Auf die Berufung der Beigeladenen zu 2) wird das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 13. Dezember 2016 geändert und der Tenor wie folgt gefasst: Der Bescheid der Beklagten vom 29. Dezember 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. Juni 2012 wird aufgehoben, soweit die Beklagte festgestellt hat, dass ein Anspruch auf Nachentrichtung der Rentenversicherungsbeiträge auch für die Zeit vom 1. Dezember 2005 bis zum 30. November 2006 nicht besteht. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, von der Beigeladenen zu 2) Beiträge für den Kläger zur gesetzlichen Rentenversicherung auch für die Zeit vom 1. Dezember 2005 bis zum 30. November 2006 einzuziehen. Im Übrigen werden Klage und Berufung zurückgewiesen. Die Beigeladene zu 2) trägt 1/16 der Kosten des Klägers aus dem gesamten Verfahren. Im Übrigen sind Kosten nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit einer Einzugsstellenentscheidung (§ 28h Abs. 2 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV)). Hierbei ist insbesondere umstritten, ob die Beklagte verpflichtet ist, den Kläger betreffende Pflichtbeiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung für den Zeitraum vom 1. Januar 1992 bis zum 30. November 2006 von der Beigeladenen zu 2) einzuziehen.
Der am 00.00.1945 geborene Kläger ist portugiesischer Staatsangehöriger mit früherem Wohnsitz in den Vereinigten Staaten von Amerika. Seit dem 25. November 2008 verfügt er zusätzlich über die US-amerikanische Staatsangehörigkeit. Er war vom 7. Mai 1990 bis zum 31. Januar 2010 bei der Beigeladenen zu 2) in deren Botschaft in X beschäftigt, wo er Tätigkeiten als Hauswart wahrnahm. Unter dem 1. Juni 1994 schlossen der Kläger und die Beigeladene zu 2) unter Aufhebung einer zuvor getroffenen Vereinbarung vom 21. Mai 1990 einen "Arbeitsvertrag" mit auszugsweise folgendem Inhalt:
§ 1 Vertragsdauer
(1) Herr N. P. wird weiterhin auf unbestimmte Zeit als Hauswart bei der Botschaft der Bundesrepublik Deutschland in X beschäftigt.
(2) Die ersten sechs Monate gelten als Probezeit./entfällt.
(3) ( …)
(4) Erfüllt der Arbeitnehmer die Voraussetzungen für eine Rente aus der amerikanischen Social Security, kann er mit Ablauf des Monats, in dem er das 62. Lebensjahr vollendet, auf Antrag vorzeitig ausscheiden. Der Antrag ist mindestens 4 Monate vor dem Ausscheiden schriftlich zu stellen. Eine spätere Rücknahme ist nicht möglich.
( …)
§ 9 Sozialversicherung/Altersversorgung
(1) Unterliegt der Arbeitnehmer der Sozialversicherungspflicht des Gastlandes, wird die Hälfte des an die U.S. Social Security zu zahlenden Beitrages erstattet (Arbeitgeberanteil).
(2) Kann der Arbeitnehmer weder in der US-Social Security noch in der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung versichert werden, wird ihm die Hälfte des Beitrags zu einer privaten Rentenversicherung, höchstens jedoch 50 % des Pflichtbeitrages, der bezogen auf den monatlich von der Besoldungsstelle des Auswärtigen Amtes übersandten Nachweis des sozialversicherungspflichtigen Entgelts an die Social Security abzuführen wäre, erstattet (Arbeitgeberanteil).
(3) Nach Ablauf der Probezeit beteiligt sich der Arbeitgeber an einer durch den Arbeitnehmer abgeschlossenen individuellen Zusatzaltersversorgung. Der Zuschuss beträgt 50% des hierfür aufgewendeten Beitrags, höchstens jedoch 4,5% der monatlichen Bruttovergütung.
(4) Erhält der Arbeitnehmer Zuschüsse zur Altersversorgung gemäß Ziffer a) und b), verpflichtet er/sie sich, so lange das Arbeitsverhältnis mit dem Arbeitgeber besteht,
– die bestimmungsgemäße Verwendung der Zuschüsse zum 10. Januar eines jeden Jahres nachzuweisen;
– die Auszahlung der Versorgungsleistungen frühestens mit Eintritt in den Ruhestand in Anspruch zu nehmen;
– den Kapitalanteil nebst Zinsen vor Eintritt in den Ruhestand nicht zu verpfänden oder anderweitig zu belasten;
– das angesparte Kapital nebst Zinsen für den vom Arbeitgeber erbrachten Anteil bei Eintritt in den Ruhestand nicht in einer Summe, sondern nur als monatliche Rente auszahlen zu lassen;
– Regelungen zu treffen, dass im Todesfall Auszahlungsansprüche auf die hinterbliebenen Ehegatten und in Ausbildung befindliche Kinder des Arbeitnehmers der Arbeit Nehmerin übergehen.
Ausnahmen hiervon sind in besonderen Notfällen mit Zustimmung des Arbeitgebers möglich.
§ 10 Versicherung gegen Erwerbsunfähigkeit/Arbeitsunfallversicherung
(1) Der Arbeitgeber beteiligt sich an einer von dem Arbeitnehmer individuell abgeschlossenen Versicherung gegen Erwerbsunfähigkeit. Der Zuschuß beträgt 50% des hierfür aufgewendeten Beitrags, höchstens jedoch 1,5% der monatlichen Bruttovergütung. Der Arbeitnehmer hat die Zahlung jährlich zum 10. Januar nachzuweisen.
(2) ( …).
Wegen des weiteren Inhalts wird auf den Arbeitsvertrag vom 1. Juni 1994 nebst seinen Anlagen Bezug genommen.
Der Vollzug des Beschäftigungsverhältnisses erfolgte zunächst in Anwendung des Ortsrechts. Eine sozialversicherungsrechtliche Anmeldung des Klägers bei einer Einzugsstelle nach dem SGB IV unterließ das hierfür zuständige Fachreferat des Auswärtigen Amtes aus diesem Grund.
In der Annahme einer nicht bestehenden Sozialversicherungspflicht nach dem Sechsten Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) gewährte die Beigeladene zu 2) dem Kläger zur Gewährleistung einer Altersvorsorge auf privater Grundlage in den Jahren 1994 bis 2008 sog. "In lieu of Social Security" Leistungen in Höhe von insgesamt 35.134,01 US-Dollar. Einen im Sommer 2010 zusätzlich übergebenen, den Beschäftigungszeitraum 7. Mai 1990 bis zum 31. Mai 1994 betreffenden Scheck über 7.615,07 US-Dollar löste der Kläger nicht ein.
Nach Beginn des o.g. Vertragsverhältnisses begehrte eine in der Botschaft der Beigeladenen zu 2) in Algier nach den Bedingungen des dortigen Ortsrechts beschäftigte echte Ortskraft belgischer Staatsangehörigkeit in einem – von dem vorliegenden Rechtsstreit unabhängigen – arbeitsgerichtlichen Verfahren die Feststellung, dass die Beigeladene zu 2) verpflichtet sei, sie gemäß den Bestimmungen des Tarifvertrages zur Regelung der Arbeitsbedingungen der bei den Auslandsvertretungen der Bundesrepublik Deutschland beschäftigten deutschen nichtentsandten Angestellten (TV Ang. Ausland) zu beschäftigen. In diesem Verfahren machte die Ortskraft eine Verletzung des Diskriminierungsverbots (Art. 48 Abs. 2 EG-Vertrag, Art. 7 Abs. 1 und 4 der Verordnung (EWG) Nr. 1612/68 des Rates vom 15. Oktober 1968 über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer innerhalb der Gemeinschaft) geltend. Nachdem das Arbeitsgericht (ArbG) C mit Urteil vom 22. Dezember 1992 (1 Ca xxx) die von der Ortskraft begehrte Feststellung getroffen hatte, wies das Landesarbeitsgericht (LAG) L die Klage mit Urteil vom 6. August 1993 ab (4 (14) Sa xxx). In dem anschließenden Revisionsverfahren (6 AZR xxx) ersuchte das Bundesarbeitsgericht (BAG) den Europäischen Gerichtshof (EuGH) um Vorabentscheidung (Beschluss vom 23. Juni 1994). Am 30. April 1996 stellte der EuGH fest, dass das Verbot der Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit (Art. 48 Abs. 2 EGV und Art. 7 Abs. 1 und 4 der Verordnung (EWG) Nr. 1612/68 des Rates vom 15. Oktober 1968) auf einen Staatsangehörigen eines Mitgliedsstaates, der ständig in einem Drittland lebt und aufgrund eines dort geschlossenen und dauernd dort erfüllten Arbeitsvertrages von einem anderen Mitgliedstaat bei dessen Botschaft in diesem Drittland beschäftigt wird, hinsichtlich aller Aspekte des Arbeitsverhältnisses anwendbar ist, die das Recht des den Betroffenen beschäftigenden Mitgliedsstaats regelt (C-214/94 (Boukhalfa)). Dieser Vorabentscheidung folgend entschied das BAG mit Urteil vom 8. August 1996, dass eine in der Botschaft Algier beschäftigte echte Ortskraft gemäß den Bestimmungen des TV Ang. Ausland zu beschäftigen war. Auf den Inhalt der in diesem arbeitsgerichtlichen Verfahren ergangenen Entscheidungen wird wegen der Einzelheiten Bezug genommen.
In Reaktion auf das Ergebnis dieser gerichtlichen Auseinandersetzung bot die Beigeladene zu 2) den in ihren Auslandsvertretungen tätigen echten Ortskräften eine Neufassung der Arbeitsverträge und die Vereinbarung deutschen Tarifrechts an. In diesem Zuge hoben auch der Kläger und die Beigeladene zu 2) unter dem 29. März 2000 den (zuletzt) unter dem 1. Juni 1994 geschlossenen Arbeitsvertrag rückwirkend zum 1. März 1998 im gegenseitigen Einvernehmen auf und ersetzten ihn durch folgenden "Arbeitsvertrag":
1. Herr P. wird weiterhin auf unbestimmte Zeit als nichtentsandter Arbeiter bei der Botschaft der Bundesrepublik Deutschland in X, beschäftigt. Die regelmäßige Arbeitszeit beträgt 38,5 Stunden/Woche.
Die Tätigkeit umfasst weiterhin den Einsatz als
Hauswart.
Auf das Arbeitsverhältnis zwischen Herrn P. und der Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch das Auswärtige Amt, finden im Rahmen der Ausschlussfrist ab 01.03.1998 die Bestimmungen des TV Ang/Arb Ausl Anwendung. Die Vereinbarung des deutschen Rechts und des deutschen Gerichtsstandes erfolgt auf ausdrücklichen Wunsch von Herrn P. in Kenntnis der Bestimmungen des TV Ang/Arb Ausl und der hiermit vereinbarten Regelungen des deutschen Tarifrechts. Die Unterschiede der bisher gültigen Bestimmungen des Ortsrechts zum deutschen Tarifrecht sind bekannt. Herr P. ist weiterhin bekannt, dass die Tarifverträge Ang/Arb Ausland zum 31.03.2000 gekündigt wurden. Nach Abwägung aller Vor- und Nachteile entscheidet sich Herr P. für die Anwendung des insgesamt als günstiger beurteilten deutschen Tarifrechts.
Der bisherige Arbeitsvertrag, der auf Ortsrecht basierte, wird mit Ablauf des 28.02.1998 unwiderruflich in einen Arbeitsvertrag nach deutschen Tarifrecht übergeleitet. Die bisherigen Vertragsbestimmungen finden keine Anwendung mehr, weder in ihrer Gesamtheit noch einzelne Bestimmungen hieraus.
Die Einreihung in die Lohngruppe richtet sich nach § 21 MTB II i.V.m. dem Lohngruppenverzeichnis. Hierüber folgt gesonderte Mitteilung durch das Auswärtige Amt.
2. Die Probezeit entfällt.
3. Eventuelle Nebentätigkeiten gegen Entgelt dürfen gemäß § 13 MTB II nur mit Zustimmung des Arbeitgebers ausgeführt werden.
4. Auf den Arbeitsvertrag finden die folgenden örtlichen Bestimmungen Anwendung:
Sozialversicherung
(1) Kann der Arbeitnehmer weder in der US-Social Security noch in der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung versichert werden, wird ihm die Hälfte des Beitrags zu einer privaten Rentenversicherung, höchstens jedoch 50 % des Pflichtbeitrages, der bezogen auf den, monatlich von der Besoldungsstelle des Auswärtigen Amtes übersandten Nachweis des sozialversicherungspflichtigen Entgelts an die Social Security abzuführen wäre, erstattet (Arbeitgeberanteil).
(2) Die Möglichkeit der zusätzlichen Alters- und Hinterbliebenenversorgung besteht gemäß § 7 TV Arb Ausland nicht.
Der Arbeitgeber beteiligt sich an einer durch den Arbeitnehmer abgeschlossenen individuellen Zusatz Altersversorgung. Der Zuschuss beträgt 50 % des hierfür aufgewendeten Beitrags, höchstens jedoch 4,5 % des monatlich von der Besoldungsstelle des Auswärtigen Amtes mitgeteilten sozialversicherungs-pflichtigen Entgelts.
(3) Erhält der Arbeitnehmer Zuschüsse zur Altersversorgung gemäß Ziffer a) und b), verpflichtet er/sie sich, so lange das Arbeitsverhältnis mit dem Arbeitgeber besteht,
– die bestimmungsgemäße Verwendung der Zuschüsse zum 10. Januar eines jeden Jahres nachzuweisen;
– die Auszahlung der Versorgungsleistungen frühestens mit Eintritt in den Ruhestand in Anspruch zu nehmen;
– den Kapitalanteil nebst Zinsen vor Eintritt in den Ruhestand nicht zu verpfänden oder anderweitig zu belasten;
– das angesparte Kapital nebst Zinsen für den vom Arbeitgeber erbrachten Anteil bei Eintritt in den Ruhestand nicht in einer Summe, sondern nur als monatliche Rente auszahlen zu lassen;
– Regelungen zu treffen, dass im Todesfall Auszahlungsansprüche auf die hinterbliebenen Ehegatten und in Ausbildung befindliche Kinder des Arbeitnehmers der Arbeit Nehmerin übergehen.
Ausnahmen hiervon sind in besonderen Notfällen mit Zustimmung des Arbeitgebers möglich.
5. Der Arbeitgeber beteiligt sich an einer von dem Arbeitnehmer individuell abgeschlossenen Versicherung gegen Erwerbsunfähigkeit. Der Zuschuss beträgt 50 % des hierfür aufgewendeten Beitrags, höchstens jedoch 1,5 % des monatlich von der Besoldungsstelle des Auswärtigen Amtes mitgeteilten sozialversicherungspflichtigen Entgelts. Der Arbeitnehmer hat die Zahlung jährlich zum 10. Januar nachzuweisen.
6. Bei Arbeitsunfällen werden Leistungen entsprechend der deutschen gesetzlichen Unfallversicherung gewährt.
7. Unabhängig von einer Steuerverpflichtung im Gastland unterliegt der Lohn der deutschen Lohnsteuer, sofern nicht eine Freistellungsbescheinigung des zuständigen Betriebsstättenfinanzamts in C-Innenstadt vorliegt. Die deutsche Lohnsteuer wird unmittelbar von dem Lohn einbehalten. Besteht eine Steuerpflicht in den USA, ist der Arbeitnehmer allein für die ordnungsgemäße Zahlung der US- Einkommensteuer verantwortlich.
Am 31. Januar 2010 endete das zwischen dem Kläger und der Beigeladenen zu 2) bestehende Arbeitsverhältnis aus Altersgründen. Der Kläger wandte sich daraufhin im Februar 2010 an die Europäische Kommission und machte unter Bezugnahme auf die Entscheidung des EuGH vom 30. April 1996 (C-214/94) eine Rente nach den Vorschriften des deutschen Sozialversicherungsrechts geltend. Außerdem beantragte er unter Beteiligung des portugiesischen Ministeriums für Arbeit und Soziale Solidarität bei der Deutschen Rentenversicherung (DRV) Nordbayern als zuständiger Verbindungsstelle die Gewährung einer Altersrente nach den Vorschriften des deutschen Sozialversicherungsrechts.
Nachdem die DRV Nordbayern die Beklagte um Feststellung der Versicherungspflicht und Beitragshöhe für das Beschäftigungsverhältnis zwischen dem Kläger und der Beigeladenen zu 2) ersucht hatte (Schreiben vom 10. September 2010), äußerte die in diesem Zuge beteiligte DRV Bund, "aus heutiger Sicht" müsse angenommen werden, dass der Kläger als portugiesischer Staatsangehöriger während seiner Beschäftigung gemäß § 1 Satz 2 SGB VI der Versicherungspflicht unterlegen habe. Eine andere Rechtsauffassung lasse sich nach der Entscheidung des EuGH vom 30. April 1996 in der Rechtssache C-214/94 schwer vertreten. Sie sei bereit, auf die Erhebung der Einrede der Verjährung zu verzichten.
Unter Hinweis auf die Einschätzung der DRV Bund bat die Beklagte die Beigeladene zu 2) um Erklärung, ob und ggf. wann eine Beitragsnachentrichtung veranlasst werde. Hierauf teilte der ursprünglich zuständige Referent des Auswärtigen Amtes zunächst mit, vor einer Entscheidung über die Nachentrichtung von Pflichtbeiträgen müsse zunächst ein zwischenzeitlich von dem Kläger angestrengtes arbeitsgerichtliches Verfahren vor dem ArbG Berlin (59 Ca 14395/10) abgewartet werden. In diesem Rechtsstreit begehrte der Kläger die Feststellung, dass die Beigeladene zu 2) verpflichtet gewesen ist, ihn für den Zeitraum vom 7. Mai 1990 bis zum 27. Januar 2010 in der gesetzlichen Rentenversicherung anzumelden und für ihn Beiträge abzuführen. In dem nach Verweisung des Rechtsstreits (Beschluss des ArbG Berlin vom 24. März 2011) sodann vor dem Sozialgericht (SG) Berlin unter dem Az. S 28 KR 1211/11 geführten Verfahren verständigten sich der Kläger und die Beigeladene zu 2) im September 2011 vergleichsweise. Dem Vergleich ging u.a. ein gerichtlicher Hinweis voraus, wonach der Kläger bei der Beklagten als zuständiger Einzugsstelle einen Antrag auf Feststellung der Versicherungspflicht in dem streitigen Auftragsverhältnis stellen könne.
Anfang Dezember 2011 setzte die Beigeladene zu 2) die Beklagte sodann darüber in Kenntnis, dass sie eine Nachentrichtung von Pflichtbeiträgen nicht beabsichtige, da der Kläger nicht der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung nach dem SGB VI unterlegen habe. Selbst bei Annahme einer Versicherungspflicht seien etwaige Beitragsansprüche verwirkt, da der Kläger für den streitigen Zeitraum bereits zweckgebundene Zahlungen ("In lieu of Social Security"-Leistungen) für eine private Altersvorsorge erhalten habe (Mail vom 2. Dezember 2011).
Am 12. Dezember 2011 beantragte der Kläger bei der Beklagten unter Hinweis auf den vor dem SG Berlin geschlossenen Vergleich die Feststellung der Versicherungspflicht sowie die Feststellung, dass die Beigeladene zu 2) für die Dauer des bestehenden Beschäftigungsverhältnisses Pflichtbeiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung nachzuentrichten habe.
Mit Bescheid vom 29. Dezember 2011 traf die Beklagte daraufhin folgende Feststellungen:
"( …). Nach unseren Feststellungen wurde Herr P. in der Zeit vom 07.05.1990 bis zum 31.01.2010 bei der Deutschen Botschaft in X als Arbeitnehmer beschäftigt.
Da die deutschen Rechtsvorschriften über Soziale Sicherheit seinerzeit Rentenversicherungspflicht nur für Deutsche, die im Ausland bei einer amtlichen Vertretung des Bundes oder der Länder oder bei deren Leitern, deutschen Mitgliedern oder Bediensteten beschäftigt wurden, vorsahen und Herr P. die portugiesische Staatsangehörigkeit besitzt, ist die Meldung und Beitragszahlung zur Deutschen Rentenversicherung offensichtlich unterblieben.
Das EuGH-Urteil vom 30.04.1996 in der Rechtssache C-214/94 macht im Fall von Herrn P. eine neue versicherungsrechtliche Beurteilung erforderlich.
Aus heutiger Sicht ist in Anbetracht des genannten Urteils festzustellen, dass Herr P. als portugiesischer Staatsangehöriger während der Dauer seiner Beschäftigung bei der Deutschen Botschaft in X gemäß § 1 Satz 2 Sozialgesetzbuch VI der Versicherungspflicht in der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung unterlag.
Die Rentenversicherungsbeiträge wurden zwischenzeitlich unter Berücksichtigung der Verjährungsvorschriften beim Auswärtigen nachgefordert. Eine Zweitschrift des entsprechenden Bescheides beigefügt.
Als Einzugsstelle für die Rentenversicherungsbeiträge obliegt uns die Feststellung der Versicherungspflicht und die Erhebung der Beiträge. Die Leistungsgewährung – hier Altersrente – erfolgt durch den jeweils zuständigen Träger der Rentenversicherung.
( …)."
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt des – mit Rechtsbehelfsbelehrung versehenen – Bescheides vom 29. Dezember 2011 Bezug genommen. Mit weiterem Bescheid gleichen Datums machte die Beklagte der Beigeladenen 2) gegenüber "zur Unterbrechung einer weiteren Verjährung" eine Nachforderung der Rentenversicherungsbeiträge für die Zeit vom 1. Dezember 2006 bis zum 31. Januar 2010 geltend und forderte sie auf, die nachzuentrichtenden Beiträge bis spätestens zum 20. Januar 2012 nachzuweisen und bis zum 27. Januar 2012 einzuzahlen.
Gegen den Bescheid erhob der Kläger am 12. Januar 2012 Widerspruch. Der Bescheid sei rechtswidrig, soweit die Beklagte annehme, dass Ansprüche auf Pflichtbeiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung verjährt seien. Es finde die 30-jährige Verjährungsfrist nach § 25 Abs. 1 Satz 2 SGB IV Anwendung, weil die Beigeladene zu 2) die Pflichtbeiträge spätestens seit der Verkündung der Entscheidung des EuGH vom 30. April 1996 vorsätzlich vorenthalten habe. Immerhin habe sie selbst eingeräumt, dass das Arbeitsverhältnis aufgrund der "Boukhalfa-Entscheidung" auf deutsches Tarifrecht umgestellt worden sei. Die Entscheidung des EuGH sei dem zuständigen Referat mithin bekannt gewesen. Dieses habe die Sozialversicherungspflicht auch für möglich gehalten, jedoch stets aufs Neue versucht, sich der Verpflichtung zur Entrichtung von Pflichtbeiträgen zu entziehen. Die irreführenden Ausführungen der Beigeladenen zu 2), zuletzt im Februar 2010, hätten dazu beigetragen, die Verpflichtung zur Abführung der Beiträge bewusst zu verschleiern und den Kläger in die Irre zu leiten. Es sei wiederholt erklärt worden, dass der Kläger nicht der Versicherungspflicht in der Rentenversicherung unterlegen habe, da er kein Deutscher im Sinne des Grundgesetzes (GG) gewesen sei.
Auch die Beigeladene zu 2) erhob gegen den Bescheid vom 29. Dezember 2011 Widerspruch (Widerspruch vom 27. Januar 2012). Sie machte u.a. geltend, der Bescheid sei mangels bezifferter Beitragsforderung nicht hinreichend bestimmt (§ 33 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X)).
Die Beklagte holte im Widerspruchsverfahren Stellungnahmen des GKV-Spitzenverbandes – Deutsche Verbindungsstelle Krankenversicherung Ausland (DVKA) – sowie der DRV Bund, insbesondere zur Frage der Auswirkungen der am 25. November 2008 zusätzlich erworbenen us-amerikanischen Staatsangehörigkeit des Klägers, ein. Mit Stellungnahme vom 14. März 2012 erklärte der GKV-Spitzenverband, dass der Wechsel der Staatsangehörigkeit keinen Einfluss auf die versicherungsrechtliche Beurteilung habe. Die DRV Bund teilte der Beklagten unter dem 3. April 2012 auszugsweise Folgendes mit:
"( …). Unbeachtlich der Tatsache, dass Herr P.seit dem 25.11.2008 die US-amerikanische Staatsangehörigkeit angenommen hat, besitzt dieser auch über dieses Datum hinaus die portugiesische Staatsangehörigkeit, so dass er nach europäischem Verordnungsrecht und dem EuGH-Urteil in der Rechtssache C-214/94 ("Boukhalfa") einem deutschen Staatsangehörigen gleichgestellt ist. Somit unterlag Herr P. aus hiesiger Sicht nach Art. 6 Abs. 4 Buchst. a des deutsch-amerikanischen Sozialversicherungsabkommens vom 07.01.1976 i.V.m. § 1 Satz 2 SGB VI (in der bis 28.06.2011 geltenden Fassung) während der Zeit seiner Beschäftigung bei der Deutschen Botschaft in X der Versicherungspflicht in der Deutschen Rentenversicherung.
Sofern der Arbeitgeber in der Zeit vom 7.5.1990 bis zum 27.01.2010 Zahlungen zur Begründung einer amerikanischen Rentenleistung gezahlt hat, entbindet ihn dies nicht von den gesetzlichen Verpflichtungen nach Maßgabe des Sozialversicherungsabkommens i.V.m. § 1 Satz 2 SGB VI."
Mit Widerspruchsbescheid vom 5. Juni 2012 wies die Beklagte die Widersprüche des Klägers und der Beigeladenen zu 2) als unbegründet zurück. In dem Widerspruchsbescheid, auf dessen Inhalt im Übrigen Bezug genommen wird, stellte die Beklagte fest, dass von der Beigeladenen zu 2) Rentenversicherungsbeiträge für die Zeit vom 1. Dezember 2006 bis zum 31. Januar 2010 nachzuentrichten seien. Ein Anspruch auf Nachentrichtung der Rentenversicherungsbeiträge für die Zeit vom 7. Mai 1990 bis zum 30. November 2006 bestehe demgegenüber nicht. Das Verhalten der Beigeladenen zu 2) als Arbeitgeberin lasse eine vorsätzliche Beitragsvorenthaltung nicht erkennen.
Mit der am 6. Juli 2012 zum SG Berlin erhobenen Klage hat der Kläger sein Begehren weiterverfolgt. Er sei bereits zu Beginn des Beschäftigungsverhältnisses rentenversicherungspflichtig gewesen. Da § 1 Satz 2 SGB VI in seiner bis zum 29. Juni 2011 geltenden Fassung gemeinschaftsrechtswidrig gewesen sei, sei die versicherungsrechtliche Beurteilung durch die Beigeladene zu 2) bereits zu Beginn des Arbeitsverhältnisses unrichtig vorgenommen worden. Der Verstoß der fraglichen Regelung gegen das Gemeinschaftsrecht sei durch die Entscheidung des EuGH vom 30. April 1996 zudem förmlich festgestellt worden. So habe der EuGH in seinen Entscheidungsgründen u.a. ausgeführt, dass die klagende Ortskraft in dem dortigen Verfahren "hinsichtlich der Rentenversicherung dem deutschen Sozialversicherungssystem an[gehöre]."
Es entspreche der herrschenden Auffassung, dass eine strikt formale Bindung der Urteile des EuGH für nationale Gerichte zwar nur gegenüber dem vorlegenden Gerichte bestehe; allerdings erstrecke sich die formale Bindung einer solchen Entscheidung auch auf alle Gerichte und Behörden, die in derselben Sache mit der Auslegung des Gemeinschaftsrechts befasst seien. Solange der nationale Gesetzgeber nicht tätig werde, seien Gerichte und Behörden gehalten, die entsprechende Entscheidung bei der Auslegung zu berücksichtigen. Dies bedinge, dass eine europarechtswidrige Regelung nicht mehr angewandt werden könne. Im vorliegenden Fall komme hinzu, dass die Beigeladene zu 2) zugleich Beklagte in der Rechtssache C-214/94 gewesen sei.
Werde der nationale Gesetzgeber nicht tätig und unterlasse er eine Änderung der gemeinschaftsrechtswidrigen Regelung, seien die fraglichen Gerichte und Behörden gehalten, die streitige Vorschrift europarechtskonform auszulegen. Dieses Gebot habe spätestens ab dem 30. April 1996 – dem Zeitpunkt der Entscheidung des EuGH – bzw. dem 8. August 1996 – dem Zeitpunkt der Entscheidung des BAG – gegolten. Unter "Deutsche" im Sinne dieser Regelung seien spätestens ab diesem Zeitpunkt zumindest auch Angehörige eines Mitgliedstaats der Europäischen Union zu verstehen.
Soweit der Gesetzgeber § 1 Satz 2 SGB VI erst mit Wirkung zum 29. Juni 2011 geändert habe, sei die neue Regelung für das vorliegende Verfahren irrelevant, da er, der Kläger, bereits im Jahr 2010 das gesetzliche Rentenalter erreicht und unter Beteiligung des portugiesischen Ministeriums für Arbeit und soziale Sicherheit einen entsprechenden Rentenantrag gestellt habe.
Sämtliche Beteiligten, namentlich die DRV Bund (Verweis auf Schreiben vom 7. September 2010), der GKV-Spitzenverband (Schreiben vom 14. März 2012) und die Beklagte als Einzugsstelle seien übereinstimmend der Ansicht, dass eine Versicherungspflicht bestehe und bestanden habe. Die DRV Bund habe zudem auf die Einrede der Verjährung verzichtet.
Die Beigeladene zu 2) sei ebenfalls davon ausgegangen, dass die Entscheidungen des EuGH und des BAG auf das vorliegende Beschäftigungsverhältnis Anwendung fänden. Dieses folge nicht zuletzt aus der Erklärung vom 2. Februar 2010, mit der das Auswärtige Amt ihre Absicht bekundet habe, die Entscheidung des EuGH umzusetzen.
Für eine versicherungs- und beitragsrechtliche Fehlbeurteilung habe kein Raum bestanden, da die Beigeladene zu 2), vertreten durch das Auswärtige Amt, die Entscheidung in der Sache "Boukhalfa" herbeigeführt habe und sich der Tragweite der Entscheidung bewusst gewesen sei.
Für eine vorsätzliche Beitragsvorenthaltung im Sinne des § 25 Abs. 1 Satz 2 SGB IV spreche auch, dass die Beigeladene zu 2) es unterlassen habe, eine rechtsverbindliche Entscheidung in Form einer Statusfeststellungsentscheidung der hierfür zuständigen Clearingstelle der DRV Bund (§ 7a Abs. 1 SGB IV) einzuholen.
Zur weiteren Begründung hat der Kläger auf den Inhalt eines Schreibens der Beigeladenen zu 2) vom 15. Oktober 1998 verwiesen, wonach in Ausnahmefällen nichtdeutsche Ortskräfte in der deutschen Rentenversicherung versichert werden könnten, wenn sie aufgrund zwischenstaatlicher oder überstaatlicher Regelungen in ihren Rechten über die Soziale Sicherheit den deutschen Staatsangehörigen gleichgestellt seien. Dieses treffe für nichtdeutsche Ortskräfte zu, die an einer Auslandsvertretung außerhalb der EU/EWR beschäftigt seien. Sie unterlägen wie deutsche Ortskräfte der deutschen Rentenversicherungspflicht. Dieses Schreiben belege, dass dem Auswärtigen Amt sowohl die Entscheidung des EuGH als auch die Entscheidung des BAG nicht nur bekannt gewesen seien, sondern, dass diese Entscheidungen auf das vorliegende Beschäftigungsverhältnis Anwendung finden sollten.
Der Kläger hat beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 29. Dezember 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. Juni 2012 aufzuheben, soweit darin festgestellt wird, dass ein Anspruch auf Nachforderung der Rentenversicherungsbeiträge für die Zeit vom 7. Mai 1990 bis 30. November 2006 nicht besteht und festzustellen, dass der Anspruch auf Nachforderungen der Rentenversicherungsbeiträge für diesen Zeitraum nicht durch Verjährung erloschen ist.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie ist dem Klagevorbringen entgegengetreten und hat die angefochtenen Feststellungen verteidigt. Es sei unstreitig, dass für den Kläger in dem mit Bescheid vom 29. Dezember 2011 festgestellten Zeitraum vom 7. Mai 1990 bis zum 31. Januar 2010 Versicherungspflicht bestanden habe. Aus den im Bescheid dargelegten Gründen habe die Beigeladene zu 2) die Pflichtbeiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung indes nicht vorsätzlich vorenthalten, weshalb diese lediglich für den Zeitraum vom 1. Dezember 2006 bis zum 31. Januar 2010 nachzuentrichten seien.
Dessen ungeachtet sei auch zweifelhaft, inwieweit der Kläger durch den angefochtenen Bescheid überhaupt beschwert sei. Eine solche setze nämlich voraus, dass der rentenversicherungsrechtliche Anspruch des Versicherten über die Feststellung der Versicherungspflicht in unmittelbarer Abhängigkeit zum Umfang des gegenüber dem Beigeladenen zu 2) noch zu realisierenden Anspruchs auf Nachentrichtung von Rentenversicherungsbeiträgen stehe. Dieses sei aufgrund der von der Beigeladenen zu 2) für den gesamten Zeitraum der rückwirkend festgestellten Versicherungspflicht vorzunehmenden Jahresentgeltmeldungen fraglich. Darüber hinaus sei eine Rechtsgrundlage für die von dem Kläger begehrte Feststellung nicht erkennbar. Adressat der Verjährungsregelungen seien ausschließlich die Versicherungsträger als Beitragsgläubiger sowie etwaige Arbeitgeber als Beitragsschuldner. Beides treffe auf den Kläger nicht zu. Soweit der Kläger meine, die Beigeladene zu 2) treffe eine Nachentrichtungspflicht für Rentenversicherungsbeiträge auch für den Zeitraum vom 7. Mai1990 bis zum 30. November 2006, müsse er sein Begehren im Wege eines Schadensersatzanspruchs gegenüber der Beigeladenen zu 2) verfolgen.
Die Beigeladene zu 1) hat keinen Antrag gestellt. Sie hat sich der Rechtsauffassung der Beklagten angeschlossen.
Die Beigeladene zu 2) hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Vortrag des Klägers, sie habe vorsätzlich Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung vorenthalten, sei "abstrus und entbehre jeder tatsächlichen Grundlage". Während der Dauer des Beschäftigungsverhältnisses habe die damals geltende Rechtslage eine Versicherungspflicht nicht vorgesehen. Schon deshalb sei eine vorsätzliche Beitragsvorenthaltung zu verneinen. Auch bedingter Vorsatz verlange, dass der als möglich erkannte pflichtwidrige Erfolg billigend in Kauf genommen werde. Dieses sei zweifelsfrei nicht der Fall gewesen. Das zuständige Referat des Auswärtigen Amtes habe keinerlei Veranlassung gehabt, eine Versicherungspflicht des Klägers für möglich zu halten. Es habe zudem auch keine Möglichkeit bestanden, den Kläger nach den Vorschriften der bundesdeutschen Rentenversicherung zu versichern. § 1 Satz 2 SGB IV habe in seiner während des gesamten Beschäftigungszeitraums geltenden und erst mit Wirkung zum 28. Juni 2011 geänderten Fassung Versicherungspflicht von an Auslandsvertretungen beschäftigten Personen an das Vorliegen der deutschen Staatsangehörigkeit geknüpft. Da der Kläger dieses Erfordernis nicht erfüllt habe, sei er vom persönlichen Anwendungsbereich des § 1 Satz 2 SGB VI nicht erfasst worden. Aufgrund der fehlenden Rechtsgrundlage sei es ihr verwehrt gewesen, Rentenversicherungsbeiträge für den Kläger abzuführen. Die Ausdehnung der Rentenversicherungspflicht auf Beschäftigte aus Gemeinschaftsstaaten sei während des Beschäftigungsverhältnisses des Klägers weder durch entsprechende gesetzliche Regelungen noch in sonstiger Form, wie etwa Richtlinien, hinreichend konkretisiert gewesen.
Zudem habe der Kläger in den Jahren von 1994 bis 2008 freiwillige Leistungen zur Sicherstellung einer privaten Altersvorsorge erhalten. Diese Zahlungen sei vor dem Hintergrund erfolgt, dass der Kläger – jedenfalls aus damaliger Sicht – nicht in der deutschen Sozialversicherung habe unterworfen werden können.
Eine andere Beurteilung lasse auch die im Verfahren "Boukhalfa" (EuGH, Urteil vom 30. April 1996 – C-214/94 -) ergangene Entscheidung nicht zu. Diese habe sich nicht auf die Sozialversicherung, sondern auf Arbeitsbedingungen bezogen und sei dementsprechend nicht auf die Frage der Rentenversicherungspflicht übertragbar. Das zeige schon die der Vorabentscheidung zugrunde liegende Anfrage des BAG vom 23. Juni 1994, ob Art. 48 Abs. 2 EGV und Art. 7 Abs. 1 und 4 VO Nr. 1612/68 eine unterschiedliche Behandlung wegen der Staatsangehörigkeit in Bezug auf Arbeitsbedingungen verbiete, wenn das Arbeitsverhältnis einer ständig in Algier lebenden und in der dortigen Deutschen Botschaft tätigen belgischen Staatsangehörigen dort begründet und ausschließlich und dauernd erfüllt werde. Entgegen der Würdigung des Klägers habe sich der EuGH keineswegs mit sozialversicherungsrechtlichen Aspekten befasst. Soweit der EuGH im Zusammenhang mit dem sozialrechtlichen Schutz der belgischen Ortskraft das deutsche Sozialversicherungssystem erwähnt habe, habe sich diese sprachliche Anknüpfung nur auf die Bestimmung des auf die Arbeitsbedingungen anwendbaren Rechts bezogen.
Jedenfalls habe die Entscheidung in dem Verfahren "Boukhalfa" – nicht zuletzt wegen der bis zum 29. Juni 2011 geltenden Fassung des § 1 Satz 2 SGB VI – keine Anhaltspunkte ergeben, eine mögliche Versicherungspflicht des Klägers in der gesetzlichen Rentenversicherung zu prüfen. Das Auswärtige Amt sei für die Fassung der gesetzlichen Vorschriften nicht verantwortlich, sondern wende diese wie ein anderer Arbeitgeber lediglich an. Eine Veranlassung, die Vorschrift des § 1 Satz 2 SGB VI a.F. europarechtskonform auszulegen, habe auch das Urteil des EuGH in der v.g. Rechtssache nicht veranlasst. Insoweit sei es schlicht unzutreffend, wenn der Kläger behaupte, sie habe aufgrund der Entscheidung im Verfahren "Boukhalfa" positive Kenntnis von der Sozialversicherungspflicht des Klägers gehabt.
Die Beigeladene zu 2) habe die Entscheidung des EuGH umgesetzt, indem allen sog. Ortskräften mit einer Staatsangehörigkeit eines EU- oder EWR-Staates mit Wirkung zum 1. März 1998 die Umstellung des jeweiligen Beschäftigungsverhältnisses auf deutsches Tarifrecht angeboten worden sei. Von diesem Angebot habe auch der Kläger Gebrauch gemacht. Damit habe sie die ihr möglichen Maßnahmen getroffen, den Kläger mit einer deutschen Ortskraft gleichzustellen. Selbst wenn aus heutiger Sicht die Rechtslage von der Beklagten anders bewertet werde, sei ihr, der Beigeladenen zu 2), dies nicht vorzuwerfen.
Bei dieser Sachlage sei auch der Hinweis des Klägers auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) zur Anwendung der 30-jährigen Verjährungsfrist nach § 25 Abs. 1 Satz 2 SGB IV unerheblich. Sie, die Beigeladene zu 2), habe während des Beschäftigungsverhältnisses zu keinem Zeitpunkt von einer früheren Beitragsschuld erfahren. Erst im Jahr 2011 habe sie Kenntnis erlangt, dass die Beklagte die damalige Rechtslage nunmehr anders bewerte. Danach sei sie verpflichtet gewesen, rückwirkend bis 2007 Beiträge zu zahlen, was sie auch getan habe. Für weiter zurückliegende Zeiträume sei eine Fingierung einer vorsätzlichen Beitragsvorenthaltung nicht zulässig. Insoweit sei auch zu bedenken, dass selbst grobe Fahrlässigkeit zur Anwendung der 30-jährigen Verjährungsfrist nicht ausreiche. Zudem sei es nach der Rechtsprechung unzulässig, von rechtlichen Erwägungen Tatsachen und somit den Vorsatz abzuleiten (Verweis auf BSG, Urteil vom 30. März 2000 – B 12 KR 14/99 R -, juris, Rn. 27).
Auch der Verweis auf die Möglichkeit eines optionalen Statusfeststellungsverfahrens nach § 7a Abs. 1 Satz 1 SGB IV verfange nicht. Es habe aus den vorgenannten Erwägungen überhaupt kein Anlass bestanden, eine sozialversicherungsrechtliche Zuordnung des Klägers zur gesetzlichen Rentenversicherung in Betracht zu ziehen. Vor diesem Hintergrund habe sie sich nicht veranlasst sehen müssen, eine Statusanfrage an die DRV Bund zu stellen. Wie sich aus dem Unterlassen einer solchen Anfrage eine vorsätzliche Vorenthaltung von Beiträgen ableiten lassen solle, erschließe sich ihr nicht. Auch der Hinweis der DRV Bund vom 3. April 2012 sei zur Feststellung vorsätzlichen Verhaltens sei hierzu nicht geeignet. Immerhin beschreibe diese Stellungnahme die Auffassung aus heutiger Sicht. Während des laufenden Beschäftigungsverhältnisses sei die DRV Bund nicht an sie herangetreten. Entsprechendes gelte für das Schreiben des GKV-Spitzenverbandes DVKA vom 14. März 2012. Soweit der Kläger aus dem Runderlass des Auswärtigen Amtes vom 15. Oktober 1998 zitiere, ergebe sich aus diesem. dass die Hinweise zur möglichen Sozialversicherungspflicht nicht auf den Inhalt der Entscheidung des EuGH zurückzuführen seien, sondern auf das Vorhandensein von Sozialversicherungsabkommen mit den dort erwähnten Staaten (Belgien, Großbritannien, Frankreich und Spanien).
Mit Beschluss vom 16. Januar 2015 hat sich das SG Berlin für unzuständig erklärt und den Rechtsstreit an das SG Düsseldorf verwiesen.
Das SG Düsseldorf hat die Gerichtsakten des SG Berlin betreffend das dort nach Verweisung durch das ArbG C anhängig gewesene Verfahren S 28 KR xxx beigezogen. Auf deren Inhalt wird wegen der Einzelheiten Bezug genommen.
Mit Urteil ohne mündliche Verhandlung vom 13. Dezember 2016 hat das SG den Bescheid der Beklagten vom 29. Dezember 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. Juni 2012 aufgehoben, soweit darin festgestellt wird, dass ein Anspruch auf Nachforderung von Rentenversicherungsbeiträgen für die Zeit vom 1. Januar 1992 bis zum 30. November 2006 nicht bestehe. Zugleich hat das SG festgestellt, dass der Anspruch auf Nachforderung der Rentenversicherungsbeiträge für diesen Zeitraum nicht durch Verjährung erloschen ist. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Auf die Entscheidungsgründe wird Bezug genommen.
Gegen die ihr am 6. März 2017 zugestellte Entscheidung hat die Beigeladene zu 2) am 31. März 2017 Berufung zum Landessozialgericht (LSG) Nordrhein-Westfalen eingelegt. Entgegen der Auffassung des SG habe sie eine Beitragspflicht auch im Anschluss an die Entscheidungen des EuGH vom 30. April 1996 sowie das Urteil des BAG vom 8. August 1996 nicht für möglich halten müssen. Zwar werde der Begriff des Vorsatzes im Sinne des § 25 Abs. 1 Satz 2 SGB IV nach höchstrichterlichem Verständnis weit interpretiert (Verweis auf BSG, Urteil vom 18. November 2015 – B 12 R 7/14 R -). Gleichwohl betone das BSG, dass es auf die Frage ankomme, ob aufgrund positiver Kenntnis von der Pflicht zur Beitragsentrichtung Vorsatz unterstellt werden könne (Verweis auf BSG, Urteil vom 16. Dezember 2015 – B 12 R 11/14 R -). Hiernach sei Kenntnis das sichere Wissen darum, rechtlich und tatsächlich zur Zahlung der Beiträge verpflichtet zu sein. Nach dieser Maßgabe habe sie Beiträge nicht vorsätzlich vorenthalten. Sie habe bis zum Jahr 2011 kein – über ihre zuständigen Amtswalter zurechenbares – Wissen über eine Verpflichtung zur Beitragszahlung gehabt. Sie habe auch eine rechtswidrige Nichtabführung von Beiträgen nicht billigend in Kauf genommen.
Eine positive Kenntnis über eine Verpflichtung zur Beitragszahlung vermittelten die Entscheidungen des EuGH vom 30. April 1996 (C-214/94) und des BAG vom 8. August 1996 (6 AZR 771/93) entgegen der sozialgerichtlichen Würdigung nicht. Zwar habe das SG zutreffend angenommen, dass sie – die Beigeladene zu 2) – an diesen Verfahren beteiligt gewesen sei und die Entscheidungen auch erhebliche Aufmerksamkeit erhielten. Tatsächlich habe sie die Entscheidungen auch auf ihre Folgen hin beleuchtet und besprochen. Entgegen der Annahme des SG seien den vorgenannten Entscheidungen Vorgaben hinsichtlich der Rentenversicherungspflicht allerdings nicht zu entnehmen gewesen. Zwar habe der EuGH in seiner Vorabentscheidung den Begriff "Rentenversicherung" erwähnt; allerdings habe die nur teilweise Wiedergabe durch das SG zu einem falschen Rückschluss geführt. Die in Rede stehende Passage der Entscheidung des EuGH habe sich allein auf die Feststellung des Sachverhalts bezogen. Ohne eine dahingehende Feststellung sei der Geltungsbereich des EG-Vertrages gemäß Art. 227 EGV nicht eröffnet gewesen.
Entsprechendes gelte für die Ausführungen des BAG in seiner Entscheidung vom 8. August 1996. Die maßgebliche Textpassage ("( …). Die Klägerin gehört hinsichtlich der Rentenversicherung dem deutschen Sozialversicherungssystem an, sie ist auch in der Bundesrepublik Deutschland, wenn auch nur beschränkt, einkommensteuerpflichtig. Die Arbeitsbedingungen bestimmen sich nur aufgrund einer Verweisung des deutschen Gesetzesrechts nach algerischem Recht. ( …)") beziehe sich auf die Darstellung von Voraussetzungen und gerade nicht die Feststellung von Rechtsfolgen.
Auch der Hinweis des EuGH, das Verbot der Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit gemäß Art. 48 Abs. 2 EG-Vertrag und Art. 7 Abs. 1 und 4 der Verordnung 1612/98 beziehe sich auf "alle Aspekte des Arbeitsverhältnisses", die das Recht des beschäftigenden Mitgliedstaats regelten, reiche nicht, um Klarheit über eine Beitragspflicht zur gesetzlichen Rentenversicherung zu vermitteln. Dass das Diskriminierungsverbot hinsichtlich "aller Aspekte des Arbeitsverhältnisses" auch eine Aussage hinsichtlich der Rentenversicherung treffen sollte, habe sie trotz ihrer Beteiligung am gerichtlichen Verfahren auch nach Einholung internen juristischen Sachverstandes nicht erkennen können. Insoweit sei die Entscheidung auch in ihrem Kontext zu betrachten: Hintergrund sei vorrangig die Frage der unterschiedlichen Vergütung der über die belgische Staatsangehörigen Ortskraft mit deutschen Ortskräften gewesen, die dieselben Aufgaben wahrgenommen hätten. Dieser Aspekt habe den Gegenstand der Auseinandersetzung gebildet und sei auch im Anschluss an die Entscheidung das vorherrschende Thema gewesen. Selbst die im Jahr 2012 veröffentlichte Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zur Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen "Die externe Dimension der Koordinierung im Bereich der sozialen Sicherheit in der EU" habe sich mit dem Thema Rente befasst, nicht allerdings im Zusammenhang mit der Entscheidung des EuGH vom 30. April 1996. In der Rezeption habe stets die schlechtere Bezahlung der Ortskräfte im Vordergrund gestanden.
Die im arbeitsgerichtlichen Verfahren begehrte Gleichstellung mit den Ortskräften (§ 32 Gesetz über den Auswärtigen Dienst (GAD)) habe die Beigeladene zu 2) in dem zweiten und dritten Arbeitsvertrag des Klägers vorgenommen, in denen deutsches Tarifrecht vereinbart worden sei. Konkret habe sie in Reaktion auf die vorgenannte Entscheidung allen Ortskräften mit Staatsangehörigkeit eines EU- oder EWR-Staats zum 1. März 1998 die Umstellung ihrer Beschäftigungsverhältnisse auf deutsches Tarifrecht angeboten. Sie habe sich also mit der Entscheidung des EuGH und ihren Konsequenzen befasst und die Bereitschaft gezeigt, die ausdrücklichen Vorgaben zur Gleichstellung umzusetzen.
Auch das Schreiben der Beigeladenen zu 2) an die diplomatischen Vertretungen vom 15. Oktober 1998 zeige unter Ziff. 3 f.), dass sie sich mit dem Aspekt der "Rentenversicherung/Sozialversicherung" auseinandergesetzt habe; von einer Rentenversicherungspflicht in der deutschen Rentenversicherung aus nachvollziehbaren Gründen indes nicht ausgegangen sei. Hierbei sei auch bedacht worden, dass der EuGH zwar die Diskriminierung hinsichtlich aller Aspekte des Arbeitsverhältnisses verboten habe, eine Diskriminierung jedoch eine willkürliche Andersbehandlung von wesentlich Gleichem verbiete. Insoweit sei zu berücksichtigen, dass die Beigeladene zu 2) dem Kläger fortlaufend "In lieu of Social Security"-Zahlungen geleistet habe, also Leistungen für eine private Absicherung für das Alter. Zusätzlich habe der Kläger Beitragsanteile für eine betriebliche Zusatzaltersversorgung erhalten. Diese Maßnahmen habe die Beigeladene zu 2) in der Gesamtschau als adäquate Lösung angesehen. Vor diesem Hintergrund habe sie nie erwogen, sich diskriminierend zu verhalten. Selbst wenn diese Frage nunmehr rückwirkend anders beurteilt werde, habe seinerzeit ein vorsätzliches Verhalten nicht vorgelegen. Selbst ein "Erkennen der Möglichkeit" einer Beitragspflicht unter Inkaufnahme einer pflichtwidrigen Nichtzahlung habe nicht vorgelegen. Sie habe eine Pflichtwidrigkeit nicht billigend in Kauf genommen, sondern sich stets rechtmäßig verhalten wollen.
Schließlich habe sie sich durch Prüfungsergebnisse der Beklagten in ihrer Einschätzung bestätigt gesehen, dass die Entscheidung des EuGH im Verfahren "Boukhalfa" nicht zur Annahme einer Rentenversicherungspflicht des Klägers zwinge. So habe die Beklagte auf eine diesbezügliche Anfrage der Beigeladenen zu 2) Rentenversicherungspflicht verneint (Verweis auf Mail vom 28. November 2007). Diese Einschätzung habe die Beigeladene zu 2) mit Schreiben vom 11. Dezember 2007 an den Kläger weitergereicht.
Erst im Jahr 2010 sei die Entscheidung des EuGH einer erneuten Prüfung unterzogen worden, die schließlich zu der am 29. Juni 2011 in Kraft getretenen Änderung des § 1 Satz 2 SGB VI geführt habe. So habe das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) am 22. März 2010 eine Anfrage der Europäischen Kommission und eine eigene Stellungnahme an das Auswärtige Amt weitergeleitet. In dieser sei auf eine mögliche Europarechtswidrigkeit des § 1 Satz 2 SGB VI a.F. hingewiesen worden. Diese Anfrage habe eine weitere Prüfung im Auswärtigen Amt angestoßen, die zu einer internen Stellungnahme des Referats E03 der Europaabteilung geführt habe. Als Ergebnis sei bilanziert worden, dass die "Nichtleistung" von Zuschüssen zur Deutschen Rentenversicherung eine gemeinschaftsrechtswidrige Ungleichbehandlung des Klägers darstellen könne. Auf Basis dieser Einschätzung sei auch die Beklagte im Jahr 2011 zu der Einschätzung gelangt, dass eine Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung besteht. Aufgrund dieser Einschätzung stelle sie unter Berücksichtigung der Verjährungsvorschriften eine Nachentrichtungspflicht für Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung ab dem 1. Dezember 2006 auch nicht in Abrede.
Die Beigeladene zu 2) beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 13. Dezember 2016 zu ändern und die Klage insgesamt abzuweisen.
Der Kläger beantragt in Abänderung seines erstinstanzlich gestellten Antrags,
den Bescheid der Beklagten vom 29. Dezember 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. Juni 2012 aufzuheben, soweit die Beklagte darin festgestellt hat, dass ein Anspruch auf Nachentrichtung der Rentenversicherungsbeiträge für die Zeit vom 7. Mai 1990 bis zum 30. November 2006 nicht besteht,
festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, von der Beigeladenen zu 2) Beiträge für den Kläger zur gesetzlichen Rentenversicherung auch für die Zeit vom 7. Mai 1990 bis zum 30. November 2006 aus dem Bruttogehalt einzuziehen.
Im Übrigen beantragt der Kläger,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt die angefochtene Entscheidung und wiederholt im Wesentlichen seinen erstinstanzlichen Sachvortrag.
Die Beklagte und die Beigeladene zu 1) treten der Rechtsauffassung der Beigeladenen zu 2) bei. Anzumerken sei – so die Beigeladene zu 1) – allenfalls, dass nach dem seinerzeit gültigen § 23 SGB IV a.F. auch die Beiträge für den Sollmonat Dezember 1991, fällig am 15. Januar 1992, noch nicht verjährt seien. Ergänzend führt sie aus, dass nicht sie, sondern die DRV Bund als Clearingstelle für die Entscheidung über optionale Statusanfragen zuständig sei.
Der Senat hat terminvorbereitend eine Stellungnahme der Beigeladenen zu 1) zur der von ihr geleisteten Altersrente eingeholt. Danach gewährt die Beigeladene zu 1) seit dem 1. Mai 2012 eine Altersrente wegen Vollendung des 65. Lebensjahres aus den in der Bundesrepublik und den in den USA zurückgelegten Zeiten. Hierbei seien auch die Beitragszeiten vom 1. Dezember 2006 bis zum 31. Januar 2010 berücksichtigt worden.
Von dem BMAS hat der Senat eine Auskunft zu der sozialversicherungsrechtlichen Auswertung der Entscheidung des EuGH vom 30. April 1996 eingeholt. Wegen des Ergebnisses wird auf den Inhalt der Auskunft vom 26. Februar 2018 nebst Anlagen Bezug genommen.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung ist ein Vertreter der Beigeladenen zu 1) trotz ordnungsgemäßer Ladung nicht erschienen.
Der Senat hat die Verwaltungsvorgänge des Auswärtigen Amtes betreffend das arbeitsgerichtliche Verfahren Boukhalfa./. Bundesrepublik Deutschland (xxx und xxx) sowie des Fachreferats 113 des Auswärtigen Amtes (Politisches Archiv-Nr. xxx und xxx) beigezogen. Auf deren Inhalt wird wegen der Einzelheiten Bezug genommen.
Wegen des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakten und den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten. Dieser ist Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat hat in Abwesenheit der Beigeladenen zu 1) in der Sache verhandeln und entscheiden können, da er sie in der ordnungsgemäßen Terminsmitteilung auf diese Möglichkeit hingewiesen hat.
I. Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid der Beklagten vom 29. Dezember 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. Juni 2012, soweit mit diesem festgestellt worden ist, dass ein Anspruch auf Nachentrichtung von Pflichtbeiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung für den Zeitraum vom 1. Januar 1992 bis zum 30. November 2006 nicht besteht. Soweit das SG den weitergehenden Anspruch des Klägers auf Aufhebung des Bescheides hinsichtlich der für den Zeitraum vom 7. Mai 1990 (Beginn der Beschäftigung) bis zum 31. Dezember 1991 getroffenen Feststellungen abgewiesen hat, hat der Kläger keine Berufung eingelegt.
II. Die am 31. März 2017 schriftlich eingelegte Berufung der Beigeladenen zu 2) gegen das ihr am 6. März 2017 zugestellte Urteil des SG Düsseldorf vom 13. Dezember 2016 ist zulässig, insbesondere gemäß §§ 143, 144 SGG ohne gerichtliche Zulassung statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt worden (§ 151 Abs. 1, Abs. 3; § 64 Abs. 1, Abs. 2; § 63 SGG). Die notwendig Beigeladene zu 2) ist durch die angefochtene Entscheidung auch materiell beschwert (zur materiellen Beschwer des Beigeladenen vgl. Leitherer, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl. 2018, Vor § 143 Rn. 8). Dies folgt daraus, dass das SG neben der rechtsgestaltenden Aufhebung des Bescheides für den Zeitraum vom 1. Januar 1992 bis zum 30. November 2006 auch festgestellt hat, dass der Beitragsanspruch gegenüber der Beigeladenen zu 2) nicht durch Verjährung erloschen sei und die Beigeladene zu 2) insoweit einer Beitragseinziehung seitens der Beklagten ausgesetzt ist.
III. Die Berufung der Beigeladenen zu 2) hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang in der Sache Erfolg. Die Klage ist zulässig (hierzu 1.), aber nur teilweise begründet (hierzu 2.).
1. Für das im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat präzisierte Rechtsschutzziel des Klägers – die teilweise Aufhebung des Bescheides vom 29. Dezember 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. Juni 2012 und die Feststellung der Verpflichtung der Beklagten, von der Beigeladenen zu 2) ihn betreffende Pflichtbeiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung einzuziehen – ist die kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage statthaft (§ 54 Abs. 1 Satz 1 Altern. 1; § 55 Abs. 1 Nr. 1, § 56 SGG).
Die am 6. Juli 2012 schriftlich zum SG Berlin erhobene Anfechtungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1 Altern. 1 SGG) ist fristgerecht binnen eines Monats nach Bekanntgabe des Widerspruchsbescheides erhoben worden (§§ 90 Satz 1, 87 Abs. 1 Satz 1 SGG). Die Verweisung des Rechtsstreits durch das SG Berlin wegen örtlicher Unzuständigkeit an das SG Düsseldorf mit Beschluss vom 16. Januar 2015 wirkte sich auf die Rechtshängigkeit des Verfahrens nicht aus, weshalb die Klagefrist gewahrt bleibt (§ 98 Satz 1 SGG, § 17b Abs. 1 Satz 2 Gerichtsverfassungsgesetz).
Der Kläger ist auch klagebefugt. Dem steht nicht entgegen, dass der an ihn adressierte Bescheid vom 29. Dezember 2011 bei vordergründiger Betrachtung eine Begünstigung ausgesprochen hat, indem die Beklagte im ersten Absatz ausgeführt hat, dass der Kläger "in der Zeit vom 07.05.1990 bis 31.01.1990 bei der Deutschen Botschaft in X als Arbeitnehmer beschäftigt" gewesen sei und zudem – im vierten Absatz des Bescheides – verbindlich festgestellt hat, dass er "während der Dauer seiner Beschäftigung bei der Deutschen Botschaft in X gemäß § 1 Satz 2 SGB VI der Versicherungspflicht in der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung unterlag." Die für die Zulässigkeit der Klage erforderliche Klagebefugnis folgt daraus, dass der Verwaltungsakt hinsichtlich des Zeitraums, für den von der Beigeladenen zu 2) wegen der festgestellten Beschäftigung Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung nachzuentrichten sind, auf einen der Beigeladenen zu 2) bekanntgegebenen Bescheid gleichen Datums verweist, wonach "Rentenversicherungsbeiträge unter Berücksichtigung der Verjährungsvorschriften für die Zeit vom 01.12.2006 bis zum 31.01.2010 geltend" gemacht werden. Hieraus folgt spiegelbildlich dass den Kläger betreffende Pflichtbeiträge im Übrigen nicht nachzuentrichten sind.
Diese Auslegung wird durch den Inhalt des Widerspruchsbescheides vom 5. Juni 2012 bekräftigt, wonach "ein Anspruch auf Nachentrichtung der Rentenversicherungsbeiträge für die Zeit vom 07.05.1990 bis zum 30.11.2006 nicht besteht". Zwar betriff dieser Ausspruch in erster Linie die Beigeladene zu 2) als Beitragsschuldnerin (§ 28e SGB IV) des Gesamtsozialversicherungsbeitrags; allerdings versagt dieser Ausspruch – als unmittelbare Kehrseite – dem Kläger insoweit den Anspruch auf Einziehung der Pflichtbeiträge gegenüber dem früheren Arbeitgeber (vgl. zur fehlenden Klagebefugnis eines Versicherten gegen einen (früheren) Arbeitgeber auf Feststellung von Versicherungs- und Beitragspflicht BSG, Urteil vom 11. September 1995 – 12 RK 31/93 – SozR 3-2400 § 28h Nr. 6; BSG, Urteil vom 26. September 1996 – 12 RK 37/95 – SozR 3-2400 § 28h Nr. 7; zur Klagebefugnis eines Versicherten auf Feststellung der Verpflichtung der Einzugsstelle zur Einziehung von Beiträgen (BSG, Urteil vom 26. September 1996 – 12 RK 37/95 – a.a.O.-).
2. Die Klage ist jedoch nur in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 29. Dezember 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. Juni 2012 beschwert den Kläger nicht im Sinne des § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG, soweit mit ihm festgestellt wird, dass ein Anspruch auf Nachentrichtung von Pflichtbeiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung für die Zeit bis zum 30. November 2005 nicht besteht. Insoweit ist der Verwaltungsakt rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Rechtswidrig ist der Bescheid jedoch insoweit, als die Beklagte festgestellt hat, dass ein Anspruch auf Nachentrichtung von Pflichtbeiträgen zur Rentenversicherung auch für den Zeitraum vom 1. Dezember 2005 bis zum 30. November 2006 nicht besteht.
a) Ermächtigungsgrundlage für den angefochtenen Verwaltungsakt bildet § 28h Abs. 2 SGB IV. Nach Satz 1 dieser Vorschrift entscheidet die Einzugsstelle über die Versicherungspflicht und die Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung; sie erlässt auch den Widerspruchsbescheid.
b) Der angefochtene Bescheid ist formell rechtmäßig.
aa) Die Beklagte war als zuständige Einzugsstelle (§ 28i Satz 1 SGB IV) für die Entscheidung über die Versicherungspflicht des Klägers zuständig. Dass ein Betriebsprüfungsverfahren (§ 28p Abs. 1 SGB IV) eröffnet wurde, ist weder ersichtlich, noch vorgetragen. Zudem ist auch ein Statusfeststellungsverfahren gemäß § 7a Abs. 1 Satz 1 SGB IV von einem der an dem Auftragsverhältnis Beteiligten nicht beantragt worden (zu dem Verhältnis des Clearingstellenverfahrens nach § 7a Abs. 1 SGB IV gegenüber der Entscheidung einer Einzugsstelle vgl. auch BSG, Urteil vom 16. September 2019 – B 12 KR 6/18 R – juris).
bb) Der Bescheid ist auch in verfahrensrechtlicher Hinsicht nicht zu beanstanden. Insoweit kann der Senat offen lassen, ob vor Erlass des belastenden Bescheides die nach § 24 Abs. 1 SGB X erforderliche Anhörung ordnungsgemäß durchgeführt wurde. Ein etwaiger Anhörungsmangel ist im Widerspruchsverfahren durch eine Auseinandersetzung mit dem Vorbringen des Klägers gemäß § 41 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 SGB X wirksam geheilt worden (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 30. April 2014 – L 8 R 741/12 – juris).
c) Der angefochtene Bescheid ist in materiell-rechtlicher Hinsicht nicht zu beanstanden, soweit mit ihm festgestellt worden ist, dass ein Anspruch auf Nachentrichtung von Rentenversicherungsbeiträgen für den Zeitraum bis zum 30. November 2005 nicht besteht. Soweit die Beklagte darüber hinaus geregelt hat, dass ein Anspruch auf Nachentrichtung von Pflichtbeiträgen zur Rentenversicherung für die Zeit vom 1. Dezember 2005 bis zum 30.November 2006 nicht besteht, ist der Verwaltungsakt aufzuheben. In diesem rechtswidrigen Umfang ist auch die auf die Feststellung, dass die Beklagte verpflichtet ist, von der Beigeladenen zu 2) Beiträge für den Kläger zur gesetzlichen Rentenversicherung einzuziehen, gerichtliche Klage begründet.
aa) Der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung unterlagen auch im streitigen Zeitraum Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind (§ 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI). Die hiernach angeordnete Versicherungspflicht erfasst zwar im Grundsatz nur solche Personen, die – anders als im Fall des Klägers – eine Beschäftigung im Geltungsbereich des Sozialgesetzbuchs ausüben (§ 3 Nr. 1 SGB IV). Allerdings bestimmte § 1 Satz 2 SGB VI in seiner während des Beschäftigungszeitraums geltenden Fassung, dass sich die Versicherungspflicht von Personen, die gegen Arbeitsentgelt oder zu ihrer Berufsausbildung beschäftigt sind, auch auf Deutsche erstreckt, die im Ausland bei einer amtlichen Vertretung des Bundes oder der Länder oder bei deren Leitern, deutschen Mitgliedern oder Bediensteten beschäftigt sind. Zwar erfüllte der nicht über die deutsche Staatsangehörigkeit verfügende Kläger die hiernach einfachgesetzlich erforderlichen Voraussetzungen für eine Ausdehnung des Territorialitätsgrundsatzes (vgl. hierzu auch § 30 Sozialgesetzbuch Erstes Buch) nicht; dieses ist jedoch unschädlich, da auch die Beklagte nunmehr davon ausgeht, dass der Kläger aufgrund einer gemeinschaftsrechtskonformen Auslegung der streitigen Regelung während der gesamten Dauer des Beschäftigungsverhältnisses in der gesetzlichen Rentenversicherung versicherungspflichtig ist. Diese Feststellung hat die Beklagte in dem insoweit auch nicht angefochtenen Verwaltungsakt vom 29. Dezember 2011 ausdrücklich getroffen.
bb) Die wegen der Beschäftigung des Klägers bei der Beigeladenen zu 2) bis zum 30. November 2005 entstandenen Pflichtbeiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung sind verjährt (hierzu nachfolgend (1)). Die für den Zeitraum vom 1. Dezember 2005 bis zum 30. November 2006 entstandenen Beiträge unterliegen indes nicht der Verjährung (hierzu nachfolgend (2)).
(1) Nach § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB IV verjähren Ansprüche auf Beiträge in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem sie fällig geworden sind. Beiträge, die nach dem Arbeitsentgelt oder dem Arbeitseinkommen zu bemessen sind, werden gemäß § 23 Abs. 1 Satz 2 SGB IV in der bis zum 31. Dezember 2005 geltenden Fassung des 21. Rentenanpassungsgesetzes vom 25. Juli 1978 (BGBl. I 1089) spätestens am Fünfzehnten des Monats fällig, der dem Monat folgt, in dem die Beschäftigung oder Tätigkeit, mit der das Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen erzielt wird, ausgeübt worden ist oder als ausgeübt gilt. Nach § 23 Abs. 1 Satz 2 SGB IV in seiner ab dem 1. Januar 2006 geltenden Fassung (Bekanntmachung vom 23. Januar 2006 (BGBl. I 86)) sind Beiträge in voraussichtlicher Höhe der Beitragsschuld spätestens am drittletzten Bankarbeitstag des Monats fällig, in dem die Beschäftigung oder Tätigkeit, mit der das Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen erzielt wird, ausgeübt worden ist oder als ausgeübt gilt; ein verbleibender Restbetrag wird zum drittletzten Bankarbeitstag des Folgemonats fällig. Nach Maßgabe dieser vierjährigen Regelverjährungsfrist waren die wegen der Beschäftigung des Klägers bis zum 30. November 2005 entstandenen Beitragsansprüche mit Ablauf des 31. Dezember 2009 verjährt.
(2) Mit Ausnahme der für die Zeit vom 1. Dezember 2005 bis zum 30. November 2006 geschuldeten Beitragsforderung folgt auch nichts anderes aus § 25 Abs. 1 Satz 2 SGB IV. Nach dieser Vorschrift verjähren Ansprüche auf vorsätzlich vorenthaltene Beiträge in dreißig Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem sie fällig geworden sind. Der Begriff "vorsätzlich" schließt bedingten Vorsatz ein. Hierfür ist ausreichend, dass der Beitragsschuldner seine Beitragspflicht nur für möglich gehalten hat, die Nichtabführung der Beiträge aber billigend in Kauf genommen hat (BSG, Urteil vom 16. Dezember 2015, B 12 R 11/14 R – SozR 4-2400 § 28p Nr. – unter Hinweis auf BSG, SozR 3-2400 § 25 Nr. 7 m.w.N.). Hinsichtlich des maßgeblichen Zeitpunktes des Vorliegens von Vorsatz kommt es nach ständiger Rechtsprechung nicht entscheidend auf den Zeitpunkt der Fälligkeit der Beiträge an. Vielmehr verlängert sich die Regelverjährungsfrist (§ 25 Abs. 1 Satz 1 SGB IV) durch eine rückwirkende Umwandlung in die dreißigjährige Verjährungsfrist, wenn der Beitragsschuldner noch vor Ablauf der vierjährigen Verjährungsfrist bösgläubig wird (ständige Rspr.; vgl. BSG, Urteil vom 30. März 2000 – B 12 KR 14/99 R – SozR 3-2400 § 25 Nr. 7 unter Verweis auf BSG, Urteil vom 26. Mai 1977 – 12/3 RK 68/75 – SozR 2200 § 29 Nr. 9 S. 21 f.; BSG, Urteil vom 13. August 1996 – 12 RK 76/94 – SozR 3-2400 § 25 Nr. 6, S. 26 zu § 29 Reichsversicherungsordnung).
Aufgrund der gesamten im gerichtlichen Verfahren gewonnenen Erkenntnisse lässt sich zur Überzeugung des Senats im vorliegenden Einzelfall eine vorsätzliche Vorenthaltung der bis zum Ablauf des Kalenderjahres 2009 (Beiträge wegen Beschäftigung des Klägers bis zum 30. November 2005) entstandenen Pflichtbeiträge nicht feststellen.
(a) Der subjektive Tatbestand ist bezogen auf die konkreten Umstände des Einzelfalles und den betreffenden Beitragsschuldner individuell zu ermitteln; die Feststellungslast für den subjektiven Tatbestand trifft im Zweifel den Versicherungsträger. Ist eine natürliche Person Beitragsschuldner, wird im Regelfall die Feststellung ihrer Kenntnis von der Beitragspflicht und der Umstand, dass die Beiträge nicht rechtzeitig gezahlt wurden, genügen, um gleichermaßen feststellen zu können, dass dieser Beitragsschuldner die Beiträge (zumindest bedingt) vorsätzlich vorenthalten hat. Die Rechtspflicht zur Beitragszahlung hat zur Folge, dass das Unterlassen der Zahlung einem aktiven Handeln gleichzustellen ist. Aus einem aktiven Handeln im Bewusstsein, so vorzugehen, folgt in aller Regel auch das entsprechende Wollen (BSG, Urteil vom 16. Dezember 2015, a.a.O.; im Einzelnen vgl. BSGE 100, 215 = SozR 4-2400 § 25 Nr. 2, Rn. 29 ff.).
"Kenntnis" in diesem Sinne ist das sichere Wissen darum, rechtlich und tatsächlich zur Zahlung der Beiträge verpflichtet zu sein. Nicht ausreichend ist hingegen eine bloße Fahrlässigkeit, auch in der Form der "bewussten Fahrlässigkeit", bei welcher der Handelnde die Möglichkeit der Pflichtverletzung zwar erkennt, jedoch darauf vertraut, die Pflichtverletzung werde nicht eintreten (BSG, Urteil vom 16. Dezember 2015 , a.a.O.; BSG, Urteil vom 18. November 2015 – B 12 R 7/14 R – juris).
Ist – wie im vorliegenden Fall – nicht eine natürliche Person, sondern eine juristische Person Beitragsschuldner, ist in erster Linie auf die Kenntnis der für sie handelnden vertretungsberechtigten Organwalter abzustellen (vgl. Bundesgerichtshof (BGH), Urteil vom 8. Dezember 1989 – V ZR 246/87 -, NJW 1990, 975 m.w.N.). Da eine Körperschaft öffentlichen Rechts ebenso wenig selbst "Kenntnis" bestimmter Umstände haben kann wie eine juristische Person des Privatrechts (vgl. zur Zurechnung des Verschuldens bei juristischen Personen des Privatrechts BSG, Urteil vom 16.Dezember 2015, a.a.O.; BGH, Urteil vom 8. Dezember 1989 – V ZR 246/87 – a.a.O.), ist bei einer solchen in erster Linie auf die Kenntnis des zuständigen Amtswalters abzustellen (so für den Verjährungsbeginn bei § 852 BGB z.B. BGH, Urteil vom 4. Februar 1997 – VI ZR 306/95 – BGHZ 134, 343; Urteil vom 28. November 2006 – VI ZR 196/05 -; zu § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X z.B. BSG, Urteil vom 8. Februar 1996 – 13 RK 35/94 -, BSGE 77, 295, 298 = SozR 3-1300 § 45 Nr 27).
Daneben hat jedoch jede am Rechtsverkehr teilnehmende Organisation sicherzustellen, dass die ihr ordnungsgemäß zugehenden, rechtserheblichen Informationen von ihren Entscheidungsträgern zur Kenntnis genommen werden können (BSG, Urteil vom 17. April 2008 – B 13 R 123/07 R – SozR 4-2400 § 25 Nr. 2). Sie muss deshalb ihre internen organisatorischen Abläufe so einrichten, dass ihre Amtswalter, die dazu berufen sind, im Rechtsverkehr bestimmte Aufgaben in eigener Verantwortung wahrzunehmen, die erkennbar erheblichen Informationen tatsächlich an die entscheidenden Personen weiterleiten. Hieraus folgt die Notwendigkeit eines internen Informationsaustausches. Dazu kann ein Informationsfluss von unten nach oben, aber auch ein horizontaler Austausch erforderlich sein. Die Notwendigkeit eines Informationsaustausches bedingt entsprechende organisatorische Maßnahmen. Jedenfalls dann, wenn es an derartigen organisatorischen Maßnahmen fehlt, muss sich die Organisation das Wissen einzelner Mitarbeiter – auf welcher Ebene auch immer diese angesiedelt sind – zurechnen lassen (BSG, Urteil vom 17. April 2008 – B 13 R 123/07 R – unter Hinweis auf BGH, Urteil vom 15. Dezember 2005 – IX ZR 227/04 -, MDR 2006, 951, 952; BGH, Urteil vom 2. Februar 1996 – BGHZ 132, 30, 35 ff.).
(b) Nach diesen Kriterien ist für den Senat im vorliegenden Einzelfall eine (zumindest bedingt) vorsätzliche Beitragsvorenthaltung bis Ablauf des Jahres 2009 – dem Moment des Ablaufs der vierjährigen Verjährungsfrist für Pflichtbeiträge bis zum 30. November 2005 – nicht feststellbar.
(aa) Nach den vom Senat festgestellten organisatorischen Verwaltungsstrukturen innerhalb der Beigeladenen zu 2) oblag die Bearbeitung sozialversicherungsrechtlicher Fragen der in den Auslandsvertretungen der Bundesrepublik tätigen Ortskräfte dem Fachreferat des Auswärtigen Amtes (Referat 113). Die Zuständigkeit des Referates 113 des Auswärtigen Amtes lässt sich aus den vom Senat beigezogenen Verwaltungsvorgängen des Politischen Archives (12.671 und 12.839) nachvollziehen, denen zu entnehmen ist, dass den dort eingesetzten Amtswaltern u.a. die Klärung der im Zusammenhang mit der Beschäftigung nichtdeutscher Ortskräfte der deutschen Auslandsvertretungen aufgeworfenen sozialrechtlichen Fragestellungen oblag. Dies betraf insbesondere auch die – im vorliegenden Rechtsstreit umstrittene – Frage einer etwaigen Rentenversicherungspflicht dieser Beschäftigten. Im Rahmen dieser Zuständigkeit ist beispielsweise auch die Anfrage des Referats vom 30. Oktober 2000 an die DVKA zu sehen, mit der der Sachbearbeiter um Klärung gebeten hat, ob zugunsten einer "Ortskraft mit portugiesischer Staatsangehörigkeit, die an der deutschen Botschaft in X beschäftigt ist" und eine Zugehörigkeit zur deutschen Sozialversicherung anstrebt, das deutsch-portugiesische Sozialversicherungsabkommen zur Anwendung gelangt und ggf. eine Wahlmöglichkeit hinsichtlich der Sozialversicherungsvorschriften in Betracht kommt. Darüber hinaus lässt sich den Verwaltungsvorgängen entnehmen, dass Mitarbeiter der Auslandsvertretung in X wiederholt (Mail-)Kontakt mit dem zuständigen Amtswalter des Referats 113 aufgenommen haben, um eine Klärung des streitigen Sachverhalts herbeizuführen.
(bb) Nach dem Gesamtergebnis der gerichtlichen Feststellungen kann der Senat nicht feststellen, dass die zuständigen Angehörigen des Referates bis zum Ablauf des Kalenderjahres 2009 eine Beitragspflicht auch nur für möglich gehalten, geschweige denn eine (pflichtwidrige) Nichtabführung von Sozialversicherungsbeiträgen billigend in Kauf genommen haben.
(aaa) Zunächst liegt zur Überzeugung des Senats und entgegen der Auffassung des Klägers die Annahme eines bedingten Vorsatzes bei Aufnahme des Beschäftigungsverhältnisses, dem 7. Mai 1990, fern. Hiergegen spricht bereits, dass die einfachgesetzliche Vorschrift des § 1 Satz 2 SGB VI a.F. ihrem Wortlaut nach ein erweitertes Verständnis im Sinne der Einbeziehung des Klägers in den Schutz der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung nicht ermöglichte. Dem stand die tatbestandlich zwingend erforderliche, bei dem Kläger allerdings – unumstritten – fehlende deutsche Staatsangehörigkeit entgegen. Zudem bestimmte der Runderlass des Auswärtigen Amtes vom 21. Juni 1978 ("Sozialversicherungspflicht der Angestellten und Arbeiter der Auslandsvertretungen" (113-205/133.00)) in der insoweit maßgebliche Ziff. 3 ("Nichtdeutsche Ortskräfte"), dass nichtdeutsche Ortskräfte grundsätzlich bei der Sozialversicherung des Gastlandes anzumelden waren, sofern dort eine gesetzliche Sozialversicherung bestand und die Bediensteten für ihre Person der Versicherungspflicht unterlagen (Ziff. 3.1. Satz 2 des Runderlasses). In Ländern, denen keine zwischen- oder überstaatliche Regelung galten, waren nichtdeutsche Ortskräfte wie deutsche Staatsangehörige nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 AVG (§ 1227 Abs. 1 Nr. 2 RVO) in der deutschen Rentenversicherung pflichtversichert, wenn sie aufgrund einer zwischen- oder überstaatlichen Regelung den deutschen Staatsangehörigen gleichgestellt waren. Dies galt für österreichische, spanische, schweizerische, türkische, belgische, britische und französische Staatsangehörige (Ziff. 3.2. des Runderlasses). Da der Kläger die hiernach erforderlichen Voraussetzungen für eine Anmeldung in der deutschen Rentenversicherung unstreitig nicht erfüllte, kam seinerzeit eine Beitragsabführung für ihn von vornherein nicht in Betracht. Darüber hinaus ist weder für den Senat feststellbar noch von dem Kläger substantiiert dargelegt worden, dass die Frage der Gemeinschaftsrechtswidrigkeit des § 1 Satz 2 SGB VI a.F. bereits seinerzeit in einem Maße in Rechtsprechung oder Literatur bezweifelt wurde, dass sich für den zuständigen Amtswalter allein deshalb massive Bedenken an der – von ihm verneinten – Sozialversicherungspflicht entwickeln mussten.
Der Annahme, dass eine Einbeziehung des Klägers in die deutsche gesetzliche Rentenversicherung nach dem SGB VI von Gesetzes wegen nicht zu ermöglichen war, entspricht zudem die damals zwischen ihm und der Beigeladenen zu 2) getroffene arbeitsvertragliche Vereinbarung: So sah § 9 Abs. 2 des am 1. Juni 1994 unterzeichneten Arbeitsvertrages die Zahlung einer Arbeitgeberleistung für eine private Rentenversicherung vor, wenn der Arbeitnehmer weder in der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung noch in der US-Social Security versichert werden konnte. Der in dem Vertrag zum Ausdruck kommenden Annahme, der Kläger könne in den Schutz der gesetzlichen Rentenversicherung nach dem SGB VI nicht einbezogen werden, erkennbar folgend, leistete die Beigeladene zu 2) ihm für die Jahre 1994 bis 2008 "In lieu of Social Security"-Zahlungen in Höhe von 35.134,01 US-Dollar und überreichte ihm zudem im Sommer 2010 einen – nicht eingelösten – Scheck über 7.615,07 US-Dollar. Dies lässt sich aus Sicht des Senats nur damit erklären, dass nicht nur der Kläger selbst, sondern auch die Beigeladene zu 2) davon ausging, dass Pflichtbeiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung nicht geschuldet waren.
Der Verweis des Klägers auf eine Möglichkeit, bei etwaigen Zweifeln hinsichtlich der Beitragspflicht ein optionales Statusfeststellungsverfahrens (§ 7a Abs. 1 Satz 1 SGB IV) einzuleiten, verfängt in diesem Zusammenhang nicht. Zwar kann der Verzicht eines Auftraggebers auf eine Statusanfrage im Einzelfall ein Indiz für vorwerfbares Handeln darstellen. Dies gilt indes nicht pauschal, sondern nur unter Wertung sämtlicher Gesichtspunkte des Einzelfalles (BSG, Urteil vom 9. November 2011 – B 12 R 18/09 R -; juris, Rn. 33; im Einzelnen hierzu LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 30. August 2017 – L 8 R 822/14 -, juris, Rn. 115 m.w.N.). Eine Möglichkeit zur Durchführung eines optionalen Statusfeststellungsverfahrens nach § 7a Abs. 1 Satz 1 SGB IV bestand jedoch deshalb von vornherein nicht, weil dieses Verfahren erst durch das Gesetz zur Förderung der Selbstständigkeit vom 20. Dezember 1999 (BGBl. I 2000, S. 2 ff.) mit Wirkung zum 1. Januar 1999 eingeführt wurde. Zum Zeitpunkt der Begründung des Auftragsverhältnisses im Jahr 1990 stand den an der Auftragsbeziehung beteiligten die Durchführung eines Statusfeststellungsverfahrens gar nicht offen.
(bbb) Zur Überzeugung des Senats haben die zuständigem Amtswalter der Beigeladenen zu 2) eine Beitragspflicht des Klägers auch weder unmittelbar nach dem Bekanntwerden des Beschlusses des EuGH vom 30. April 1996 in der Rechtssache C-214/94, noch im engen zeitlichen Anschluss an die Entscheidung des BAG vom 8. August 1996 für möglich gehalten. Das gilt auch eingedenk des Umstandes, dass die Beigeladene zu 2) an den Verfahren vor dem EuGH sowie dem BAG selbst beteiligt war und das Diskriminierungsverbot nach dem Inhalt der Entscheidung des EuGH "alle Aspekte des Arbeitsverhältnisses" betrifft.
Hiergegen spricht maßgeblich, dass sämtliche Entscheidungen im Zusammenhang mit dem "Boukhalfa"-Verfahren im Kern einen arbeitsrechtlichen Hintergrund aufwiesen. So begehrte die in Algier tätige Ortskraft belgischer Staatsangehörigkeit ausweislich der vom Senat beigezogenen Prozesshandakten der Beigeladenen zu 2) die Feststellung, dass sie gemäß den Bestimmungen des "TV Ang. Ausland" zu beschäftigen war. Dieses Klagebegehren lässt sich schon ihrem Klageantrag vor dem ArbG C (Klageschrift vom 28. August 1992) entnehmen und entspricht dem Inhalt sämtlicher ergangener arbeitsgerichtlicher Entscheidungen (Urteil des ArbG C vom 22. Dezember 1992 (1Ca 1929/92); Urteil des LAG Köln vom 6. August 1993 (4 (14) Sa 128/93); Urteil des BAG vom 8. August 1996 (AZR 771/93)). Über diesen arbeitsrechtlichen Kontext hinaus bestand zwischen den Beteiligten dieses arbeitsgerichtlichen Verfahrens überhaupt kein Streit. Es bestand daher im gesamten Instanzenzug für die angerufenen Arbeitsgerichte auch keine Veranlassung, über die aufgeworfenen arbeitsrechtlichen Fragen hinausgehend Stellung zu nehmen. Die Frage, inwieweit die angerufenen Gerichte überhaupt befugt gewesen wären, über sozialversicherungsrechtlich relevante Fragen zu befinden, kann der Senat daher offen lassen. Soweit der Kläger geltend macht, die Beigeladene zu 2) habe eine vermeintlich sozialversicherungsrechtliche Dimension der Entscheidungen gleichwohl erkennen müssen, steht dem zur Überzeugung des Senats entgegen, dass den ergangenen gerichtlichen Entscheidungen weder sozialversicherungsrechtlich relevante Feststellungen zu entnehmen sind noch diese einen Impuls für weitergehende rentenversicherungsrechtliche Implikationen boten. Dass der EuGH in seinen Entscheidungsgründen die Zugehörigkeit der Frau Boukhalfa zur Rentenversicherung festgestellt hat, diente maßgeblich dazu, eine hinreichende Anbindung an das Gemeinschaftssystem festzustellen.
(ccc) Gegen die Annahme, dass die Beigeladene zu 2) – insbesondere auch zu einem späteren Zeitpunkt bis zum Ablauf des Jahres 2009 – Kenntnis von einer Zahlungspflicht erlangte oder diese billigend in Kauf nahm, spricht zudem, dass die spätere Erlasslage die von dem Amtswalter vertretene Rechtsansicht trug. Dieses wird insbesondere durch den Erlass des Auswärtigen Amtes vom 15. Oktober 1998 (Gz. 100-131.30) an sämtliche diplomatischen und berufskonsularischen Vertretungen deutlich. In diesem wird unter dem Betreff "Anwendung des deutschen Tarifrechts auf nichtdeutsche Ortskräfte an den Auslandsdienststellen des Bundes, die Staatsangehörige eines EU-Staates sind" unter besonderer Bezugnahme auf die "Konsequenzen aus dem Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 08.08.1996 (Az. 6 AZR 771/93) – Boukhalfa -Urteil" dargelegt, dass nichtdeutsche Ortskräfte nicht der deutschen Sozialversicherung unterliegen. Die Umstellung des Arbeitsvertrages auf den TV Ang/Arb Ausl begründe grundsätzlich kein Sozialversicherungsverhältnis in Deutschland (Ziff. 3 Buchst. f) Abs. 1 des Runderlasses). Darüber hinaus wird dargelegt, dass nur in Ausnahmefällen nichtdeutsche Ortskräfte "unter Umständen in der deutschen Rentenversicherung – aber nicht in den übrigen Zweigen der Sozialversicherung – zu versichern seien, wenn sie aufgrund zwischenstaatlicher oder überstaatlicher Regelungen in ihren Rechten über soziale Sicherheit den deutschen Staatsangehörigen gleichgestellt seien". Zugleich folgte aus dem Runderlass, dass solche Gleichstellungsklauseln durch bilaterale Sozialversicherungsabkommen mit Belgien, Großbritannien, Frankreich und Spanien vereinbart worden sind. Diese seien indes nur anwendbar, wenn für die Arbeitnehmer mit der Staatsangehörigkeit eines dieser Staaten nicht vorrangiges Recht mit einer abweichenden Regelung zu beachten sei. Entsprechendes treffe für nichtdeutsche Ortskräfte mit belgischer, britischer, französischer oder spanischer Staatsangehörigkeit zu, die an einer Auslandsvertretung außerhalb von EU/EWR (in sog. Drittstaaten) beschäftigt seien. Der Erlass betont schließlich, dass nur diese wie deutsche Ortskräfte der deutschen Rentenversicherungspflicht unterlägen (Ziff. 3 Buchst. f) Abs. 2 und 3 des Runderlasses).
Ausgehend von dieser – nach den Feststellungen des Senats auch zu einem späteren Zeitpunkt nicht in rechtlich relevanter Weise geänderten – Erlasslage haben die zuständigen Amtswalter der Beigeladenen zu 2) eine Rentenversicherungspflicht des Klägers nicht ernstlich in Erwägung gezogen.
Zusätzlich getragen wird diese rechtliche Bewertung dadurch, dass eine Vielzahl eingeholter Beurteilungen solcher Stellen, die der zuständige Amtswalter der Beigeladenen zu 2) für fachkundig halten durfte, die anschließend getroffene Bewertung des Sachverhalts bestätigten. So hat etwa die Beklagte als zuständige Einzugsstelle unter dem 1. Juli 1997 auf eine vorangegangene Anfrage der Beigeladenen zu 2) vom 10. Juni 1997 zur "Rechtslage hinsichtlich der Rentenversicherungspflicht der unter Ziff. 3.2 genannten nichtdeutschen Ortskräfte" mitgeteilt, dass eine Versicherungspflicht zur Rentenversicherung im Ergebnis zu verneinen sei. Da die der Stellungnahme vorangegangene Anfrage der Beigeladenen zu 2) ausdrücklich auf die Entscheidungen des EuGH und des BAG in der Rechtssache "Boukhalfa" Bezug genommen hatte, konnten die zuständigen Amtswalter auf Grundlage der Einschätzung der Beklagten eine Rentenversicherungspflicht des Klägers aus Sicht des Senats gutgläubig verneinen. Darüber hinaus teilte auch die DVKA der Beigeladenen zu 2) unter dem 5. November 1997 mit, diese vertrete im Einvernehmen mit dem BMAS die Auffassung, dass sich aus der Entscheidung des EuGH in der Rechtssache C-214/94 keine Auswirkungen für die versicherungsrechtliche Beurteilung der Tätigkeit nichtdeutscher Ortskräfte in den deutschen Auslandsvertretungen ergäben.
(ddd) Gegen eine bedingt vorsätzliche Beitragsvorenthaltung spricht auch die in Reaktion auf die "Boukhalfa"-Entscheidung zwischen dem Kläger und der Beigeladenen zu 2) vereinbarte Neufassung des Arbeitsvertrages vom 29. März 2000. Danach haben der Kläger und die Beigeladene zu 2) zwar vereinbart, dass auf das bestehende Arbeitsverhältnis im Rahmen der Ausschlussfrist ab dem 1. März 1998 die Bestimmungen des "TV Ang/Arb Ausland" Anwendung finden (Ziff. 1 des Arbeitsvertrages n.F.); die zuvor am 1. Juni 1994 in § 9 Abs. 2 des Arbeitsvertrages getroffenen Abreden zur "Sozialversicherung" sind indes in Ziff. 4 Buchst. (a) des Arbeitsvertrages in seiner Neufassung unverändert übernommen worden. Der Anspruch des Klägers auf eine Arbeitgeberleistung zur Begründung einer Altersvorsorge auf privater Grundlage blieb insoweit unangetastet. Auch dies lässt sich in erster Linie damit erklären, dass auch die Beigeladene zu 2) weiterhin davon ausging, der Kläger könne in den Schutz der gesetzlichen Rentenversicherung nach dem SGB VI nicht einbezogen werden.
(eee) Aus den genannten Umständen folgt, dass auch anderweitig, d.h. außerhalb des Auswärtigen Amtes, insbesondere etwa im BMAS, vor Ablauf des Kalenderjahres 2009 keine sichere Kenntnis von einer Sozialversicherungspflicht des Klägers bestand, welche die Beigeladene zu 2) sich zurechnen lassen müsste.
(cc) Eine abweichende rechtliche Beurteilung ist jedoch geboten, soweit dieses den Anspruch auf Nachentrichtung von Pflichtbeiträgen zur Rentenversicherung für den Zeitraum vom 1. Dezember 2005 bis zum 30. November 2006 betrifft. Nach dem Gesamtergebnis der gerichtlichen Feststellungen haben sich nämlich bereits im Verlauf des Kalenderjahres 2010 auf Seiten der Beigeladenen zu 2) Zweifel an der zuvor getroffenen Beurteilung in einem solchen Maße verdichtet, dass von einem Fürmöglichhalten der Verpflichtung zur Beitragszahlung im Sinne bedingt vorsätzlicher Beitragsvorenthaltung auf Seiten der Beigeladenen zu 2) auszugehen ist.
So hat sich der Kläger nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses am 16. Februar 2010 per Mail zunächst an die Europäische Kommission gewandt und dieser gegenüber bekundet, dass ihm die Mitgliedschaft im deutschen Sozialversicherungssystem verwehrt worden sei. Nach dem Inhalt der Verwaltungsvorgänge übermittelte die Europäische Kommission – Generaldirektion Beschäftigung, Soziales, Chancengleichheit -, Brüssel, diese Mail sodann mit Schreiben vom 11. März 2013 dem BMAS. Hierdurch veranlasst teilte das BMAS per Mail vom 21. April 2010 u.a. dem zuständigen Fachreferat des Auswärtigen Amtes ( 113-04@auswaertiges-amt.de ) mit, dass es die bisherige Praxis des Auswärtigen Amtes bei der Anwendung des § 1 Satz 2 SGB VI für unvereinbar mit der Entscheidung des EuGH in der Rechtssache C-214/94 halte. Zwar entspreche die Anwendungspraxis dem Wortlaut der Norm; im Lichte der Rspr. des EuGH sei sie aber dahingehend auszulegen, dass sie auch EU-Staatsbürger erfasse.
Dass sich der Kenntnisstand des zuständigen Referates des Auswärtigen Amtes im Jahr 2010 in einem vorsatzbegründenden Maß verdichtet hat, folgt darüber hinaus aus der aktenkundigen und an den zuständigen Amtswalter des Referates 113-04 gerichteten behördeninternen Mail vom 14. Oktober 2010, in der es – in offensichtlicher Reaktion auf die zwischenzeitlich erhobenen Klage vor dem ArbG C – heißt: "es kommt, wie es kommen musste, anliegend die Klage von Herrn P. auf rückwirkende Versicherung in der Deutschen Rentenversicherung seit Einstellungsdatum. Hilfsweise begehrt er entsprechend Entschädigungszahlungen i.H.v. 8.400 EUR zzgl. Zinsen sowie eine monatliche Rente i.H.v. 1.173 EUR. Auf der Grundlage des seinerzeitigen Gutachtens von E03 und den Ausführungen des federführenden BMAS zur Europarechtswidrigkeit des bisherigen § 1 Satz 2 SGB VI [ ] erscheint mir das Risiko recht groß, dass wir zu einem großen Teil verlieren werden. Um also einer Niederlage vor Gericht mit einer entsprechenden Präzedenzwirkung vorzubeugen, sollten wir überlegen, entsprechend dem Vorschlag [ ] zu einem (außergerichtlichen) Vergleich zu kommen. Inhalt müsste sein, – sofern möglich – rückwirkende Versicherung in der deutschen Rentenversicherung bzw. – wenn dies nicht möglich ist – ggf. entsprechende Entschädigungszahlung, wobei in beiden Fällen die bereits geleisteten "in lieu" Zahlungen angerechnet werden müssten, um eine Besserstellung gegenüber Deutschen Staatsbürgern zu vermeiden."
Für den Senat steht vor diesem Hintergrund außer Zweifel, dass der zuständige Amtswalter der Beigeladenen zu 2) im Laufe des Kalenderjahres 2010 eine Beitragspflicht zur gesetzlichen Rentenversicherung für möglich gehalten, die Nichtabführung aber billigend in Kauf genommen hat.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.
Gründe im Sinne des § 160 Abs. 2 SGG zur Zulassung der Revision sind nicht gegeben.
Erstellt am: 15.06.2020
Zuletzt verändert am: 15.06.2020