Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Köln vom 01.06.2006 geändert. Es wird im Wege der einstweiligen Anordnung festgestellt, dass die Beigeladene dem Antragsteller vorläufig, bis zur bestandskräftigen Entscheidung über das Bestehen einer freiwilligen Krankenversicherung, Leistungen der freiwilligen Krankenversicherung nach dem SGB V zu gewähren hat. Die Beigeladene trägt die erstattungsfähigen außergerichtlichen Kosten des Antragstellers in beiden Rechtszügen. Die Antragsgegnerin trägt keine Kosten.
Gründe:
Streitig ist die Verpflichtung der Antragsgegnerin (einstweilig) die Krankenbehandlung des Antragstellers sicherzustellen.
Der 1968 geborene Antragsteller, bei dem ein Grad der Behinderung von 80 durch das Versorgungsamt L festgestellt ist, bezog nach jahrelangem Sozialhilfebezug ab dem 01.01.2005 Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).
Mit Bescheid vom 13.03.2006 hob die ARGE L die Gewährung von Arbeitslosengeld II mit Wirkung vom 17.03.2006 auf; Leistungen würden allerdings bis zum 30.04.2006 erbracht. In einem (weiteren) an den Betreuer des Antragstellers gerichteten Schreiben vom 13.03.2006 wird zur Begründung ausgeführt, der ärztliche Dienst der Agentur für Arbeit L (Gutachten vom 27.01.2006) habe festgestellt, dass der Antragsteller (dauerhaft) aus gesundheitlichen Gründen nicht mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig sein könne. Der Antragsteller sei bis einschließlich 16.03.2006 bei der Beigeladenen pflichtversichert. Zuständig für die Leistungserbringung sei im Übrigen nunmehr das Amt für Soziales und Senioren der Antragsgegnerin.
Mit Schreiben vom 15.03.2006 beantragte der Betreuer des Antragstellers bei der Beigeladenen die Durchführung der freiwilligen Krankenversicherung. Die Beigeladene lehnte dies durch Bescheid vom 28.03.2006 ab, da die erforderliche Vorversicherungszeit von 12 Monaten unmittelbar vor Ausscheiden aus der Pflichtmitgliedschaft nicht erfüllt sei. Hiergegen legte der Antragsteller am 13.04.2006 Widerspruch ein.
Unter dem 31.03.2006 beantragte der Antragsteller bei der Antragsgegnerin die Durchführung der Krankenbehandlung und Anmeldung bei der Beigeladenen nach § 264 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) und Leistungen nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII). Mit Bescheid vom 25.04.2006 bewilligte die Antragsgegnerin Leistungen nach dem Kapitel 3 SGB XII ab Mai 2006. Mit Schreiben vom 03.05.2006 teilte sie nach mehrmaliger Erinnerung darüber hinaus mit, dass keine rückwirkende Anmeldung zur Beigeladenen erfolgen könne und empfahl, eine einstweilige Anordnung gegenüber der Beigeladenen zu beantragen.
Mit seinem am 17.05.2006 beim Sozialgericht Köln eingegangenen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung begehrt der Antragsteller die Verpflichtung der Antragsgegnerin, Krankenversicherungsschutz sicherzustellen und Abgabe einer Erklärung nach § 264 SGB V gegenüber der Beigeladenen.
Der Antragsteller hat ausgeführt, er sei regelmäßig behandlungsbedürftig und Krankenversicherungsschutz nicht gewährleistet. Der Antragsgegnerin sei von Anfang an bekannt gewesen, dass er erwerbsunfähig sei. Gleichwohl habe sie ihn "sehenden Auges" zur ARGE geschickt. Dies ergebe sich aus der früheren Akte der Antragsgegnerin, aber auch aus der ärztlichen Begutachtung und dem Krankheitsbild, das seit Jahren bestehe. Zumindest bis zur abschließenden Klärung im Widerspruchsverfahren mit der Beigeladenen sei die Antragsgegnerin verpflichtet, Krankenversicherungsschutz sicherzustellen.
Der Antragsteller hat beantragt,
die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihm Krankenversicherungsschutz zu gewähren und ihn bei der Beigeladenen als Betreuungsfall anzumelden und gegenüber der Beigeladenen die Erklärung abzugeben, dass die Aufwendungen für die Übernahme der Krankenbehandlung durch die Krankenkasse gem. § 264 Abs. 7 SGB V von ihr übernommen werden.
Die Antragsgegnerin hat beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Sie ist der Auffassung, der Antragsteller könne eine vorrangige Leistung in Form der Durchführung einer freiwilligen Weiterversicherung in Anspruch nehmen. Die Voraussetzungen für den Beitritt zur freiwilligen Krankenversicherung seien erfüllt. Der Bezug von Arbeitslosengeld II sei bei der Berechnung der Vorversicherungszeiten zu berücksichtigen, da der Leistungsbezug aufgrund der Bescheide der ARGE L, die erst mit Wirkung vom 17.03.2006 aufgehoben worden seien, nicht zu Unrecht erfolgt sei.
Auf telefonische Nachfrage des Sozialgerichts hat die Antragsgegnerin mitgeteilt, dass sie auch eine Krankenbehandlung nach § 48 Satz 1 SGB XII wegen der vorrangigen freiwilligen Krankenversicherung nicht übernehme. Dem Antragsteller sei – erfolglos – nahegelegt worden, im Wege der einstweiligen Anordnung gegen die Beigeladene vorzugehen. Eine vorläufige Übernahme der Kosten der Krankenbehandlung komme schon deshalb nicht in Betracht, weil die Antragsgegnerin nicht der erstangegangene Leistungsträger sei. Darüber hinaus sei die Antragsgegnerin als Sozialhilfeträger darauf angewiesen, dass die Hilfebedürftigen ihre Rechte gegenüber den Krankenkassen verfolgten, da die Frage der Möglichkeit einer freiwilligen Krankenversicherung nicht als Sozialleistung durch die Sozialhilfeträger geltend gemacht und gerichtlich durchgesetzt werden könne. Dass den gesetzlichen Krankenkassen ggf. nur bei hohem Aufwand der Nachweis einzelner Aufwendungen möglich sei, sei daher unbeachtlich.
Mit Beschluss vom 01.06.2006 hat das Sozialgericht die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, den Antragsteller bei der Beigeladenen nach Maßgabe des § 264 SGB V anzumelden und die Übernahme der Aufwendungen zu erklären und darüber hinaus, dem Antragsteller vorläufig ab 17.03.2006 bis zur Durchführung der Krankenbehandlung nach § 264 SGB V Krankenbehandlung nach Maßgabe des § 48 Abs. 1 SGB XII zu gewähren. Zeiten, in denen eine Krankenpflichtversicherung allein deshalb bestanden habe, weil Arbeitslosengeld II zu Unrecht bezogen worden sei, seien nicht zu berücksichtigen. Es spreche insoweit viel dafür, auf die materielle Rechtswidrigkeit des Leistungsbezuges abzustellen, da die durch Gesetz vom 22.12.2005 vorgenommene Änderung des § 9 Abs. 1 Nr. 1 SGB V ansonsten weitgehend ins Leere liefe. Angesichts des Gutachtens des ärztlichen Dienstes der Agentur für Arbeit sei es überwiegend wahrscheinlich, dass der Antragsteller bereits im Jahr 2005 dauerhaft erwerbsgemindert gewesen sei. Die Möglichkeit der freiwilligen Krankenversicherung sei nicht offensichtlich und die entscheidungsrelevanten Rechtsfragen seien höchstrichterlich ungeklärt. Eine Verpflichtung der Beigeladenen sei nicht sachdienlich. Eine etwaige Rückabwicklung der Krankenbehandlung nach § 264 SGB V sei problemlos möglich.
Gegen den ihr am 07.06.2006 zugestellten Beschluss richtet sich die Beschwerde der Antragsgegnerin vom 13.06.2006. Für die rückwirkende Verpflichtung fehle es an einem Anordnungsgrund, da es nicht um die Behebung einer gegenwärtigen Notlage gehe. Im Übrigen habe der Antragsteller wegen § 19 Abs. 2 SGB V bis zum 16.04.2006 einen Anspruch gegen die Beigeladene gehabt. Zudem liege ein Anordnungsanspruch nicht vor. Die ARGE habe für die Zeit vor dem 17.03.2006 weder Aufhebungs- oder Rückforderungsbescheide erlassen noch Erstattungsansprüche geltend gemacht. Ein eigenes Prüfungsrecht stehe der Beigeladenen nicht zu. Das Sozialgericht habe außer Acht gelassen, dass die Gefahr bestehe, dass der Antragsteller bzw. sein Betreuer trotz Anmeldung nach § 264 SGB V die Auseinandersetzung mit der Beigeladenen fortführe. Hieran dürfte kein gehobenes Interesse bestehen. Neben nicht unerheblichen Krankenkosten müsste die Antragstellerin auch die Verwaltungskosten der Beigeladenen tragen sowie das Risiko des Missbrauchs der Krankenversicherungskarte. Auch sei fraglich, ob die gutachterlichen Feststellungen Aussagekraft für die Vergangenheit beanspruchen könnten. Zudem sei keine volle Erwerbsminderung auf Dauer festgestellt worden. Arbeitsfähigkeit von bis zu drei Stunden täglich bestehe und eine Besserung sei nach Ablauf von 12 Monaten denkbar. Schließlich sei unabhängig davon zumindest der Rechtsgedanke des § 43 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) anzuwenden. Nach § 44a SGB II sei die Agentur für Arbeit für die Feststellung der Erwerbsfähigkeit eines Arbeitssuchenden zuständig. Bis zum 01.08.2006 habe den Krankenkassen auch kein Recht auf Anrufung der Einigungsstelle zugestanden. Eine Prüfkompetenz stehe den Krankenkassen jedenfalls nicht zu.
Der Beschwerde hat das Sozialgericht nicht abgeholfen (Beschluss vom 14.06.2006).
Der Antragsteller hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend. Bereits im März 2005 habe er einen Antrag auf Grundsicherungsleistungen nach dem SGB XII gestellt. Erst im April 2006 habe die Antragsgegnerin die Feststellung der Erwerbsunfähigkeit durch den Rentenversicherungsträger eingeleitet. Die gutachterlichen Feststellungen seien eindeutig. Dies gelte auch für den Wortlaut des § 9 Abs. 1 Nr.1 SGB V.
Die Beigeladene hält Erwerbsunfähigkeit des Antragstellers bereits für das Jahr 2005 für belegt. Dies ergebe sich aus den gutachterlichen Feststellungen, der Bezugnahme auf eine Einschätzung des behandelnden Facharztes vom 14.11.2005, einem für das Versorgungsamt L erstelltes Gutachten aus dem Jahre 2000 mit der Aussage, wegen der Schwerbehinderung sei eine Berufsausübung so gut wie unmöglich, und dem Umstand, dass die ARGE bereits im März 2005 auf Anfrage des Betreuers mitgeteilt habe, Arbeitslosengeld II werde zunächst bis zur amtsärztlichen Feststellung geleistet. Der Bescheid der ARGE vom 13.03.2006 treffe keine Aussage dazu, ob Leistungen in der Vergangenheit zu Unrecht bezogen worden seien. Der Beschluss des Sozialgerichts sei zutreffend. Zutreffend habe das Sozialgericht auf die materielle Rechtswidrigkeit des Leistungsbezuges und den Gesetzeszweck des § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 2. Halbsatz SGB V abgestellt. Die Arbeitsgemeinschaften dürften sich aufgrund der bestehenden gesetzlichen Regelungen regelmäßig auch nicht zu einer Rücknahme für die Vergangenheit in der Lage sehen. Der Gesetzeszweck könne bei einer formalrechtlichen Betrachtung nicht umgesetzt werden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der Verwaltungsakten der Antragsgegnerin verwiesen.
II.
Die zulässige Beschwerde ist begründet.
Das Sozialgericht hat die Antragsgegnerin zu Unrecht verpflichtet, den Krankenversicherungsschutz bzw. die Krankenbehandlung des Antragstellers zu gewährleisten.
Die Voraussetzungen für die vom Antragsteller beantragte einstweilige (Regelungs-) Anordnung gemäß § 86b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zu Lasten der Antragsgegnerin lagen nicht vor; vielmehr war die Beigeladene zu verpflichten.
Nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG kann, soweit – wie hier – ein Fall des § 86b Abs. 1 SGG nicht vorliegt, das Gericht eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung kommt aber nur in Betracht, wenn ein Anordnungsanspruch im Sinne eines materiell-rechtlichen Anspruchs sowie ein Anordnungsgrund im Sinne einer besonderen Eilbedürftigkeit vorliegen und beide zumindest glaubhaft gemacht sind.
Die Regelungsordnung ist die statthafte Antragsart, weil das Rechtsschutzziel des Antragstellers auch die Feststellung einschließt, dass er bei der Beigeladenen freiwillig krankenversichert ist (vgl. LSG NRW, Beschluss vom 17.08.2006, L 5 B 41/06 Kr ER).
Hinsichtlich der vom Sozialgericht ausgesprochenen Verpflichtung für den Zeitraum 17.03. – 17.05.2006 (Eingang des Antrags beim Sozialgericht) fehlt es an einem Anordnungsgrund. Der Antragsteller hat keinerlei Umstände vorgetragen, die eine – vom Antragszeitpunkt ausgehend betrachtet – in die Vergangenheit gerichtete einstweilige Verpflichtung der Antragsgegnerin oder der Beigeladenen rechtfertigen könnten. Der Senat hält an seiner bisherigen Rechtsprechung fest, dass für einen vor der Beantragung des Erlasses einer einstweiligen Anordnung bei Gericht liegenden Zeitraum der Erlass einer einstweiligen Anordnung regelmäßig nicht in Betracht kommt, weil Hilfe zum Lebensunterhalt im Wege einer einstweiligen Anordnung in der Regel nur zur Behebung einer gegenwärtigen Notlage zu erfolgen hat und nicht rückwirkend zu bewilligen ist (vgl. statt vieler auch LSG Hessen, Beschluss vom 24.04.2006, L 9 AS 39/06 ER; LSG Sachsen, Beschluss vom 21. November 2005, L 3 B 152/05 AS; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 30. September 2005, L 23 B 1017/05 SO ER; Grieger in Rothkegel, Sozialhilferecht, 2005, Teil V Kapitel 1 RdNr.27). Ein Ausnahmefall kann dann vorliegen, wenn in die Gegenwart reichende Nachteile, die durch eine Entscheidung in der Hauptsache nicht wieder gut zu machen wären, glaubhaft dargelegt werden, was vorliegend gerade nicht der Fall ist. Zu Recht hat die Antragsgegnerin zudem für den Zeitraum bis zum 16.04.2006 auf die Vorschrift des § 19 Abs. 2 SGB V hingewiesen. Endet die Mitgliedschaft Versicherungspflichtiger, besteht ein Anspruch auf Leistungen längstens für einen Monat nach dem Ende der Mitgliedschaft, solange keine Erwerbstätigkeit ausgeübt wird.
Im Übrigen fehlt es an einem Anordnungsanspruch gegen die Antragsgegnerin. Zwischen den Beteiligten unstreitig ist das Bestehen einer Pflichtversicherung bei der Beigeladenen vom 01.01.2005 bis zum 16.03.2006. Nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 a SGB V sind Personen in der Zeit, für die sie Arbeitslosengeld II nach dem SGB II beziehen, grundsätzlich versicherungspflichtig in der gesetzlichen Krankenversicherung; dies gilt ausdrücklich auch, wenn die Entscheidung, die zum Bezug der Leistung geführt hat, rückwirkend aufgehoben oder die Leistung zurückgefordert oder zurückgezahlt worden ist. Von der Frage des Bestehens der Pflichtversicherung zu unterscheiden ist (vgl. auch die Gesetzesbegründung in BT-Drs 16/245, Seite 10: "Die Regelung lässt die Schutzwirkung des § 5 Abs. 1 Nr. 2a SGB V für die Dauer des Leistungsbezugs für die Versicherten unberührt") aber die Frage der Berücksichtigung dieser Zeiten als Vorversicherungszeiten nach § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 2. Halbsatz SGB V. Danach werden bei den erforderlichen Vorversicherungszeiten für die freiwillige Versicherung Zeiten der Mitgliedschaft nicht berücksichtigt, in denen eine Versicherung allein deshalb bestanden hat, weil Arbeitslosengeld II zu Unrecht bezogen wurde. Mit diesem durch Gesetz vom 22.12.2005 (BGBl. I, S. 3676) eingefügten Passus wollte der Gesetzgeber für die Zeit ab 31.12.2005 insbesondere verhindern, dass ein wegen fehlender Erwerbsfähigkeit rechtswidriger Bezug von Arbeitslosengeld II dazu führt, dass im Anschluss daran eine dauerhafte freiwillige Mitgliedschaft begründet werden kann (vgl. BT-Drs 16/245, Seite 9, 10).
Nicht im Gesetz geregelt oder der Gesetzesbegründung angesprochen ist die Frage, ob die Rechtswidrigkeit materiellrechtlich oder formalrechtlich zu beurteilen ist.
Der Senat teilt insoweit die Auffassung des Sozialgerichts (wie das Sozialgericht Klose in: Jahn, SGB V, § 9 RdNr. 20g) nicht, maßgeblich sei die materiellrechtliche Rechtswidrigkeit (insbesondere wegen fehlender Erwerbsfähigkeit) des Bezugs von Arbeitslosengeld II. Vielmehr hält der Senat eine formalrechtliche Beurteilung für geboten. Hierfür sprechen zur Überzeugung des Senats vor allem systematische Erwägungen.
Gemäß § 44a Satz 1 SGB II in der bis zum 31.07.2005 geltenden Fassung obliegt die Feststellung, ob der Arbeitsuchende erwerbsfähig und hilfebedürftig ist, der Agentur für Arbeit. Die Vorrangsregelung des Satzes 3 der Vorschrift bestimmt, dass bis zur Entscheidung der in Satz 2 geregelten Einigungsstelle die Agentur für Arbeit und der kommunale Träger Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende erbringen. Auch die seit dem 01.08.2006 anzuwendende Fassung des § 44a SGB II (Gesetz vom 20.07.2006 [BGBl. I S:1706]) ändert an der Zuständigkeitsverteilung hinsichtlich der Feststellung der Erwerbsfähigkeit und Hilfebedürftigkeit zunächst nichts (vgl. auch BT-Drs 16/1410 S. 27). Hingegen soll mit der neuen Formulierung von Satz 2 "auch den Krankenkassen die Möglichkeit gegeben" werden, "bei Zweifeln an der Erwerbsfähigkeit der Betroffenen die gemeinsame Einigungsstelle nach § 45 anzurufen" (BT-Drs 16/1410 a.a.O.). Ausweislich der Gesetzesbegründung wird insoweit berücksichtigt, dass von den finanziellen Folgen eines rechtswidrigen Bezugs von Arbeitslosengeld II aufgrund fehlender Erwerbsfähigkeit auch die Krankenkassen betroffen sind (BT-Drs 16/1420 a.a.O.).
Die Vorrangsregelung des § 44a Satz 3 SGB II in der bis zum 31.07.2006 geltenden Fassung, ist zwar der Gesetzesänderung zum Opfer gefallen, dürfte aber wegen des in Abs. 2 der geltenden Fassung geregelten Erstattungsanspruchs aber weiter vorauszusetzen sein. Gerade diese Regelung ist für die Auslegung des § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 2. Halbsatz SGB V heranzuziehen. Zum einen legt gerade auch die Neuregelung zum 01.08.2006 aus Sicht des Senats eine formalrechtliche Betrachtungsweise nahe. Der Gesetzgeber hat den Krankenkassen nunmehr – ein offenbar bisher vermisstes – Instrument zur Einflussnahme und ggf. Abwendung finanzieller Nachteile zur Verfügung gestellt. Die – zunächst nicht beanstandete – Entscheidung nach § 44a Satz 1 SGB II bindet aber (auch) die Krankenkassen und zwar bis zur einer Aufhebung der Bewilligungsbescheide auch und insbesondere hinsichtlich der Vorversicherungszeiten. Der Regelungsinhalt der §§ 44a, 45 SGB V steht der Annahme eines eigenen (materielles) Prüfungsrecht der gesetzlichen Krankenkassen entgegen und vermag darüber hinaus die Notwendigkeit der Annahme eines solchen Prüfungsrechts nicht zu belegen.
Zum anderen erscheint der Argumentation der Beigeladenen sowie des Antragstellers, eine formalrechtliche Betrachtung widerspreche dem vom Gesetzgeber mit der Regelung des § 9 Abs. 1 Nr. 1 SGB V in der seit dem 31.12.2005 geltenden Fassung verfolgten Gesetzeszweck, weil die Regelung dann ins "Leere laufe", angreifbar, da für die Fälle ungeklärter Leistungsverpflichtung ein eigener Anwendungsbereich verbleibt.
Ein eigenes Prüfungsrecht ist den gesetzlichen Krankenkassen nach alledem nicht zuzugestehen (vgl. so auch LSG NRW, Beschluss vom 17.08.2006, L 5 B 41/06 KR ER mit ausführlicher Begründung; LSG Hessen, Beschluss vom 07.07.2006, L 8 KR 109/06 ER; a.A. SG Köln, Beschluss vom 01.06.2006, S 26 KR 59/06 ER).
Der Senat lässt daher dahinstehen, ob darüber hinaus nicht auch der Rechtsgedanke des § 43 SGB I einer Verpflichtung der Antragsgegnerin entgegensteht. Unstreitig ist, dass der Antragsteller zunächst bei der Beigeladenen die Durchführung der freiwilligen Versicherung beantragt hat. Der Rechtsgedanke des § 43 Abs. 1 SGB I könnte insoweit einzubringen sein, als hinter diesem Begehren die Leistungsansprüche nach dem SGB V stehen. Im Übrigen weist er darauf hin, dass die Frage der Erwerbsfähigkeit insbesondere bereits im Jahr 2005 auch unter Berücksichtigung der aktenkundigen medizinischen Gutachten und Unterlagen bisher nicht eindeutig geklärt sein dürfte. Denn Befunde liegen für das Jahr 2005 erst mit der fachärztlichen Stellungnahme vom 14.11.2005 vor. Das Gutachten der Agentur für Arbeit L vermeidet eine Aussage für die Vergangenheit, sondern führt aus, es sei unter Berücksichtigung der genannten fachärztlichen Stellungnahme zu einem chronischen Verlauf gekommen. Auch die Feststellungen des Versorgungsamtes L aus dem Jahre 2000 erlauben hinreichende Schlussfolgerungen für die Beurteilung der Erwerbsfähigkeit im Jahr 2005 wohl nicht.
Die Antragsgegnerin hat den Antragsteller daher zu Recht auf die Durchsetzung seiner Ansprüche gegen die Beigeladene verwiesen. Der Antragsteller ist der Beigeladenen mit Schriftsatz vom 15.03.2006 als freiwillig Versicherter gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 3 Nr. 1 SGB V beigetreten.
Unter Berücksichtigung der vorhergehenden Erwägungen hat es der Senat in entsprechender Anwendung des § 75 Abs. 5 SGG (zur Zulässigkeit im einstweiligen Rechtsschutz vgl. etwa Meyer-Ladewig, u.a., SGG, 8. Auflage 2005, § 86b RdNr. 18) aus Gründen der Prozessökonomie, zur Vermeidung weiterer Rechtsunsicherheit des Antragstellers und der Sicherstellung seiner Krankenbehandlung für zweckmäßig und geboten erachtet, die Beigeladene zu verpflichten und den Antragsteller nicht auf ein – ggf. weiteres – Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes zu verweisen. Der Antrag des Antragstellers ist unter Berücksichtigung seiner Interessen insoweit (weit) dahingehend auszulegen, als er die Sicherstellung der Krankenbehandlung begehrt. Das die Beigeladene treffende Risiko, bei einem etwaigen Obsiegen in einem Hauptsacheverfahren Ansprüche gegen die Antragsgegnerin nicht ohne Weiteres beziffern zu können, erscheint dem Senat dabei hinnehmbar.
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Der Beschluss ist unanfechtbar, § 177 SGG.
Erstellt am: 24.10.2006
Zuletzt verändert am: 24.10.2006