Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 12.12.2001 wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob dem Kläger unter Berücksichtigung von in Ungarn zurückgelegten Versicherungszeiten nach § 17 a in Verbindung mit § 15 des Fremdrentengesetzes (FRG) Altersrente zu gewähren ist und ob er Anspruch auf Zulassung zur Nachentrichtung von freiwilligen Beiträgen nach dem Zusatzabkommen vom 17.12.1973 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Staat Israel über soziale Sicherheit (ZA-DISVA) oder nach dem Schlussprotokoll zum Abkommen vom 07.01.1976 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika hat. Streitig ist insbesondere die Zugehörigkeit des Klägers zum deutschen Sprach- und Kulturkreis (dSK).
Der 1923 in C (Ungarn) geborene Kläger ist jüdischer Abstammung und anerkannt Verfolgter im Sinne des Bundesentschädigungsgesetzes (BEG). Er lebte zunächst bis zum Beginn nationalsozialistischer Verfolgungsmaßnahmen im April 1944 in seinem Geburtsort. Nach seiner Befreiung aus dem Konzentrationslager Buchenwald im Mai 1945 gelangte er gesundheitlich schwer angegriffen in die Schweiz, wo er bis Ende 1948 lebte. Von 1949 bis zu seiner Auswanderung nach Israel im August 1965 lebte der Kläger erneut in Ungarn. Seit ca. 1991 lebt er in den USA. Seit 1965 besitzt der Kläger die israelische Staatsangehörigkeit, seit 1999 zusätzlich die amerikanische.
Am 4. Oktober 1990 stellte der Kläger einen Antrag auf Zulassung zur Nachentrichtung freiwilliger Beiträge und Gewährung von Regelaltersrente.
Die Beklagte zog zur Sachverhaltsaufklärung die Entschädigungsakte des Klägers vom Amt für Wiedergutmachung in Saarburg bei.
Mit seinem Antrag auf Zulassung zur Nachentrichtung freiwilliger Beiträge nach dem ZA-DISVA machte der Kläger geltend, dem dSK angehört zu haben. Hierzu gab er in einem Fragebogen an, seine Muttersprache sei deutsch. Der persönliche Sprachgebrauch im Herkunftsgebiet sei deutsch gewesen, die Umgangssprache im Herkunftsgebiet ungarisch. Im persönlichen Bereich (insbesondere Elternhaus) habe er deutsch gesprochen, im Beruf deutsch und ungarisch. Im Zeitpunkt des Verlassens des Herkunftsgebietes sei der überwiegende Sprachgebrauch deutsch und ungarisch gewesen. Er habe von 1929 bis 1934 eine deutsche private Elementarschule besucht, von 1934 bis 1938 die Bürgerschule mit deutschem Unterricht. Die Muttersprache seines Vaters sei deutsch gewesen, dieser habe auch im Herkunftsgebiet überwiegend deutsch gesprochen. Im Beruf habe der Vater ungarisch gesprochen. Der Vater sei 1925 verstorben. Seine Mutter sei in C geboren. Sie sei Hausfrau und private deutsche Sprachunterrichterin gewesen. Ihre Muttersprache und auch ihr persönlicher Sprachgebrauch im Herkunftsgebiet sei deutsch gewesen. Im Beruf oder in der Umgebung sei der überwiegende Sprachgebrauch der Mutter ungarisch gewesen. Er habe von 1938 bis 1944 in der Strickwarenfabrik "I" zunächst als Lehrling, dann parallel zum Besuch der Fachschule als Student, dann als Geselle und zuletzt bis zum Beginn der Verfolgung als Meister gearbeitet. Nach der Befreiung aus dem Konzentrationslager Buchenwald sei er zunächst wegen einer Fleckthyphuserkrankung in einem Erholungslager in der Schweiz gewesen, ab Juni 1946 habe er in der Schweiz gearbeitet. Von März 1949 bis zu seiner Ausreise nach Israel im Jahr 1965 habe er in Ungarn wieder als Strickmeister gearbeitet.
Mit Bescheid vom 5.11.1991 lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers auf Beitragsnachentrichtung ab.
Am 2.1.1992 stellte der Kläger erneut einen Antrag auf Regelaltersrente. In einer vom Kläger unterschriebenen Erklärung in deutscher Sprache vom 31.3.1992 gab dieser an, er habe in seinen Volksschulen und auch in Bürgerschulen deutsch gelernt. Sein Vater habe mit seiner Mutter immer deutsch gesprochen. Seine Mutter habe in Ungarn deutsche Stunden gegeben, um für den Unterhalt zu bezahlen, da sie Witwe war. Er könne eine deutsche Prüfung ohne weiteres ablegen und werde Zeugen für seine Zugehörigkeit zum dSK stellen.
Der Kläger legte eine schriftliche Zeugenerklärung des Zeugen E M vor. Dieser bestätigt darin, dass er mit dem Kläger in die Elementarschule gegangen sei und Kontakt mit ihm gehabt habe bis zum Zwangsarbeiterdienst 1944. Der Kläger habe die Bürgerschule besucht, er selbst das Gymnasium. Der Kläger habe ständig deutsche Stunden gehabt, weil er von zu Hause schon gut deutsch gesprochen habe. Seine Mutter habe deutsche Stunden gegeben. Der Kläger gehöre zum deutschen Sprach- und Kulturkreis.
Die Beklagte veranlasste eine Sprachprüfung beim Generalkonsulat der Bundesrepublik Deutschland in New York. Anlässlich der Sprachprüfung am 26.08.1992 erklärte der Kläger, Deutsch sei die Umgangssprache seiner Familie gewesen. Seit 1918 sei jedoch das Ungarische aufgrund von Zwangsmaßnahmen mehr und mehr verbreitet gewesen. Die Mutter habe nach dem Tod des Vaters Deutsch unterrichtet um den Lebensunterhalt zu bestreiten. Die Familie sei sehr arm gewesen, habe jedoch deutschsprachige Zeitungen gelesen, die ihr von Bekannten gegeben worden seien. Deutschsprachige Literatur habe er ebenfalls aus finanziellen Gründen vor allem in der Schule gelesen. Er habe eine ungarische Schule mit deutschsprachigem Unterricht besucht, der etwa 4-5 mal pro Woche abgehalten worden sei. Nach dem Krieg sei er zunächst bis 1948 in der Schweiz gewesen. Nach seiner Rückkehr nach Ungarn habe er in Budapest gelebt. Da seine Frau und seine Tochter nicht deutschsprachig seien, habe er nach seiner Rückkehr nach Ungarn wenig Gelegenheit gehabt Deutsch zu sprechen. Er sei jedoch mehrmals zu Fortbildungskursen nach Deutschland geschickt worden, da seine Arbeitsstelle deutsche Maschinen benutzt habe. In dem Fragebogen über die Zugehörigkeit zum dSK gab der Kläger in der Rubrik "Kurzer Lebenslauf" u.a. an, er habe in der Schulausbildung schon besser deutsch gesprochen als seine Schulkameraden. Von 1944 bis 1948 habe er in Deutschland und in der Schweiz in einer "reindeutschen Umgebung" gelebt. Die Sprachprüferin stellte fest, dass der Kläger ein holpriges Deutsch spreche, dessen Wortschatz jedoch ausreichend sei, um eine normale Unterhaltung zu führen. Die Satzstellung sei osteuropäisch-jiddisch angelehnt, er spreche mit einem deutlichen Akzent. Der Kläger schrieb im Verlauf der Sprachprüfung ein Diktat und einen kurzen Aufsatz.
Die Beklagte zog eine Auskunft der Heimatauskunftsstelle (I) beim Landesausgleichsamt Baden-Württemberg über die Sprach- und Bevölkerungsstruktur von C 1978 bei, die 1978 in einem anderen Verfahren erteilt worden war. Aus der Auskunft geht hervor, dass anlässlich einer Volkszählung im Jahre 1930 in C von insgesamt 49374 Einwohnern 30054 Madjarisch, 18931 Jugoslawisch und 220 Deutsch als Muttersprache genannt hatten. Die übrigen hatten andere Sprachen angegeben. Der Auskunft lässt sich weiter entnehmen, dass die Umgangssprache des Ortes ungarisch gewesen, die Gemeinde außerhalb des deutschen Siedlungsgebietes gelegen habe und es deutsche Schulen bzw. Schulen mit überwiegender deutscher Unterrichtssprache in C nicht gegeben habe.
Mit Bescheid vom 14.09.1995 lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers auf Zahlung von Regelaltersrente ab. Die Zugehörigkeit zum deutschen Sprach- und Kulturkreis sei weder nachgewiesen noch glaubhaft gemacht worden. Es sei davon auszugehen, dass der Kläger in einem zweisprachigen Elternhaus aufgewachsen sei. Auch habe er in einer fremdsprachigen Umgebung gelebt. Da auch die Sprachprüfung nicht überzeugend ausgefallen sei, könne nicht von einer "überwiegenden" Deutschsprachigkeit ausgegangen werden.
Mit weiterem Bescheid vom 12.12.1995 lehnte die Beklagte die Zulassung zur Nachentrichtung von freiwilligen Beiträgen ab.
Gegen diese Bescheide legte der Kläger keinen Widerspruch ein.
Am 18.11.1997 ging bei der Beklagte eine Auskunft des Internationalen Suchdienstes Arolsen ein. Aus dieser geht hervor, dass in den Original-Konzentrationslagerunterlagen für den Kläger als Sprache "ungarisch" angegeben sei. Auf der vorliegenden DP-2 Karte seien keine Angaben über Sprachkenntnisse vermerkt.
Im April 1998 beantragte der Kläger die Überprüfung der ablehnenden Bescheide und die Nachentrichtung von Beiträgen nach dem ZA-DISVA, da er weitere Zeugen gefunden habe.
Er legte eine Zeugenerklärung des P W vom 11.02.1998 vor. In dieser Erklärung wird bestätigt, dass die Mutter des Klägers mit ihrem Sohn zu Hause ausschließlich Deutsch gesprochen habe, damit sie das Vertrauen ihrer Schüler und deren Eltern gewinne. Nur bei den Schulaufgaben habe sie ihm in der ungarischen Sprache geholfen. Auch mit Gästen, die kein Deutsch verstanden hätten, habe sie die ungarische Sprache gesprochen. Im Haus seien hauptsächlich deutsche Bücher, Zeitschriften und Märchenbücher gewesen.
Der Kläger legte weiter eine Zeugenerklärung des Zeugen F C vom 16.04.1998 vor. Darin wird bestätigt, dass die Mutter des Klägers deutsch unterrichtete. Sie habe mit ihrem Sohn zu Hause ausschließlich deutsch gesprochen. Mit Gästen, die kein Deutsch verstanden hätten, habe sie die ungarische Sprache gesprochen. Im Haus seien hauptsächlich deutsche Bücher, Zeitschriften und Märchenbücher gewesen.
Mit Bescheid vom 19.06.1998 lehnte die Beklagte die Nachentrichtung freiwilliger Beiträge nach dem ZA-DISVA und die Zahlung eines Alterruhegeldes erneut ab. Hinsichtlich der Begründung verwies sie auf die Ausführungen in ihrem Bescheid vom 14.9.1995. Die vorgelegten Zeugenerklärungen führten zu keinem anderen Ergebnis.
Den Widerspruch des Klägers gegen diesen Bescheid wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 14.01.1999 als unbegründet zurück.
Am 20.01.1999 hat der Kläger Klage erhoben. Er hat vorgetragen, aus dem Ergebnis der Sprachprüfung ergebe sich, dass er zwar ein holpriges Deutsch spreche, seine Kenntnisse jedoch völlig ausreichend gewesen seien, um eine normale Unterhaltung mit der Gutachterin zu führen. Auch der Inhalt der Schriftproben spreche für eine Zugehörigkeit zum dSK. Bei der Beurteilung der Sprachkenntnisse dürfe zudem nicht außer Betracht bleiben, dass er spätestens zum Zeitpunkt seiner Ausreise mit Ausnahme von beruflichen Kontakten keine Möglichkeit gehabt habe, die deutsche Sprache zu verwenden. Er habe die deutsche Sprache auch im persönlichen Lebensbereich vor Beginn der nationalsozialistischen Einflussnahme überwiegend verwendet. Seine Mutter habe ihn deutschsprachig erzogen, sie sei Deutschlehrerin gewesen. Der 1926 geborene Vater habe mit der Mutter nur deutsch gesprochen. Auch die Großeltern seien deutschsprachig gewesen. Anhand der konkreten Indizien müssten die rein statistischen Daten der Heimatauskunftsstelle zurückstehen.
Mit Schriftsatz vom 03.01.2002 hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers zur weiteren Begründung der Klage eine Erklärung des Klägers in ungarischer Sprache mit deutscher Übersetzung eingereicht. Der Kläger bestätigt darin ausweislich der Übersetzung, dass er zu Hause in seiner engen familiären Umgebung nur deutsch gesprochen habe, ungarisch sehr wenig. In der Schule sei ungarisch unterrichtet worden, so dass er dann angefangen habe ungarisch fließend zu sprechen. Im deutschen Lager habe ihn niemand nach seiner Muttersprache gefragt. Dass er die deutsche Sprache bis zum heutigen Tage nicht vergessen habe, beweise die abgelegte Sprachprüfung. Dass er manchmal Fehler mache, sei nach 70 Jahren verständlich.
Mit Schriftsatz vom 13.03.2000 hat die Beklagte mitgeteilt, welche Versicherungszeiten vorbehaltlich der Zugehörigkeit des Klägers zum dSK zu berücksichtigen seien. Mit dem Umfang dieser Zeiten hat der Kläger sein Einverständnis erklärt.
Der Kläger hat schriftsätzlich sinngemäß beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 19.06.1998 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 14.01.1999 zu verurteilen, ihn zur Nachentrichtung freiwilliger Beiträge zuzulassen und ihm Altersruhegeld zu gewähren.
Die Beklagte hat schriftsätzlich beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat ergänzend darauf hingewiesen, dass die Voraussetzungen zur Nachentrichtung freiwilliger Beiträge nach dem ZA-DISVA schon deshalb nicht erfüllt seien, weil der Kläger nach eigenen Angaben bereits 1991 in die USA ausgewandert sei, so dass über den 01.07.1990 hinaus bis zur Antragstellung kein dauernder gewöhnlicher Aufenthalt in Israel bestanden habe. Maßgeblich sei vielmehr das Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika über soziale Sicherheit.
Mit Beschluss vom 22.03.2001 hat das Sozialgericht daraufhin die Landesversicherungsanstalt Freie und Hansestadt Hamburg beigeladen. Die Beigeladene hat ergänzend vorgetragen, da der Kläger in einer Befragung durch die UNRRA/IRO im DP-Camp die deutsche Sprache nicht angegeben habe, und in den Original KZ-Unterlagen als Sprache ungarisch aufgeführt worden sei, könne die Einlassung des Klägervertreters, dass die Mutter des Klägers Deutschlehrerin gewesen sei, nur so gedeutet werden, dass die deutsche Sprache eher als Bildungssprache verwendet worden sei. Die Beigeladene hat sich dem Antrag der Beklagten angeschlossen.
Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung des Gerichts ohne mündliche Verhandlung erklärt.
Mit Urteil ohne mündliche Verhandlung hat das Sozialgericht am 04.06.2002 die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt, die Berücksichtigung der in Ungarn zurückgelegten Versicherungszeiten scheitere schon daran, dass nicht glaubhaft gemacht sei, dass der Kläger dem deutschen Sprach- und Kulturkreis angehöre. Die Kammer habe sich weder davon überzeugen können, dass der Kläger die deutsche Sprache wie eine Muttersprache beherrscht habe, noch davon , dass er diese in seinem persönlichen Lebensbereich bis zum Beginn der Verfolgung überwiegend gebraucht habe. Zwar lasse sich zu Gunsten des Klägers annehmen, dass er im Elternhaus die deutsche Sprache erlernt und verwendet habe, es lasse sich aber nicht feststellen, dass die deutsche Sprache für ihn im Vergleich zur ungarischen Sprache einen größeren Einfluss gehabt habe und überwiegend verwendet worden sei.
Gegen das ihm am 06.06.2002 zugestellte Urteil hat der Kläger am selben Tag Berufung eingelegt. Er verfolgt sein Begehren mit der gleichen Begründung wie im Klageverfahren weiter.
Der Prozessbevollmächtigte hat eine Erklärung des Klägers vom 12.12.2002 vorgelegt. Der Kläger nimmt darin Stellung zu dem abweisenden Urteil des Sozialgerichts. Er trägt insbesondere vor, zum Stichtag für den Beginn der nationalsozialistischen Einflussnahme in Ungarn, dem 06.04.1991, sei er erst weniger als 18 Jahre alt gewesen und erst seit vier Jahren im Berufsleben. Er habe im Berufsleben zwar viel das Ungarische verwendet, habe aber mit den Freunden aus seiner ersten Jugend weiter meistens deutsch gesprochen. In der Elementarschule und in der Bürgerschule habe man deutsch gelernt. Betreffend die deutschsprachige Lektüre habe man von der Freundin der Großmutter oft deutschsprachige Zeitungen und Magazine bekommen. In der Schweiz habe er wenig Deutsch gesprochen, da es für einen aus dem Konzentrationslager befreiten Juden schändlich und lächerlich gewesen sei deutsch zu sprechen. Bei den Fortbildungskursen in Deutschland habe er sich in der technischen Sprache ausgebildet. In Israel habe er nicht mehr deutsch gesprochen, da seine Frau nicht deutsch sprechen konnte und ansonsten in Israel eine deutschfeindlichen Atmosphäre herrschte. Sein Akzent sei nicht osteuropäisch sondern israelisch. Er spreche sogar das Ungarische mit israelischem Akzent. Wenn er nicht durch seine Kindheit und erste Jugend, besonders durch seine Mutter so stark in der deutschen Sprache verankert wäre, könnte er nicht mehr deutsch sprechen.
Auf eine Anfrage des Senats vom 12.01.2004 beim Deutschen Generalkonsulat in New York hat dieses mit Schreiben vom 21.01.2004 mitgeteilt, dass die Tonaufzeichnung der Sprachprüfung des Klägers aufgrund der 5-jährigen Aufbewahrungsfrist bereits vernichtet worden sei.
Der Kläger ist in der mündlichen Verhandlung vom 27.02.2004 weder erschienen noch vertreten gewesen.
Er beantragt schriftsätzlich sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 20.01.1999 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 19.06.1998 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 14.01.1999 zu verurteilen, die Bescheide vom 05.11.1991, 14.09.1995 und 12.12.1995 zurückzunehmen sowie ihn zur Nachentrichtung von Beiträgen zuzulassen und ihm unter Berücksichtigung der anerkannten Beitragszeiten Regelaltersrente zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, der Verwaltungsakte der Beklagten sowie auf die Entschädigungsakte des Klägers beim Amt für Wiedergutmachung in Saarburg Bezug genommen. Diese Akten haben vorgelegen und sind ihrem wesentlichen Inhalt nach Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte gemäß §§ 153 Abs. 1, 110 Abs. 1, 126 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in Abwesenheit des Klägers verhandeln und entscheiden, weil sein Prozessbevollmächtigter in der Terminsmitteilung, die ihm rechtzeitig zugestellt worden ist, auf diese Möglichkeit hingewiesen worden ist.
Die zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet.
Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 19.06.1998 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.01.1999 ist rechtmäßig. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Rücknahme der Bescheide vom 05.11.1991, 14.09.1995 und 12.12.1995, auf Gewährung von Altersrente wegen Vollendung des 65. Lebensjahres und auf Zulassung zur Nachentrichtung von Beiträgen.
Im Rahmen des § 44 SGB X ist der Verwaltungsakt nur dann zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei seinem Erlass das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist. Die Bescheide vom 05.11.1991, 14.09.1995 und 12.12.1995 sind jedoch nicht unrichtig. Die Beklagte hat darin zutreffend entschieden, dass dem Kläger Leistungen der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung – insbesondere auch das Recht zur Nachentrichtung nach dem ZA-DISVA oder nach dem Schlussprotokoll zum Abkommen zwischen den USA und der Bundesrepublik Deutschland über soziale Sicherheit nicht zustehen.
Gemäß § 35 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) haben Versicherte Anspruch auf Regelaltersrente, wenn sie das 65. Lebensjahr vollendet und die allgemeine Wartezeit – im Sinne der Mindestversicherungszeit fünf Jahre – erfüllt haben ( § 50 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI). Für den Kläger sind keine auf die Wartezeit der deutschen Rentenversicherung anrechenbaren Versicherungszeiten vorhanden. Er hat keinen Anspruch auf Anerkennung der von ihm geltend gemachten Beitragszeiten und keinen Anspruch auf Zulassung zur Nachentrichtung von Beiträgen nach dem ZA-DISVA (BGBl. 1996, Teil II S. 248) oder dem Schlussprotokoll zum Abkommen zwischen den USA und der Bundesrepublik Deutschland über soziale Sicherheit (BGBl. 1996 II, S. 302), da nicht glaubhaft gemacht ist, dass er im Sinne von § 17 a FRG zum Zeitpunkt der Erstreckung des nationalsozialistischen Einflussbereichs auf sein Heimatgebiet dem deutschen Sprach- und Kulturkreis angehörte.
Der Senat hält es – ebenso wie das Sozialgericht – nicht für überwiegend wahrscheinlich, dass der Kläger bei Beginn der Verfolgung bzw. im Zeitpunkt des Verlassens des Vertreibungsgebietes dem dSK angehörte.
Für die Zugehörigkeit zum dSK kommt es wesentlich darauf an, inwieweit der Kläger die deutsche Sprache beherrscht und gebraucht hat (vgl. BSG, Urteil vom 10.3.1999 – B 13 RJ 25/98 R). Ein Verfolgter, der – wie der Kläger – mehrsprachig aufgewachsen ist, kann dann dem dSK zugerechnet werden, wenn er die deutsche Sprache wie eine Muttersprache beherrscht und sie in seinem persönlichen Lebensbereich überwiegend verwendet hat (vgl. BSG SozR 5070 § 20 Nr. 4, 13; BSG SozR 3-5070 § 20 Nr. 1,2).
Die Beklagte war insbesondere nicht aus Rechtsgründen verpflichtet, die Zugehörigkeit zum dSK allein deshalb anzuerkennen, weil der Kläger eine positive Sprachprüfung abgelegt hat (vgl. dazu ausführlich: BSG, Urteil vom 14. März 2002, B 13 RJ 15/01 R). Erforderlich ist vielmehr eine Gesamtwürdigung aller Umstände.
Diese Gesamtwürdigung führt im vorliegenden Fall dazu, dass unter Berücksichtigung des Gesamtergebnisses der Ermittlungen, wie sie sich aus der Verwaltungsakte und der Gerichtsakte ergeben und unter Berücksichtigung des Vortrags des Klägers im Klage- und Berufungsverfahren die Zugehörigkeit zum dSK nicht im Sinne von § 4 Abs. 1 Satz 2 FRG glaubhaft gemacht ist.
Es ist nach dem Ergebnis aller Ermittlungen nicht überwiegend wahrscheinlich, d.h. es sprechen nicht mehr Umstände dafür als dagegen, dass der Kläger im maßgebenden Zeitraum, dem dSK angehört hat.
Nach dem Ergebnis der Sprachprüfung spricht der Kläger ein holpriges Deutsch, dessen Wortschatz jedoch ausreichend ist, um eine normale Unterhaltung zu führen. Die Satzstellung ist osteuropäisch oder Jiddisch angelehnt, er spricht mit einem deutlichen Akzent. Er benutzt jedoch keine Amerikanismen oder fremdsprachigen Wörter. Während des Diktats fiel auf, dass der Kläger auch schwierigere Wörter inhaltlich versteht. Der Kläger hat ein Diktat geschrieben und einen kurzen Aufsatz. In beiden Schriftstücken finden sich erhebliche Rechtschreibfehler.
Ob man dem Ergebnis der Sprachprüfung tatsächlich entnehmen kann, dass der Kläger die deutsche Sprache wie eine Muttersprache beherrscht, ist fraglich. Dafür spricht zwar, dass der Kläger noch nach relativ langer Zeit in der Lage ist eine normale Unterhaltung in deutscher Sprache zu führen sowie kurze Texte zu schreiben – wenn auch mit vielen Fehlern. Diese Kenntnisse kann der Kläger aber auch durch einen nicht-muttersprachlichen Erwerb erlangt haben. Er hat selbst vorgetragen in der Schule umfangreichen Deutschunterricht erhalten zu haben. Im Ergebnis kann es jedoch dahinstehen, ob der Kläger Deutsch tatsächlich wie eine Muttersprache beherrscht hat.
Entscheidend ist vielmehr, wie das Sozialgericht mit zutreffender Begründung entschieden hat, dass nicht glaubhaft gemacht wurde, dass der Kläger die deutsche Sprache auch überwiegend in seinem persönlichen Lebensbereich gebraucht hat. Wesentliche Voraussetzung für die Zugehörigkeit zum dSK ist nach dem vom BSG (u.a. BSG 10.3.1990, B 13 RJ 25/98 R), aufgestellten Grundsätzen auch der ständige Gebrauch der deutschen Sprache im Bereich des persönlichen Lebens, wozu neben der Ehe und Familie auch der Freundes- und Bekanntenkreis gehört (BSG SozR 5070 § 20 Nr. 13, S. 49 f).
Hinsichtlich dieses Merkmals sind sämtliche Kommunikationsformen (Sprechen, Hören und Lesen) und deren Ausprägung im persönlichen Umfeld in Betracht zu ziehen (vgl. LSG NRW, 23.7.2001, L 3 RJ 38/00). Bei Gesamtwürdigung der erreichbaren Informationen hält der Senat es nicht für überwiegend wahrscheinlich, dass Deutsch im persönlichen Lebensbereich des Klägers bis zum Beginn des nationalsozialistischen Einflusses auf sein Heimatgebiet die dominante Rolle gespielt hat. Als Zeitpunkt der nationalsozialistischen Einflussnahme in Ungarn ist in Übereinstimmung mit § 43 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2, 2. Halbsatz des Bundesentschädigungsgesetzes (BEG) der 6.4.1941 zugrunde zu legen (BSG SozR 3 5050 § 17 a Nr. 2). Zu diesem Zeitpunkt hatte der 1923 geborene Kläger bereits das 16. Lebensjahr vollendet.
Schon nach den eigenen Angaben des Klägers ist es fraglich – jedenfalls aber nicht überwiegend wahrscheinlich -, dass die deutsche Sprache im persönlichen Lebensbereich des Klägers die dominierende Rolle gespielt hat. Zum einen hat der Kläger selbst im Klageverfahren angegeben, er habe zu Hause und in seiner engen familiären Umgebung bis zu seiner Einschulung nur Deutsch gesprochen, ungarisch nur wenig. Seit der Einschulung sei dann in der Schule ungarisch unterrichtet worden und er habe angefangen ungarisch fließend zu sprechen. Jedenfalls die gesamte Schulzeit des Klägers ist vom Gebrauch des Ungarischen als Unterrichtssprache geprägt worden. Deutsch wurde nur als Fremdsprache unterrichtet. Zum Zeitpunkt des Beginns des nationalsozialistischen Einflusses auf sein Heimatgebiet hatte der Kläger die Schule schon abgeschlossen. Er befand sich schon seit 1938 in der Lehre bzw. im Beruf. Nach Einschätzung des Senats ist davon auszugehen, dass zum maßgeblichen Zeitpunkt der Einfluss des Elternhauses, welches nur aus dem Kläger und seiner Mutter bestand, da sein Vater früh verstorben ist und er keine Geschwister hatte, schon stark zurückgegangen war und sowohl im Beruf als auch im Freundeskreis überwiegend ungarisch gesprochen wurde.
Gegen den überwiegenden Gebrauch der deutschen Sprache in seinem persönlichen Lebensbereich spricht auch der Umstand, dass der Kläger nicht in einem deutschen Siedlungsgebiet gelebt hat. Ausweislich der Heimatauskunftsstelle kann davon ausgegangen werden, dass C nicht zu einem Gebiet zu zählen ist, in dem die deutsche Sprache eine wesentliche Rolle spielte. Nach der Volkszählung von 1930 wurde in C ganz überwiegend ungarisch gesprochen. Von ca. 50000 Einwohnern hatten lediglich 220 Einwohner die deutsche Sprache als Muttersprache angegeben. Es gab keine Schule mit deutscher Unterrichtssprache. Deutsch wurde lediglich als Fremdsprache in drei bis vier Wochenstunden unterrichtet.
Auch aus der Auskunft des internationalen Suchdienstes Arolsen lässt sich nicht schließen, das deutsch die überwiegend gebrauchte Sprache des Klägers war. In der DP-2 Karte sind keine Angaben über Sprachkenntnisse vermerkt, in den Original-Konzentrationslagerunterlagen ist als Sprache "ungarisch" angegeben.
Das Ergebnis der Sprachprüfung lässt es zur Überzeugung des Senats nicht als überwiegend wahrscheinlich erscheinen, dass der Kläger zum maßgeblichen Zeitpunkt die deutsche Sprache in seinem persönlichen Lebensbereich überwiegend gebraucht hat. Zum einen ist es durchaus nachvollziehbar, dass der Kläger durch den schulischen Fremdsprachenerwerb der deutschen Sprache, der durch die schon im Elternhaus erworbenen Kenntnisse erleichtert wurde, die in der Sprachprüfung gezeigten Kenntnisse erlangt hat. Zudem hat der Kläger auch im Rahmen der Sprachprüfung selbst angegeben, von 1944 bis 1948 in Deutschland und in der Schweiz in einer "reindeutschen Umgebung" gelebt zu haben (dies steht allerdings im Widerspruch zu seiner Erklärung im Berufungsverfahren). Zudem war der Kläger auch später noch im Rahmen seiner Berufsausübung zu Fortbildungen in Deutschland. Jedenfalls ist durch das Ergebnis der Sprachprüfung nicht zwingend festzustellen, dass der Kläger die deutsche Sprache zum maßgeblichen Zeitpunkt im persönlichen Lebensbereich überwiegend gebraucht hat. Das nach vielen Jahren noch relativ gute Ergebnis der Sprachprüfung lässt sich auch mit der Schulbildung des Klägers und dem Aufenthalt in der Schweiz von 1945-1948 gut nachvollziehbar erklären.
Auch die vorgelegten Zeugenerklärungen vermögen die Bedenken des Senats an einer überwiegenden Verwendung der deutschen Sprache im persönlichen Lebensbereich nicht auszuräumen. Sie sind nicht geeignet, die überwiegende Wahrscheinlichkeit der Zugehörigkeit des Klägers zum dSK festzustellen. Der Zeuge E M hat lediglich bestätigt, dass der Kläger ständig deutsche Stunden gehabt habe, da er von zu Hause schon gut deutsch gesprochen habe. Seine Mutter habe deutsche Stunden gegeben um ihren Lebensunterhalt zu bestreiten. Aus den im Überprüfungsverfahren vorgelegten Erklärungen der Zeugen W und C, die in wesentlichen Passagen fast wortgleich sind, geht hervor, dass der Kläger mit seiner Mutter, die deutsch unterrichtete, deutsch gesprochen habe, schon um das Vertrauen ihrer Schüler und Eltern zu gewinnen. Mit Gästen, die kein deutsch konnten habe die Mutter ungarisch gesprochen. Im Haus seien hauptsächlich deutsche Bücher und Zeitschriften gewesen.
Auffällig ist dabei, dass der Kläger – im Unterschied zu den Zeugen – selbst angegeben hat, er habe deutschsprachige Literatur aus finanziellen Gründen im wesentlichen in der Schule gelesen.
Bei der Würdigung der Zeugenaussagen ist weiter zu berücksichtigen, dass die Zeugen jeweils nur eine begrenzte Aussage über die überwiegende Verwendung der deutschen Sprache in der Familie des Klägers machen konnten. Sie können dies grundsätzlich nur für die Zeiträume bestätigen, in denen sie tatsächlich mit der Familie des Klägers zusammen waren.
Selbst wenn man davon ausgeht, dass der Kläger bei Anwesenheit der Zeugen mit seiner Mutter ausschließlich die deutsche Sprache verwendet hat, so ist der Senat jedoch aufgrund der eigenen Angaben des Klägers und der anderen Indizen, insbesondere der Auskunft der Heimatauskunftsstelle, bei Gesamtwürdigung der Umstände zu dem Ergebnis gekommen, dass nicht glaubhaft gemacht worden ist, dass der Kläger die deutsche Sprache überwiegend in seinem persönlichen Lebensbereich gebraucht hat. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass der Kläger zum maßgeblichen Zeitpunkt in einer – wie er selbst angegeben hat – ungarisch geprägten Umgebung lebte und schon längere Zeit im Berufsleben stand. Sowohl in der Schulzeit als auch im Berufsleben spielt erfahrungsgemäß der Einfluss des Elternhauses zunehmend eine geringere Rolle.
Mangels der Zugehörigkeit zum dSK gehört der Kläger damit nicht zum begünstigten Personenkreis des § 17 a FRG und ist auch nicht zur Nachentrichtung von Beiträgen zuzulassen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Ein Anlass zur Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG besteht nicht.
Erstellt am: 24.03.2004
Zuletzt verändert am: 24.03.2004