Auf die Beschwerde der Antragsteller wird der Beschluss des Sozialgerichts Detmold vom 21.06.2007 geändert. Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs vom 15.05.2007 sowie der Klage vom 12.06.2007 gegen die Bescheide vom 07.05.2007 und 02.06.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.06.2007 wird angeordnet. Die Antragsgegnerin hat die erstattungsfähigen außergerichtlichen Kosten der Antragsteller in beiden Rechtszügen zu tragen. Den Antragstellern wird für das Beschwerdeverfahren Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwältin L aus I bewilligt.
Gründe:
Die zulässige Beschwerde der Antragsteller, der das SG nicht abgeholfen hat, ist begründet. Streitgegenstand ist nur noch der Zeitraum vom 22.06.2007 bis 13.07.2007 (Kuraufenthalt), da das Sozialgericht (SG) ab dem 14.07.2007 die aufschiebende Wirkung angeordnet hat.
Das SG hat es zu Unrecht abgelehnt, die Anordnung der aufschiebenden Wirkung gegen die Bescheide vom 07.05.2007 und 02.06.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.06.2007 auch für die Zeit vom 22.06.2007 bis zum 13.07.2007 nach § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) anzuordnen. Nach dieser Vorschrift kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag in Fällen, in denen Widerspruch und Anfechtungsklage, wie vorliegend, keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen.
Die Erfolgsaussicht des Antrags beurteilt sich nach dem Ergebnis einer Interessenabwägung zwischen dem privaten Interesse des Antragstellers an der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung und dem Interesse der Allgemeinheit an der sofortigen Vollziehung. Hierbei sind neben einer allgemeinen Abwägung der Folgen bei Gewährung bzw. Nichtgewährung des vorläufigen Rechtsschutzes auch die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache von Bedeutung (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Komm. zum SGG, 8. Aufl., § 86b Rn. 12c ff.). Dabei kann nicht außer Acht gelassen werden, dass das Gesetz mit dem Ausschluss der aufschiebenden Wirkung dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung des angefochtenen Bescheides grundsätzlich Vorrang vor dem Interesse des Betroffenen an einem Aufschub der Vollziehung einräumt (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 26.07.2006 – L 20 B 144/06 AS ER -).
Die hiernach anzustellende Interessenabwägung geht zu Lasten der Antragsgegnerin aus. Es bestehen ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Bescheide vom 07.05.2007 und 02.06.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.06.2007. Die Antragsgegnerin hat nach dem derzeitigen Sach- und Streitstand zu Unrecht eine Kürzung der Regelleistungen für die Zeit ab dem 22.06.2007 gemäß § 48 Abs. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) vorgenommen. Die Voraussetzungen der §§ 40 Abs. 1 SGB II, 330 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III), § 48 Abs. 1 SGB X für die teilweise Aufhebung des Bewilligungsbescheides vom 07.03.2007 liegen nicht vor.
Danach ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass des Dauerverwaltungsaktes vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, d. h. die Behörde unter den jetzt objektiv vorliegenden Verhältnissen den Verwaltungsakt nicht hätte erlassen dürfen, etwa weil der im Bescheid festgestellte Anspruch materiell-rechtlich nicht mehr oder nicht mehr in dieser Höhe besteht. Nach § 40 Abs. 1 SGB II, 330 SGB III, 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X ist der Verwaltungsakt mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufzuheben, soweit nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt wurde, das zur Minderung oder zum Wegfall des Anspruchs geführt haben würde.
Die während der Kurmaßnahme vom 22.06.2007 bis zum 13.07.2007 angebotene bzw. gewährte Verpflegung stellt keine wesentliche Änderung im Sinne des § 48 SGB X dar. Es handelt sich nicht um nach § 11 Abs. 1 SGB II zu berücksichtigendes Einkommen, da die freie Kost nicht als Einnahme in Geldeswert zu qualifizieren ist. Dazu ist es nach herrschender Meinung erforderlich, dass die Einnahme einen Marktwert besitzt (Gregor Kochhan, info also 2007, S. 65 m.w.N.; Brühl in LPK-SGB II, § 11 Rn. 11 f.). Hierzu zählt die Verpflegung während der Kur nicht, denn diese Leistung ist nicht jederzeit in Geld einzutauschen (streitig SG Osnabrück, Urteil vom 20.06.2007 – S 24 AS 189/07 – m.w.N; a. A. Bayerisches LSG, Entscheidung vom 19.06.2007 – L 11 AS 4/07 – m.w.N.; Revisionsaktenzeichen B 14 AS 22/07 R). Denn der Nicht- oder nur teilweise Verbrauch führt weder beim Sozialleistungsträger noch bei dem Betroffenen zu einem jederzeit nutzbaren geldwerten Vorteil. Des Weiteren existiert für derartige Verpflegungsleistungen kein Markt (vgl. auch SG Freiburg, Urteil vom 24.10.2006 – S 9 AS 1557/06 -).
Ebenso wenig lässt sich die Rechtmäßigkeit der Kürzung der pauschalierten monatlichen Regelleistung aus der Gesetzesbegründung oder einer anderen Rechtsgrundlage, etwa § 28 Abs. 1 Satz 2 SGB XII oder § 7 Abs. 4 SGB II, herleiten. Bei der Regelleistung zur Sicherung des Lebensunterhalts im Sinne des § 20 Abs. 1 SGB II handelt es sich um einen in pauschalierter Form gewährten monatlichen Betrag, dessen Höhe exakt bestimmt ist und der dem Empfänger als Existenzminimum zur Verfügung gestellt wird. Diese Pauschalierung der Leistungen für die bei Festlegung der Regelleistung berücksichtigten Bedarfe zählt zu den grundlegenden Entscheidungen des Gesetzgebers, stellt somit eine der Säulen des SGB II dar. Eine Abweichung hiervon ist nur in den im Gesetz ausdrücklich genannten Fällen möglich (BT-Drucks. 15/1516, S. 46, 55). Da weder eine in § 28 Abs. 1 Satz 2 SGB XII entsprechende Regelung im SGB II enthalten ist noch eine Verweisung auf diese Vorschrift erfolgt, ist eine abweichende Regelung der Bedarfe bei anderweitiger Bedarfsdeckung im Sinne einer Kürzung nicht möglich.
Des Weiteren greift § 7 Abs. 4 SGB II nicht ein. Die tatbestandlichen Voraussetzungen dieser Vorschrift sind wegen der Kürze der Maßnahme (22.06.2007 bis zum 13.07.2007) nicht gegeben.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Da der Antrag der Antragsteller hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und die Antragsteller nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen außerstande sind, die Kosten für die Prozessführung aufzubringen, ist den Antragstellern gemäß § 73a SGG in Verbindung mit den §§ 114, 115 der Zivilprozessordnung (ZPO) Prozesskostenhilfe für die Durchführung des Beschwerdeverfahrens zu bewilligen.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Erstellt am: 06.11.2007
Zuletzt verändert am: 06.11.2007