Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Münster vom 04.01.2005 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im zweiten Rechtszug nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Gewährung von Witwenrente, hilfsweise Witwenbeihilfe als Teilversorgung nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG).
Die 1930 geborene in Ungarn lebende Klägerin ist die Witwe des am 00.00.1926 geborenen und am 00.00.2001 verstorbenen ungarischen Staatsbürgers (S). Sie ist ungarische Staatsangehörige und ungarischer Volkszugehörigkeit.
S erlitt in Ausübung des Dienstes in der ungarischen Armee unter deutschem Kommando einen Bruch des rechten Oberschenkels. Wegen der Folgen der Kriegverletzung erkannte die Kreiskriegsfürsorgekommission T, Ungarn, S als Kriegsinvaliden an und bewilligte ihm eine monatliche Rente (Beschluss vom 30.11. 1946). Sein wegen der Folgen der Verwundung 1992 gestellter Antrag auf Gewährung von Versorgung nach dem BVG wurde zunächst mit Bescheid vom 17.06.1994 abgelehnt, weil S nicht zum anspruchsberechtigten Personenkreis gehöre. Auf seinen 1994 erneut gestellten Antrag hob der Beklagte nach Durchführung von Ermittlungen zur Volkszugehörigkeit des S und Einholung eines medizinischen Gutachtens mit Bescheid vom 05.09.1997 gemäß § 44 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch – Verwaltungsverfahren den Bescheid vom 17.06.1994 auf. Er gewährte Beschädigtenversorgung nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 40 vom Hundert (v.H.) unter Anerkennung der Schädigungsfolgen:
Narben im Bereich der rechten Gesäßgegend, des rechten Oberschenkels und des linken Beines. Verkürzung des rechten Beines von 8 cm nach unter Verbiegung verheiltem Oberschenkelbruch mit Beugebehinderung des rechten Kniegelenkes.
Am 01.10.2001 starb S ausweislich der Todesbescheinigung vom 01.10.2001 an Herzstillstand, dem ein akuter Herzmuskelinfarkt voran gegangen sei. Als Grundleiden ist in der Bescheinigung eine Kranzgefäßverkalkung, als Begleitleiden sind eine Embolie und Gerinselbildung in den Arterien der unteren Extremitäten angegeben worden.
Am 12.11.2001 beantragte die Klägerin Hinterbliebenenleistungen. Letzten Endes sei die Kriegsverletzung ursächlich für den Tod ihres Mannes. Bis zu seiner Pensionierung habe S die ungarische Kriegsinvalidenrente und danach Altersrente bezogen, in die die Kriegsinvalidenrente "eingebaut" worden sei. Der Klägerin wurden Bestattungs- und Sterbegeld (Bescheide vom 11.04.2002 und 12.04.2002) gewährt.
Nach Einholung einer versorgungsärztlichen Stellungnahme zum ursächlichen Zusammenhang des Todes des S mit den Schädigungsfolgen lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 13.01.2003 die Gewährung von Witwenrente mit der Begründung ab, Hauptursache des Todes sei der akute Herzinfarkt bei Mangeldurchblutung der Herzkranzgefäße gewesen. Ein ursächlicher Zusammenhang des Todes mit den anerkannten Schädigungsfolgen sei nicht gegeben. Mit weiterem Bescheid vom 14.01.2003 lehnte der Beklagte auch die Gewährung von Witwenbeihilfe ab, weil S durch die Folgen seiner Schädigung nicht gehindert gewesen sei, eine entsprechende Erwerbstätigkeit auszuüben und die dadurch hergeleitete Witwenrente nicht erheblich gemindert sei. Er habe den erstrebten Beruf des Bilanzbuchhalters erreicht. Die Akten enthielten keine Anhaltspunkte dafür, dass er seine berufliche Tätigkeit schädigungsbedingt nicht hätte voll ausüben können oder vorzeitig aus dem Erwerbsleben ausgeschieden sei.
Mit ihrem Widerspruch machte die Klägerin unter Übersendung einer Stellungnahme der Ärztin Dr. L (24.02.2003) geltend, S habe wegen der oft am rechten Bein aufgetretenen Thrombosen in ärztlicher Behandlung gestanden. Zu seinem plötzlichen Tod habe mit großer Wahrscheinlichkeit ein vom rechten Venensystem abgespaltener Thrombus beigetragen, der eine Lungenembolie hervorgerufen habe. Nach Einholung einer weiteren versorgungsärztlichen Stellungnahme wies der Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 03.12.2003, zugestellt am 15.01.2004, im wesentlichen unter Wiederholung der Gründe der widersprochenen Bescheide zurück.
Hiergegen hat die Klägerin am 15.03.2004 Klage erhoben und unter Übersendung weiterer Unterlagen, die zum Teil schon in den Verwaltungsvorgängen des Beklagten enthalten sind, im Wesentlichen ihren Vortrag aus dem Verwaltungsverfahren wiederholt.
Die Klägerin hat schriftsätzlich sinngemäß beantragt,
den Beklagten unter Aufhebung der Bescheide vom 13. und 14.01.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.12.2003 zu verurteilen, ihr Witwenrente, hilfsweise Witwenbeihilfe als Teilversorgung nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren.
Der Beklagte hat schriftsätzlich beantragt,
die Klage abzuweisen.
Auf Anforderung des Sozialgerichts (SG) hat die Klägerin die Bescheide vom 25.10.2001 und 23.08.2002 über die Festsetzung der für ein Jahr nach dem Tode des S befristeten Witwenrente in Höhe von 50 % und der daran anschließenden Witwenrente in Höhe vom 20 % der S im Zeitpunkt seines Todes zugestandenen Rente sowie über die Festsetzung der Kriegerwitwenrente übersandt, die ihr gem. § 13 des XLV. Gesetzes von 1994 über die Kriegsopferversorgung in Vebindung mit der Regierungsverordnung 113/1994 (VVIII.31.) – KOV – seit dem 01.11.2001 gewährt wird. Nachdem es den Beteiligten seine Absicht, durch Gerichtsbescheid zu entscheiden, mitgeteilt und ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben hatte, wies das SG mit Gerichtsbescheid vom 04.01.2005 die Klage ab. Der Anspruch auf Gewährung von Witwenversorgung sei schon gemäß § 7 Abs. 2 Bundesversorgungsgesetz (BVG) ausgeschlossen, wonach das BVG auf Kriegsopfer, die aus derselben Ursache einen Anspruch auf Versorgung gegen einen anderen Staat besitzen, nicht angewandt werde, es sei denn, dass zwischenstaatliche Beziehungen etwas anderes bestimmen. Demnach finde das BVG auf die Klägerin keine Anwendung, da sie gegen den ungarischen Staat einen Anspruch auf Kriegerwitwenversorgung habe. Auch bestehe zwischen Ungarn und Deutschland keine zwischenstaatliche Vereinbarung, die etwas anderes bestimme.
Gegen den am 03.02.2005 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 22.02.2005 Berufung eingelegt und unter Übersendung der Bescheinigung über die Leichenschau vom 01.10.2001 sowie der bereits im Verwaltungsverfahren übersandten Stellungnahme der Dr. L vom 24.02.2003 erneut darauf hingewiesen, dass ein ursächlicher Zusammenhang zwischen dem Tod ihres Mannes und der Kriegsbeschädigung bestehe. Sie möchte so behandelt werden wie deutsche Kriegerwitwen.
Die Klägerin beantragt schriftsätzlich sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Münster vom 04.01.2005 abzuändern und den Beklagten unter Aufhebung der Bescheide vom 13. und 14.01.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.12.2003 zu verurteilen, ihr ab Antragstellung Witwenrente, hilfsweise Witwenbeihilfe nach dem BVG als Teilversorgungsleistung zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Münster vom 04.01.2005 zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und den Verwaltungsvorgang des Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat hat trotz Ausbleiben der Klägerin im Termin zur mündlichen Verhandlung entscheiden können, weil die Klägerin von diesem Termin mit dem Hinweis benachrichtigt worden ist, dass auch im Falle ihres Ausbleibens verhandelt und entschieden werden kann.
Die zulässige Berufung ist nicht begründet.
Der Klägerin steht kein Anspruch auf Gewährung einer Teilversorgung zu (§§ 64, 64 e BVG i.V.m. §§ 38, 48 BVG).
Wie das SG zu Recht ausgeführt hat, scheitert der geltend gemachte Anspruch der Klägerin auf Gewährung von Witwenrente (§ 38 BVG) bzw. Witwenbeihilfe (§ 48 BVG) bereits daran, dass sie vom ungarischen Versicherungsträger Kriegerwitwenrente wegen der Kriegsbeschädigung ihres verstorbenen Ehemannes bezieht, deretwegen sie auch Ansprüche nach dem BVG erhebt. Der Frage nach dem ursächlichen Zusammenhang des Todes des S mit der Schädigung (§ 38 BVG), bzw. ob S durch die Folgen der Schädigung gehindert war, eine entsprechende Erwerbstätigkeit auszuüben und dies zu einer geminderten Witwenversorgung der Klägrin geführt hat (§ 48 BVG), brauchte der Senat deswegen nicht nach zu gehen.
Gemäß § 7 Abs. 2 BVG findet das BVG auf Kriegsopfer, die aus derselben Ursache einen Anspruch auf Versorgung gegen einen anderen Staat besitzen, keine Anwendung, es sei denn, dass zwischenstaatliche Vereinbarungen etwas anderes bestimmen. Diese Regelung, die eine Doppelversorgung aus öffentlichen Mitteln bei gleicher Ursache ausschließt, bezieht sich auf alle Personen, die als Kriegsopfer Anspruch auf Versorgung gegen einen anderen Staat haben. Sie trägt auch außenpolitischen Belangen Rechnung. Grundsätzlich liegt die Verantwortung für die Versorgung von Kriegsopfern bei dem Heimatstaat des Beschädigten. Kommt dieser seiner Verantwortung nach, so erübrigen sich Versorgungsleistungen durch andere Staaten. Zusätzliche Leistungen aus der Bundesrepublik Deutschland könnten im übrigen als Einmischung in die inneren Angelegenheiten des Heimatstaates empfunden werden sowie zu einer unerwünschten Ungleichbehandlung von Kriegsopfern und einer damit unter Umständen verbundenen negativen Auswirkung auf das soziale Klima führen (BSG, Urteil vom 20.05.1992 – 9a RV 11/91 -, SozR 3-3100 § 7 BVG Nr. 1; Urteil vom 20.05.1992 – 9a RV 12/91 -,SozR 3-3100 § 7 BVG Nr. 2; Urteil vom 10.08.1993 – 9/9a RV 39/92 -, SozR 3-3100 § 7 BVG Nr. 3; Urteil vom 05.11.1997 – 9 RV 20/96 -, BSGE 81, 156ff; Beschluss vom 25.08.1998 – B 9 V 78/98 B -; Urteil vom 09.12.1998 – B 9 V 41/97 R -; Urteil vom 28.07.1999 – B 9 V 19/98 R -, SozR 3-3100 § 7 BVG Nr. 6; Beschluss vom 09.12.1999 – B 9 V 61/99 B -; Urteil vom 17.02.2000 – B 9 V 5/00 -).
Die Voraussetzungen des § 7 Abs. 2 BVG für den Ausschluss des geltend gemachten Anspruchs sind erfüllt. Dass der Beklagte dem S Leistungen nach dem BVG gewährt hat, obwohl dieser wegen der Kriegsbeschädigung auch eine Kriegsinvalidenrente vom ungarischen Staat bezogen hat, steht dem Ausschluss des geltend gemachten Anspruchs der Klägerin gemäß § 7 Abs. 2 BVG schon deshalb nicht entgegen, weil es sich bei dem geltend gemachten Anspruch auf Witwenrente bzw. -beihilfe um einen originären Anspruch der Klägerin handelt, dessen Voraussetzungen unabhängig von den Feststellungen im Beschädigtenverfahren zu prüfen sind (Förster in Wilke, Soziales Entschädigungsrecht, 7. Aufl., § 38 Rn. 14). Ebenso wenig hindert die Gewährung von Bestattungs- und Sterbegeld die Anwendung der Regelung des § 7 Abs. 2 BVG. Denn bei diesen Leistungen und denen, die Gegenstand des anhängigen Verfahrens sind, handelt es sich um voneinander unabhängig bestehende Leistungen, deren Gewährung oder Ablehnung untereinander keinerlei Bindungswirkung entfalten (BSG, Urteil vom 15.07.1959 – 9 RV 122/55 -, BSGE 10/167 ff.). Die Klägerin bezieht seit dem 01.11.2001 aufgrund des § 13 KOV Kriegerwitwenrente, weil ihr verstorbene Ehemann wegen seiner Kriegsbeschädigung eine monatliche Kriegsopferversorgung erhielt. Die Kriegerwitwenrente beträgt 75 % der jeweiligen Mindestaltersrente (§ 13 Abs 1 KOV) und ist zu erhöhen, wenn die Witwe außer der Kriegsopferversorgungsrente über keine weiteren Einkünfte verfügt (§ 13 Abs. 2 KOV). Ob der Versorgungsanspruch gegen den dritten Staat – hier: Ungarn – nach Art und Höhe den Leistungen des BVG entspricht, hat für den Ausschluss der Versorgung nach § 7 BVG keine Bedeutung. Das gilt auch dann, wenn die von dem dritten Staat gewährte Leistung nur gering ist (BSG, Urteil vom 05.11.1997 – 9 RV 20/96 -, a.a.O.; Urteil vom 09.12.1998 – B 9 V 41/97 R -, a.a.O.).
Ein eine abweichende Regelung enthaltendes zwischenstaatliches Abkommen zwischen Deutschland und Ungarn besteht derzeit nicht.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 SGG).
Erstellt am: 17.01.2006
Zuletzt verändert am: 17.01.2006