Die Beschwerde der Kläger gegen den Beschluss des Sozialgerichts Detmold vom 20.10.2011 wird zurückgewiesen.
Gründe:
I.
Die Kläger wenden sich gegen die Versagung von Prozesskostenhilfe für ihre Klage gegen die Ablehnung von Leistungen nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuches – Grundsicherung für Arbeitsuchende – (SGB II) wegen der Berücksichtigung eines Hausgrundstücks als verwertbares Vermögen.
Die am 00.00.1953 geborene Klägerin zu 1) und der am 00.00.1952 geborene Kläger zu 2) sind Eheleute. Sie waren Eigentümer des Hausgrundstücks T-Straße 00 in B, eingetragen im Grundbuch des Amtsgerichts E, Grundbuch von B, Blatt 2001. Das Wohnhaus wies eine Wohnfläche von 102 qm, das Grundstück eine Fläche von 611 qm auf. Der Verkehrswert des Hauses betrug nach einer überschlägigen Wertauskunft des Gutachterausschusses für Grundstückswerte im Kreis Lippe vom 02.03.2011 ca. 145.000,00 EUR.
Ausweislich des Grundbuchs war das Grundstück in Abteilung III wie folgt belastet:
142.205,90 DM Buchgrundschuld nebst Zinsen für die Westfälische Landschaft Bodenkreditbank AG in N
130.660,00 DM Hypothek nebst Zinsen für eine Forderung aus Schuldversprechen für die Wohnungsbauförderungsanstalt des Landes Nordrhein-Westfalen in E
27.700,00 DM Buchgrundschuld nebst Zinsen für die Sparkasse E in E
Nach einer Mitteilung der Wohnungsbauförderungsanstalt des Landes Nordrhein-Westfalen betrug die bei ihr noch offene Darlehenssumme am 27.11.2009 insgesamt 57.521,80 EUR. Das Darlehen bei der Sparkasse E belief sich Ende 2009 auf 4.815,28 EUR, dasjenige bei der WL Bank Ende 2009 auf 35.203,79 EUR. Insgesamt betrugen die oben genannten Darlehen Ende 2009 mit 97.540,87 EUR.
Frau W M, die Tochter der Kläger, wohnte gemeinsam mit ihrem 2006 geborenen Sohn M zunächst bei ihren Eltern in der Wohnung. Am 01.03.2007 zogen sie aus der Wohnung der Kläger aus. Am 01.07.2007 zogen O und X I mit Sohn B in das Haus der Kläger ein. Es erfolgte eine Beteiligung an den Betriebs- und Nebenkosten.
Im April 2009 nahm der Kläger zu 2) eine Arbeit auf.
Nachdem der Kläger zu 2) arbeitslos geworden war, beantragten die Kläger am 08.11.2010 Leistungen nach dem SGB II, welche Ihnen mit Bescheid vom 19.11.2010 vorläufig für den Zeitraum November 2010 bis April 2011 gewährt wurden.
Mit Bescheid vom 08.03.2011 lehnte der Beklagte den Leistungsantrag vom 08.11.2010 ab. Er begründete dies damit, dass die Kläger mit dem Hausgrundstück über berücksichtigungsfähiges Vermögen verfügten, welches zum Ausschluss der Hilfebedürftigkeit führe. Das Hausgrundstück sei verwertbar. Bei einem Verkauf zum Verkehrswert von 145.000,00 EUR abzüglich einer von dem Beklagten ermittelten Belastung in Höhe von 97.118,49 EUR verbleibe ein Erlös von 47.881,51 EUR. Das Grundstück stelle kein Schonvermögen gemäß § 12 Abs. 3 Nr. 4 SGB II dar, da nur eine angemessene selbstgenutzte Immobilie geschützt sei. Die Grenze der Angemessenheit liege für die Kläger bei einer Wohnfläche von 90 qm und werde bei einer Wohnfläche von 102 qm somit um 12 qm überschritten. Schließlich stelle der Verkauf der Immobilie keine besondere Härte dar, welche eine abweichende Beurteilung rechtfertige. Der bei einem Verkauf erzielbare Erlös liege über den Vermögensfreibeträgen der Kläger. Diese seien mit 18.900,00 EUR anzusetzen, so dass ein Überschuss in Höhe von 28.981,51 EUR verbleibe. Soweit die Kläger darlehensweise Leistungen begehrten, werde sie auf die Möglichkeit einer entsprechenden Antragstellung hingewiesen.
Die Kläger legten am 17.03.2011 Widerspruch gegen den Ablehnungsbescheid vom 08.03.2011 ein. Sie begründeten diesen damit, dass bei der Berechnung der angemessenen Wohnfläche auch die Familie der Tochter zu berücksichtigen sei. Diese bewohne das Erdgeschoss und den ausgebauten Keller und bestehe aus zwei Erwachsenen und zwei Kindern. Es sei daher bei der Frage der Angemessenheit des Wohngrundstücks von sechs Personen auszugehen sei.
Mit notariellem Kauvertrag vom 07.04.2011 veräußerten die Kläger das Grundstück zu einem Kaufpreis von 130.000,00 EUR. Der Verkauf erfolgte lastenfrei in Abteilung II und III des Grundbuchs. Am 01.05.2011 bezogen die Kläger eine Mietwohnung in der W-Straße 00 in I und stellten einen Antrag auf Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II beim Jobcenter Q, der mit Bescheid vom 10.05.2011 abgelehnt wurde.
Am 10.05.2011 wies der Beklagte den Widerspruch der Kläger gegen den Bescheid vom 08.03.2011 mit separaten, an den jeweiligen Kläger gerichteten, Widerspruchsbescheiden als unbegründet zurück. Dass ein Teil der Immobilie nicht durch die Kläger selbst genutzt werde, stehe einer Berücksichtigung der Immobilie nicht entgegen. Dem Hilfebedürftigen stehe zwar grundsätzlich die Entscheidung über die Art der Verwertung seines Vermögens selbst zu, jedoch könne er nur zwischen Verwertungsarten wählen, die den Hilfebedarf in etwa gleicher Weise decken. Die Beteiligung der Familie der Tochter bei der Rückführung der auf dem Haus lastenden Darlehen decke den Hilfebedarf nicht in dem Maße wie ein Verkauf des Hauses, da die Kläger durch einen Verkauf ihren gesamten Hilfebedarf für einen längeren Zeitraum decken könnten.
Mit Bescheid vom 11.05.2011 bewilligte das Jobcenter Q den Klägern darlehensweise Leistungen für den Zeitraum vom 01.05.2011 bis 30.06.2011, da die Kaufpreiszahlung erst im Juni 2011 fließe.
Die Kläger haben am 18.05.2011 Klage erhoben. Sie begehren die Aufhebung des Bescheids vom 08.03.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10.05.2011 und die Verurteilung zur Gewährung von Leistungen nach den gesetzlichen Vorschriften. Der Klage war der an den Kläger zu 2) gerichtete Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 10.05.2011 beigefügt. Die Klage wird unter dem Aktenzeichen S 11 AS 1132/11 geführt. Die Kläger haben behauptet, mit dem Erlös aus dem Verkauf des Hauses weitere nicht dinglich gesicherte, Darlehen in Höhe von 12.000,00 EUR, welche sie zur Finanzierung des Hauses aufgenommen hätten, zurück gezahlt zu haben. Es sei daher über den Freibetrag von 18.900,00 EUR hinaus nur ein Betrag von 1.981,51 EUR verblieben. Sie meinen, der Beklagte hätte hinsichtlich der angewendeten Grenzwerte für die Angemessenheit der Wohnfläche der Immobilie eine Gesamtschau vornehmen müssen. Dies sei unterblieben. Darüber hinaus sei das Hausgrundstück gemäß § 12 Abs. 3 S. 1 Nr. 6 SGB II nicht als Vermögen zu berücksichtigen gewesen, da ein Verkauf lediglich zu einem Preis möglich gewesen sei, der 15.000,00 EUR unter dem geschätzten Verkehrswert lag. Ein solcher Verkauf stelle jedoch ein Verschleudern von Vermögen dar, welches durch die Härtevorschriften verhindert werden solle. Sie haben beantragt,
ihnen Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt I, Q, zu bewilligen.
Am 30.05.2011 haben die Kläger eine weitere Klage erhoben und Anträge gestellt, welche mit denen der Klageerhebung vom 18.05.2011 identisch sind. Der Klage ist ebenfalls der an den Kläger zu 2) gerichtete Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 10.05.2011 beigefügt gewesen. Diese Klage ist unter dem Aktenzeichen S 18 AS 1211/11 geführt worden.
Auch für diese Klage haben die Kläger beantragt,
ihnen Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt I, Q, zu bewilligen.
Die Klagen sind durch Beschluss vom 14.07.2011 verbunden worden und werden unter dem gemeinsamen Aktenzeichen S 11 AS 1132/11 weitergeführt.
Mit Bescheiden vom 20.06.2011 und 22.06.2011 hat das Jobcenter Q den Klägern zuschussweise Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II für die Zeit ab dem 01.07.2011 bewilligt.
Die Beklagte hat darauf hingewiesen, dass dinglich nicht gesicherte Darlehen bei der Ermittlung des zu verwertenden Vermögens keine Berücksichtigung finden können.
Mit Beschluss vom 20.10.2011, den Klägern zugestellt am 26.10.2011, hat das Sozialgericht Detmold den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe abgelehnt. Auf den Inhalt des Beschlusses wird Bezug genommen.
Am 10.11.2011 haben die Kläger beim Sozialgericht Beschwerde gegen den Beschluss eingelegt. Sie vertreten die Auffassung, es habe sich bei ihrem Haus um geschütztes Vermögen gehandelt. Auch sei der Verkauf des Hauses unwirtschaftlich gewesen. Schließlich müsse berücksichtigt werden, dass die Kläger vom Verkauf des Hauses lediglich noch 1.240,31 EUR hätten. Nach Ablösung der Darlehensschulden seien ihnen 38.617,40 EUR ausgezahlt worden. Hiervon seien folgende Abzüge zu machen:
Überweisung an I 2.000,00 EUR
Überweisung an X 10.000,00 EUR
Überweisung an M 2.000,00 EUR
Überweisung R&V Vertrag I 11.400,00 EUR
Überweisung R & V Vertrag II 11.600,00 EUR
OJK Löschung Grundbuch 202,50 EUR
Reinigungskosten 26,42 EUR
Grundbesitzabgaben 148,17 EUR
Die Zahlungen an die Familie X beruhten auf der Rückführung eines Darlehens, welches diese den Kläger zweckgebunden zum Erhalt des Hauses gegeben hätten. Entsprechende schriftliche Vereinbarungen gebe es mit der Familie I. Auch sei ein Darlehen des Sohns W1 M in Höhe von 2.000,00 EUR für Hausraten verwendet worden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die beigezogene Verwaltungsakte sowie die Gerichtsakte erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde ist unbegründet.
Das Sozialgericht hat die Gewährung von Prozesskostenhilfe für die Klage auf Aufhebung des Bescheides vom 08.03.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10.05.2011 und Verurteilung zur Gewährung von Leistungen nach den gesetzlichen Vorschriften ab dem 08.11.2010 zu Recht abgelehnt.
Prozesskostenhilfe steht den Klägern mangels hinreichender Erfolgsaussicht der Klage nicht zu, §§ 73a Sozialgerichtsgesetz (SGG), 114 der Zivilprozessordnung (ZPO).
Streitgegenstand der Klage vom 18.05.2011 ist die zuschussweise Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 08.11.2010 bis zur neuen Antragstellung beim Jobcenter Q am 01.05.2011.
Die Klage vom 18.05.2011 ist nach summarischer Prüfung unbegründet.
Das Sozialgericht geht zutreffend davon aus, dass es sich – unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts – bei dem Haus der Kläger nicht um ein Hausgrundstück von angemessener Größe gemäß § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 SGB II handelt. Das Bundessozialgericht orientiert sich bei der Frage der Angemessenheit weiterhin an den Wohnflächengrenzen des 2. Wohnbaugesetzes (WoBauG) und hält hierbei eine Differenzierung nach der Anzahl der Personen für geboten (BSG Urteil v 7.11.2006 – B 7b AS 2/05 R = BSGE 97, 203 = juris Rn. 22; BSG Urteil v 16.05.2007 – B 11b. 37/06 R = juris Rn. 26). Auszugehen ist bei Einfamilienhäusern von 130 qm bei einem Haushalt von vier Personen. Bei einer Belegung der Wohnung mit bis zu zwei Personen ist die Grenze typisierend auf 90 qm festzusetzen (BSG Urteil v 7.11.2006 – B 7b AS 2/05 R = BSGE 97, 203 = juris Rn. 17 f.; BSG Urteil v. 16.05.2007 – B 11b AS 37/06 R = juris Rn. 25). Die Wohnfläche des Eigenheims der Kläger belief sich auf 102 qm und überstieg damit die angemessene Wohnfläche auch um mehr als 10% (vgl. zur Frage der Verhältnismäßigkeit bei einer Abweichung von bis zu 10% BSG Urteil v. 07.11.2006 – B 7b AS 2/05 R = BSGE 97, 203 = juris Rn 23; BSG Urteil v. 19.05.2009 – B 8 SO 7/08 R = NVwZ-RR 2010, 152 = juris Rn. 19).
Soweit die Kläger ausführen, sie seien zusammen mit der Familie der Tochter als Bedarfsgemeinschaft behandelt worden, erschließt sich dieser Einwand nicht. Zwar hat der Beklagte zunächst in der Tat die Tochter W und deren Sohn als Mitglied der Bedarfsgemeinschaft geführt. Dies galt jedoch nicht mehr im streitigen Zeitraum. Die Tochter W ist nach eigenen Angaben der Kläger im März 2007 mit ihrem Sohn aus der Wohnung der Kläger ausgezogen. Ab diesem Zeitpunkt bildete sie eine eigene Bedarfsgemeinschaft. Eine Berücksichtigung im Rahmen der Angemessenheitsprüfung zu Gunsten der Eltern kommt danach nicht in Betracht (vgl. BSG Urteil v 16.05.2007 – B 11b. 37/06 R = juris Rn. 26). Auch die Tatsache, dass Teile des Hauses von dritten Personen bewohnt wurden, ändert nichts daran, dass das Haus mit 102 qm für die hier in Rede stehende Bedarfsgemeinschaft der Kläger unangemessen groß war.
Das Hausgrundstück war damit grundsätzlich verwertbar. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Höhe des den Klägern zur Verfügung stehenden Vermögens ist der gemäß § 12 Abs. 4 Satz 2 SGB II der 08.11.2010. Im April 2011 haben die Kläger einen Kaufpreis von 130.000,00 EUR erzielt. Diesem Verkehrswert standen dingliche Sicherheiten gegenüber (vgl. hierzu BSG Urteil vom 15.04.2008 – B 14/ 7b AS 52/06 R = juris Rn 39; vgl. Beschluss des Senats v 17.12.2010 – L 19 AS 1323/10 = juris Rn. 11). Den Klägern wurde nach Ablösung der dinglich gesicherten Forderungen nach eigenen Angaben 38.617,40 EUR ausbezahlt. Im Rahmen der summarischen Prüfung kann dieser Wert als Vermögen zum maßgeblichen Zeitpunkt zugrunde gelegt werden. Dieser Wert übersteigt den Grundfreibetrag nach § 12 Abs. 2 SGB II, den das Sozialgericht ebenfalls zutreffend mit 18.900,00 EUR ermittelt hat bei Weitem. Das Sozialgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass Vermögen i.S.d. § 12 SGB II nicht die Bilanz des aktiven und passiven Vermögenswertes ist (BSG Urteil vom 18.02.2010 – B 4 AS 28/09 R = juris Rn. 22 m.w.N.). Deshalb sind Schulden, die nicht dinglich gesichert sind, nicht zu berücksichtigen.
Das Hausgrundstück war, wie der spätere Verkauf zeigt, auch veräußerlich. Dass die Verwertung des Hausgrundstücks durch Verkauf, Beleihung oder Vermietung einzelner Wohnräume (siehe zu Verwertungsmöglichkeiten eines Hausgrundstücks BSG Urteil v. 16.05.2007 – B 11 b AS 37/06 R = juris Rn. 31) für die Kläger offensichtlich unwirtschaftlich (vgl. zum Begriff der Unwirtschaftlichkeit: BSG Urteil v. 06.05.2010 – B 14 AS 2/09 R = juris Rn 22 m.w.N.) oder unzumutbar i.S.v. § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 SGB II (vgl. zum Begriff der besonderen Härte: BSG Urteil vom 06.05.2010 – B 14 AS 2/09 R = juris Rn 25f m.w.N.) gewesen ist, wird weder nach Aktenlage ersichtlich noch von den Klägern konkret und hinreichend substantiiert dargelegt (vgl. dazu auch Beschluss des Senats v 17.12.2010 – L 19 AS 1323/10 = juris Rn. 11). Insoweit wird auf die Ausführungen des Sozialgerichts Bezug genommen.
Die Klage vom 30.05.2011 ist – worauf das Sozialgericht zutreffend abgestellt hat – wegen doppelter Rechtshängigkeit unzulässig.
Kosten des Beschwerdeverfahrens nach Ablehnung der Prozesskostenhilfe sind entsprechend § 127 Abs. 4 der Zivilprozessordnung nicht zu erstatten.
Dieser Beschluss ist nach § 177 SGG endgültig.
Erstellt am: 03.04.2012
Zuletzt verändert am: 03.04.2012