Mit Urteil vom 06.09.18 Revision d.Kl. zurückgewiesen.
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Münster vom 14.04.2014 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist die Anerkennung einer Berufskrankheit (BK) nach Nr. 2108 der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung (BKV). Hierbei handelt es sich um eine bandscheibenbedingte Erkrankung der Lendenwirbelsäule (LWS) durch langjähriges Heben oder Tragen schwerer Lasten oder durch langjährige Tätigkeiten in extremer Rumpfbeugehaltung, die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen haben, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können.
Der 1964 geborene Kläger ist gelernter Schlosser bzw. Schmied und war nach seiner Lehre, die im Juni 1984 endete, von 1984 bis 1987 als Schlosser im Fahrzeugbau tätig. Von 1987 bis 1993 arbeitete er als Fuhrparkmitarbeiter bei einem Fuhr- bzw. Taxiunternehmen, von 1993 bis 2011 als Angestellter in der Verwaltung eines Groß- und Einzelhandelsunternehmens (Fa. S in N), von April 2011 bis April 2012 war er für die C Transfergesellschaft tätig.
Im Januar 2011 zeigte die behandelnde Ärztin des Klägers der Beklagten den Verdacht des Vorliegens einer BK an. Beim Kläger bestünden seit Jahren Beschwerden im LWS- Bereich, seit zwei Jahren deutlich verstärkt, hinzu kämen chronisch rezidivierende Cervicobrachialgien bei Bandscheibenprotrusionen C4/5, C5/6 und C6/7. Der Kläger habe als kaufmännischer Angestellter der Fa. S in der Poststelle zuletzt schwere Aluminiumkisten getragen, zudem schwere Pakete. Telefonisch befragt gab der Kläger im Februar 2011 an, seit ca. 10 Jahren unter Wirbelsäulenbeschwerden zu leiden; die Beschwerden führe er auf das Heben und Tragen von Postkästen bei der Fa. S zurück. Aktuell führe er keine wirbelsäulenbelastenden Tätigkeiten mehr aus.
Der Präventionsdienst der Beklagten ermittelte unter dem 28.03.2011, 20.06.2011 und 09.08.2011 für den Zeitraum von März 1993 bis April 2011 eine berufliche Belastungsdosis i.H.v. 19,6 MNh. Am 06.02.2012 teilte der Präventionsdienst ergänzend mit, die Zusatzkriterien der Konstellation B2 "Besonders intensive Belastung durch Erreichen des Richtwertes für die Lebensdosis in weniger als 10 Jahren" sowie "Besonderes Gefährdungspotential durch hohe Belastungsspitzen" seien nicht erfüllt.
Der Orthopäde und Unfallchirurg Dr. C, Parkklinik Bad S, erstattete unter dem 26.07.2011 ein Gutachten für die Beklagte, in dem er empfahl, die LWS-Erkrankung des Klägers als BK 2108 anzuerkennen und die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) auf 20 v.H. schätzte. Er führte aus, eine bandscheibenbedingte Erkrankung liege vor in Form eines chronischen, zeitweise pseudoradikulären Lumbalsyndroms bei Bandscheibendegeneration mit Osteochondrose L4/5 und L5/S1. Die Erkrankung sei der Konstellation B4 zuzuordnen, da eine Erkrankung in Höhe L5/S1 und/oder L4/5 in Ausprägung einer Chondrose Grad II oder mehr vorliege und konkurrierende Ursachen nicht ersichtlich seien. Bei Beteiligung der Segmente L4/L5 und L5/S1 liege auch eine Höhenminderung und/oder Prolaps an mehreren Bandscheiben vor. Eine Begleitspondylose liege nicht vor. Die Bandscheibenschäden an der HWS seien schwächer ausgeprägt als an der LWS.
Hierzu führte die Beratungsärztin der Beklagten Dr. I unter dem 26.03.2012 aus, auf einer Kernspintomographie (MRT) vom 28.12.2006 zeige sich im Segment L5/S1 eine Chondrose Grad II und ein Bandscheibenvorfall, im Segment L4/5 eine Protrusion, ein Vorfall sei hier nicht zu erkennen, auch keine Black Disc im Vollbild. Die übrigen Bandscheiben der LWS seien unauffällig. An der Halswirbelsäule (HWS) fänden sich degenerative Veränderungen im Segment C5/C6, geringer auch bei C4/C5. Entgegen Dr. C gehe sie von einer Konstellation B3 aus: die Konstellation B4 setze das Vorliegen einer Konstellation B2 voraus, diese liege aber nicht vor.
Hierzu erklärte Dr. C in einer ergänzenden Stellungnahme vom 04.05.2012, es liege eine bisegmentale Erkrankung vor, da sich im Segment L4/5 eine Osteochondrose Grad II und im Segment L 5/S1 ein Bandscheibenvorfall finde. Damit sei die Konstellation B2 grundsätzlich erfüllt.
Die Beklagte bat daraufhin den Orthopäden und Sozialmediziner Dr. T, Mitautor der "Medizinischen Beurteilungskriterien zu bandscheibenbedingten Berufskrankheiten der Lendenwirbelsäule" (in Trauma und Berufskrankheit 3/2005 Seite 211 ff., im Folgenden: Konsensempfehlungen) um eine Stellungnahme. Dieser führte unter dem 09.05.2012 aus, die Konsensempfehlungen gingen von der Basisannahme aus, dass eine Beteiligung der unteren drei LWS-Segmente für einen Kausalzusammenhang spreche, womit gemeint sei, dass in den unteren drei Segmenten jeweils das Vollbild einer bandscheibenbedingten Erkrankung vorliegen müsse. Bei zusätzlichem Vorliegen der arbeitstechnischen Voraussetzungen und Fehlen einer bedeutsamen Konkurrenzursache sei der Zusammenhang dann anzunehmen. Eine solche -extrem seltene- Fallgestaltung müsse auch keiner Fallkonstellation mehr zugeordnet werden. Sämtliche B-Konstellation verlangten einen Chondrosegrad II in einem der beiden unteren Segmente oder in beiden Etagen. Auch in einer B-Konstellation könne eine monosegmentale Erkrankung zur Anerkennung gelangen, dies sei aber selten, hierzu bedürfe es des Vorliegens der Hilfskriterien. Das Hilfskriterium der Black Disc greife nur dann, wenn mindestens zwei nicht bandscheibenbedingt erkrankte Segmente betroffen seien, die nicht i.S. einer bandscheibenbedingten Erkrankung erkrankt seien. Streitig sei, ob zugleich mindestens eine beginnende Höhenminderung zu fordern sei. Fehlten eine Begleitspondylose, eine Black Disc und die arbeitstechnischen Zusatzvoraussetzungen (besonders intensive Belastung und hohe Belastungsspitzen), spreche nichts für eine Anerkennung, außer es liege eine dreisegmentale Erkrankung vor.
Mit Bescheid vom 25.06.2012 lehnte die Beklagte das Vorliegen einer BK 2108 und die Gewährung von Leistungen mit der Begründung ab, ein belastungskonformes Schadensbild liege beim Kläger nicht vor.
Hiergegen erhob der Kläger Widerspruch. Seiner Meinung nach habe Dr. C schlüssig begründet, dass eine BK 2108 vorliege. Im Rahmen des Widerspruchsverfahrens erstattete Dr. I unter dem 18.09.2012 eine weitere beratungsärztliche Stellungnahme, in der sie ausführte, ein bisegmentales Schadensbild könne nach der Konstellation B2 keine Anerkennung ohne Vorliegen eines der Zusatzkriterien finden. Mit Widerspruchsbescheid vom 05.12.2012 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers als unbegründet zurück.
Hiergegen hat der Kläger am 20.12.2012 vor dem Sozialgericht Münster (SG) Klage erhoben, mit der er sein Begehren unter Berufung auf das Gutachten des Dr. C weiter verfolgt hat.
Er hat beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 25.06.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.12.2012 zu verurteilen, seine Lendenwirbelsäulenerkrankung als Berufskrankheit anzuerkennen und Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 20 v.H. zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat unter Bezugnahme auf die Stellungnahmen der Dres. I und T an ihrer Auffassung festgehalten.
Das SG hat Beweis erhoben durch Einholung einer gutachterlichen Stellungnahme des Dr. T, L, vom 21.11.2013. Dieser ist unter Berücksichtigung der vorhandenen Röntgenbilddokumente von 2006 bis 2010 zu der Beurteilung gelangt, beim Kläger liege eine komplexe asymmetrische lumbosakrale Übergangsstörung vor, die eine konkurrierende Ursache für den Bandscheibenschaden L5/S1 und für den jetzt beginnenden Bandscheibenschaden L4/5 darstelle. Die Befundbeobachtungen seien der Konstellation B10 zuzuordnen, die Anerkennung einer BK 2108 scheide daher aus. Wegen der Einzelheiten wird auf die Stellungnahme Dr. T verwiesen.
Mit Urteil vom 14.04.2014 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, beim Kläger seien zwar die arbeitsmedizinischen Voraussetzungen zur Anerkennung einer BK 2108 erfüllt; die medizinischen Voraussetzungen lägen jedoch nicht vor. Das Krankheitsbild des Klägers könne keiner typischen Befundkonstellation der Konsensempfehlungen zugeordnet werden, nach der ein Ursachenzusammenhang wahrscheinlich sei. Zur Begründung hat es sich auf die sachverständige Stellungnahme des Dr. T gestützt, der besonderes Gewicht beizumessen sei, da Dr. T zu den Verfassern der Konsensempfehlungen gehöre. Wegen der Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
Gegen das ihm am 28.04.2014 zugestellte Urteil hat der Kläger am 08.05.2014 Berufung eingelegt. Er meint weiterhin, bei ihm liege eine BK 2108 vor. Sofern der Senat nicht dem Gutachten des Dr. C folge, sei die Einholung eines orthopädisch/chirurgischen Gutachtens erforderlich.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Münster vom 14.04.2014 abzuändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 25.06.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.12.2012 zu verurteilen, seine Lendenwirbelsäulenerkrankung als Berufskrankheit nach der Ziffer 2108 der Anlage zur Berufskrankheitenverordnung anzuerkennen und Verletztenrente nach einem Grad der Minderung der Erwerbsfähigkeit um mindestens 20 v.H. zu zahlen.
Die Beklagte, die trotz der ihr am 11.11.2016 zugestellten Ladung im Termin zur mündlichen Verhandlung nicht vertreten war, beantragt schriftsätzlich,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Der Senat hat von Amts wegen ein Gutachten von dem Orthopäden Dr. W eingeholt. Dieser ist in seinem Gutachten vom 16.01.2015 aufgrund einer ambulanten und radiologischen Untersuchung des Klägers vom 04.11.2014 und nach Auswertung von Röntgenfremdaufnahmen der HWS von 2010 und 2014, der LWS von 2010 und von MRTs der LWS vom 28.12.2006 und 21.02.2010 zu dem Ergebnis gelangt, dass sich die medizinischen Voraussetzungen der BK 2108 nicht begründen ließen. Beim Kläger liege das Vollbild einer bandscheibenbedingten Erkrankung i.S. der BK 2108 vor. Die bildmorphologischen Befunde zeigten, dass bei dem Kläger in dem Segment L5/S1 eine eindeutig altersuntypische bandscheibenbedingte Veränderung vorliege. In dem Segment L4/L5 seien die Veränderungen, da der Kläger gerade erst das 50. Lebensjahr erreicht habe, ebenfalls als grenzwertig altersuntypisch anzusehen. Diese Erkrankung führe auch zu pseudoradikulären Schmerzausstrahlungen. Für den Zusammenhang mit den beruflichen Belastungen spreche, dass die Veränderungen belastungskonform an der unteren LWS akzentuiert und schwerwiegende konkurrierende Ursachen nicht erkennbar seien. Es lägen degenerative Veränderungen an der HWS vor, die aber deutlich weniger ausgeprägt seien als an der LWS. Das Schadensbild sei daher am ehesten in der Konstellation B4 der Konsensempfehlungen einzuordnen, da eine Begleitspondylose nicht vorliege. Bei dieser Konstellation sei ein ursächlicher Zusammenhang mit den beruflichen Belastungen aber nur wahrscheinlich, wenn mindestens ein Zusatzkriterium der Konstellation B2 erfüllt sei. Dies sei aber nicht der Fall: Der Kläger erfülle weder das Zusatzkriterium der sogenannten Black Disc in mindestens zwei angrenzenden Segmenten noch die arbeitstechnischen Zusatzkriterien der hohen Belastungsspitzen und/oder einer besonders intensiven Belastung. Es spreche demnach mehr gegen als für einen ursächlichen Zusammenhang. Dr. C habe nicht berücksichtigt, dass der Zusammenhang bei der Konstellation B4 nur dann wahrscheinlich sei, wenn eines der Zusatzkriterien der Konstellation B2 erfüllt ist. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf das Gutachten Bezug genommen.
Auf Antrag des Klägers hat der Senat gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) anschließend noch ein Gutachten der Orthopädin Dr. C1 eingeholt. Diese ist in ihrem Gutachten vom 16.10.2015 aufgrund einer ambulanten und röntgenologischen Untersuchung des Klägers vom 18.09.2015 sowie unter Berücksichtigung der vom Kläger zur Untersuchung mitgebrachten Röntgenaufnahmen zu dem Ergebnis gelangt, die medizinischen Voraussetzungen einer BK 2108 seien erfüllt. In Übereinstimmung mit Dr. W hat sie bei dem Kläger eine altersuntypische und belastungskonforme bandscheibenbedingte Erkrankung festgestellt. Beim Kläger bestehe ein chronisches, gemischt radikuläres/pseudoradikuläres Lumbalsyndrom bei erheblichen degenerativen Veränderungen in Form einer Osteochondrose Grad II im Segment L4/5 mit Bandscheiben-Protrusion und einer Osteochondrose Grad III im Segment L5/S1 mit Bandscheibenprolaps; darüber hinaus leide er an degenerativen Veränderungen der kleinen Wirbelgelenke L3/4 bis L5/S1 bds. mit sensiblen Defiziten und Funktionseinschränkungen sowie rezidivierenden, gemischt radikulären/ pseudoradikulären HWS-Beschwerden bei initial degenerativen Veränderungen der Bandscheibensegmente C4/5, 5/6 und 6/7. Ebenso wie Dr. W hat sie dieses Schadensbild der Konstellation B4 zugeordnet und einen Ursachenzusammenhang nur bei Vorliegen eines der Zusatzkriterien der Konstellation B2 für wahrscheinlich gehalten. Im Gegensatz zu Dr. W hat sie aber das Zusatzkriterium einer Black Disc nicht für erforderlich gehalten. Wegen der Einzelheiten wird auf das Gutachten verwiesen.
Der Senat hat eine Stellungnahme des Dr. W zu dem Gutachten der Dr. C1 eingeholt. In seiner Stellungnahme vom 02.02.2016 ist er bei seiner Einschätzung geblieben. Die Interpretation der Konsensempfehlungen durch die Gutachterin sei unzutreffend. Bei der Konstellation B2 seien altersuntypische Veränderungen in drei Segmenten der LWS als Zusatzkriterium zu fordern, um eine ausreichende Trennschärfe zu nicht beruflich verursachten Bandscheibenerkrankungen zu erzielen. Dies ergebe sich auch aus der jüngsten Veröffentlichung zur BK 2108 von Dr. H, Mitautor der Konsensempfehlungen, in dem Handbuch für Gutachter u.a., Berufskrankheit "Bandscheibenbedingte Erkrankung der Lendenwirbelsäule" (BK 2108), Referenzverlag Frankfurt 2014, und dessen Stellungnahme für das Landessozialgericht in anderer Sache vom 03.01.2008 (beide von Dr. W am 22.02.2016 zu den Akten gereicht). Danach gehe auch Dr. H davon aus, dass das in der Konstellation B2 aufgeführte Zusatzkriterium "Höhenminderung und/oder Prolaps an mehreren Bandscheiben" so zu verstehen sei, dass mehr als zwei, also mindestens drei Bandscheiben betroffen sein müssten.
Der Kläger hat es für erforderlich gehalten, einen weiteren Autor der Konsensempfehlungen zur Interpretation der Konstellation B2 zu befragen, da nicht sicher sei, ob die Auffassung des Dr. H von den Mitautoren geteilt werde.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen. Ihre Inhalte sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte trotz Nichterscheinens eines Vertreters der Beklagten auf Grund mündlicher Verhandlung entscheiden. Denn die Beteiligten sind in der Ladung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden (vgl. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 11. Auflage, § 126, Rn. 4).
Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Das Urteil des SG ist nicht zu beanstanden. Der Kläger wird durch den Bescheid vom 22.02.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.8.2010 nicht beschwert, weil dieser nicht rechtswidrig ist (§ 54 Abs. 2 SGG. Die Beklagte hat die Anerkennung einer BK 2108 und die Gewährung von Leistungen zu Recht abgelehnt.
Versicherungsfälle sind neben Arbeitsunfällen auch BKen (§ 7 Abs. 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch -SGB VII-). BKen sind die Krankheiten, welche die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates bezeichnet und die ein Versicherter bei einer versicherten Tätigkeit nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII erleidet (§ 9 Abs. 1 Satz 1 SGB VII). Die Bundesregierung ist ermächtigt, in der Rechtsverordnung solche Krankheiten als BKen zu bezeichnen, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkungen verursacht sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre versicherte Tätigkeit in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind; sie kann BKen auf bestimmte Gefährdungsbereiche beschränken oder mit dem Zwang zur Unterlassung aller gefährdenden Tätigkeiten versehen (Abs. 1 Satz 2 SGB VII).
Bei dem Kläger liegt keine BK 2108 vor. Nach dem Tatbestand der BK 2108 muss der Versicherte aufgrund einer versicherten Tätigkeit langjährig schwere Lasten gehoben und getragen bzw. in extremer Rumpfbeugehaltung gearbeitet haben. Das Vorliegen dieser spezifischen, der versicherten Tätigkeit zuzurechnenden besonderen Einwirkungen (sogenannte arbeitstechnische Voraussetzungen), ist nach dem sogenannten Mainz-Dortmunder-Dosis Modell – MDD – (vgl. BSG, Urteil vom 30.10.2007 – B 2 U 4/06 R) zu ermitteln. Dieses ist eine geeignete Grundlage zur Konkretisierung der im Text der BK 2108 mit den unbestimmten Rechtsbegriffen "langjähriges" Heben und Tragen "schwerer" Lasten oder "langjährige" Tätigkeit in "extremer Rumpfbeugehaltung" nur ungenau und allenfalls nur richtungsweisend umschriebenen Einwirkungen (BSG, Urteil vom 23.04.2015 – B 2 U 10/14 R – juris-Rn. 17). In medizinischer Hinsicht muss eine bandscheibenbedingte Erkrankung der LWS entstanden sein und noch bestehen. Für die Feststellung einer Listen-BK (Versicherungsfall) ist erforderlich, dass die Verrichtung einer grundsätzlich versicherten Tätigkeit (sachlicher Zusammenhang) zu Einwirkungen von Belastungen, Schadstoffen oder ähnlichem auf den Körper geführt hat (Einwirkungskausalität) und diese Einwirkungen eine Krankheit verursacht haben (haftungsbegründende Kausalität). Dabei müssen die "versicherte Tätigkeit", die "Verrichtung", die "Einwirkungen" und die "Krankheit" im Sinne des Vollbeweises – also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit – vorliegen. Für die nach der Theorie der wesentlichen Bedingung zu beurteilenden Ursachenzusammenhänge genügt indes die hinreichende Wahrscheinlichkeit, allerdings nicht die bloße Möglichkeit (BSG, Urteil vom 17.12.2015 – B 2 U 11/14 R – juris-Rn. 10). Der Versicherte muss darüber hinaus gezwungen gewesen sein, alle gefährdenden Tätigkeiten aufzugeben. Als Folge dieses Zwangs muss die Aufgabe der gefährdenden Tätigkeit tatsächlich erfolgt sein. Fehlt eine dieser Voraussetzungen, liegt eine BK 2108 nicht vor (BSG, Urteil vom 30.10.2007, a. a. O.; Urteil vom 18.11.2008 – B 2 U 14/08 R).
Die arbeitstechnischen Voraussetzungen für die Anerkennung einer BK 2108 sind mit der vom Präventionsdienst der Beklagten im März 2011 nach dem MDD ermittelten Gesamtbelastungsdosis von 19,6 MNh insoweit erfüllt, als zwar der Orientierungswert für die Belastungsdosis von 25 MNh nach dem MDD nicht erreicht, aber der nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts bei entsprechender individueller medizinischer Begründung möglicherweise bereits ausreichende hälftige (also oberhalb 12,5 MNh liegende) Orientierungswert (BSG, Urteil vom 23.04.2015 – B 2 U 6/13 R -, juris-Rn. 17) überschritten ist.
Der Kläger leidet an einer bandscheibenbedingten Erkrankung im Sinne der BK 2108. Der geltend gemachte Klageanspruch scheitert aber daran, dass die bandscheibenbedingte Erkrankung des Klägers nicht mit Wahrscheinlichkeit auf seine beruflichen Belastungen zurückgeführt werden kann. Die Erfüllung der arbeitstechnischen Voraussetzungen und das Vorliegen einer bandscheibenbedingten Erkrankung allein können die hinreichende Wahrscheinlichkeit eines wesentlichen Kausalzusammenhangs der bandscheibenbedingten Erkrankung der LWS mit beruflichen Einwirkungen nicht begründen, da in der medizinischen Wissenschaft anerkannt ist, dass Bandscheibenschäden insbesondere der unteren LWS in allen Altersgruppen, sozialen Schichten und Berufsgruppen vorkommen. Sie sind von multifaktorieller Ätiologie (vgl. Merkblatt zur BK 2108 (BArbBl 10/2006) – I. Gefahrenquellen -). Da diese Bandscheibenerkrankungen auch in Berufsgruppen vorkommen, die während ihres Arbeitslebens keiner schweren körperlichen Belastung ausgesetzt waren, hat die medizinische Wissenschaft im Hinblick auf die Schwierigkeiten bei der Beurteilung des Ursachenzusammenhangs im Rahmen der BK 2108 weitere Kriterien erarbeitet, die zumindest in ihrer Gesamtschau für oder gegen eine berufliche Verursachung sprechen. Diese sind niedergelegt in den Konsensempfehlungen. Danach müssen bestimmte Grundvoraussetzungen erfüllt sein, bevor anhand weiterer Kriterien beurteilt werden kann, ob ein Ursachenzusammenhang wahrscheinlich ist. Diese Abwägung ist in den Konsensempfehlungen in bestimmten typischen Fallkonstellationen vorweg genommen. Bei der Beurteilung des Kausalzusammenhanges ist auf den Befund zum Zeitpunkt der Aufgabe der belastenden Tätigkeit abzustellen (Konsensempfehlungen 1.2, Seite 214). Es ist davon auszugehen, dass die Konsensempfehlungen nach wie vor den aktuellen Stand der medizinischen Wissenschaft zur Frage der Verursachung von Erkrankungen der LWS durch körperliche berufliche Belastungen wiedergeben (vergl. BSG, Urteil vom 27.06.2006 – B 2 U 13/05 R; Urteil vom 27.10.2009 – B 2 U 16/08 R – sowie zuletzt BSG, Urteil vom 23.04.2015 – B 2 U 10/14 R – juris-Rn. 20 ff. m. w. N.). Zur Gewährleistung einer gleichen und gerechten Behandlung aller Versicherten im Geltungsbereich des SGB VII erscheint es daher sachgerecht und geboten, dass Gutachter, Sachverständige und Gerichte diese Konsensempfehlungen bei der Kausalitätsbeurteilung anwenden.
Zum Zeitpunkt der Aufgabe seiner belastenden Tätigkeit im Januar 2011 lagen bei dem Kläger ein bisegmentaler Schaden an der unteren LWS (L4/L5 und L5/S1) mit einer Chondrose Grad II bzw. einem Bandscheibenvorfall ohne Begleitspondylose, ohne "black disc" im MRT in mindestens zwei angrenzenden Segmenten sowie ein schwächer ausgeprägter Bandscheibenschaden an der HWS vor. Dies ergibt sich zur Überzeugung des Senats aus den insoweit übereinstimmenden Gutachten der Dres. C, W und C1 sowie aus den Stellungnahmen der Dres. I und T.
Hierbei handelt es sich aber nicht um eine typische Fallkonstellation, bei der die Mitglieder der Konsensusarbeitsgruppe einen Zusammenhang zwischen beruflichen Belastungen und einer bandscheibenbedingten Erkrankung als wahrscheinlich angenommen haben. Da es sich um eine bandscheibenbedingte Erkrankung an der unteren LWS im Ausprägungsgrad einer Chondrose Grad II bzw. eines Bandscheibenvorfalls handelt, kommen nur die mit dem Buchstaben B beginnenden Konstellationen in Betracht. Die Grundvoraussetzungen für sämtliche B-Konstellationen, dass die (gesicherte) bandscheibenbedingte Erkrankung nach ihrer Lokalisation die Segmente L5/S1 und/oder L4/L5 betrifft und eine Ausprägung als Chondrose Grad II oder höher und/oder Vorfall hat, sind bei dem Kläger erfüllt (vgl. Konsensempfehlungen, 1.4, Seite 217).
Die Annahme der Konstellation B1 scheitert daran, dass nach übereinstimmender und überzeugender Darlegung der Sachverständigen keine Begleitspondylosen vorliegen.
Auch eine Konstellation B2 liegt nicht vor. Die Konstellation B2 verlangt neben den für alle B-Konstellationen erforderlichen Grundvoraussetzungen, der plausiblen zeitlichen Korrelation zur Entwicklung der bandscheibenbedingten Erkrankung und dem Fehlen wesentlicher konkurrierender Ursachenfaktoren die Erfüllung zusätzlich mindestens eines der folgenden Zusatzkriterien: – Höhenminderung und/oder Vorfall an mehreren Bandscheiben oder "black disc" im MRT an mindestens zwei angrenzenden Segmenten (Zusatzkriterium 1), – besonders intensive Belastung: Anhaltspunkt: Erreichen des Richtwertes für die Lebensdosis in weniger als zehn Jahren (Zusatzkriterium 2), – besonderes Gefährdungspotential durch hohe Belastungsspitzen (Zusatzkriterium 3).
Die arbeitstechnischen Zusatzkriterien 2 und 3 sind nach den von Klägerseite nicht angegriffenen Ermittlungen des Präventionsdienstes der Beklagten nicht erfüllt.
Entgegen der Ansicht von Dr. C1, auf die sich der Kläger bezüglich der Kausalitätsbeurteilung stützt, kann auch nicht von der Konstellation B2 und dem Zusatzkriterium 1 ausgegangen werden. Die 2. Alternative dieses Zusatzkriteriums scheidet hier ersichtlich mangels "black disc"-Veränderungen aus. Aber auch die 1. Alternative des Zusatzkriteriums 1 liegt nicht vor. Denn ein bisegmentaler Bandscheibenschaden an den unteren beiden LWS-Segmenten, wie beim Kläger gegeben, erfüllt nur die Grundvoraussetzungen sämtlicher mit dem Buchstaben B beginnender Konstellationen "Lokalisation: die bandscheibenbedingte Erkrankung betrifft L5/S1 und/oder L4/L5; Ausprägung des Bandscheibenschadens: Chondrose Grad II oder höher und/oder Vorfall", nicht aber die Voraussetzungen der 1. Alternative des Zusatzkriteriums 1. Dies ergibt sich zur Überzeugung des Senats aus den im gerichtlichen Verfahren eingereichten Stellungnahmen der Dres. I und T, dem Sachverständigengutachten des Dr. W und der Stellungnahme des Dr. H in der von Dr. W genannten und vorgelegten Veröffentlichung zur BK 2108. Der Senat vertritt in Übereinstimmung mit diesen Ärzten und der Rechtsprechung des Hessischen und des Bayerischen LSG (Hess. LSG, Urteile vom 27.03.2012 – L 3 U 81/11 – und 18.08.2009 – L 3 U 202/04 -, Bayer. LSG, Urteile vom 20.08.2009 – L 2 U 330/07 – und vom 31.1.2013 – L 17 U 244/06) die Auffassung, dass bei der 1. Alternative des Zusatzkriteriums 1 der Konstellation B2 "Höhenminderung und/oder Prolaps an mehreren Bandscheiben" mindestens drei Bandscheiben betroffen sein müssen. Für diese Auffassung spricht schon die Systematik der in den Konsensempfehlungen definierten Fallkonstellationen. Denn bereits nach den Grundvoraussetzungen aller B-Konstellationen wird eine bandscheibenbedingte Erkrankung an einer oder zwei Bandscheiben vorausgesetzt, sodass das Zusatzkriterium "mehrere" Bandscheiben nur bedeuten kann, dass mindestens drei Segmente betroffen sein müssen (nämlich mindestens ein Segment bei den Grundvoraussetzungen und mehrere, also mindestens zwei Segmente als Zusatzvoraussetzung). Auch wäre ansonsten schon beim Vorliegen der Grundkonstellation B2, wenn, wie hier, L5/S1 und L4/L5 betroffen wären, immer die 1. Alternative des Zusatzkriteriums 1 erfüllt und es hätte damit der ausdrücklichen Einbeziehung "mehrerer Bandscheiben" gar nicht bedurft.
Vor allem aber entspricht die Konstellation, in der lediglich ein mono- oder bisegmentaler Schaden an den beiden unteren LWS-Segmenten vorliegt und weder eine Begleitspondylose noch ein Zusatzkriterium festzustellen ist, der Konstellation B3, bei der es (hierzu später) bezüglich der Beurteilung des Zusammenhangs keinen Konsens unter den Teilnehmern der Arbeitsgruppe gab. Dass über die Zuordnung auch des bisegmentalen Schadens zur Konstellation B3 als Stand der Wissenschaft unter den Autoren der Konsensempfehlungen Einigkeit bestand, lässt sich unmittelbar aus den "Anmerkungen zu den nicht im Konsens beurteilten Fallkonstellationen" (Konsensempfehlungen, 1.4. Anhang 1, Seite 219 und Anhang 2, Seite 221) ablesen, ohne auf Methoden der Auslegung zurückgreifen zu müssen. In diesen beiden Anhängen begründen die widerstreitenden Autorengruppen nämlich u.a., warum die eine Gruppe in der Konstellation B3 einen Zusammenhang als unwahrscheinlich (Anhang 1) bzw. die andere den Zusammenhang als wahrscheinlich (Anhang 2) ansieht. Die Autoren des Anhangs 1 führen zur Konstellation B3 in diesem Zusammenhang aus (Seite 219 am Ende): "Die Konstellation B3 entspricht der häufigsten Manifestationsform eigenständiger Bandscheibenerkrankungen innerer Ursache an der LWS. Betroffen sind bei dieser Konstellation lediglich die Segmente L4/5 und/oder L5/S1." Das bedeutet, dass die Autoren den reinen bisegmentalen Schaden nicht der Konstellation B2 mit Zusatzkriterium, sondern B3 zuordnen. Die Autoren des Anhangs 2 formulieren: "Konstellation B3 unterscheidet sich von der – im Konsens als Berufskrankheit anerkannten – Konstellation B1 durch das Fehlen einer Begleitspondylose". Da es sich bei der Konstellation B1 um die bandscheibenbedingte Erkrankung an einer oder zwei Bandscheiben mit Begleitspondylose handelt, ist also auch diese Autorengruppe der Auffassung gewesen, dass der bisegmentale Schaden der Konstellation B3 unterfällt und nicht die Zusatzvoraussetzung 1 Alt. 1 ("mehrere Bandscheiben") der Konstellation B2 erfüllt. Die im gerichtlichen Verfahren eingereichten Stellungnahmen der Dres. I und T, das Sachverständigengutachten des Dr. W und die Stellungnahme des Dr. H in der von Dr. W genannten und vorgelegten Veröffentlichung zur BK 2108 belegen, dass sich in der Zwischenzeit bis heute jedenfalls keine hiervon abweichende herrschende Auffassung in der medizinischen Wissenschaft gebildet hat (vgl. unten).
Aus den genannten Gründen folgt der Senat nicht den Kausalitätsbeurteilungen der Dres. C und C1 und der Rechtsprechung des LSG Sachsen-Anhalt und des LSG Baden Württemberg, die für die Konstellation B2 1. Alternative Zusatzkriterium 1 einen bisegmentalen Schaden für ausreichend halten (LSG Sachsen Anhalt: Urteile vom 21.06.2010 – L 2 U 170/08 LW – und vom 11.07.2013 – L 6 U 59/11 -, LSG Baden-Württemberg: Urteil vom 23.02.2016 – L 9 U 5101/12 -).
Der Senat sieht auch keine Veranlassung, wie vom Kläger angeregt, von Prof. Dr. C2, einem weiteren Mitverfasser der Konsensempfehlungen, eine Stellungnahme zu der Interpretation der Dres. T und H, einzuholen, da der Wortlaut und die Systematik der Konsensempfehlungen – wie bereits ausgeführt – eine andere Interpretation als die der Dres. T und H nach Auffassung des Senats nicht zulassen. Prof. Dr. C2 hat sich im Übrigen zur Frage des bisegmentalen Bandscheibenschadens als Mitautor des o.a. Anhangs 2 bereits im Sinne der hier wiedergegebenen Auffassung geäußert.
Liegen die Konstellation B1 und die Konstellation B2 einschließlich der Zusatzkriterien nicht vor, scheiden auch die Konstellationen B4 bis B8 aus. Die Konstellation B9 scheitert am Vorliegen einer Begleitspondylose; nach der Konstellation B10, wonach wesentliche konkurrierende Ursachen vorliegen müssten, die im Übrigen nur von Dr. T gesehen werden, ist der Zusammenhang nicht wahrscheinlich.
Somit kommt vorliegend nur noch die Konstellation B3 in Betracht (wie Konstellation B2, aber keins der Zusatzkriterien erfüllt). Für diese bestand aber kein Konsens für die Annahme eines Zusammenhangs bei den Autoren der Konsensempfehlungen. Vielmehr hielt die Mehrheit der Mitglieder der Konsensarbeitsgruppe den Ursachenzusammenhang mit einer beruflichen Belastung gerade nicht für wahrscheinlich (vgl. den im Anhang 1 und 2 der Konsensempfehlungen dargestellten Meinungstand).
Liegt eine Konstellation vor, für die unter den Autoren der Konsensempfehlungen kein Konsens erzielt werden konnte, lässt sich nicht schon allein auf dieser Grundlage der Zusammenhang der bandscheibenbedingten Erkrankung mit der versicherten Tätigkeit verneinen. Vielmehr bedarf es in einem solchen Fall der Feststellung, ob nach dem neuesten medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnisstand Umstände vorliegen, die ausnahmsweise trotz Fehlens der B2-Zusatzkriterien der Konsensempfehlungen den Verursachungszusammenhang zwischen beruflichen Einwirkungen und LWS-Schaden stützen (BSG, Urteil vom 23.04.2015 – B 2 U 6/13 R -, juris-Rn.19).
Dies ist hier aber nicht der Fall. Der Senat folgt mit dieser Einschätzung zunächst Dr. W, der – gemeinsam mit der Mehrheit der Mitglieder der Konsensarbeitsgruppe – einen Ursachenzusammenhang zwischen beruflichen Belastungen und einem bandscheibenbedingten Schaden an der unteren LWS ohne das Vorliegen einer Begleitspondylose in Übereinstimmung mit den Konsensempfehlungen grundsätzlich nur dann für wahrscheinlich hält, wenn ein Zusatzkriterium der Konstellation B2 erfüllt ist. Diese Auffassung ist für den Senat ohne Weiteres nachvollziehbar. Da Bandscheibenschäden insbesondere der unteren LWS in allen Altersgruppen, sozialen Schichten und Berufsgruppen vorkommen, wäre andernfalls eine Abgrenzung zu nicht beruflich verursachten Bandscheibenerkrankungen nicht möglich. Dann ist es aber auch konkret auf den Kläger bezogen in Ermangelung einer Abgrenzungsmöglichkeit zu nicht berufsbedingten Erkrankungen nicht möglich, den Zusammenhang mit Wahrscheinlichkeit zu bejahen. Es hat sich seit der Veröffentlichung der Konsensempfehlungen im Jahre 2005 keine herrschende Meinung in der medizinischen Wissenschaft herausgebildet, die abweichend von der seinerzeit nicht im Konsens möglichen Beurteilung der Konstellation B3 nunmehr annähme, dass in dieser Konstellation der Zusammenhang mit den beruflichen Belastungen aus heutiger Sicht als wahrscheinlich anzunehmen wäre. Dies entnimmt der Senat insbesondere dem Gutachten von Dr. W und der Tatsache, dass dessen Auffassung weiterhin von renommierten Sachverständigen auf dem Gebiet der BK 2108 gestützt wird, im vorliegenden Verfahren insbesondere von den Mitautoren der Konsensempfehlungen Dres. T und H.
Da eine BK 2108 – und damit ein Versicherungsfall – nicht vorliegt, hat der Kläger auch keinen Anspruch auf Rente aus der gesetzlichen Unfallversicherung (§ 56 Abs. 1 SGB VII).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 SGG.
Der Senat hat die Revision gem. § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG zugelassen, da er der Rechtssache wegen der unterschiedlichen Rechtsprechung zur Auslegung der 1. Alternative des Zusatzkriteriums 1 der Konstellation B2 (LSG Sachsen Anhalt und LSG Baden-Württemberg einerseits, Hessisches LSG, Bayerisches LSG , jeweils a.a.O. und der erkennende Senat andererseits) grundsätzliche Bedeutung beimisst und diese Frage vom Bundessozialgericht noch nicht entschieden wurde (ausdrücklich offen gelassen in dem Urteil vom 23.04.2015, a.a.O.).
Erstellt am: 23.01.2019
Zuletzt verändert am: 23.01.2019