Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Köln vom 17.11.2008 geändert. Die Antragsgegnerin hat die außergerichtlichen Kosten der Antragstellerin im Ausgangsverfahren zu 1/2 zu tragen. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen. Bezüglich des Beschwerdeverfahrens hat die Antragsgegnerin die außergerichtlichen Kosten der Antragstellerin in vollem Umfang zu tragen.
Gründe:
Die zulässige Beschwerde der Antragsgegnerin ist lediglich hinsichtlich der Kostenentscheidung des Sozialgerichts (SG) teilweise begründet, im Übrigen unbegründet.
Nach § 86b Abs. 2 Satz 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) sind einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig erscheint (Regelungsanordnung). Der Erlass einer einstweiligen Anordnung setzt das Bestehen eines Anordnungsanspruches, d. h. des materiellen Anspruchs, für den vorläufiger Rechtsschutz begehrt wird, sowie das Vorliegen eines Anordnungsgrundes, d. h. die Unzumutbarkeit voraus, bei Abwägung aller betroffenen Interessen die Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten. Können ohne die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Beeinträchtigungen entstehen, die durch das Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären, sind die Erfolgsaussichten der Hauptsache nicht nur summarisch, sondern abschließend zu prüfen. Scheidet eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren aus, ist auf der Grundlage einer an der Gewährung eines effektiven Rechtsschutzes orientierten Folgenabwägung zu entscheiden (BVerfG, Beschluss vom 12.05.2005 – 1 BvR 569/05 -, BVerfGK 5,237 = NVwZ 2005, Seite 927).
Unter Berücksichtigung dieser Kriterien hat das SG zu Recht die Antragsgegnerin verpflichtet, der Antragstellerin für die Zeit vom 01.10.2008 bis 31.03.2009 einen Zuschuss zu den ungedeckten Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von monatlich 144,60 Euro zu zahlen. Der Antragstellerin stehen Leistungen nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuches (SGB II) gemäß § 22 Abs. 7 SGB II. Hinsichtlich der genauen Berechnung wird auf die zutreffenden Ausführungen des SG im Beschluss vom 17.11.2008 verwiesen, die sich der Senat nach Prüfung zu eigen macht (§ 142 Abs. 2 Satz 3 SGG).
In Übereinstimmung mit dem SG sind die Vorgaben zur Berücksichtigung von Einkommen im SGB II, insbesondere § 11 SGB II, im Rahmen der Berechnung der zu gewährenden Leistungen gemäß § 22 Abs. 7 SGB II nicht zu berücksichtigen und insbesondere gewährtes Kindergeld nicht als Einkommen anzurechnen (vgl. hierzu LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 02.03.2009, L 19 AS 79/08; Hessisches Landessozialgericht, Beschluss vom 27.03.2009, L 6 AS 340/08 B ER und Beschluss vom 02.08.2007, L 9 AS 215/07 ER; Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 07.02.2008, L 14 B 133/08 AS ER jeweils m.w.N.; Sozialgericht Schwerin, Beschluss vom 29.03.2007, S 10 ER 49/07 AS, Rn. 24; a.A. unter anderem Landessozialgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 19.02.2009, L 5 AS 74/08, anhängig beim Bundessozialgericht -B 14 AS 23/09 R-). Zwar lässt sich den Gesetzesmaterialien entnehmen, dass der Gesetzgeber den Zuschuss nach § 22 Abs. 7 SGB II davon abhängig machen wollte, dass dem Auszubildenden selbst überhaupt Kosten für Unterkunft und Heizung entstehen und das diese nach Berücksichtigung von Einkommen und Vermögen ungedeckt sind. Daraus folgt aber nicht, dass der Gesetzgeber von einer Anrechnung von Einkommen und Vermögen nach den Vorschriften des SGB II ausgegangen ist. Da sowohl Leistungen nach dem BAföG als auch nach dem SGB II bedürftigkeitsabhängige Leistungen sind, auf die regelmäßig Einkommen und Vermögen angerechnet wird und im Übrigen nicht ersichtlich ist, dass der Gesetzgeber abweichend von den den Bestimmungen des BAföG zu Grunde liegenden Wertungen eine Verschlechterung der Situation von BAföG-Empfängern, die mit Hilfesuchenden nach dem SGB II bzw. Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch – Sozialhilfe – (SGB XII) in Bedarfsgemeinschaft lebten, gegenüber anderen BAföG-Empfängern beabsichtigt hat, ist § 22 Abs. 7 SGB II dahingehend auszulegen, dass die ungedeckten Unterkunftskosten ohne erneute Prüfung des (Gesamt-) Bedarfs und Anrechnung des Einkommens zu ermitteln sind. Diese Auslegung entspricht auch der Intention des Gesetzgebers, der ergänzend zu der pauschalierenden Regelungen der Ausbildungsförderungsvorschriften Leistungen insbesondere für diejenigen erbringen wollte, die mit Hilfebedürftigen in Bedarfsgemeinschaft leben und ihren eigenen Anteil an den Unterkunftskosten nicht bzw. nicht vollständig erstattet bekommen. Beabsichtigt ist nur die Aufstockung der Unterkunftsleistungen bis zur Bedarfsdeckung. Dass Leistungen nur nach vorheriger Ausschöpfung auch des nach dem BAföG anrechnungsfreien Einkommens erbracht werden sollten, kann der Gesetzesbegründung nicht entnommen werden. Insbesondere vor dem Hintergrund der Wertung des § 7 Abs. 5 Satz 1 SGB II wird deutlich, dass der Gesetzgeber bewusst verschiedene Leistungssysteme zur Sicherung der existenziellen Grundbedürfnisse bedürftiger Bürger zur Verfügung stellen wollte. Während in schulischer, betrieblicher oder universitärer Ausbildung befindliche Hilfebedürftige grundsätzlich dem Leistungssystem des BAföG bzw. dem der Berufsausbildungsbeihilfe nach dem SGB III unterfallen, beziehen sonstige erwerbsfähige Hilfebedürftige, welche sich nicht in einer Ausbildung befinden, grundsätzlich Leistungen nach dem SGB II. Der Gesetzgeber hat damit bewusst sich grundsätzlich gegenseitig ausschließende Leistungssysteme geschaffen (Bundessozialgericht – BSG -, Urteil vom 06.09.2007, Az.: B 14/7 B AS 36/06 R, m.w.N.). Für die Ausbildungsförderung hat er ein spezialgesetzliches Leistungssystem etabliert. Die im BAföG und SGB III vorgesehenen Ausbildungsförderungsmöglichkeiten sind nach der gesetzgeberischen Konzeption des Gesamtsozialleistungssystems abschließend. Auch das Arbeitslosengeld II soll nicht dazu dienen, subsidiär die Ausbildung in solchen Fällen zu fördern, in denen die Leistungsvoraussetzungen nach dem BAföG oder dem SGB III nicht vorliegen (BSG, Urteil vom 06.09.2007, Az.: B 14/7 B AS 28/06 R, m.w.N.).
Vor diesem Hintergrund ist der Senat der Überzeugung, dass der Gesetzgeber auch im Rahmen der Durchbrechung der Trennung dieser Leistungssysteme nach § 7 Abs. 5 Satz 2, Abs. 6 SGB II sowie insbesondere vorliegend gemäß § 22 Abs. 7 SGB II an seiner Grundentscheidung, der Trennung der Leistungssysteme, im Grundsatz festhalten wollte. Danach sind Auszubildende, welche Leistungen nach dem BAföG oder Berufsausbildungs-beihilfe nach dem SGB III beziehen, vorrangig nach den im Rahmen der Konzeption dieser Leistungssysteme geltenden Grundregeln und grundlegenden Entscheidungen des Gesetzgebers zu behandeln, nicht hingegen nach den Regelungen des SGB II, auch wenn die zusätzlich von ihnen bezogenen Leistungen – insbesondere solche nach § 22 Abs. 7 SGB II – durch den Gesetzgeber – wohl systemwidrig im Rahmen des SGB II nicht hingegen im BAföG oder SGB III normiert wurden. Für den Senat ist nicht ersichtlich, dass der Gesetzgeber – auch soweit er eine Normierung im SGB II vorgenommen hat – von seiner grundsätzlichen Entscheidung, der strikten Trennung dieser Leistungssysteme, absehen und abweichen wollte. Daher muss vorliegend die vom Gesetzgeber getroffene Grundentscheidung hinsichtlich der Nichtanrechenbarkeit von bezogenem Kindergeld als Einkommen im Rahmen der Leistungsgewährung nach dem BAföG bzw. nach dem SGB III auch bei Bezug von Leistungen nach § 22 Abs. 7 SGB II Geltung finden und Bestand haben. Durch den ergänzenden Bezug von Leistungen nach § 22 Abs. 7 SGB II wird die Klägerin nicht zur Bezieherin von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende, sondern bleibt als vorrangige Bezieherin von Berufsausbildungsbeihilfe dem SGB Ill-Leistungssystem der Ausbildungsförderung unterworfen.
Zu Unrecht hat jedoch das SG der Antragsgegnerin 3/4 der außergerichtlichen Kosten der Antragstellerin auferlegt. Unter Berücksichtigung, dass die Antragstellerin mit ihrem Antrag im Ausgangsverfahren nur teilweise Erfolg gehabt hat und den Fortzahlungsantrag für den Zeitraum vom 01.10.2008 bis 31.03.2008 erst am 29.10.2008 gestellt hat, hält der Senat es für angemessen, der Antragsgegnerin lediglich die Hälfte der außergerichtlichen Kosten im Ausgangsverfahren aufzuerlegen. Der Abänderung der Kostenentscheidung des SG durch den Senat steht § 172 Abs. 3 Nr. 3 SGG nicht entgegen. Danach ist die Beschwerde ausgeschlossen gegen Kostengrundentscheidungen nach § 193 SGG. Die Voraussetzungen des § 172 Abs. 3 Nr. 3 SGG liegen nicht vor. Die Antragsgegnerin wendet sich insgesamt gegen die Entscheidung des SG und begehrt nicht eine isolierte Überprüfung der Kostenentscheidung im Rahmen des Beschwerdeverfahrens.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Von einer Quotelung für das Beschwerdeverfahren hat der Senat abgesehen, weil die Antragsgegnerin lediglich bezüglich der Kostenentscheidung des SG teilweise Erfolg gehabt hat.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Erstellt am: 16.06.2009
Zuletzt verändert am: 16.06.2009