Die Berufungen der Beklagten und der Beigeladenen zu 2) gegen das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 19.01.2007 werden zurückgewiesen. Die Beklagte und die Beigeladene zu 2) haben der Klägerin auch die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist, ob die Klägerin Anspruch auf Feststellung bzw. Vormerkung von Pflichtbeitragszeiten gemäß § 3 Satz 1 Nr. 1 a des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB VI) für Zeiten der Pflege ihres Ehemannes hat. Insoweit ist insbesondere streitig, ob bei der Ermittlung des dafür erforderlichen zeitlichen Pflegeaufwandes von wenigstens 14 Stunden wöchentlich lediglich die für die Feststellung der Pflegebedürftigkeit und die Zuordnung in Pflegestufen der sozialen Pflegeversicherung (SGB XI) zu berücksichtigenden Hilfeleistungen (§ 14 SGB XI) zugrunde zu legen sind, oder ob auch die für die ergänzende Pflege und Betreuung im Sinne von § 4 Abs. 2 Satz 1 SGB XI aufgewandte Zeit anzusetzen ist.
Der am 00.00.1950 geborene Ehemann der Klägerin erlitt am 16.06.1995 einen Herzinfarkt und leidet seitdem an einer geistigen Fähigkeitsminderung mittelgradiger Ausprägung bei Zustand nach hypoxischem Hirnschaden nach Myokardinfarkt und Kammerflimmern. Er war bis Juli 1998 bei der Beigeladenen zu 1) privat pflegeversichert und ist seit August 1998 bei der Beigeladenen zu 2) gesetzlich pflegeversichert. Die Beigeladene zu 1) gewährte dem Ehemann der Klägerin aufgrund mehrerer Gutachten für die Zeit vom 01.11.1995 bis zum 31.07.1998 Leistungen nach Pflegestufe I. Ein von der Klägerin unter dem 22.11.1996 bei der Beigeladenen zu 1) gestellter Antrag auf Zahlung von Rentenversicherungsbeiträgen für nicht erwerbsmäßig tätige Pflegepersonen wurde von der Beigeladenen zu 1) mit bindend gewordenem Bescheid vom 28.11.1996 abgelehnt, weil die Klägerin nach ihren eigenen Angaben zu dem Antrag mehr als 30 Stunden wöchentlich beschäftigt oder selbstständig tätig war. Da auch das Sozialgericht mit dem angefochtenen aber insoweit rechtskräftigen Urteil die Klage auf Feststellung der Versicherungspflicht der Klägerin aufgrund der Pflege ihres Ehemannes für die Zeit vor dem 16.09.2004 abgewiesen hat, ist die Versicherungspflicht der Klägerin während des o.g. Zeitraums, in dem ihr Ehemann bei der Beigeladenen zu 1) pflegeversichert war, nicht mehr Gegenstand dieses Verfahrens.
Mit Bescheid vom 04.09.1998 bewilligte die nunmehr zuständige Beigeladene zu 2) dem Ehemann der Klägerin ohne vorherige Begutachtung Leistungen aus der gesetzlichen Pflegeversicherung nach der Pflegestufe I ab dem 03.08.1998. Im Dezember 1998 ließ die Beigeladene zu 2) ihn durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Westfalen-Lippe (MDK) begutachten. In dem Pflegegutachten vom 05.01.1999 wurde für die Grundpflege ein Zeitaufwand von insgesamt 35 Minuten sowie für die hauswirtschaftliche Versorgung von 65 Minuten für erforderlich gehalten. In dem Gutachten wurde weiter ausgeführt, die Klägerin pflege ihren Ehemann weniger als 14 Stunden in der Woche. Eine von der Beigeladenen zu 2) zunächst beabsichtigte Einstellung der Leistungen an den Ehemann der Klägerin aus der gesetzlichen Pflegeversicherung, weil die Voraussetzungen für Leistungen nach Pflegestufe I nach Auffassung der Beigeladenen zu 2) nicht vorlägen, wurde von der Beigeladenen zu 2) nicht weiterverfolgt, weil nach ihrer Auffassung eine Aufhebung des früheren Bescheides nach §§ 45, 48 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB X) nicht möglich war. Von den Beteiligten wurde in der mündlichen Verhandlung des Senats bestätigt, dass der Ehemann der Klägerin bis heute Leistungen aus der sozialen Pflegeversicherung entsprechend Pflegestufe I erhält. Nach einem von der Beigeladenen zu 2) veranlassten MDK-Gutachten vom 19.04.1999 betrug der grundpflegerische Hilfebedarf im Durchschnitt ca. 48 Minuten, derjenige für die hauswirtschaftliche Versorgung 45 Minuten. In dem Gutachten wurde die Pflegestufe I empfohlen. Weiterhin wurde in dem Gutachten festgestellt, dass die Klägerin ihren Ehemann 14 bis unter 21 Stunden in der Woche pflege. In einem weiteren Gutachten vom 10.11.2000 war ein Zeitaufwand für die Grundpflege von 28 Minuten pro Tag, sowie für die hauswirtschaftliche Versorgung von 43 Minuten pro Tag für erforderlich gehalten und ausgeführt, die Klägerin pflege ihren Ehemann weniger als 14 Stunden. Auf die genannten Gutachten sowie weitere von der Beigeladenen zu 2) veranlasste Gutachten, die sich in dem von ihr in Kopie übersandten Aktenvorgang befinden, wird verwiesen.
Am 01.09.2004 stellte die Klägerin bei der Beklagten einen Antrag auf Kontenklärung, mit dem sie u.a. eine Pflegetätigkeit von 1995 bis 2000 als Beitragszeit geltend machte. Die Beigeladene zu 1) teilte der Beklagten auf Anfrage mit, nach ihrer Auffassung habe vom 01.11.1995 bis 31.07.1998 keine Versicherungspflicht in der Rentenversicherung bestanden, da die Klägerin in diesem Zeitraum mehr als 30 Stunden in der Woche erwerbstätig gewesen sei. Die Beigeladene zu 2) teilte mit, dass die Pflege seit dem 03.08.1998 weniger als 14 Stunden in der Woche betragen habe.
Mit Bescheid vom 11.04.2005 stellte die Beklagte verschiedene in diesem Verfahren nicht streitige Versicherungszeiten fest und teilte hinsichtlich der Zeit ab 03.08.1998, in der der Ehemann der Klägerin bei der Beigeladenen zu 2) pflegeversichert war, mit, eine Pflichtbeitragszeit wegen Pflege könne nicht anerkannt werden, weil die Pflege unter 14 Stunden pro Woche ausgeübt worden sei.
Zur Begründung des am 09.05.2005 erhobenen Widerspruchs verwies die Klägerin auf die bei ihrem Ehemann anerkannte Pflegestufe I und trug ergänzend vor, ihr Mann brauche eine Rundumbetreuung, d.h., dass er immer beaufsichtigt werden müsse. Somit betrage die Pflegezeit mehr als nur 14 Stunden pro Woche. Insoweit verwies die Klägerin auch auf einen von ihr vorgelegten Sozialbericht der Schlosserwerkstätten in Paderborn, Nebenstelle für Menschen mit psychischen Behinderungen, vom 12.07.2002, in der der Ehemann der Klägerin seit 1998 beschäftigt ist.
Die Beklagte zog von der Beigeladenen zu 2) in Kopie diverse MDK-Gutachten bei. In einem Schreiben der Beigeladenen zu 2) vom 12.09.2005 führte diese u.a. aus, 1998 seien Leistungen der Pflegestufe I gewährt worden, obwohl die Voraussetzungen nicht vorgelegen hätten. Hinsichtlich der Pflegezeiten/Rentenversicherungsbeiträge für die Klägerin führte die Beigeladene zu 2) aus, als Pflegekasse ermittele sie anhand des Hilfebedarfes, ob mindestens 14 Stunden gepflegt werde, oder nicht. In den Gutachten werde ein Hilfebedarf im Bereich der Grundpflege schwankend im Bereich von 28 – 35 Minuten und im Bereich der hauswirtschaftlichen Versorgung von 45 – 65 Minuten angegeben. Hoch gerechnet auf eine Woche liege der Hilfebedarf zeitlich unterhalb von 14 Stunden. Maximal sei ein Hilfebedarf von 11,66 Stunden wöchentlich angefallen (Gutachten vom 14.12.1998).
Mit Widerspruchsbescheid vom 04.11.2005 wies die Widerspruchsstelle der Beklagten den Widerspruch der Klägerin zurück und führte zur Begründung i.W. aus, bis 31.01.2002 komme aufgrund einer nach eigenen Angaben ausgeübten selbstständigen Vollzeittätigkeit eine Versicherungspflicht nach § 3 Satz 1 Nr. 1 a SGB VI nicht in Betracht. Für die Zeit ab Februar 2002 könnten Rentenversicherungsbeiträge ebenfalls nicht übernommen werden, weil die Pflegetätigkeit regelmäßig nicht an mindestens 14 Stunden pro Woche durchgeführt worden sei. Insoweit verwies die Beklagte auf die vorstehenden Ausführungen der Beigeladenen zu 2).
Mit der am 24.11.2005 erhobenen Klage hat die Klägerin ihr Begehren auf Feststellung von Pflegeversicherungszeiten und Vormerkung entsprechender Beiträge für die Zeit ab 16.06.1995 weiterverfolgt.
Die Beklagte und die Beigeladenen haben die Bescheide der Beklagten weiterhin für rechtmäßig gehalten und auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid verwiesen. Die Beigeladene zu 1) hat vorgetragen, dass die Klägerin zwar möglicherweise ihren Ehemann mehr als 14 Stunden in der Woche gepflegt habe, sie allerdings gleichzeitig an 40 Stunden in der Woche erwerbstätig gewesen sei, wie sie in ihrem Antrag auf Zahlung von Rentenversicherungsbeiträgen vom 22.11.1996 angegeben habe.
Zur Aufklärung des Sachverhalts hat das Sozialgericht einen Sozial- und Verlaufsbericht der Wohnstätten Salzkotten für die Zeit vom 14.09.2002 bis zum 28.11.2003 beigezogen, auf dessen Inhalt verwiesen wird. Weiter hat das Sozialgericht in einem Erörterungstermin am 16.06.2006 die Klägerin angehört, sowie den Zeugen Grewe vernommen. Insoweit wird auf die Sitzungsniederschrift vom 16.06.2006 verwiesen.
Mit Urteil vom 19.01.2007 hat das Sozialgericht die Beklagte verurteilt, ausgehend von einer vom Sozialgericht festgestellten Versicherungspflicht bestimmte Zeiten ab dem 16.09.2004 mit Ausnahme bestimmter Zeiten, in denen die Klägerin ihren Ehemann nicht gepflegt hat, als Pflichtbeitragszeiten vorzumerken. Hinsichtlich dieser ausgenommenen Zeiten sowie der Zeit bis zum 16.09.2004 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Insoweit ist das Urteil rechtskräftig.
Zur Begründung hat das Sozialgericht i.W. ausgeführt, die zulässige Klage sei auch teilweise begründet. Die angefochtenen Bescheide seien insoweit rechtswidrig, als der Klägerin darin die Vormerkung der Zeit seit dem 16.09.2004 mit Ausnahme der vom Sozialgericht näher bezeichneten Unterbrechnungszeiten als Pflichtbeitragszeit gem. § 3 Satz 1 Nr. 1 a SGB VI versagt werde. Es sei gem. § 55 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) festzustellen, dass die Klägerin seit diesem Zeitpunkt aufgrund der Pflege ihres Ehemannes gem. § 3 Satz 1 Nr. 1 a SGB VI versicherungspflichtig in der gesetzlichen Rentenversicherung gewesen sei. Versicherungspflichtig in der gesetzlichen Rentenversicherung seien nach dieser Vorschrift Personen in der Zeit, in der sie einen Pflegebedürftigen im Sinne des § 14 SGB XI nicht erwerbsmäßig wenigstens 14 Stunden wöchentlich in seiner häuslichen Umgebung pflegten (nicht erwerbsmäßig tätige Pflegepersonen), wenn der Pflegebedürftige Anspruch auf Leistungen aus der sozialen oder einer privaten Pflegeversicherung habe. Nicht versicherungspflichtig seien allerdings solche nicht erwerbsmäßig tätigen Pflegepersonen, die daneben regelmäßig mehr als 30 Stunden wöchentlich beschäftigt, oder selbstständig tätig seien, § 3 Satz 3 SGB VI. Zur Verbesserung der sozialen Sicherung der Pflegepersonen im Sinne des § 19 SGB XI entrichteten die Pflegekassen und die privaten Versicherungsunternehmen, bei denen eine private Pflege-Pflichtversicherung durchgeführt werde, Beiträge an den zuständigen Träger der gesetzlichen Rentenversicherung, wenn die Pflegeperson nicht mehr als 30 Stunden wöchentlich erwerbstätig sei (§ 44 Abs. 1 Satz 1 SGB XI).
Die seit dem 01.02.2002 nicht mehr selbstständig und auch sonst nicht erwerbstätige Klägerin pflege ihren Ehemann seit dem genannten Zeitpunkt mit Ausnahme der genannten Unterbrechnungszeit nicht erwerbsmäßig in seiner häuslichen Umgebung. Bei dem Ehemann der Klägerin handele es sich zudem um einen Pflegebedürftigen im Sinne des § 14 SGB XI, der Anspruch auf Leistungen aus der sozialen Pflegeversicherung habe. Das Sozialgericht sehe sich insoweit an die entsprechenden Feststellungen der Beigeladenen zu 1), die in der Zeit von November 1995 bis Juli 1998 Leistungen nach Pflegestufe I gewährt habe, und der Beigeladenen zu 2), die durchgehend seit August 1998 Leistungen nach Pflegestufe I erbringe, gebunden. Maßgeblich sei insoweit nicht, dass die fortdauernde Leistungserbringung der Beigeladenen zu 2) nach ihrer Ansicht wohl allein darauf beruhe, dass eine frühere Feststellung zu Unrecht erfolgt sei und eine Möglichkeit zur Aufhebung bzw. Abänderung dieser Entscheidung nicht gesehen worden sei. Jedenfalls sei die Pflegebedürftigkeit des Ehemannes der Klägerin bestandskräftig und damit bindend festgestellt, hieran müssten sich sowohl die Beklagte als auch die Beigeladenen festhalten lassen. Im Übrigen sei das Sozialgericht aber auch davon überzeugt, dass die Voraussetzungen der Pflegebedürftigkeit der Person der Ehemannes der Klägerin zumindest in der Zeit seit dem 16.09.2004 erfüllt seien (wird vom Sozialgericht weiter ausgeführt). Das Sozialgericht habe weiterhin keinen Zweifel daran, dass die Klägerin ihren Ehemann in der Zeit seit dem 16.09.2004 mit Ausnahme der Unterbrechungszeiten wenigstens 14 Stunden wöchentlich gepflegt habe. Entgegen der Auffassung der Beklagten seien im Rahmen der Regelungen des § 3 Satz 1 Nr. 1 a SGB VI und des § 19 Satz 2 SGB XI nicht nur die für die Feststellung der Pflegebedürftigkeit gem. § 14 SGB XI zu berücksichtigenden Hilfeleistungen zugrunde zu legen, sondern auch die für die ergänzende Pflege und Betreuung im Sinne von § 4 Abs. 2 Satz 1 SGB XI aufgewandte Zeit. Über den die Pflegebedürftigkeit begründenden Hilfebedarf hinaus seien also für die Ermittlung des Pflegeaufwandes auch die familiäre, nachbarschaftliche oder sonstige ehrenamtliche Pflege und Betreuung und mithin der zeitliche Aufwand der Pflegeleistungen, die nicht aus den Mitteln der Pflegeversicherung finanziert würden, zu berücksichtigen. Der Pflegeaufwand im Sinne der §§ 3 Satz 1 Nr. 1 a SGB VI, 19 Satz 2 SGB XI könne damit sehr viel weitergehen als der für die Feststellung der Pflegebedürftigkeit maßgebliche Bedarf. Er müsse jedoch noch krankheits- oder behinderungsbedingt sein. Insoweit hat das Sozialgericht insbesondere auf ein Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen (LSG NRW) vom 03.06.2005 (Az.: L 4 RJ 58/04) sowie verschiedene Kommentare zum SGB XI verwiesen. Dies entspreche auch dem Willen des Gesetzgebers, wozu das Sozialgericht auf die amtliche Begründung zum früheren § 17 SGB XI, jetzt § 19 SGB XI verwiesen hat. Weiter hat das Sozialgericht ausgeführt, der in Rechtsprechung und Literatur vertretenen abweichenden Auffassung (insbesondere LSG Niedersachsen, Urteil vom 12.02.2007, Az.: L 3 B 7/01) vermöge sich das Sozialgericht nicht anzuschließen. Die diesbezügliche Argumentation, für die Berücksichtigung eines weitergehenden Hilfebedarfs gebe es keine Rechtsgrundlage, die Pflegeversicherung solle auch in Form der Zahlung von Beiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung nur in Bezug auf die durch § 14 Abs. 4 SGB XI begrenzten Risiken in Anspruch genommen werden können, überzeuge nicht. Rechtsgrundlage für die Berücksichtigung des über den Bereich der Grundpflege und der hauswirtschaftlichen Versorgung hinaus gehenden Hilfebedarfs sei die Regelung des § 3 Satz 1 Nr. 1 a SGB VI selbst. Zu berücksichtigen sei auch der in der Gesetzesbegründung zum Ausdruck gekommene Zweck, der mit der Einführung der Versicherungspflicht für Pflegepersonen verfolgt worden sei. Es sollte die Pflegebereitschaft im häuslichen Bereich gefördert und der hohe Einsatz der Pflegepersonen anerkannt und der Tatsache Rechnung getragen werden, dass die vom Gesetzgeber als vorrangig erachtete häusliche Pflege meist nicht im Rahmen von sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnissen, sondern im häuslichen Umfeld von Angehörigen und Nachbarn geleistet werde und häufig mit dem Verzicht auf eine Erwerbstätigkeit und eine hieran anknüpfende eigene Alterssicherung verbunden sei. Hätte der Gesetzgeber im Rahmen der versicherungspflichtigen Pflegetätigkeiten im Sinne von § 3 Satz 1 Nr. 1 a SGB VI eine Einschränkung auf Tätigkeiten im Bereich der Grundpflege und hauswirtschaftlichen Versorgung gewollt, hätte es nahe gelegen, diese gesetzliche Regelung ähnlich wie im § 2 Abs. 1 Nr. 17 SGB VII zu formulieren. Dies sei jedoch nicht erfolgt.
Dass die Klägerin unter Berücksichtigung der behinderungsbedingten ergänzenden Pflege und Betreuung im Sinne des § 4 Abs. 2 Satz 1 SGB XI ihren Ehemann wenigstens 14 Stunden in der Woche gepflegt habe, ergebe sich nach Auffassung des Sozialgerichts schon daraus, dass die Beigeladene zu 2) dem Ehemann der Klägerin mit Bescheid vom 01.10.2002 zusätzliche Betreuungsleistungen nach § 45 b i.F.m. § 45 a SGB XI wegen eines neben dem Hilfebedarf im Bereich der Grundpflege und der hauswirtschaftlichen Versorgung bestehenden erheblichen Bedarfs an allgemeiner Beaufsichtigung und Betreuung bewilligt habe (wird vom Sozialgericht weiter ausgeführt).
Die Versicherungspflicht der Klägerin könne allerdings entgegen ihrer Auffassung erst ab dem 16.09.2004 festgestellt werden, für die Zeit vorher insoweit sei die Klage unbegründet, ebenso wie für die weiteren im Urteilstenor ausgenommenen Zeiten (wird vom Sozialgericht ebenfalls weiter ausgeführt). Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils verwiesen.
Gegen das Urteil des Sozialgerichts haben die Beigeladene zu 2) sowie die Beklagte jeweils fristgemäß Berufung eingelegt. In der Berufungsbegründung wendet sich die Beigeladene zu 2) gegen die Auffassung des Sozialgerichts, bei der Ermittlung der Pflegetätigkeit von 14 Stunden seien nicht nur Zeiten der Grundpflege und hauswirtschaftlichen Verrichtung im Sinne von § 14 Abs. 2 SGB XI, sondern auch der Zeitaufwand für ergänzende Pflege und Betreuung zu berücksichtigen. Zur Stützung ihrer Auffassung bezieht sich die Beigeladene zu 2) u.a. auf das im Urteil des Sozialgerichts bereits erwähnte Urteil des LSG Niedersachsen vom 12.02.2002 (s.o.), sowie auf diverse in Kopie vorgelegte Stellungnahmen der Spitzenverbände der Krankenkassen und Rentenversicherungsträger, in denen die Auffassung der Beigeladenen zu 2) geteilt wird.
Die Beklagte hat sich den Ausführungen der Beigeladenen zu 2) angeschlossen und ergänzend auf ein Urteil des LSG Rheinland-Pfalz vom 01.02.2006 (Az.: L 6 R 144/05) verwiesen.
Die Beklagte und die Beigeladene zu 2) beantragen jeweils,
das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 19.01.2007 zu ändern und die Klage insgesamt abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung der Beklagten und der Beigeladenen zu 2) zurückzuweisen.
Die Klägerin verweist auf die Pflege ihres Ehemannes seit dem 16.06.1995 und hält das Urteil des Sozialgerichts – jedenfalls, soweit es für sie günstig ist – für zutreffend.
Die Beigeladene zu 1) hat sich den Ausführungen der Beigeladenen zu 2) angeschlossen, ohne jedoch einen eigenen Antrag zu stellen.
In der mündlichen Verhandlung hat der Senat die Beteiligten auf ein Urteil des LSG Hamburg vom 28.09.2005 (Az.: L 3 R 202/05) hingewiesen, in dem hinsichtlich der Ermittlung des nach § 3 Satz 1 Nr. 1 a SGB VI erforderlichen zeitlichen Pflegeaufwandes von 14 Stunden die Auffassung des Sozialgerichts im angefochtenen Urteil sowie des LSG NRW im Urteil vom 03.06.2005 (s.o.) geteilt wird.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten, den der beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten, sowie den der in Kopie vorliegenden Verwaltungsvorgänge der Beigeladenen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässigen Berufungen der Beklagten und der Beigeladenen zu 2) sind nicht begründet. Das Sozialgericht hat zu Recht festgestellt, dass die Klägerin jedenfalls seit dem 16.09.2004 mit Ausnahme der vom Sozialgericht aufgeführten Zeiten aufgrund der Pflege ihres Ehemannes gemäß § 3 Satz 1 Nr. 1 a SGB VI versicherungspflichtig in der gesetzlichen Rentenversicherung mit der sich daraus ergebenden Beitragspflicht der Beigeladenen zu 2) war und entsprechende Pflichtbeitragszeiten vorzumerken waren (§ 149 Abs. 5 SGB VI). Hinsichtlich der Zeit vor dem 16.09.2004 sowie hinsichtlich der vom Sozialgericht ausgenommenen Zeiten, für die das Sozialgericht die Klage abgewiesen hatte, bedurfte es im Berufungsverfahren keiner Entscheidung des Senats, da das Urteil des Sozialgericht insoweit rechtskräftig ist. Die Beigeladene zu 1), bei der der Ehemann der Klägerin weit vor dem 16.09.2004 pflegeversichert war, ist aus diesem Grunde hinsichtlich der damaligen Zeiten durch das Urteil des Sozialgerichts nicht beschwert. Demgemäß hat sie im Berufungsverfahren auch keinen eigenen Antrag gestellt.
Hinsichtlich des somit maßgebenden Zeitraums ab dem 16.09.2004 ist der Senat mit dem Sozialgericht der Auffassung, dass die Klägerin wegen der Pflege ihres Ehemannes versicherungspflichtig war. Insoweit wird zunächst zur Vermeidung von Wiederholungen gemäß § 153 Abs. 2 SGG auf die Entscheidungsgründe des Urteils verwiesen, denen sich der Senat nach eigener Prüfung anschließt.
Zunächst ist der Senat mit dem Sozialgericht der Auffassung, dass die Pfegebedürftigkeit des Ehemannes der Klägerin im Sinne von § 3 Satz 1 Nr. 1 a SGB VI durch die bindend gewordenen Bescheide der Beigeladenen zu 1) und 2) zur Pflegestufenzuordnung auch für dieses Verfahren verbindlich festgestellt ist. Im übrigen hat das Sozialgericht überzeugend dargelegt, dass jedenfalls ab 16.09.2004 die Voraussetzungen für eine Zuordnung in die Pflegestufe I vorgelegen haben. Dies wird letztlich auch von der Beklagten und den beiden Beigeladenen nicht mehr in Zweifel gezogen.
Soweit die Beklagte und insbesondere die Beigeladene zu 2) unter Hinweis auf das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen (s.o.), verschiedene Veröffentlichungen sowie die Ausführungen in den vorgelegten Ausarbeitungen der Spitzenverbände die Auffassung vertreten, für die Berücksichtigung des Zeitaufwandes für ergänzende Pflege und Betreuung im Sinne von § 4 Abs. 2 SGB XI bei der Feststellung des nach § 3 Satz 1 Nr. 1 a SGB VI erforderlichen Pflegeaufwandes von wenigstens 14 Stunden wöchentlich gebe es keine Rechtsgrundlage, vermag auch der erkennende Senat dieser Auffassung nicht zu folgen. Hätte der Gesetzgeber die Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung für nicht erwerbsmäßig tätige Pflegepersonen, die für diese beitragstragsfrei ist, entsprechend den engen in der sozialen Pflegeversicherung für die Zuordnung zu Pflegestufen maßgebenden Kriterien regeln wollen, hätte er dies durch eine entsprechende gesetzliche Verweisung zum Ausdruck gebracht. Da eine solche gesetzliche Verweisung nicht vorliegt und der "natürliche" Wortlaut in § 3 Satz 1 Nr. 1 a SGB VI lediglich "wenigstens 14 Stunden wöchentlich" fordert, fehlt nach Auffassung des Senats für die Anwendung der engen Kriterien der Pflegeversicherung auf die Feststellung der Versicherungspflicht der nicht erwerbsmäßig Pflegenden die Rechtsgrundlage, und nicht umgekehrt. Die Anlegung etwas weiterer Kriterien bei der Feststellung des erforderlichen Zeitaufwandes von 14 Stunden entsprechend dem Gesetzeswortlaut entspricht auch der gesetzgeberischen Motivation, worauf das Sozialgericht im angefochtenen Urteil sowie das LSG NRW und das LSG Hamburg in den bereits genannten Urteilen zutreffend hingewiesen haben. So soll die Motivation für die häusliche Pflege von Pflegebedürftigen durch nicht erwerbsmäßige Personen durch die Möglichkeit des Erwerbs von für die Betroffenen beitragslosen Pflichtbeitragszeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung gefördert werden. Diese häusliche Pflege ist für die Betroffenen zumeist sehr belastend und mit dem Verzicht auf eine eigene Berufstätigkeit und daraus resultierender eigener Altersvorsorge verbunden. Auch für die Pflegekassen ist eine Förderung der häuslichen Pflege letztlich positiv, da die Kosten für die häusliche Pflege zumeist wesentlich geringer als für eine stationäre Pflege sind. Es erscheint daher durchaus gerechtfertigt, dass der Gesetzgeber im Rahmen des § 3 Satz 1 Nr. 1 a SBG VI nicht an die engen Kriterien der Pflegestufenzuordnung (Zählung von Minuten für jede Verrichtung) angeknüpft hat.
Da die sonstigen Voraussetzungen für die Anerkennung von Pflegebeitragszeiten im Falle der Klägerin unstreitig vorliegen, war das Urteil des Sozialgerichts zu bestätigen. Die Berufungen der Beklagten und der Beigeladenen zu 2) konnten keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Der Senat hat die Revision nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 1 bzw. 2 SGG nicht erfüllt sind. Angesichts des nach Auffassung des Senats eindeutigen Wortlauts der Regelung im § 3 Satz 1 Nr. 1 a SGB VI hat die Sache trotz der Entscheidungen anderer Landessozialgerichte, auf die sich insbesondere die Beigeladene zu 2) beruft, keine grundsätzliche Bedeutung. Wenn die Pflegekassen wie aus den vorgelegten Ausarbeitungen ihrer Spitzenverbände wohlh letztlich aus finanziellen Erwägungen eine andere Regelung für erforderlich halten, sollten sie sich über ihre Spitzenverbände an den Gesetzgeber mit dem Ziel einer entsprechenden gesetzlichen Änderung wenden.
Erstellt am: 23.12.2010
Zuletzt verändert am: 23.12.2010