Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Köln vom 19.01.2009 wird zurückgewiesen. Kosten sind den Antragstellern im Beschwerdeverfahren zu erstatten. Den Antragstellern wird Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwältin U aus L für das Beschwerdeverfahren bewilligt.
Gründe:
I. Die Antragsteller begehren im Wege der einstweiligen Anordnung die vorläufige Verpflichtung der Antragsgegnerin zur Sicherung ihres Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).
Die am 00.00.1988 geborene Antragstellerin zu 1) ist die Mutter der minderjährigen Antragsteller zu 2) bis 4) und erwartet derzeit ihr viertes Kind. Die Antragsteller sind italienische Staatsangehörige, die Antragstellerin zu 1) verfügt über eine Bescheinigung gemäß § 5 Freizügigkeitsgesetz/EU.
Am 15.03.2008 reiste die Antragstellerin zu 1) mit ihren Kindern, den Antragstellern zu 2) bis 4), in die Bundesrepublik Deutschland ein. Nach ihren eigenen Angaben erfolgte die Einreise zur Arbeitssuche. Sie bezog in L mit dem Vater der Kinder, Herrn T, eine gemeinsame Wohnung.
Am 21.08.2008 beantragte die Antragstellerin erstmals Leistungen nach dem SGB II. Dieser Antrag wurde mit Bescheid vom 28.08.2008 mit der Begründung abgelehnt, die Antragstellerin zu 1) sei ausschließlich zum Zwecke der Arbeitssuche in die Bundesrepublik Deutschland gekommen und habe daher gemäß § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II keinen Anspruch auf Leistungen. Auch ein ebenfalls gestellter Antrag auf Leistungen nach dem SGB XII wurde abgelehnt. Die Antragstellerin strengte sowohl gegen die jetzige Antragsgegnerin als auch die Stadt L als Sozialhilfeträger einstweilige Anordnungsverfahren an. Am 23.10.2008 hatte das Sozialgericht die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, den Antragstellern vorläufig vom 02.10.2008 bis zum 31.12.2008 Regelleistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen des SGB II in Höhe von monatlich 955,20 EUR und Kosten der Unterkunft in Höhe von monatlich 360,00 EUR zu gewähren. Hiergegen hatte die Antragsgegnerin Beschwerde eingelegt. Während des Beschwerdeverfahrens hatte die Antragsgegnerin den Antragstellern mit Bescheid vom 05.01.2009 für die Zeit vom 02.10.2008 bis zum 31.10.2008 Leistungen in Höhe von 1.143,30 EUR monatlich ohne Vorbehalt gewährt und ausgezahlt. Auf einen Hinweis des Senats, dass damit die Leistungen endgültig bewilligt worden seien, hat die Antragsgegnerin mit weiterem Bescheid vom 11.02.2009 diese Bewilligung gemäß § 45 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) zurückgenommen und eine eventuelle Rückforderung der Leistungen bis zur endgültigen Entscheidung im Gerichtsverfahren zurückgestellt. Daraufhin hat der Senat mit Beschluss vom 23.03.2009 (L 20 B 129/08 AS ER) die Beschwerde zurückgewiesen.
Die Antragsteller stellten am 18.12.2008 einen Fortzahlungsantrag ab dem 01.01.2009, der mit Bescheid vom 29.12.2008 abgelehnt wurde. Gegen diesen Bescheid wurde von ihnen am 02.01.2009 Widerspruch eingelegt. Außerdem haben sie beim Sozialgericht Köln einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt.
Das Sozialgericht hat mit Beschluss vom 19.01.2009 die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, den Antragstellern vorläufig vom 02.01.2009 bis 31.03.2009 Regelleistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch (SGB II) in Höhe von monatlich 759,20 EUR zu gewähren. Im Übrigen hat es den Antrag abgelehnt, weil es die Regelleistung um 20% gekürzt und keinen Anordnungsgrund für die vorläufige Gewährung von Mietzahlungen gesehen hat. Zur Begründung hat das Sozialgericht ausgeführt, dass die Antragsteller das Vorliegen der Voraussetzungen des von ihnen geltend gemachten Anspruchs auf Leistungen nach §§ 19, 20 SGB II und damit das Vorliegen eines Anordnungsanspruchs teilweise glaubhaft gemacht hätten. Ob sie unter den Leistungsausschluss des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II fielen, könne im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nicht abschließend geklärt werden. Zwar sei davon auszugehen, dass sich das Aufenthaltsrecht der Antragstellerin zu 1) allein aus dem Zweck der Arbeitssuche ergebe, da sie eine Freizügigkeitsbescheinigung besitze und andere Tatbestände für den Erhalt einer solchen Bescheinigung nach dem Freizügigkeitsgesetz nicht vorlägen. Fraglich sei aber, ob der Leistungsausschluss des § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II im vorliegenden Fall mit dem Europäischen Fürsorgeabkommen (EFA) vereinbar sei. Nach Art. 1 EFA verpflichte sich jeder Vertragsstaat, den Angehörigen eines anderen Vertragsstaates, die sich erlaubt in ihrem Gebiet aufhielten, Fürsorgeleistungen unter den gleichen Voraussetzungen wie seinen eigenen Staatsangehörigen zu gewähren. Ausländer, auf die das EFA anzuwenden sei, seien mit ihnen gleichgestellt. Auf dieses Gleichheitsgebot könnten sich die Angehörigen der anderen Vertragsstaaten der EFA unmittelbar berufen und Ansprüche und Leistungen geltend machen (LSG NRW, Beschluss vom 16.07.2008, L 19 B 111/08 AS ER). Auf die Antragsteller als italienische Staatsbürger sei das EFA anwendbar und es stehe der Ausschlussnorm des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II entgegen.
Gegen den ihr am 21.01.2009 zugestellten Beschluss hat nur die Antragsgegnerin am 28.01.2009 Beschwerde eingelegt, die sie nicht näher begründet hat.
Sie beantragt,
den Beschluss des Sozialgerichts Köln vom 19.01.2009 aufzuheben und den Antrag abzulehnen.
Die Antragsteller beantragen,
die Beschwerde zurückzuweisen und ihnen unter Beiordnung von Rechtsanwältin U aus L Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren zu gewähren.
Sie halten den Beschluss des Sozialgerichts für rechtens.
II. Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet.
Nach § 86b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig erscheint. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung setzt das Bestehen eines Anordnungsanspruchs, d.h. eines materiellen Anspruchs, für den vorläufiger Rechtsschutz begehrt wird, sowie das Vorliegen eines Anordnungsgrundes, d. h. die Unzumutbarkeit, die Entscheidung in Hauptsache abzuwarten, voraus. Der Anordnungsanspruch und der Anordnungsgrund sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i. V. m. § 29 Abs. 2 Zivilprozessordnung – ZPO -).
Einen Anordnungsanspruch haben die Antragsteller, soweit er einer Entscheidung durch den Senat im Beschwerdeverfahren zugänglich ist, glaubhaft gemacht. Sie verfügen nicht über die finanziellen Mittel zur Sicherung ihrer Existenz. Sie erhalten kein Erwerbseinkommen. Ein Abwarten des Hauptsacheverfahrens ist nicht zumutbar.
Es spricht, wie schon das Sozialgericht ausgeführt hat, einiges dafür dass den Antragstellern als italienischen Staatsangehörigen aufgrund des Art. 1 EFA ein Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II in Form der Regelleistung zusteht.
In der Person der Antragstellerin zu 1) liegen die Anspruchsvoraussetzungen des § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II vor. Gemäß § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II sind allerdings Ausländer und ihre Familienangehörigen ausgenommen, deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitssuche ergibt. Diese Ausnahmevorschrift trifft auf die Antragsteller nicht zu.
Ob die Vorschrift des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II mit dem Gemeinschaftsrecht der EU vereinbar ist, kann der Senat im vorliegenden Fall offen lassen (vgl. den Vorlagebeschluss des SG Nürnberg vom 18.12.2007, S 19 AS 738/07; zum Meinungsstand siehe LSG NRW, Beschlüsse vom 03.11.2006, L 20 B 248/06 AS ER und vom 16.07.2008, L 19 B 111/08 AS ER).
Im vorliegenden Fall sprechen bei summarischer Prüfung überwiegend Gründe dafür, dass die Antragsteller durch Art. 1 EFA begünstigt und können unmittelbar daraus einen Anspruch auf Sicherung ihres Lebensunterhalts ableiten. Nach diesem Artikel verpflichtet sich jeder Vertragsstaat, dem Angehörigen eines anderen Vertragsstaates, der sich erlaubt in seinem Gebiet aufhält, Fürsorgeleistungen unter den gleichen Voraussetzungen wie seinen eigenen Staatsangehörigen zu gewähren. Auf dieses Gleichstellungsgebot können sich die Angehörigen der anderen Vertragsstaaten des EFA gegenüber den deutschen Behörden unmittelbar berufen und Ansprüche auf Leistungen geltend machen (zum Sozialhilferecht siehe BVerwG, Urteil vom 18.05.2000, 5 C 29/98 = BVerwGE 111,200).
Durch Zustimmungsgesetz vom 15.05.1956 (BGBl II, S.563) ist das EFA in innerstaatlich anwendbares, Rechte und Pflichten des einzelnen begründendes Recht transformiert worden, weil der Zweck des Vertrages, den Angehörigen der Vertragsstaaten auf den Gebieten der sozialen und Gesundheitsfürsorge Gleichbehandlung mit Inländern einzuräumen, nur erreicht werden kann, wenn diese Gleichbehandlung mit Inländern unmittelbar geltend gemacht werden kann.
Die Bedenken der Antragsgegnerin an der Anwendung des EFA auf Leistungsberechtigte nach dem SGB II werden vom Senat nicht geteilt.
Anders als in § 23 Abs. 1 Satz 5 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII) findet sich im SGB II zwar keine vergleichbare Öffnungsklausel. § 23 Abs. 1 Satz 5 bestimmt nämlich, dass Rechtsvorschriften, nach denen außer den in Satz 1 genannten Leistungen auch sonstige Sozialhilfe zu leisten ist oder geleistet werden soll, unberührt bleiben. Unbestrittener Maßen erhalten leistungsberechtigte Ausländer nach dem SGB XII durch das EFA die gleichen Leistungen wie deutsche Staatsangehörige (vgl. hierzu Wahrendorf, Grube/Wahrendorf, SGB XII, 2. Auflage, 2008, § 23 Rn. 7). Aus dem Fehlen einer der § 25 Abs. 1 Satz 5 SGB XII vergleichbaren Vorschrift im SGB II kann nicht der Schluss gezogen werden, dass das EFA auf nach § 7 SGB II Leistungsberechtigte nicht anzuwenden ist.
Die Anwendbarkeit des EFA ergibt sich grundsätzlich aus § 30 Abs. 1 SGB I, wonach Regelungen des über- und zwischenstaatlichen Rechts unberührt bleiben (LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 14.01.2008, L 8 SO 88/07 ER). Zwar ist das Transformationsgesetz zum Europäischen Fürsorgeabkommen im Verhältnis zum SGB II die ältere Norm. Eine früher in Kraft getretene Vorschrift verliert aber nur dann ihre Wirkung, wenn sie befristet ist oder durch das jüngere Gesetz aufgehoben und außer Kraft gesetzt wird. Hierzu lassen sich dem SGB II keine Anhaltspunkte entnehmen. Lediglich dann, wenn die Regelungen des EFA mit denen des § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II inhaltlich identisch wären, griffe der Grundsatz, dass das jüngere Gesetz das ältere verdrängt, ein. Eine inhaltliche Verschiedenheit zwischen Art. 1 EFA und § 7 Abs. 2 SGB II ergibt sich schon daraus, dass das SGB II keine erkennbare Aussage über den Umfang einer Gleichbehandlung von Deutschen und Ausländern nach in deutsches Recht transformierten völkerrechtlichen Verpflichtungen trifft.
Bisher ungeklärt ist der im Europäischen Fürsorgeabkommen verwendete Begriff der Fürsorge in Bezug auf die Frage, ob davon auch die Leistungen nach dem SGB II erfasst sind (verneinend LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 25.11.2008, L 5 B 801/08 AS ER; bejahend LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 14.01.2008, L 8 SO 88/07 ER). Der mit dem Argument begründeten Auffassung, das EFA finde gemäß seinem Art. 2 nur auf die im Anhang genannten Rechtsvorschriften Anwendung und es sei keine Anpassung an die aktuelle Gesetzeslage erfolgt, steht entgegen, dass im Anhang I zum EFA (Stand: 01.03.2000, siehe Bekanntmachung der Neufassung der Anhänge I, II und III zum EFA vom 20.09.2001, Bundesgesetzblatt II, 2001, Seite 1086) als Fürsorgegesetz im Sinne des Art 1 EFA u.a. das BSHG aufgeführt ist. Eine Neufassung dieses Anhangs im Hinblick auf die Ablösung des BSHG durch das SGB XII und das SGB II zum 01.01.2005 ist – soweit ersichtlich – bislang nicht erfolgt. Nach Art 16a und b EFA haben die Vertragsschließenden den Generalsekretär des Europarates über jede Änderung der Gesetzgebung zu unterrichten, die den Inhalt von Anhang I und III berührt, und dem Generalsekretär alle neuen Rechtsvorschriften mitzuteilen, die in Anhang I noch nicht aufgeführt sind.
Daraus folgt, dass keine Einschränkung der völkervertragsrechtlichen Fürsorgegewährleistung vorzunehmen ist (so auch LSG Niedersachsen-Bremen, a.a.O. Rn. 14).
Will der mitteilende Vertragsstaat, dass sich eine spätere Änderung seiner Fürsorgegesetzgebung auf die Staatsangehörigen der übrigen Vertragsstaaten nicht in der gleichen Weise auswirken soll wie auf seine eigenen Staatsangehörigen, muss er seine Mitteilung an den Generalsekretär des Europarates mit einem entsprechenden Vorbehalt verbinden (vgl. Art. 16 Abs. b Satz 2 EFA). Einen weitergehenden Vorbehalt als den nach Einführung des Bundessozialhilfegesetzes abgegebenen, sich nicht zur Gewährung von sozialhilferechtlichen Hilfen zum Aufbau oder zur Sicherung der Lebensgrundlage und von Hilfen zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten zu verpflichten, hat aber die Bundesrepublik Deutschland nicht erklärt, weil Sie nicht ausgeschlossen hat, dass auch diese Hilfen in geeigneten Fällen gewährt werden (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 18.05.2005, 5 C 29/98 = BVerwGE 111, 200).
Zwar sind die Leistungen nach dem SGB II nicht identisch mit denen des BSHG und des SGB XII. Gleichwohl weisen sie eine sozialhilferechtliche Nähe auf, weil sie beitragsunabhängig sind und an die Bedürftigkeit des Grundsicherungsempfängers anknüpfen. Daraus ergibt sich, dass das EFA auf die Grundsicherung für Arbeitsuchende Anwendung findet (vgl. Fuchs, Neue Zeitschrift für Sozialrecht, 2007, 3).
Aus dem gemäß Anhang II Nr. 1 zum EFA von der Bundesregierung erklärten Vorbehalt lässt sich die Nichtanwendung des EFA auf das SGB II nicht ableiten (so aber Bay. LSG, Beschluss vom 25.11.2008, L 5 B 801/08 AS ER). Dieser Vorbehalt ist für die Gewährung von Beihilfen und Darlehen sowie für Ausbildungsbeihilfen zum Zweck der Existenzgründung und der Erlangung der Erwerbs- und Berufsbefähigung gemacht worden, da diese Hilfen außerhalb des Rahmens der Fürsorge im Sinne des EFA liegen. Vorliegend ist mit den Regelleistungen keiner der Vorbehalte betroffen.
Weitere Voraussetzungen für die Anwendung des EFA ist der erlaubte Aufenthalt der Antragstellerin zu 1) im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland, Art. 1, Art. 11 EFA und Anhang III zum EFA. Die Antragstellerin zu 1) verfügt über eine Freizügigkeitsbescheinigung aufgrund des Freizügigkeitsgesetzes/EU. Von der Freizügigkeitsbescheinigung, die gemäß § 5 Freizügigkeitsgesetz/EU auszustellen ist, geht eine deklaratorische Wirkung aus (zur Frage, ob es sich um einen feststellenden Verwaltungsakt handelt) vgl. HK-AuslR/Geier, in: Hofmann/Hoffmann, Ausländerrecht, 2008, § 5 Freizügigkeitsgesetz/EU Rn. 2). Nach dem Freizügigkeitsgesetz/EU ist der Aufenthalt des freizügigkeitsberechtigten Unionsbürgers und seiner Familienangehörigen an sich rechtmäßig (vgl. Geier, a. a. O., Rn. 3). Nach § 7 Abs. 1 Satz 1 Freizügigkeitsgesetz/EU sind Unionsbürger ausreisepflichtig, wenn die Ausländerbehörde nach § 6 Freizügigkeitsgesetz/EU festgestellt hat, dass das Recht auf Einreise und Aufenthalt nicht (mehr) besteht. Die näheren Voraussetzungen, unter denen ein Unionsbürger des erlaubten Aufenthaltes verlustig geht, sind in § 6 Freizügigkeitsgesetz/EU geregelt. Aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit und Gesundheit kann in das gemeinschaftsrechtliche Freizügigkeitsrecht eingegriffen und dieses beschränkt werden (Richtlinie 2004/38/EG; zu den weiteren Einzelheiten siehe Huber/Göbel-Zimmermann, Ausländer- und Asylrecht, 2. Auflage, 2008, Rn. 1453f). Solange jedenfalls keine die Ausreisepflicht feststellende Verfügung der Ausländerbehörde ergangen ist, hält sich die Antragstellerin zu 1) mit ihren Kindern in Deutschland rechtmäßig auf.
Da letztlich eine abschließende Klärung der Sach- und Rechtslage wegen deren Komplexität im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes nicht möglich erscheint, ist aufgrund einer Folgenabwägung zu entscheiden (vgl. BVerfG, Beschluss vom 12.05.2008, 1 BvR 569/05). Die grundrechtlichen Belange der Antragsteller sind dabei umfassend in die Abwägung mit einzubeziehen. Die Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende dienen der Sicherstellung eines menschenwürdigen Lebens. Diese Sicherstellung ist eine verfassungsrechtliche Pflicht des Staates, die aus dem Gebot zum Schutze der Menschenwürde in Verbindung mit dem Sozialstaatsgebot folgt. Daher überwiegt im vorliegenden Fall, auch unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des Einzelfalles – bevorstehende Niederkunft der Antragstellerin zu 1) – das Interesse der Antragsteller am Erlass der Regelungsanordnung, weil während des Hauptsacheverfahrens ohne die zuerkannten Leistungen des Existenzminimums der Antragsteller nicht gedeckt wäre und sie ausreisen müssten. Diese möglicherweise noch längere Zeit andauernde, erhebliche Beeinträchtigung kann nachträglich nicht mehr ausgeglichen werden. Deswegen ist die Beschwerde der Antragsgegnerin zurückzuweisen.
Die Bewilligung der Prozesskostenhilfe beruht auf § 73a SGG, § 114 ZPO.
Die Kostenentscheidung folgt aus einer analogen Anwendung des § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar, § 177 SGG.
Erstellt am: 18.05.2009
Zuletzt verändert am: 18.05.2009