Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Sozialgerichts Köln vom 24.07.2013 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
Der im laufenden Leistungsbezug bei dem Antragsgegner stehende Antragsteller begehrte erstinstanzlich die aufschiebende Wirkung der Klage vom 08.07.2013 gegen die Eingliederungsvereinbarung per Verwaltungsakt vom 06.05.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.06.2013 anzuordnen.
Die zulässige Beschwerde des Antragstellers vom 26.07.2013 gegen den Beschluss des Sozialgerichts Köln vom 24.07.2013, mit dem dieses die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage des Antragstellers gegen Widerspruchsbescheid vom 18.06.2013 abgelehnt hat, ist unbegründet.
Gemäß § 86 b Abs. 1 Nr. 2 SGG kann das Gericht die aufschiebende Wirkung eines Widerspruchs oder einer Klage ganz oder teilweise anordnen, wobei eine Anordnung der aufschiebenden Wirkung nur dann in Betracht kommt, wenn die in Streit stehenden Bescheide des Antragsgegners offensichtlich rechtswidrig sind oder aber hinsichtlich deren Rechtmäßigkeit zumindest ernsthafte Zweifel bestehen bzw. eine Vollziehung der angefochtenen Entscheidungen des Antragsgegners eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte für den Antragsteller darstellt. Die Tatsachen sind vom jeweiligen Antragsteller glaubhaft zu machen, § 86b SGG i.V.m. §§ 920 Abs. 2, 294 ZPO. Eine Tatsache ist dann glaubhaft gemacht, wenn ihr Vorliegen überwiegend wahrscheinlich ist. Die bloße Möglichkeit des Bestehens einer Tatsache reicht noch nicht aus, um die Beweisanforderung zu erfüllen. Es genügt jedoch, dass diese Möglichkeit unter mehreren relativ am wahrscheinlichsten ist, weil nach der Gesamtwürdigung aller Umstände besonders viel für diese Möglichkeit spricht (Bundessozialgericht, Beschluss vom 08.08.2001, B 9 V 23/01 B).
Die Klage des Antragstellers vom 08.07.2013 gegen den die Eingliederungsvereinbarung ersetzenden Verwaltungsakt vom 06.05.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.06.2013 hat gem. § 39 SGB II keine aufschiebende Wirkung. Die Voraussetzungen für die Anordnung der aufschiebenden Wirkung liegen nicht vor, denn es bestehen keine ernsthaften Zweifel an der Rechtmäßigkeit des eine Eingliederungsvereinbarung ersetzenden Bescheides vom 06.05.2013 in der Gestalt, die er durch den Widerspruchsbescheid vom 18.06.2013 gefunden hat.
Nachdem der Antragsteller dem Antragsgegner mitteilte, dass er die ihm mit Schreiben vom 22. 04.2013 vorgeschlagene Eingliederungsvereinbarung für rechtswidrig halte und diese nicht unterschreiben werde, erließ der Antragsgegner die Eingliederungsvereinbarung mit Bescheid vom 06.05.2013 als Verwaltungsakt. Ziel des bis zum 15.11.2013 gültigen Eingliederungsverwaltungsaktes ist die Verringerung der Hilfebedürftigkeit des Antragstellers durch die Aufnahme einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung. Der Antragsgegner verpflichtet sich hierin, Bewerbungsaktivitäten nach Maßgabe des § 16 SGB II i.V.m. §§ 44 ff SGB III zu unterstützen, und die Kosten für schriftliche Bewerbungen zu übernehmen, sofern sie angemessen sind und nachgewiesen werden. Für den Zeitraum der Gültigkeit der Eingliederungsvereinbarung verpflichtet sich der Antragsgegner max. 130 EUR an Bewerbungskosten zu erstatten, pro nachgewiesener schriftlicher und postalisch versandter Bewerbung einen Betrag von pauschal 5 Euro. Der Antragsteller verpflichtet sich während der Gültigkeit des Eingliederungsverwaltungsaktes im Turnus von zwei Monaten, beginnend mit dem 15.05.2013, jeweils mindestens 15 Bewerbungsbemühungen um sozialversicherungspflichtige und geringfügige Beschäftigungsverhältnisse vorzunehmen, und hierüber am Ende eines jeden Turnus, also am 15.07.2013, 15.09.2013 und 15.11.2013 unaufgefordert im Einzelnen in der Vereinbarung näher bezeichnete Nachweise vorzulegen. Die Vereinbarung ist mit einer umfangreichen Rechtsfolgenbelehrung versehen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Verwaltungsakt vom 05.06.2013 Bezug genommen. Mit Widerspruchsbescheid vom 18.06.2013 stellt der Antragsgegner klar, dass die Laufzeit des Eingliederungsverwaltungsaktes anhand des zu erwartenden Postlaufes für die Bekanntgabe des Verwaltungsaktes bestimmt worden sei.
Die Eingliederungsvereinbarung per Verwaltungsakt ist zulässig im Sinne von § 15 Abs. 1 Satz 6 SGB II. Der Senat kann offen lassen, ob es sich bei § 15 Abs. 1 SGB II um eine reine Verfahrensvorschrift handelt, die das Verhalten und das Vorgehen des Grundsicherungsträgers steuern soll, wobei dieser selbst entscheiden kann, welchen Verfahrensweg er zur Erfüllung des Ziels der Eingliederung des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen wählt, ohne dass der erwerbsfähige Hilfebedürftige dadurch einen Rechtsverlust erleidet. Nach dieser Auffassung steht dem Grundsicherungsträger die Alternative des Erlasses eines Verwaltungsaktes schon dann zu, wenn ihm dies als der besser geeignete Weg erscheint (vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 22.09.2009, Az.: B 4 AS 13/09 R; Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen Beschluss vom 02.05.2011, Az. L 19 AS 344/11 B ER, L 19 AS 345/11 B ER). Nach anderer Auffassung besteht ein Vorrang der konsensualen Lösung durch eine in gegenseitigem Einvernehmen geschlossene Vereinbarung vor einer hoheitlichen Maßnahme des Erlasses der Eingliederungsvereinbarung durch Verwaltungsakt (so Bundessozialgericht Urteil vom 14.02.2013 Az. B 14 AS195/11 R). Diese Voraussetzungen sind hier jedoch erfüllt, da der Antragsgegner in dem Eingliederungsverwaltungsakt vom 06.05.2013 erklärt, dass eine Eingliederungsvereinbarung zwischen ihm und dem Antragsteller nicht zustande gekommen sei und als Folge hieraus der Eingliederungsverwaltungsakt erlassen werde. Anhaltspunkte dafür, dass der Antragsteller bereit gewesen wäre eine Eingliederungsvereinbarung mit vergleichbarem Inhalt zu unterschreiben, sind angesichts des Vortrages in der Antrags- und Beschwerdeschrift nicht ersichtlich.
Der Verwaltungsakt vom 06.05.2013 ist mit einer ausführlichen Rechtsfolgenbelehrung für den Fall eines Pflichtenverstoßes versehen. Es ist nicht ersichtlich, welche weiteren Anforderungen an die Klarheit und Verständlichkeit der Rechtsfolgenbelehrung gestellt werden könnten, die individualisiert auf die konkret geregelten Pflichten des Antragstellers bezogen ist. Jedenfalls bei der im einstweiligen Rechtsschutzverfahren gebotenen summarischen Prüfung ist auch nicht davon auszugehen, dass der Eingliederungsverwaltungsakt wegen des Fehlens einer Ermessensausübung im Hinblick auf die Geltungsdauer des Verwaltungsaktes rechtswidrig sein könnte. Eine Ermessensausübung bei Erlass des Eingliederungsverwaltungsaktes ist dann erforderlich, wenn dessen Geltungsdauer den gemäß § 15 Abs. 1 S.3 SGB II vorgesehen Regelzeitraum von 6 Monaten überschreitet (Bundessozialgericht Urteil vom 14.02.2013 a.a.O.). Zwar hat der Eingliederungsverwaltungsakt vom 06.05.2013 eine Geltungsdauer von sechs Monaten und neun Tagen, der Antragsgegner hat jedoch in dem Widerspruchsbescheid vom 18.06.2013 klargestellt, dass hiermit eine Überschreitung der Geltungsdauer von sechs Monaten nicht beabsichtigt war sondern vielmehr der Postlauf des Verwaltungsaktes bis zu dessen Bekanntgabe an den Antragsteller berücksichtigt worden ist. Dem folgend beginnen die sich aus Ziffer 2 des Verwaltungsaktes vom 06.05.2013 ergebenden Verpflichtungen des Antragstellers erst mit dem 15.05.2013, so dass der Regelzeitraum von sechs Monaten gewahrt wird. Insoweit kann jedenfalls bei der im einstweiligen Rechtschutzverfahren gebotenen Prüfungsdichte festgestellt werden, dass der Antragsgegner die Notwendigkeit einer Ermessensbetätigung betreffend die Laufzeit eines Eingliederungsverwaltungsaktes nach § 15 SGB II nicht grundsätzlich verkannt hat, so dass eine Fehlerkorrektur bis zum Abschluss Verwaltungsverfahrens möglich sein dürfte (Schütze in von Wulffen SGB X 7. Auflage § 41 Rn. 11).
Die dem Antragsteller abverlangten Eigenbemühungen begegnen keinen Bedenken. Der Senat verweist zur Vermeidung von Wiederholungen auf zutreffenden Ausführungen des Sozialgerichts Köln in dem Beschluss vom 24.07.2013 (§ 142 Abs. 2 SGG).
Die Verpflichtung, innerhalb von zwei Monaten 15 Bewerbungen um sozialversicherungspflichtige oder nicht sozialversicherungspflichtige Beschäftigungen vorzunehmen, ist nicht zu beanstanden. Auch die Verpflichtung des Antragstellers innerhalb einer bestimmten Frist Nachweise dazu vorzulegen, dass er den Verpflichtungen aus der Eingliederungsvereinbarung Folge leistet, unterliegt keinen Bedenken. Dies folgt aus § 2 SGB II, wonach der Hilfeempfänger alle Möglichkeiten zur Beseitigung oder Verringerung der Hilfebedürftigkeit ausschöpfen muss und verpflichtet ist, aktiv an allen zumutbaren Maßnahmen der Eingliederung teilzunehmen. Die Bewerbung um ein Beschäftigungsverhältnis stellt den ersten Schritt zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt und zur Beseitigung der Hilfebedürftigkeit dar. Die Verpflichtung zur Vorlage entsprechender Nachweise resultiert aus der allgemeinen Mitwirkungspflicht des Betroffenen, alle für eine Entscheidung des Leistungsträgers erforderlichen Tatsachen vorzutragen (§ 60 SGB I). Dass dem Antragsteller hierzu eine Frist gesetzt wird, ist nicht zu beanstanden. Fristen zur Vorlage von Urkunden oder Mitteilung von Tatsachen sind im allgemeinen Geschäfts- und Rechtsverkehr üblich und dienen letztlich der Verständigung der Beteiligten untereinander. Sofern der Antragsteller die ihm gesetzte Frist zur Vorlage der Bewerbungsbemühungen nicht einhält, führt dies für sich genommen nicht zu einer Sanktion, sondern lediglich zur Nachfrage durch den Antragsgegner und der Gelegenheit für den Antragsteller, die Nachweise über die erfolgten Bewerbungen einzureichen.
Der Bescheid ist auch hinreichend bestimmt i.S.d. § 33 SGB X, denn der Betroffene kann aus der gewählten Formulierung schlüssig nachvollziehen, was von ihm erwartet wird und welche Konsequenzen sich aus einer Pflichtverletzung ergeben. Dies gilt auch hinsichtlich der Regelungen zu den von dem Antragsteller vorzunehmenden Bewerbungsbemühungen und der damit korrespondierenden Pflicht des Antragsgegners, die Bewerbungskosten im gesetzlichen Umfang zu erstatten. Aus dem Verwaltungsakt geht ausdrücklich hervor, dass die Bewerbungskosten während der Geltungsdauer des Verwaltungsaktes in Höhe von maximal 130 Euro übernommen werden und pro nachgewiesener schriftlicher und postalisch versandt der Bewerbung ein Betrag von pauschal 5 Euro erstattet wird. Diese Bestimmung macht für den Antragsteller ausreichend deutlich, in welchem Umfang eine Kostenerstattung erfolgt.
Soweit der Antragsteller vorträgt die sofortige Vollziehbarkeit von Verwaltungsakten im Sinne des § 39 SGB II sei per se verfassungswidrig, so vermag der Senat dem nicht zu folgen. Dem von einem sofort vollziehbaren Verwaltungsakt Betroffenen wird durch die Vorschrift des § 86 b Abs. 1 Nr. 2 SGG in ausreichendem Maße die Möglichkeit eröffnet, effektiven Rechtsschutz zu erlangen und die aufschiebende Wirkung der von ihm eingelegten Rechtsmittel zu erwirken.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung der §193 SGG.
Der Beschluss ist mit der Beschwerde nicht angreifbar (§ 177 SGG).
Erstellt am: 05.09.2013
Zuletzt verändert am: 05.09.2013