Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Münster vom 19.04.2007 abgeändert. Die Klage wird abgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist die Versorgung des Klägers mit einem Sportrollstuhl.
Der 44jährige Kläger, der bei der Beklagten krankenversichert ist, leidet an degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule und der rechten Schulter sowie im Vordergrund stehend an einer Störung der Extremitätenentwicklung. Ihm fehlen der linke Unterarm, der rechte Unterschenkel und der linke Oberschenkel.
Im Oktober 2002 beantragte er bei der Beklagten unter Vorlage einer ärztlichen Verordnung einen gewichtsoptimierten Festmaßrollstuhl für Therapie- und Breitensport (Kostenvoranschlag der Kraft Reha Technik Vertriebs GmbH vom 25.10.2002 über 3.718,19 EUR). Die Beklagte lehnte den Antrag unter dem 25.11.2002 mit der Begründung ab, dass sie dem Kläger bereits zwei Aktivrollstühle zur Verfügung gestellt habe. Auf den Einwand des Klägers, dass der 1998 für den Straßengebrauch gelieferte Rollstuhl irreparabel fahruntüchtig sei, bot die Beklagte ihm einen Rollstuhl aus dem kasseneigenen Bestand (K4 von Küschall) an. Nachdem der Kläger dieses Angebot mit der Begründung ausgeschlagen hatte, dass der Rollstuhl K4 zu schwer sei, lehnte die Beklagte die Versorgung des Klägers mit einem Rollstuhl für den Freizeitsport ab (Schreiben vom 13.02.2003). Mit Schreiben vom 05.03.2003 reichte die Firma Schmicking Reha-Technik GmbH für den Kläger der Beklagten einen weiteren Kostenvoranschlag für einen "Aktivrollstuhl nach Körpermaß und Behinderungsgrad im Sonderbau gefertigt" über 3.376,76 EUR unter Hinweis darauf ein, dass der Kläger aufgrund seiner Behinderung auf einem Maßrollstuhl angewiesen sei. Die Beklagte lehnte eine Kostenübernahme unter Hinweis auf einen unveränderten Sachstand ab (Schreiben vom 18.03.2003 und 28.05.2003); der nach Angaben des Klägers für die Sportausübung gedachte Rollstuhl u.a. mit Saalbereifung und in besonders leichter Ausführung werde nicht vom Leistungsumfang der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) erfasst. Der Kläger legte darauf hin eine Verordnung des Arztes für Allgemeinmedizin Dr. K vom 26.09.2002 (Aktivrollstuhl nach Maß) sowie einen Arztbrief von Dr. L, Oberarzt der Klinik für Technische Orthopädie und Rehabilitation des Universitätsklinikums N, vom 13.08.2003 vor, in dem u.a. ausgeführt wird, dass der Kläger anstelle des defekten Aktivrollstuhls dringend einen seinen Bedürfnissen adaptierten Rollstuhl benötige. Zu berücksichtigen sei, dass bereits Fehlbildungen bzw. Belastungsschäden in der Schulter aufgetreten seien. Die Fortführung des bisher zweimal wöchentlich durchgeführten Reha-Sports werde empfohlen, um die Selbständigkeit und Mobilität des noch jungen Patienten zu erhalten und um chronische Folgeschäden zu verhindern. Die Beklagte holte eine Stellungnahme des Hilfsmittelberaters L ein. Dieser führte unter dem 12.09.2003 aus, dass der aktive Rollstuhl für den Außenbereich verschlissen sei. Eine ausreichende und zweckmäßige Versorgung wäre mit einem Rollstuhl K4 gegeben, jedoch sei der Gewichtsunterschied und somit die Versorgung mit einem sehr leichten Rollstuhl für den Kläger beim Verladen oder Überwinden von Stufen von Vorteil. Das erneute Angebot der Beklagten, ihm aus dem Kassenbestand einen Rollstuhl zu stellen, wies der Kläger ebenso zurück wie das Angebot, sich an dem von ihm begehrten Rollstuhl mit 1.300 EUR zu beteiligen.
Die Beklagte lehnte daraufhin mit Widerspruchsbescheid vom 14.11.2003 die Übernahme der Kosten für den von dem Kläger beantragten Rollstuhl endgültig ab: Der Kläger sei mit zwei Rollstühlen versorgt; den Ersatz des nicht mehr voll funktionstüchtigen Rollstuhls aus dem Kassenbestand lehne er ab und wünsche vielmehr eine Neuversorgung mit einem Rollstuhl, den er auch für den Sport benutzen möchte. Bei der Sportausübung handele es sich aber um eine Freizeitbeschäftigung; für die dafür entstehenden Kosten sei die GKV nicht zuständig.
Mit Klage vom 16.12.2003 hat der Kläger vorgetragen, ihm sei zwar im April 2004 von der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) im Rahmen einer Umschulungsmaßnahme ein ultraleichter Aktivrollstuhl mit individueller Ausstattung auf unbestimmte Zeit zur Verfügung gestellt worden. Dieser Rollstuhl sei aber im Außenbereich nur bedingt einsetzbar; für die Sportausübung sei er überhaupt nicht geeignet. Zur weiteren Bekräftigung seines Vorbringens hat der Kläger Bescheinigungen der Fachärztin für Innere Medizin und Betriebsmedizin Dr. C vorgelegt, in der diese sportliche Aktivitäten des Klägers als erforderlich erachtet. Neben dem Extremitätenverlust bestehe bei dem Kläger eine ausgeprägte Skoliose der Wirbelsäule und eine Arthrose im rechten Schultergelenk, der anatomisch einzig komplett angelegten Extremität. Deshalb seien für ihn aktive Bewegungs-und Sportübungen notwendig. Da der Kläger – wegen Fehlens eines geeigneten Rollstuhles – keinen Sport mehr treiben könne, seien die Extremitätenstümpfe inzwischen schon derart verändert, dass die Beinprothesen nicht mehr passen würden. Darüber hinaus sei auch aus psychologischen Gründen eine möglichst umfassende Beweglichkeit und Mobilität notwendig, damit er Kläger trotz seiner schweren Behinderung an Aktivitäten des täglichen Lebens teilhaben könne.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 25.11.2002 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 14.11.2003 zu verurteilen, ihm einen Sportrollstuhl zur Verfügung zu stellen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, der Kläger sei im Hinblick auf die Mobilität für den Innen- und Außenbereich ausreichend versorgt. Der von der BfA gestellte Rollstuhl sei ein Aktivrollstuhl in individueller Ausstattung, der sowohl für den inner- als auch für den außerhäuslichen Betrieb geeignet sei. Der Rollstuhl, der im Übrigen u.a. mit Titangreifreifen und Saalsportreifen ausgestattet sei, sei sehr leicht und könne im PKW transportiert werden. Ein weitergehender Anspruch des Klägers bestehe nicht. Sportliche Betätigung gehöre nach der Rechtsprechung nämlich nicht zu den von der GKV zu befriedigenden Grundbedürfnissen. Statt Sport könne der Kläger kostengünstigere Therapien in Anspruch nehmen, wie z. B. Krankengymnastik, ergotherapeutische Maßnahmen oder physikalische Therapien.
Das Sozialgericht (SG) Münster hat Beweis erhoben durch Einholung eines Gutachtens von Prof. Dr. X, Direktor der Klinik für Technische Orthopädie und Rehabilitation des Universitätsklinikums N. In seinem Gutachten vom 11.12.2006 hat der Sachverständige u.a. ausgeführt, der vom Kläger betriebene Rollstuhl-Basketballsport sei eine hochdynamische Sportart, die besonders für Mehrfachbehinderte das Mannschaftsgefühl pflege, aber auch die körperliche Leistungsfähigkeit außerordentlich steigere. Rollstuhl-Basketball-Sport sei besonders für Mehrfachbehinderte und Querschnittsgelähmte die Sportart an sich, in der sich der Behinderte eine Teilnahme am sozialen Leben sichern könne. Sie stelle, besonders im Falle des Klägers, die einzige Sportart dar, die einen besonders hohen therapeutischen Nutzen bringe. Der im Besitz des Klägers befindliche Rollstuhl sei für die Ausübung dieses Sportes nicht geeignet. Die Versorgung des Klägers mit einem Sportrollstuhl, der ihm Rollstuhl-Basketball-Sport ermögliche, sei therapeutisch sehr wichtig zum Ausgleich seiner Behinderung in dem Sinne, dass das Trainieren der körperlichen Belastung bei Kapazität und Kraft die Nutzung seiner Prothesen fördere und damit seine Selbstständigkeit und Unabhängigkeit von fremder Hilfe.
Das SG Münster hat der Klage mit Urteil vom 19.04.2007 stattgegeben und die Beklagte verurteilt, dem Kläger einen Sportrollstuhl zur Verfügung zu stellen: Der Kläger sei im Bereich der Mobilität ausreichend versorgt; denn sportliche Betätigung im Freizeitbereich werde vom Begriff des vitalen Lebensbedürfnisses bzw. des Grundbedürfnisses auf Mobilität nicht erfasst. Er habe jedoch einen Anspruch auf einen Sportrollstuhl, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern. Zwar bestehe aus therapeutischen Gründen grundsätzlich kein Anspruch auf Mobilitätshilfen, weil der therapeutische Effekt auch durch andere Mittel erreicht werden könne. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG, Urteil vom 30.01.2001 – B 3 KR 6/00 R – in SozR 3-2500 § 33 Nr. 39) könne aber im Einzelfall auch aus therapeutischen Gründen ein Anspruch auch auf Mobilitätshilfen bestehe, wenn sich wie vorliegend ergebe, dass zur Erreichung der damit angestrebten therapeutischen Wirkungen aus medizinischer Sicht eine kostengünstigere Alternative nicht zur Verfügung stehe.
Die Beklagte hat gegen das ihr am 12.06.2007 zugestellte Urteil am 28.06.2007 Berufung eingelegt und vorgetragen, bei Kindern und Jugendlichen könne ein Grundbedürfnis nicht nur an der Teilnahme am Schulunterricht sondern auch an der sonstigen üblichen Lebensgestaltung Gleichaltriger anerkannt werden. Der Kläger gehöre jedoch nicht zu diesem Kreis. Bei Verlust der Gehfähigkeit sei die GKV deshalb vorliegend nur für den Basisausgleich zuständig. Dieser sei durch die zwei zur Verfügung stehenden Rollstühle abgedeckt. Selbst wenn die Ermöglichung einer sportlichen Betätigung zu den Grundbedürfnissen zählen würde, begründe dies nicht in Anspruch auf einen Sportrollstuhl. Denn ohne diesen Rollstuhl sei es dem Kläger nicht generell unmöglich, Sport zu treiben. Als Rehabilitationssportarten kämen für den Kläger insbesondere (Funktions-)Gymnastik (im Rollstuhl), Schwimmen, ggf. mit Schwimmhilfen, oder Warmwassergymnastik, Bewegungsspiele ohne Anforderung an schnelle Ortswechsel (z.B. Volleyball, Federball, Tischtennis, Ballzielwurf) und leichtathletische Übungen (Stoßen, Werfen, konditionierende Kraftübungen) in Betracht. Diese könnten mit Aktivrollstühlen ausgeübt werden. Sportrollstühle seien hingegen schnell und wendig und wiesen damit besondere Eigenschaften auf, die bei den genannten Rehabilitationssportarten nicht gefordert würden. Ein für den Basketball geeigneter Rollstuhl sei nicht zur Nutzung "im normalen Leben", sondern lediglich zur Ausübung einer besonderen Sportart konzipiert. Die Möglichkeit der Ausübung bestimmter besonderer Sportarten gehöre jedoch erst recht nicht zu den im Rahmen der GKV zu befriedigenden Grundbedürfnissen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Münster vom 19.04.2007 abzuändern und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Der Kläger hält das angegriffene Urteil für zutreffend und trägt ergänzend vor, dass er eine Ersatzbeschaffung nach § 33 Abs. 1 Satz 4 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) begehre, da ihm der begehrte Rollstuhl bereits zweimal von der Beklagten gewährt worden sei. Durch den fehlenden Sport habe er in den letzten fünf Jahren so viel an Kondition und Kraft verloren, dass seine Fähigkeit auf Beinprothesen zu laufen stark zurückgegangen sei. Durch das einseitige Sitzen im Rollstuhl habe sich seine Körperhaltung drastisch verschlechtert.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen. Diese sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung der Beklagten ist begründet. Das SG hat der Klage zu Unrecht stattgeben; denn der Bescheid der Beklagten vom 25.11.2002 (einschließlich der Folgebescheide) in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.11.2003 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger daher nicht in seinen Rechten (§ 54 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG)). Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Versorgung mit einem Sportrollstuhl.
1. Ein Anspruch ergibt sich nicht bereits aus den von dem Kläger vorgelegten ärztlichen Verordnungen. Für den Anspruch auf Versorgung mit Hilfsmitteln ist eine ärztliche Verordnung weder notwendige noch hinreichende Voraussetzung (vgl. u.a. Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen (LSG NRW), Urteil vom 14.06.2007 – L 2 KN 209/05 KR – m.w.N.).
2. Versicherte haben im Rahmen der Krankenbehandlung (vgl. § 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB V) u.a. Anspruch auf Versorgung mit Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen, soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen oder nach § 34 Abs. 4 ausgeschlossen sind (§ 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V).
Die Voraussetzungen dieser Vorschrift sind nicht erfüllt.
a) Rollstühle bzw. Sportrollstühle sind keine allgemeinen Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens. Geräte bzw. Gegenstände, die für die speziellen Bedürfnisse kranker oder behinderter Menschen entwickelt und hergestellt werden und von diesem Personenkreis ausschließlich oder ganz überwiegend benutzt werden, sind grundsätzlich nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen. Dies gilt selbst dann, wenn sie millionenfach verbreitet sind (z.B. Brillen, Hörgeräte); denn Bewertungsmaßstab ist insoweit der Gebrauch eines Geräts durch Menschen, die nicht an der betreffenden Krankheit oder Behinderung leiden. Die Frage, ob ein Mittel als allgemeiner Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens einzustufen ist, stellt sich für einen Gegenstand, der von der Konzeption her vorwiegend für Kranke oder Behinderte gedacht ist, erst dann, wenn er in nennenswertem Umfang auch von insoweit nicht betroffenen Menschen benutzt wird (BSG, Urteil vom 16.04.1998 – B 3 KR 9/97 R – in SozR 3-2500 § 33 Nr. 19). Dies ist bei Rollstühlen offenkundig nicht der Fall.
b) Der von dem Kläger begehrte Sportrollstuhl ist nicht zum Ausgleich einer drohenden Behinderung erforderlich. Beim Kläger ist die Behinderung in Form der Auswirkungen der Dysmelie bereits eingetreten, so dass es allein um die Kompensation einer (bestehenden) Behinderung gehen kann.
c) Der Sportrollstuhl ist dem Kläger jedoch auch nicht zu gewähren, um die aufgrund der Dysmelie bestehende Behinderung auszugleichen.
Ein Hilfsmittel ist für den Ausgleich einer Behinderung regelmäßig erforderlich, wenn das Hilfsmittel die beeinträchtigte Körperfunktion unmittelbar ermöglicht, ersetzt oder erleichtert. Soweit – wie hier – das Hilfsmittel die ausgefallene oder beeinträchtigte Körperfunktion nur mittelbar oder nur teilweise ersetzt, muss zusätzlich geprüft werden, in welchen Lebensbereichen sich der Ausgleich auswirkt. Hilfsmittel i.S.d. Krankenversicherung sind nur solche, die die Auswirkungen der Behinderung nicht nur in einem bestimmten Lebensbereich (Beruf / Gesellschaft / Freizeit), sondern im gesamten täglichen Leben ("allgemein") beseitigen oder mildern und damit ein Grundbedürfnis des täglichen Lebens betreffen (ständige Rechtsprechung, vgl. BSG SozR 3-2500 § 33 Nrn. 5, 27, 29, 32 m.w.N.). Zu derartigen Grundbedürfnissen gehören zum einen die körperlichen Grundfunktionen (Gehen, Stehen und Treppensteigen, Sitzen, Liegen, Greifen, Sehen, Hören, Nahrungsaufnahme, Ausscheidung), darüber hinaus die elementare Körperpflege und das selbständige Wohnen sowie die Erschließung eines gewissen körperlichen und geistigen Freiraumes, der auch die Aufnahme von Informationen, die Kommunikation mit anderen zur Vermeidung von Vereinsamung sowie das Erlernen eines lebensnotwendigen Grundwissens (Schulwissen) umfasst (vgl. BSG SozR 3-2500 § 33 Nr. 32 m.w.N.).
Dabei geht es nur um ein Basisbedürfnis und damit letztlich um einen Basisausgleich, also nicht um ein vollständiges Gleichziehen mit den Möglichkeiten eines Gesunden (BSG SozR 3-2500 § 33 Nr. 29). Auch das Grundbedürfnis der Erschließung "eines gewissen körperlichen Freiraumes" ist nur i.S. eines Basisausgleichs der Behinderung selbst und nicht i.S. des vollständigen Gleichziehens mit den letztlich unbegrenzten Möglichkeiten des Gesunden zu verstehen (BSG SozR 3-2500 § 33 Nr. 31). Eine über die Befriedigung eines solchen Grundbedürfnisses hinausgehende berufliche oder soziale Rehabilitation ist Aufgabe anderer Sozialleistungsträger (vgl. BSG SozR 3-2500 § 33 Nr. 29). Die sportliche Betätigung im Freizeitbereich wird vom Begriff des vitalen Lebensbedürfnisses bzw. des allgemeinen Grundbedürfnisses des täglichen Lebens nicht erfasst (vgl. BSG SozR 3-2500 § 33 Nrn. 5, 27, 31; BSG SozR 3-2500 § 182b Nrn. 12, 30, 34, 37).
Die Grundbedürfnisse des Klägers, sich fortzubewegen und sich einen gewissen körperlichen Freiraum zu erschließen, werden mit den beiden ihm zur Verfügung stehenden Rollstühlen befriedigt.
Bei dem beantragten Hilfsmittel handelt es sich um einen Rollstuhl, mit dem der Kläger Sport treiben und Rollstuhl-Basketball spielen möchte. Die sportliche Betätigung im allgemeinen und die Ausübung von Rollstuhl-Basketball im besonderen stellen jedoch keine von der GKV durch die Gewährung von Hilfsmitteln zu befriedigende Grundbedürfnisse dar (LSG NRW, Urteile vom 22.06.2006 – L 5 KR 16/06 – nachfolgend BSG, Beschluss vom 08.11.2006 – B 3 KR 17/06 B – Sportrollstuhl für Rollstuhl-Rugby – und vom 08.05.2008 – L 5 (16) KR 174/07 – Sportrollstuhl für Rollstuhl-Hockey).
Ausgangspunkt dieser Rechtsprechung ist, dass das Hilfsmittel zur Lebensbetätigung im Rahmen der allgemeinen Grundbedürfnisse benötigt wird. Dies bedeutet, dass Bedürfnisse betroffen sein müssen, die generell (fast) alle Menschen oder aber zumindest die Menschen einer Altersgruppe (z.B. Jugendliche) haben. Dies trifft auf die sportliche Betätigung im Allgemeinen nicht zu. Es ist bekannt, dass eine Vielzahl von Menschen – auch in der Altersgruppe des Klägers – überhaupt keinen Sport betreiben. Hinzu kommt, dass es bei der Ausübung von Sport grundsätzlich um eine gesteigerte, den menschlichen Körper besonders beanspruchende Betätigung körperlicher Grundfunktionen geht. Schon von daher wird deutlich, dass es beim Sporttreiben nicht um ein allgemeines Grundbedürfnis, sondern um die Befriedigung eines speziellen individuellen Bedürfnisses geht. Freizeitbeschäftigungen – welcher Art auch immer – werden vom Begriff des vitalen Lebensbedürfnisses bzw. des allgemeinen Grundbedürfnisses des täglichen Lebens nicht erfasst (BSG SozR 3-2500 § 33 Nr. 31; BSG SozR 4-2500 § 33 Nr. 2; BSG Beschluss vom 08.11.2006 – B 3 KR 17/06 B -; LSG NRW, Urteil vom 22.06.2006 – L 5 KR 16/06 -).
Selbst wenn aber dem entgegen die Ermöglichung einer sportlichen Betätigung zu den Grundbedürfnissen gezählt würde, so begründete dies nicht den Anspruch des Klägers auf einen Sportrollstuhl. Denn ohne diesen Rollstuhl ist es ihm nicht generell unmöglich, Sport zu treiben. Auch ohne Sportrollstuhl ist der Kläger hierzu in der Lage. Die Beklagte weist zu Recht darauf hin, dass es dem Kläger möglich ist, Funktionsgymnastik im Rollstuhl, Schwimmen (ggf. mit Schwimmhilfen) oder Warmwassergymnastik, Bewegungsspiele ohne Anforderung an schnelle Ortswechsel wie Volleyball, Federball, Tischtennis, Ballzielwurf und leichtathletische Übungen wie Stoßen, Werfen und konditionierende Kraftübungen auszuüben.
Ein Anspruch auf von der Beklagten zu gewährende Hilfen zur Ausübung bestimmter besonderer Sportarten wie Rollstuhl-Basketball besteht indes nicht. Die Ausübung bestimmter Sportarten gehört keinesfalls zu den Grundbedürfnissen, die im Rahmen der GKV zu befriedigen sind. Dies würde über die Gewährung eines Basisausgleichs weit hinausgehen (vgl. LSG NRW, Urteil vom 08.05.2008, a.a.O.).
Der Kläger kann sich auch nicht darauf berufen, dass einem behinderten Jugendlichen vom BSG (SozR 3-2500 § 33 Nr. 27) ein Rollstuhlbike als Hilfsmittel zugesprochen wurde, um dessen Einbeziehung in den Kreis der laufenden und fahrradfahrenden gleichaltrigen Jugendlichen zu gewährleisten. Das BSG hat die spezielle Situation von Kindern und Jugendlichen berücksichtigt und darauf hingewiesen, dass sich zumindest bis zur Vollendung des 15. Lebensjahres die Lebensbereiche nicht in der Weise wie bei Erwachsenen in Beruf, Gesellschaft und Freizeit trennen ließen (BSG SozR 3-2500 § 33 Nr. 46). Während dem behinderten Jugendlichen ohne die Möglichkeit, mit den gesunden Altersgenossen mobil unterwegs zu sein, tatsächlich der Ausschluss aus dem Kreis der Gleichaltrigen und damit verbunden die Gefahr der (spezifischen) Vereinsamung, somit letztlich die Gefahr von Entwicklungsstörungen droht, ist dies bei Erwachsenen, wie auch dem Kläger, nicht der Fall. Den Ausschluss aus dem Kreis seiner (erwachsenen) Bekannten hat der Kläger nicht befürchten, nur weil er nicht an bestimmten sportlichen Aktivitäten teilnehmen kann. Dafür besteht kein Anhaltspunkt; das wird vom ihm auch nicht geltend gemacht.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Rahmenvereinbarung über den Rehabilitationssport und das Funktionstraining vom 01.10.2003 in der Fassung vom 01.01.2007. Dahinstehen kann, ob Rollstuhl-Basketball überhaupt dem Rehabilitationssport i.S.d. Vereinbarung unterfällt oder – wofür einiges spricht – dieser Sport schon wegen besonderer Gefährlichkeit nicht als Rehabilitationssport anerkannt werden könnte (vgl. dazu Nr. 5.3 der Rahmenvereinbarung). Denn die Vereinbarung begründet gerade keine eigenständige Leistungspflicht der Beklagten zur Versorgung mit Hilfsmitteln, sie verweist insoweit vielmehr lediglich auf die geltenden gesetzlichen Vorschriften. Nach Nr. 17.3 der Vereinbarung werden die für die Durchführung des Rehabilitationssports im Einzelfall erforderlichen Hilfsmittel sowie deren für die Ausübung des Sports notwendige Anpassung nach den geltenden gesetzlichen Vorschriften erbracht. Die Pflicht der Beklagten geht auch als Rehabilitationsträger nicht über die Sicherung von Grundbedürfnissen hinaus (vgl. BSG Beschluss vom 08.11.2006 a.a.O.). Grundbedürfnisse sind jedoch – wie oben dargelegt – hier gerade nicht betroffen.
d) Der Sportrollstuhl ist schließlich auch nicht erforderlich, um den Erfolg einer Krankenbehandlung zu sichern.
Bereits dem Vorbringen des Klägers lässt sich nicht entnehmen, dass ein Erfolg einer ärztlichen Behandlung gesichert werden soll. Dem Kläger kommt es letztlich vielmehr darauf an, einer Verschlechterung des körperlichen Zustandes durch sportliche Betätigung vorzubeugen.
Dieses aus allgemeinen Erwägungen nachvollziehbare Ziel kann im Übrigen aber ebenso wie der Erfolg einer ärztlichen Behandlung auch auf anderem Wege erreicht werden; hierzu ist eine Teilnahme am Rollstuhl-Basketball-Sport nicht zwingend erforderlich. Der vom SG gehörte Sachverständige hat zwar ausgeführt, dass bei Mehrfachbehinderten Rollstuhl-Basketball-Sport die Sportart an sich sei, in der sich der Behinderte eine Teilnahme am sozialen Leben sichern kann, bzw. die einzige Sportart sei, die einen besonders hohen therapeutischen Nutzen bringe. Dies trägt indes nicht den Anspruch auf Versorgung mit einem Sportrollstuhl. Nach dem Wirtschaftlichkeitsgebot des § 12 Abs. 1 SGB V müssen die von der Krankenkasse zu gewährenden Leistungen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein. Sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen. Dies bedeutet, dass der Versicherte keinen Anspruch auf die bestmögliche Versorgung – wovon der Sachverständige Prof. Dr. X und das SG allerdings auszugehen scheinen -, sondern nur Anspruch auf eine notwendige und wirtschaftliche Versorgung hat (so im Ergebnis auch das vom SG zitierte Urteil des BSG vom 30.01.2001, a.a.O., in dem eben keine andere Therapiemöglichkeit mehr bestand). Insoweit ist der Kläger auf die bereits o.a. Sportarten zu verweisen, die er auch, sofern dabei ein Rollstuhl erforderlich ist, mit den ihm zur Verfügung stehenden Rollstühlen ausüben kann. Das mit der Ausübung von Sport letztlich beabsichtigte Ziel, noch vorhandene Muskulatur, Herz-Kreislauf-System und Lungenfunktion zu stärken, lässt sich so durch weniger aufwändige Geräte oder – wie bereits ausgeführt – durch entsprechende krankengymnastische und sportlichen Übungen mit geringerem Kostenaufwand erreichen (vgl. BSG SozR 3-2500 § 33 Nr. 31).
e) Auch der Hinweis des Klägers auf eine Ersatzbeschaffung i.S.d. § 33 Abs. 1 Satz 4 führt nicht weiter. Eine Ersatzbeschaffung setzt, wie sich bereits aus dem Verweis auf den Anspruch nach § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V ("Der Anspruch umfasst auch ") ergibt, voraus, dass die dort normierten (weiteren) Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Voraussetzung für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 SGG).
Erstellt am: 19.03.2009
Zuletzt verändert am: 19.03.2009