterstützung wichtig sei; dies solle im Rahmen eines Clearings (erst noch) geklärt werden. Abschließend wurde ein weiteres Clearing vereinbart und auch durchgeführt. Diese Abklärung entspricht somit dem regelhaften Vorgehen bei der Inobhutnahme Kinder und Jugendlicher gemäß § 42 SGB VIII. Nach der Erstellung des Clearingberichts (vom 02.10.2012) wurde im folgenden Hilfeplangespräch vom 20.11.2012 eine weitere diagnostische Abklärung im SPZ vereinbart. Der Hilfeempfänger solle in der Einrichtung verbleiben, bis eine gesicherte Perspektive für ihn gefunden sei. Hieraus folgt aber, dass das Ziel der Unterbringung weiterhin darin bestand, für den Hilfeempfänger einen Weg aus der aktuellen Krisensituation zu finden. Gerade diesem Zweck dient die Inobhutnahme nach § 42 SGB VIII.
(3) Die Klägerin hat auch nach außen stets deutlich gemacht, dass es sich um eine Inobhutnahme handele. So hat sie die Eltern des Hilfeempfängers über die grundsätzlich bestehende Kostenbeitragspflicht gem. § 92 SGB VIII informiert und dabei ausdrücklich ausgeführt, zurzeit werde dem Kind "Hilfe nach § 42 SGB VIII in Form von Inobhutnahme von Kindern und Jugendlichen" gewährt (Schreiben vom 18.07.2012). Gegenüber der Familienkasse bei der Bundesagentur für Arbeit hat die Klägerin mit Schreiben vom selben Tage mitgeteilt, sie leiste Hilfe nach §§ 27 i.V.m. 42 SGB VIII; dies teilte sie auch im Rahmen der Anmeldung eines Erstattungsanpruchs bei der Familienkasse mit (Schreiben vom 21.08.2012). Ein Schreiben vom 20.08.2012 an die Krankenkasse nennt im Betreff ebenfalls ausdrücklich "Hilfe nach § 42 SGB VIII in Form von Inobhutnahme von Kindern und Jugendlichen". Auch der seinerzeit beauftragte Rechtsanwalt der Klägerin teilte dem Landkreis L noch im September 2013 mit, der Hilfeempfänger werde nach einer von der Klägerin veranlassten Inobhutnahme in der Jugendhilfeeinrichtung Schloss E betreut (Schreiben vom 09.09.2013). Im Schreiben an den Beklagten vom 09.12.2013 verwies denn auch die Klägerin gerade auf die von ihr vorgenommene Inobhutnahme.
Intern ging die Klägerin ebenfalls stets von einer Inobhutnahme aus. So wurde auf der in der Verwaltungsakte befindlichen Grundsatzverfügung vom 21.01.2013 unter Ziffer 1 einleitend vermerkt: "Es wird Hilfe nach § 42 geleistet". Auch in der Kommunikation mit dem seinerzeit Bevollmächtigten wurde noch im Juni 2013 ausgeführt, der Hilfeempfänger sei in Obhut genommen worden; es sei dann eine umfangreiche Diagnostik erfolgt zur abschließenden Klärung der Zuständigkeit. Dem entspricht, dass die jetzige Bevollmächtigte der Klägerin laut Vermerk vom 10.02.2014 dringend zuriet, die Inobhutnahme zu beenden und in eine Heimunterbringung umzuwandeln.
(4) Nach Anlass und Zweck der Unterbringung sowie nach dem internen wie nach dem äußeren Geschehensablauf hat die Klägerin nach allem bewusst und gewollt von Beginn an zielgerichtet und in Übereinstimmung mit dem Zweck des § 42 SGB VIII eine Inobhutnahme vorgenommen.
cc) Bei den erbrachten Leistungen handelt es sich auch nicht tatsächlich um andere, von der Klägerin lediglich falsch "etikettierte" Leistungen. Insbesondere wurden dem Hilfeempfänger keine Leistungen der Eingliederungshilfe nach § 35a SGB VIII erbracht. Die tatsächlich erbrachte Inobhutnahme kann nicht in solche Leistungen "umgedeutet" werden, selbst wenn die erbrachten Leistungen in Form der Unterbringung zugleich einer Eingliederung des Hilfeempfängers dienlich gewesen sein mögen.
(1) Nach § 35a SGB VIII haben Kinder oder Jugendliche Anspruch auf Eingliederungshilfe, wenn ihre seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für ihr Lebensalter typischen Zustand abweicht und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist oder eine solche Beeinträchtigung zu erwarten ist (Abs. 1 S. 1 Nr. 1 und 2). Ausdrücklich und wiederholt benanntes Ziel der ab dem 28.06.2012 einsetzenden Maßnahme der Jugendhilfe war aber nicht die Beseitigung der Teilhabeeinschränkungen des Hilfeempfängers, sondern zunächst allein die Ermittlung von Geeignetheit und Notwendigkeit zukünftig zu gewährender (Eingliederungs-)Leistungen. Dabei ist nach Auffassung des Senats unerheblich, dass der Hilfeempfänger seit dem 01.08.2012 einen integrativen Kindergarten besuchte (was tatsächlich durchaus der Linderung seiner Teilhabeeinschränkungen gedient haben dürfte), und dass auch sein sonstiger Aufenthalt in der Einrichtung diesem Ziel förderlich gewesen sein mag.
Entscheidend ist vielmehr, dass nach § 35a SGB VIII notwendige und geeignete Eingliederungshilfeleistungen nach dem im jeweiligen Einzelfall bestehenden Bedarf gewährt werden. Ein entsprechender konkreter Bedarf des Hilfeempfängers sollte jedoch nach seiner notwendig gewordenen Herausnahme aus der Bereitschaftspflege in der Einrichtung Schloss E überhaupt erst festgestellt werden; er war mithin noch nicht konkret bestimmt. Die tatsächlich durchgeführte Maßnahme diente somit aus Sicht der Klägerin einem anderen Zweck als der Linderung der Teilhabeeinschränkung; Letztere war erst im Anschluss an die fortdauernde Klärung beabsichtigt.
Unbeschadet dessen hat der Träger der öffentlichen Jugendhilfe nach § 35a Abs. 1a SGB VIII für die Gewährung von Leistungen nach § 35a SGB VIII hinsichtlich einer Abweichung der seelischen Gesundheit die Stellungnahme eines Arztes für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie, eines Kinder- und Jugendpsychotherapeuten oder eines Arztes oder eines psychologischen Psychotherapeuten, der über besondere Erfahrungen auf dem Gebiet seelischer Störungen bei Kindern und Jugendlichen verfügt, einzuholen. Die Stellungnahme ist auf der Grundlage der Internationalen Klassifikation der Krankheiten in der vom Deutschen Institut für medizinische Dokumentation und Information herausgegebenen deutschen Fassung zu erstellen. Dabei ist auch darzulegen, ob die Abweichung Krankheitswert hat oder auf einer Krankheit beruht. Die Hilfe soll nicht von der Person oder dem Dienst oder der Einrichtung, der die Person angehört, die die Stellungnahme abgibt, erbracht werden. Die Einholung einer solchen Stellungnahme ist jedoch weder erfolgt, noch hat die Klägerin Entsprechendes überhaupt veranlasst.
(2) Die Auffassung der Klägerin, für eine "Umdeutung" der tatsächlich nach § 42 SGB VIII erbrachten Leistungen in solche der Eingliederungshilfe spreche bereits, dass eine krisenhafte Situation nie vorgelegen habe, weswegen auch eine Inobhutnahme nicht einschlägig sein könne (und letztlich Leistungen der Eingliederungshilfe erbracht worden seien), überzeugt nicht. Denn die Bereitschaftspflegefamilie war (s.o) mit der Betreuung des Hilfeempfängers überfordert, so dass sein Wohlergehen dort konkret gefährdet erschien. Folgerichtig wurde das Instrumentarium der Inobhutnahme gewählt mit allen vorgesehenen weiteren Folgeschritten (insbesondere der Hilfeplanerstellung). Auch, dass die Mutter des Hilfeempfängers (anders als in der Klagebegründung angegeben richtigerweise: am 02.05.2012) Leistungen nach dem SGB VIII beantragt hat, hat keine Auswirkung auf die Art der Leistungen. Denn der bloße Antrag bestimmt nicht den Charakter der darauf tatsächlich gewährten Leistungen. Ohnehin wurden allein Maßnahmen nach dem (gesamten) SGB VIII – mithin ggf. auch solche nach § 42 SGB VIII – beantragt. Ebenfalls von vornherein ohne Bedeutung für die Art der Leistungen ist, dass die Mutter mit der Unterbringung des Hilfeempfängers in Schloss E einverstanden war; denn ein fehlender Widerspruch des Sorgeberechtigten ist gerade eine der Voraussetzungen einer Inobhutnahme in einer Sachverhaltsgestaltung nach § 42 Abs. 1 Nr. 2a SGB VIII.
(3) Hat die Klägerin Leistungen nach § 42 SGB VIII erbracht, können diese auch nicht nachträglich zu Hilfen zur Erziehung bzw. Eingliederungshilfen "umgedeutet" werden. Denn hat sie die Inobhutnahme seinerzeit auch tatsächlich als eine solche verstanden, (wie es sich aus den Akten und den internen Entscheidungen der Klägerin ergibt; s.o.), hat sie sich möglicherweise nur über die Rechtsfolge dieser Entscheidung im Kostenerstattungsverfahren geirrt (vgl. auch Bayerischer VGH, Urteil vom 29.03. 2010 – 12 BV 08.942 Rn. 42).
dd) Von besonderer Bedeutung ist zudem, dass die einmal (einzig) aufgenommene Inobhutnahme gemäß § 42 SGB VIII vor dem Ende des streitigen Zeitraumes durch die Klägerin nicht beendet worden ist. Insoweit gibt es keinerlei Anhaltspunkt dafür, dass sie in andere Leistungen der Jugendhilfe umgewandelt worden wäre; es ist auch kein klarer Zeitpunkt ersichtlich, ab dem eine bloße Klärung (Clearing) beendet und nunmehr notwendige und erforderliche Leistungen der Eingliederungshilfe gewährt worden wären.
§ 42 Abs. 4 SGB VIII regelt insoweit ausdrücklich das Ende einer Inobhutnahme. Sie endet danach mit der Übergabe des Kindes oder Jugendlichen an die Personensorge- oder Erziehungsberechtigten (Nr. 1) oder der Entscheidung über die Gewährung von Hilfen nach dem Sozialgesetzbuch (Nr. 2). Keine dieser Beendigungsalternativen hat im Falle des Hilfeempfängers im streitigen Zeitraum stattgefunden.
Der Hilfeempfänger ist – bis heute – zu keiner Zeit an seine Mutter (die jedenfalls zu Beginn der Unterbringung noch die Personensorgeberechtigte war) übergeben worden; er ist vielmehr am 05.07.2014 – und damit erst nach dem streitigen Zeitraum – in einem Heim des O Erziehungsvereins untergebracht worden. Zwar kann die Inobhutnahme auch durch Übergabe an einen Amtsvormund beendet werden (Kirchhoff, a.a.O. Rn. 210.1, unter Bezugnahme auf VG Göttingen, Beschluss vom 17.07.2014 – 2 B 195/14); auch dies ist allerdings im streitigen Zeitraum nicht erfolgt.
Insbesondere aber hat die Klägerin auch keine Entscheidung über die Gewährung von Hilfen nach dem Sozialgesetzbuch getroffen. Damit sind die Hilfen gemeint, mit denen die Gefährdung des Wohls des Minderjährigen beseitigt wird. Durch den Verweis auf das Sozialgesetzbuch sind nicht nur die Leistungen des SGB VIII erfasst, sondern auch diejenigen, die aufgrund anderer Bücher des Sozialgesetzbuchs gewährt werden, wie z.B. gerade die Eingliederungshilfe nach den §§ 53 ff. SGB XII (Kirchhoff, a.a.O. Rn. 211). Solche Hilfen hat die Klägerin indes nicht gewährt; sie hat vielmehr allein die Klärung des Gesundheitszustandes und die Klärung der Kostentragungspflicht betrieben.
Auch der Landkreis L hat mit Schreiben vom 25.01.2013 keine Leistungen gewährt, sondern lediglich einen Kostenerstattungsanspruch anerkannt; er hat auch tatsächlich keine Leistungen erbracht. Andere denkbare Beendigungsgründe, etwa die Aufhebung eines Bewilligungsbescheides nach §§ 44 SGB X oder das Sich-Entziehen der Inobhutnahme durch den Hilfeempfänger selbst, liegen ebenfalls nicht vor.
ee) Ob eine Inobhutnahme über den langen streitigen Zeitraum vom Zweck der Vorschrift her vorgesehen ist, weil es sich eigentlich um eine nur kurzfristige Krisenintervention handeln soll mit dem Ziel, die Ursache der Krise auch für die Zukunft zu beseitigen, spielt vor diesem Hintergrund keine Rolle. Entscheidend ist allein, welche Leistungen erbracht worden sind, seien diese die "richtigen" oder nicht.
ff) Die von der Klägerin somit erbrachten Jugendhilfeleistungen in Form einer Inobhutnahme nach § 42 SGB VIII sind mit den Leistungen der Eingliederungshilfe nach dem SGB XII nach Leistungsart und Zweckbestimmung auch nicht etwa in der Leistungsart vergleichbar. Beabsichtigt eine Inobhutnahme den kurzfristigen Schutz von Kindern und Jugendlichen zur dauerhaften Überwindung von Krisen, ist dieser Zweck nicht kongruent zu dem der Leistungen der Eingliederungshilfe nach dem SGB XII. Leistungen der Inobhutnahme knüpfen nämlich im Gegensatz zu diesen nicht an eine behinderungsbedingte Teilhabeeinschränkung an, sondern an eine tatsächliche, aktuell krisenhafte Situation, die völlig unabhängig von einer Behinderung oder Teilhabeeinschränkung bestehen kann. Ziel ist auch nicht die dauerhafte Beseitigung von (Teilhabe-)Einschränkungen, sondern allein die unmittelbare Beseitigung einer akuten krisenhaften Situation.
(gg) Fehlt es nach allem an der Gleichartigkeit zwischen hier tatsächlich erbrachter Jugendhilfe nach § 42 SGB VIII und Sozialhilfe, kann auch kein Vorrang-/Nachrangverhältnis nach § 10 Abs. 2 SGB VIII bestehen.
3. Damit aber sind die tatbestandlichen Voraussetzungen des Erstattungsanspruchs nach § 104 Abs. 1 S. 1 SGB X nicht erfüllt. Es fehlt eine lediglich nur nachrangige Leistungsverpflichtung der Klägerin. Hat die Klägerin somit gegen den Beklagten keinen Erstattungsanspruch nach § 104 SGB X, so sind zugleich andere Anspruchsgrundlagen im Sinne der Klägerin nicht ersichtlich.
4. Der Senat sieht durchaus, dass die im vorliegenden Fall tätig gewordenen Sozialverwaltungsträger in Hessen ihrerseits keinerlei Maßnahmen im Hinblick auf eine notwendige Eingliederungshilfe nach dem SGB XII für den Kläger ergriffen haben, obwohl auch auf hessischer Seite eine Kenntnis vom entsprechenden Eingliederungshilfebedarf i.S.v. § 18 SGB XII schon früh bestand. So hat die Klägerin bereits unter dem 11.06.2012 bzw. dem 18.07.2012 der Stadt bzw. dem Landkreis L mitgeteilt, es sei Eingliederungshilfe erforderlich, bzw. sie bitte um Fallübernahme im Rahmen der Eingliederungshilfe. Mit Schreiben vom 26.07.2012 und vom 15.04.2013 teilte sie dem Landkreis L jeweils mit, im Schloss E erfolge eine Diagnostik; ein dauerhafter Aufenthalt des Hilfeempfängers sei dort aber nicht möglich. Der damalige Bevollmächtigte der Klägerin wies darüber hinaus dem Landkreis L am 09.09.2013 ausdrücklich darauf hin, der Hilfeempfänger müsse in einer geeigneten Einrichtung der Eingliederungshilfe untergebracht werden, und der Landkreis möge den Fall als Eingliederungshilfe verantworten. Der Beklagten teilte er zudem unter dem 09.12.2013 mit, bisher sei keine Fallübernahme zustande gekommen; im Schloss E sei jedoch keine optimale Betreuung gewährleistet, so dass der dortige Aufenthalt des Hilfeempfängers beendet werden und eine Betreuung durch den Beklagten als Eingliederungshilfe erfolgen müsse. Der Landkreis L hat zunächst die hessische Binnenverteilung der Sozialhilfeaufgaben verkannt (vgl. sein Schreiben vom 05.11.2013); der Beklagte (Schreiben vom 16.12.2013) hat seine örtliche Zuständigkeit fehlerhaft verneint und sich erst sehr spät (mit Schreiben vom 30.04.2014) als zwar für Eingliederungshilfe zuständig, für den streitigen Zeitraum aus Gründen der erbrachten Hilfeart (zutreffend) dennoch nicht für zuständig erklärt. Bis zum Ende des streitigen Zeitraums sind deshalb die hessischen Sozialhilfeträger trotz Kenntnis vom Hilfebedarf nicht selbst mit dem Ziel einer zügigen Aufnahme der notwendigen Eingliederungshilfe für den Hilfeempfänger tätig geworden.
Gleichwohl kann dieses Versäumnis der hessischen Leistungsträger nach Ansicht des Senats den von der Klägerin verfolgten Kostenerstattungsanspruch nicht (ganz oder teilweise) begründen. Denn solange die Klägerin die Inobhutnahme des Hilfeempfängers nicht nach § 42 Abs. 4 SGB VIII beendet hatte, sondern sie – trotz von ihr erkannter Notwendigkeit der Aufnahme von Eingliederungshilfe (vgl. dazu auch eine hausinterne Rundmail der Klägerin vom 10.06.2013: "Allerdings müssten wir nun tatsächlich mal über den weiteren Verbleib O reden, da ist anscheinend nichts geklärt worden. Vielleicht finden wir ja mal eine ruhige Minute.") – schlicht fortgeführt hat, muss sie sich an dieser Entscheidung festhalten lassen, auch wenn das träge Gebaren der hessischen Sozialhilfeträger ebenso wenig sachgerecht erscheint wie das unbedachte Weiterführen der Inobhutnahme durch die Klägerin.
B. Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs. 1 S. 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 1, 2 VwGO.
Die Entscheidung über den Streitwert beruht auf § 197a SGG i.V.m. §§ 52 Abs. 1 und Abs. 3 GKG; danach war der Streitwert entsprechend dem Wert der im Antrag der Klägerin bezifferten Geldleistung endgültig auf 153.230,49 EUR festzusetzen.
C. Der Senat lässt die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zu (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG).
Erstellt am: 10.10.2018
Zuletzt verändert am: 10.10.2018