Auf die Revision d.Bekl. wird das Urteil des LSG aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückverwiesen.
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 11.03.2009 wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten, ob die Beklagte als Sozialhilfeleistung Kosten laut einer Heiz- und Betriebskostenabrechnung übernehmen muss, nachdem ihr die entsprechende Abrechnung erst etwa sechs Monate nach Zugang bei der Klägerin vorgelegt worden ist.
Die am 00.00.1982 geborene, dauerhaft erwerbsgeminderte Klägerin ist in einer Werkstatt für behinderte Menschen tätig. Sie steht unter Betreuung. Seit dem 01.07.2005 erhält sie von der Beklagten Leistungen der Grundsicherung nach dem Vierten Kapitel des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XII). Sie bewohnte im fraglichen Zeitraum eine Wohnung (25 m² Wohnfläche), für die sie neben einer Nettokaltmiete von 225,00 EUR monatlich einen Betriebskostenvorschuss von 65,00 EUR sowie einen Heizkostenvorschuss von 45,00 EUR entrichten musste. Die Beklagte berücksichtigte bei ihren Leistungen einen Heizkostenvorschuss zunächst nur in Höhe von monatlich 32,50 EUR (pauschal 1,30 EUR je m²).
Im Zusammenhang mit dem Antrag auf Grundsicherlungsleistungen unterzeichnete die Betreuerin der Klägerin unter dem 15.06.2005 eine "Erklärung über Mieterhöhungen/Nebenkostenabrechnungen". Darin befindet sich u.a. der folgende Passus: "Soweit sich aus meinem Mietvertrag jährliche Nebenkostenabrechnungen ergeben, werde ich auch diese umgehend, d.h. spätestens bis zur Fälligkeit bzw. 4 Wochen nach Erhalt der Rechnung, dem Sozialamt zur Überprüfung vorlegen. Ansonsten besteht grundsätzlich kein Anspruch auf Übernahme dieser einmaligen Kosten aus Mitteln der Sozialhilfe." Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf diese Erklärung Bezug genommen.
Am 20.03.2007 erhielt die Betreuerin für die Klägerin die Heiz- und Nebenkostenabrechnung für das Jahr 2006. Diese schloss mit einer Nachforderung von 129,82 EUR für Heizkosten sowie von 90,98 EUR für Nebenkosten ab (Summe: 220,80 EUR). Die Betreuerin beglich diese Rechnung am 13.04.2007 durch Überweisung (vgl. ihren handschriftlichen Vermerk auf der Rechnung); wegen Angabe einer falschen Kontonummer und Bankleitzahl wurde diese Überweisung erst am 07.05.2007 ausgeführt.
Im Zusammenhang mit einer Übersendung einer Kopie des Treuhandgirokontos der Klägerin durch ihre Betreuerin (Eingang bei der Beklagten am 22.08.2007) forderte die Beklagte von der Betreuerin mit Schreiben vom 03.09.2007 u.a. die Heiz- und Betriebskostenabrechnungen für das Jahr 2006 an. Die Betreuerin reichte die entsprechende Rechnung mit einem auf den 20.09.2007 datierten Schreiben, das ausweislich des Eingangsstempels am 25.08.2007 bei der Beklagten einging, in dem jedoch auf das Schreiben der Beklagten vom 03.09.2007 Bezug genommen wird, zusammen mit anderen Unterlagen mit der Bitte um Erstattung der bereits vorgelegten Kosten.
Mit Bescheid vom 26.09.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.07.2008 lehnte die Beklagte die Übernahme der Heiz- und Betriebskostenabrechnung ab. Eine solche Abrechnung sei umgehend, d.h. bis vier Wochen nach Erhalt oder bis zur Fälligkeit einzureichen; eine entsprechende Erklärung habe die Betreuerin am 15.06.2005 auch unterschrieben. Die Nachforderung sei zwischenzeitlich bereits bezahlt worden bzw. stelle mittlerweile Schulden dar; eine Übernahme sei daher nicht mehr möglich. Zwar gehörten auch derartige Nachforderungen zu den Aufwendungen für eine Unterkunft i.S.v. § 29 Abs. 1 SGB XII. Zum Zeitpunkt der Geltendmachung handele es sich dementsprechend um gegenwärtigen Unterkunftsbedarf. Gerate der Leistungsempfänger mit der Begleichung jedoch in Verzug, sei "der gegenwärtige Bedarf beendet"; es handele sich dann nur noch um Mietschulden. Die Übernahme von Schulden richte sich jedoch nicht nach § 29 SGB XII, sondern nach § 34 Abs. 1 SGB XII. Da die Nachforderung am 13.04.2007 beglichen worden sei, habe sich der Unterkunftsbedarf für den Monat April 2007 entsprechend erhöht. Da die Rechnung erst am 25.09.2007 eingereicht worden sei, könne die Nachforderung nicht nach § 29 Abs. 1 SGB XII übernommen werden. Da nach Begleichung der Rechnung am 13.04.2007 ein Verlust der Unterkunft nicht drohe, schieden auch Leistungen nach § 34 Abs. 1 SGB XII aus. Da eine Heiz- und Betriebskostennachforderung den Kosten der Unterkunft und Heizung i.S.v. § 29 SGB XII zuzuordnen sei, komme auch eine darlehensweise Übernahme als unabweisbar gebotener, von den Regelsätzen umfasster Bedarf nach § 37 SGB XII nicht in Betracht.
Nach Zustellung des Widerspruchsbescheides am 15.07.2008 hat die Klägerin am 12.08.2008 Klage erhoben. Sie hat vorgetragen, bei der Nebenkostennachforderung seien wegen Überweisung am 13.04.2007 Schulden oder ein Verzug nicht eingetreten. Es handele sich um Aufwendungen i.S.v. § 29 Abs. 1 Satz 1 SGB XII; die Vorauszahlungen seien nicht ausreichend bemessen gewesen. Eine zuvor von der Beklagten vorgenommene Kürzung der Leistungen für Heizung sei zweifelhaft gewesen; die Beklagte möge dies, auch rückwirkend, nach § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) überprüfen.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte unter Änderung des Bescheides vom 26.09.2007 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 10.07.2008 zu verurteilen, den Nachzahlungsbetrag aus der Betriebs- und Heizkostenabrechnung für das Jahr 2006 in Höhe von 220,70 EUR zu übernehmen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat ergänzend zu den Ausführungen im Widerspruchsbescheid vorgetragen, eine Übernahme der erst im September 2007 mitgeteilten Nachzahlungsforderung scheide nach § 44 Abs. 1 Satz 2 SGB XII aus. Insoweit komme es auch nicht darauf an, dass die Leistungen für Vorauszahlungen in der Vergangenheit nicht großzügig genug bemessen gewesen seien; der diesbezüglich nach § 44 SGB X gestellte Überprüfungsantrag sei an die zuständige Stelle zur Entscheidung weitergeleitet worden und nicht Gegenstand des vorliegenden Klageverfahrens.
Mit Bescheid vom 08.10.2008 änderte die Beklagte in Anwendung von § 44 SGB X die der Klägerin für den Zeitraum vom 01.07.2005 bis zum 29.02.2008 erfolgte Leistungsbewilligung für Heizungskosten dahingehend ab, dass anstelle eines monatlichen Vorauszahlungsbetrages von 32,50 EUR der tatsächlich von der Klägerin zu zahlende Vorauszahlungsbetrag von 45,00 EUR berücksichtigt wurde. Wegen der Einzelheiten wird auf den Bescheid Bezug genommen.
Mit Urteil ohne mündliche Verhandlung vom 11.03.2009 verurteilte das Sozialgericht die Beklagte entsprechend dem Antrag der Klägerin. Die Heiz- und Betriebskostennachforderung sei als Leistung nach § 29 SGB XII zu übernehmen. Die von der Klägerin zu zahlenden Abschläge seien nur vorläufige Kosten der Unterkunft und Heizung. Erst mit der endgültigen Abrechnung konkretisiere sich der tatsächliche Bedarf hierfür. Das Gesetz sehe für die Geltendmachung des Nachforderungsbedarfs keine Ausschlussfrist vor. Eine solche sei insbesondere nicht in § 44 Abs. 1 Satz 2 SGB XII enthalten. Beginne nach dieser Vorschrift bei der Erstbewilligung oder bei einer Änderung der Leistung der Bewilligungszeitraum am Ersten des Monats, in dem die Voraussetzungen für die Änderung eingetreten und mitgeteilt worden seien, so betreffe sie laufende Änderungen wie etwa durch Erzielung von Einkommen oder Erhöhung von Abschlägen. Es handele sich jedoch nicht um eine Ausschlussfrist bei einmaligen Änderungen aufgrund der Nachforderung von Betriebs- und Heizkosten. Da Grundsicherungsleistungen nach § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB XII in der Regel für zwölf Kalendermonate bewilligt würden, könne auch nicht eingewandt werden, im September 2007 habe kein sozialhilferechtlicher Bedarf hinsichtlich der Nachforderung mehr vorgelegen. Die Geltendmachung für die Klägerin liege innerhalb des Jahreszeitraums, und der sozialhilferechtliche Bedarf von März 2007 habe im September 2007 noch insofern fortgewirkt, als die Klägerin die Nachforderung aus ihrem Schonvermögen beglichen habe. Es gehe daher auch nicht um Schulden i.S.v. § 34 SGB XII. Anhaltspunkte für eine Unangemessenheit der Heizkosten der Klägerin, die einer weiteren Leistung entgegenstehen würden, bestünden nicht; im Übrigen habe die Beklagte später auch nachträglich die vollen Abschläge der Klägerin übernommen.
Gegen das am 24.03.2009 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 17.04.2009 die vom Sozialgericht zugelassene Berufung eingelegt. Sie trägt vor, die im März 2007 erteilte Heiz- und Betriebskostenabrechnung sei mangels Angabe eines anderen Fälligkeitszeitpunktes sofort zur Zahlung fällig gewesen. Dies sei der Betreuerin der Klägerin auch bewusst gewesen, wenn sie den Nachzahlungsbetrag bereits am 13.04.2007 überwiesen habe. Von der dann tatsächlich am 07.05.2007 ausgeführten Überweisung habe die Beklagte erstmals bei Eingang von Kopien des Betreuerkontos am 22.08.2007 Kenntnis erhalten, und in diesem Zusammenhang habe die Beklagte dann ausdrücklich die Nebenkostenabrechnung angefordert. Bei Vorlage der Nebenkostenabrechnung am 25.09.2007 seien mehr als sechs Monate nach ihrem Zugang bei der Betreuerin vergangen gewesen. Der von der Klägerin begehrten Leistung stehe § 44 SGB XII entgegen. Der Klägerin seien mit Bescheid vom 24.10.2006 für die Zeit vom 01.01.2006 bis zum 31.10 2007 Leistungen bewilligt worden; mit Änderungsbescheid vom 27.08.2007 sei wegen erhöhten Werkstatteinkommens der Zeitraum vom 01.01. bis 31.10.2007 geregelt worden. Es handele sich um Verwaltungsakte mit Dauerwirkung. § 44 Abs. 1 SGB XII treffe spezielle Verfahrensregelungen für die Bewilligung und Vorgehensweise bei Änderung der Verhältnisse im Bereich der Grundsicherungsleistungen. Die Klägerin habe im März 2007, spätestens jedoch mit der Mietzahlung für April 2007 höhere Unterkunftskosten zu entrichten gehabt. Damit sei – zumindest für einen Monat – eine Änderung der Verhältnisse eingetreten, welche grundsätzlich zu einem höheren Anspruch auf Grundsicherungsleistungen und damit zu einer Begünstigung der Klägerin geführt habe. Wegen der für einen solchen Fall in § 44 Abs. 1 SGB XII getroffenen Spezialregelung bestehe auf die erhöhten Grundsicherungsleistungen jedoch nur dann ein Anspruch, wenn diese Änderung der Verhältnisse dem Leistungsträger zeitnah mitgeteilt wurde. Eine solche zeitnahe Mitteilung der Klägerin gebe es jedoch nicht. Der Regelung sei auch nicht zu entnehmen, dass sie nur laufende Änderungen des Bedarfs betreffe. Bei einer solchen Auslegung könnte ein einmaliger Bedarf innerhalb eines Bewilligungszeitraums niemals zu einer höheren Grundsicherungsleistung führen. Dann aber gäbe es auch bei rechtzeitiger Inkenntnissetzung des Leistungsträgers keine Rechtsgrundlage für höhere Leistungen innerhalb eines Bewilligungszeitraums. Da Leistungen für Unterkunft und Heizung i.S.v. § 29 SGB XII betroffen seien, könnte für eine einmalige Zahlung dann nur noch § 34 SGB XII mit seinen engen Voraussetzungen angewandt werden. Da die Nachforderung im Falle der Klägerin jedoch so gering gewesen sei, dass bei Nichtzahlung keine Wohnungslosigkeit gedroht hätte, und da die Forderung bei ihrer Bekanntgabe gegenüber der Beklagten auch schon beglichen gewesen sei und ein Wohnungsverlust deshalb nicht hätte drohen können, wären Leistungen nach § 34 SGB XII für die Klägerin ausgeschieden. Aus diesen Gründen gelte § 44 Abs. 1 SGB XII sowohl für einmalige wie auch für laufende Änderungen der Verhältnisse innerhalb des Bewilligungszeitraumes. Im Übrigen habe das Treuhandkonto nach Begleichung der Nachforderung noch ein Guthaben von 1.109,31 EUR ausgewiesen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 11.03.2009 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Sie verweist auf das erstinstanzliche Urteil sowie ihren bisherigen Vortrag. Sie habe mit der Begleichung der Nachforderung ihre mietvertraglichen Pflichten erfüllt und dies der Beklagten bei nächster Gelegenheit mitgeteilt. Ihr sei es auch nicht zuzumuten gewesen, zunächst einen Antrag bei der Beklagten zu stellen und wegen deren überlanger Prüfung in Verzug zu geraten, um dann doch zunächst die Nachzahlung aus ihrem Schonvermögen vorzuleisten.
In einem Erörterungstermin vom 21.09.2009 hat der Senat durch den Berichterstatter die Betreuerin der Klägerin angehört. Diese hat ausgeführt, sie habe seinerzeit recht schnell die Nebenkostennachforderung beglichen, weil die Vermieterin der Klägerin in dieser Hinsicht "etwas speziell" sei. Sie – die Betreuerin – habe auch beabsichtigt gehabt, unmittelbar einen Erstattungsantrag zu stellen, dies im Alltagsgeschäft unter den üblichen Büroarbeiten dann jedoch zunächst schlichtweg vergessen und den Antrag deshalb erst einige Monate später gestellt. Es sei allerdings in der Vergangenheit auch so gewesen, dass die Beklagte bei derartigen Anträgen eine besondere Eile nicht gesehen habe. Der vorliegende Fall sei das erste Mal, dass ein Antrag wegen einiger Monate zwischen Rechnungsstellung und Antrag abgelehnt worden sei. Die Vertreterin der Beklagten hat daraufhin erklärt, die Beklagte sehe sich durch das seit dem Jahre 2005 geltende SGB XII nunmehr zu einer solchen Verwaltungspraxis angehalten. Aus Sicht der Beklagten bestehe insoweit höchstrichterlicher Klärungsbedarf.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen. Der Inhalt dieser Akten war Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe:
I. Richtige Beklagte ist die Stadt L. Im SGG gilt das Rechtsträgerprinzip (vgl. Urteil des Senats vom 25.02.2008 – L 20 SO 31/07). Soweit das Bundessozialgericht (BSG) demgegenüber die Behörde (im Falle der Stadt L: deren Oberbürgermeister) als richtigen Klagegegner ansieht (vgl. etwa BSG, Urteil v. 16.10.2007 – B 8/9b SO 8/06 R) folgt der Senat dieser Rechtsprechung (weiterhin) nicht.
Der Senat sieht sich in seiner Auffassung dadurch bestätigt, dass die vom BSG zur Begründung seiner Auffassung herangezogene Vorschrift des § 3 Ausführungsgesetz des Landes Nordrhein-Westfalen zum Sozialgerichtsgesetz (AG-SGG NRW) mit Ablauf des Jahres 2010 ersatzlos entfällt (vgl. Gesetz zur Modernisierung und Bereinigung von Justizgesetzen im Land Nordrhein-Westfalen [Justizgesetz Nordrhein-Westfalen (JustG NRW)], Landtagsdrucksache 14/9736, in der Fassung der Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses, Landtagsdrucksache 14/10533). In den Gesetzentwurf war zunächst eine Nachfolgevorschrift für § 3 AG-SGG NRW aufgenommen worden (§ 115 des Entwurfs zum JustG NRW). Im Rahmen der Beratungen war diese Nachfolgevorschrift jedoch für entbehrlich erkannt worden. Hierzu ist in den Gesetzesmaterialien (Landtagsdrucksache 14/10533, S. 86) ausgeführt, für die zunächst im Gesetzentwurf enhaltenen Regelungen der §§ 110, 115 JustG NRW (Entwurf), die aus dem Ausführungsgesetz zur Verwaltungsgerichtsordnung NRW (AG-VwGO NRW) und dem AG-SGG NRW übernommen worden seien mit dem Inhalt, "dass Behörden fähig sind, am Verfahren vor den Gerichten der allgemeinen Verwaltungsgerichtsbarkeit bzw. der Sozialgerichtsbarkeit beteiligt zu sein", gebe es "kein praktisches Bedürfnis. Der Gesetzentwurf sieht nicht mehr vor, dass es Ausnahmen von dem im verwaltungs- und sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Rechtsträgerprinzip gibt. Danach ist Beteiligter im Prozess die juristische Person, deren Behörde zuständig ist. Deshalb sieht der Gesetzentwurf nicht mehr vor, dass Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen, über die die allgemeinen Verwaltungsgerichte entscheiden, gegen die Behörde zu richten sind. Es fehlt daher auch die rechtslogische Notwendigkeit, Behörden für beteiligungsfähig zu erklären."
Soweit der Landesgesetzgeber in diesem Zusammenhang ersichtlich auf § 5 Abs. 2 AG-VwGO NRW abstellt, wird deutlich, dass das (seit jeher zu konstatierende) Fehlen einer dieser Norm entsprechenden Vorschrift im AG-SGG NRW auch aktuell nicht durch (extensive) Auslegung des § 3 AG-SGG NRW zu kompensieren ist (vgl. auch Urteil des Senats vom 22.02.2010 – L 20 SO 75/07).
II. Die Berufung ist wegen Zulassung durch das Sozialgericht – und auch im Übrigen – zulässig. Sie ist jedoch unbegründet.
1. Der im Laufe des Verfahrens ergangene Bescheid vom 08.10.2008 beeinflusst das Ergebnis des Verfahrens von vornherein nicht. Denn die Beklagte hat damit allein Leistungen für die von der Klägerin bereits in voller Höhe an ihren Vermieter gezahlten monatlichen Heizkostenabschläge jetzt in voller (statt zuvor nur in teilweiser) Höhe der tatsächlichen Abschlagszahlungen übernommen. Bei der zwischen den Beteiligten streitigen Betriebs- und Heizkostennachforderung handelt es sich jedoch nicht um einen Teil dieser von der Klägerin gezahlten Abschläge, sondern um die mit der Endabrechnung erstmals und einmalig fällige Nachzahlung oberhalb der abschlagsweise gezahlten monatlichen Kosten.
2. Dass es sich bei solchen einer Heiz- und Betriebskostennachforderung um einen Bedarf nach § 42 Satz 1 Nr. 2 i.V.m. § 29 Abs. 1 Satz 1 SGB XII handelt, ist nicht weiter fraglich und zwischen den Beteiligten auch nicht weiter streitig (siehe zur insoweit entsprechenden Rechtslage nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) BSG, Urteil vom 02.07.2009 – B 14 AS 36/08 R bei Rn. 16; vgl. auch BSG, Urteil vom 16.05.2007 – B 7b AS 40/06 R). Der weitere Bedarf der Klägerin i.S.d. § 29 Abs. 1 Satz 1 SGB XII ist dabei im Monat März 2007 entstanden (vgl. BSG, Urteil vom 02.07.2009 – B 14 AS 36/08 R): In diesem Monat ist die Endabrechnung des Vermieters über die (mangels anderer Vereinbarung sofort fällige; vgl. § 271 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)) Forderung der Betreuerin der Klägerin zugegangen. Er ist auch nicht etwa infolge des frühzeitigen Begleichens der Forderung durch die Klägerin unmittelbar wieder entfallen. Denn der Klägerin ist zuzugestehen, dass sie zu Lasten ihres nicht einsatzpflichtigen Schonvermögens in Vorleistung tritt, um (insbesondere angesichts der nach Angaben der Betreuerin in dieser Hinsicht "etwas speziellen" Vermieterin) etwaigen Störungen des Mietverhältnisses entgegenzuwirken.
3. Entgegen der Ansicht der Beklagten steht einer Leistung nach § 42 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 29 Abs. 1 Satz 1 SGB XII auch nicht § 44 Abs. 1 SGB XII unter dem Gesichtspunkt einer gegenüber der Beklagten verspätet erfolgten Mitteilung von der Nachforderung entgegen.
Nach dieser Vorschrift wird die Leistung in der Regel für zwölf Monate bewilligt (Satz 1). Bei der Erstbewilligung oder bei einer Änderung der Leistung beginnt der Bewilligungszeitraum am Ersten des Monats, in dem der Antrag gestellt worden ist oder die Voraussetzungen für die Änderung eingetreten und mitgeteilt worden sind (Satz 2).
Grundsätzlich sind der Klägerin Leistungen für Wohnungsnebenkosten in Höhe der Abschlagszahlungen bewilligt worden. § 44 Abs. 1 Satz 2 SGB XII findet (arg. ex Satz 3 der Vorschrift, der sich auf leistungsmäßig ungünstige Änderungen bezieht) für begünstigende Änderungen (d.h. Mehrleistungen) Anwendung. Der gesetzlichen Regelung ist dabei Genüge getan, wenn bei einem zusätzlichen Bedarf lediglich ein Ergänzungs-Bewilligungsbescheid erlassen wird, sofern dieser den in Satz 2 festgelegten Bewilligungsbeginn beachtet (Schoch, in: LPK-SGB XII, 8. Aufl. 2008, § 44 Rn. 7 m.w.N., der die Vorschrift allerdings auch auf eine einmalige ergänzende Bewilligung wegen einer Heizkostennachforderung bezieht) und ersichtlich an den Ausgangsbescheid anknüpft (Schoch, a.a.O.).
Da die Beklagte mit ihrer Entscheidung in der Sache den Erlass eines solchen Ergänzungs-Bewilligungsbescheides abgelehnt hat, stellt sich einzig die Frage, ob sie, nachdem sie erst im September 2007 von einem höheren Bedarf für März 2007 erfahren hat, einen die ursprüngliche Leistungsbewilligung (Bescheid vom 24.10.2006 in Fassung des Änderungsbescheides vom 27.08.2007) ergänzenden Bescheid über weitere Leistungen i.H.v. 220,70 EUR für den Monat März 2007 noch immer hätte erlassen müssen.
Entgegen ihrer Ansicht ist die Beklagte daran nicht etwa durch § 44 Abs. 1 Satz 2 SGB XII gehindert:
a) Der Beklagten ist zwar zuzugeben, dass der Wortlaut des § 44 Abs. 1 Satz 2 SGB XII ("die Voraussetzungen für die Änderung eingetreten und mitgeteilt worden sind") auch dahin verstanden werden kann, dass im Falle eines einmaligen, für einen bestimmten Leistungsmonat (hier: März 2007) abgeänderten Bedarfs die Mitteilung dieses Bedarfs allein in diesem einzelnen Monat leistungsauslösend erfolgen kann. Die "Änderung der Leistung" im Sinne der Vorschrift wäre bei dieser Lesart mit einem "am Ersten des Monats" (neu) einsetzenden "Bewilligungszeitraum" – allerdings nur für einen Monat, da im Folgemonat der einmalige Bedarf nicht wieder anfällt – (leistungstechnisch regelmäßig nur rückwirkend möglich) zu berücksichtigen. Wird hingegen die Änderung nicht in dem Monat, in dem der einmalige Bedarf anfällt, mitgeteilt, könnte sie nach dem Normverständnis der Beklagten in folgenden Monaten als vergangener Bedarf, der nicht im Anfallsmonat "eingetreten" und zugleich auch "mitgeteilt" worden ist, eine Leistung nach § 42 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 29 Abs. 1 Satz 1 SGB XII für den einmaligen ergänzenden Bedarf nicht mehr auslösen.
Bereits die von der Beklagten vorformulierte, der Betreuerin der Klägerin am 15.06.2005 zur Unterschrift vorgelegten Erklärung zeigt allerdings, dass eine solche Lesart des § 44 Abs. 1 Satz 2 SGB XII praktisch kaum konsequent umsetzbar erscheint. Dementsprechend verlangt die Beklagte – trotz Bindung an das Gesetz (Art. 20 Abs. 3 Grundgesetz (GG)) ihre eigene Lesart der Vorschrift bereits nicht mehr konsequent umsetzend – durch Vorlage eines solchen Erklärungstextes zur Unterschrift nicht allein eine Mitteilung jährlicher Nebenkostenabrechnungen im Abrechnungsmonat, sondern (zwar umgehend bzw. bis zur Fälligkeit der Rechnung, jedoch) spätestens (erst) bis zu vier Wochen nach Erhalt der Rechnung. Nach einem solchen Ablauf von vier Wochen aber ist in den meisten Fällen einer sofort fälligen Nebenkostenendabrechnung bereits der nächste Leistungsmonat angebrochen, so dass die Beklagte bei folgerichtiger Umsetzung ihres Verständnisses von § 44 Abs. 1 Satz 2 SGB XII schon in diesem Folgemonat für die endabgerechneten Nebenkosten keinerlei Leistungen nach § 42 Satz 1 Nr. 2 i.V.m. § 29 Abs. 1 Satz 1 SGB XII mehr erbringen dürfte.
Nach Ansicht des Senats zeigt sich darin allerdings allein, dass § 44 Abs. 1 Satz 2 SGB XII in seinem Anwendungsbereich nicht auf Fälle einer einmaligen Nachzahlungsforderung wie bei einer jährlichen Nebenkostenendabrechnung zugeschnitten ist. Die Vorschrift erfasst vielmehr allein Fälle einer (in aller Regel längerfristigen) Änderung der für die Dauerleistungserbringung maßgebenden Verhältnisse, die sich nicht in einem nur einmalig geänderten Bedarf und damit in einem "außerplanmäßigen" Leistungsbedarf erschöpfen, wie er etwa bei einer nur jährlich oder in anderweitig größeren Zeitabständen erfolgenden genauen Endabrechnung laufender Bedarfe für Wohnungsnebenkosten anfällt. In Fällen einer solchen längerfristigen Änderung des laufenden Bedarfs kann bereits mit Wirkung zum Monatsersten eine Änderung in den bereits bewilligten Dauerleistungen erfolgen; Einmalleistungen wie solche für eine jährliche Nebenkostenendabrechnung sind hingegen vom Regelungszweck des § 44 Abs. 1 Satz 2 SGB XII nicht erfasst. Deutlich wird dies auch aus dem systematischen Zusammenhang, indem § 44 Abs. 1 Satz 2 SGB XII mit Satz 1 der Vorschrift steht. Denn in Satz 1 wird die Erbringung der Grundsicherungsleistung nach dem Vierten Kapitel des SGB XII als Dauerleistung, nämlich mit einem in der Regel zwölfmonatigen Bewilligungszeitraum, geregelt. Satz 2 bezieht sich sodann auf Änderungen in den Modalitäten dieser Dauerleistung, sofern sie leistungstechnisch zugunsten des Hilfebedürftigen zu erfolgen haben; lediglich im Sinne einer einmaligen Ergänzung geänderte Bedarfe, wie sie etwa durch eine jährliche Nebenkostenendabrechnung bestehen, sind hingegen von der Vorschrift von vornherin nicht erfasst.
Die Beklagte misst § 44 Abs. 1 Satz 2 SGB XII demgegenüber eine materielle Bedeutung (im Sinne einer Versagungsfolge bei Nichteinhaltung einer vermeintlich auch bei einmaligem Ergänzungsbedarf durch die Vorschrift gesetzten, sehr kurzen Meldefrist) zu, die im Regelungsprogramm der Norm (Möglichkeit von Leistungskorrektur im Rahmen einer Dauerleistungsbewilligung bei Bedarfsänderungen bereits mit Wirkung zum Monatsersten) von vornherein nicht enthalten ist.
b) In Fällen wie dem der Klägerin könnte man deshalb, wollte man die einmalig ergänzende Leistung für eine jährliche Nebenkostenendabrechnung versagen, mit der dafür notwendigen Anknüpfung im Gesetz allein bei einer Verletzung der Pflicht zur unverzüglichen Mitteilung einer Änderung in den leistungserheblichen Verhältnissen nach § 60 Abs. 1 Nr. 2 SGB I ansetzen. Eine Verletzung der Pflicht aus § 60 SGB I (und nicht etwa einer solchen aus § 44 Abs. 1 SGB XII) könnte jedoch nur die Folgen auslösen, die § 66 SGB I hierfür gesetzlich vorsieht; einschlägig wäre insoweit nur dessen Abs. 1. Nachdem im Falle der Klägerin deren Anspruch jedoch mit Einreichen der Rechnung im September 2007 umfassend belegt worden war, verblieb von vornherein kein Versagungsgrund nach § 66 SGB I mehr. Etwas anderes wäre nur denkbar gewesen, wenn die Klägerin die Jahresendabrechnung trotz Anforderung nicht bei der Beklagten vorgelegt hätte.
c) Bei grundsätzlich feststehender Leistungsberechtigung nach dem Vierten Kapitel des SGB XII und ohne gesetzlichen Leistungsausschluss in § 44 SGB XII fehlen schließlich auch jegliche Anhaltspunkte für eine Verwirkung der von der Klägerin geltend gemachten Forderung.
Der bedarfsmäßig für März 2007 bestehende, ergänzende (erhöhte) Leistungsanspruch der Klägerin war daher im September 2007 nicht bereits ausgeschlossen.
4. Im Übrigen ergibt sich auch aus der von der Betreuerin der Klägerin im Zusammenhang mit der Beantragung von Grundsicherungsleistungen unter dem 15.06.2005 unterzeichneten Erklärung über eine zeitige Vorlage einer jährlichen Nebenkostenabrechnung kein Ausschluss des von der Klägerin geltend gemachten Anspruchs. Zwar enthält die Erklärung auch den Passus, bei nicht entsprechend zeitiger Vorlage der Abrechnung bestehe "grundsätzlich kein Anspruch auf Übernahme dieser einmaligen Kosten aus Mitteln der Sozialhilfe." Allerdings handelt es nach Ansicht des Senats insoweit bei lebensnaher Auslegung angesichts des Wortlauts (es "besteht" ggf. "kein Anspruch") allein um eine Erklärung der Klägerin (vertreten durch ihre Betreuerin) des Inhalts, sie habe die entsprechende (sich nach allem als unzutreffend darstellende) Rechtsansicht der Beklagten zur Kenntnis genommen. Wollte man statt dessen (was der Senat nicht tut) in der Erklärung einen öffentlich-rechtlichen Vertrag über einen Leistungsausschluss für den Fall nicht zeitiger Einreichung der Nebenkostenabrechnung erblicken, so wäre dieser Vertrag jedenfalls nach § 53 Abs. 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) unwirksam. Denn nach dieser Vorschrift kann ein öffentlich-rechtlicher Vertrag über Sozialleistungen nur geschlossen werden, soweit die Erbringung der Leistungen im Ermessen des Leistungsträgers steht. Eine Leistung nach § 29 Abs. 1 Satz 1 SGB XII, wie sie die Klägerin vorliegend beansprucht, ist jedoch keine Ermessensleistung. Eine Lesart der Erklärung als einseitiger, vorab erklärter Verzicht der Klägerin für den Fall nicht zeitiger Einreichung verbietet sich schon deshalb, weil damit eine Verkürzung von für das soziokulturelle Existenzminimum unerlässlichen Sozialhilfeleistungen einherginge; insoweit läge eine Unwirksamkeit des Verzichts wegen Umgehung einer (sozialstaatlich grundlegenden) Rechtsvorschrift i.S.v. § 46 Abs. 2 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) vor.
III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
IV. Der Senat lässt die Revision nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG zu.
Erstellt am: 13.01.2012
Zuletzt verändert am: 13.01.2012