Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Münster vom 15.08.2000 wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Umstritten sind die Höhe des Grades der Behinderung (GdB) wegen wesentlicher Änderung der Verhältnisse (§ 48 Sozialgesetzbuch 10 – SGB X -) sowie die erstmalige Feststellung der gesundheitlichen Merkmale, die Voraussetzungen sind für die Inanspruchnahme der Nachteilsausgleiche außergewöhnliche Gehbehinderung (aG), Notwendigkeit ständiger Begleitung (B) und Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht (Rf).
Auf der Grundlage eines Berichtes der praktischen Ärztin Dr. N … (02.06.1997) und einer Stellungnahme von Dr. B … stellte der Beklagte bei der 1951 geborenen Klägerin einen GdB von 30 für "Wirbelsäulensyndrom, Nervenwurzelreizungen" sowie "psychovegetative Störungen, Ohreigengeräusche, Beinnervenstörungen" fest (Bescheid vom 01.07.1997).
Mit ihrem Antrag von September 1997 trug die Klägerin vor, sie begehre die Feststellung eines höheren GdB sowie der Nachteilsausgleiche erhebliche Gehbehinderung (G), aG und Rf. Ihre Leiden hätten sich verschlimmert. Schlafstörungen, Unruhe, "Restless Legs Syndrom", Erschöpfung, Juckreiz, Verstopfung, Sehstörungen und Wasseransammlungen in den Beinen seien hinzugetreten. Der Beklagte holte einen Bericht von Dr. N … (17.11.1997) und eine Stellungnahme von Dr. B … (12.12.1997) ein. Er lehnte es ab, einen höheren GdB und die Nachteilsausgleiche G, aG und Rf festzustellen (Bescheid vom 23.12.1997). Auf den Widerspruch der Klägerin, mit dem sie medizinische Unterlagen übersandte, ließ der Beklagte die Klägerin durch den Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. P … begutachten (12.02.1998). Der Beklagte wies den Widerspruch zurück (Widerspruchsbescheid vom 22.06.1998).
Mit ihrer Klage hat die Klägerin begehrt, einen GdB von 100 und die Nachteilsausgleiche G, aG, B und Rf festzustellen. Sie hat vorgetragen, ihr Wirbelsäulenleiden und dessen Auswirkungen auf die Gehfähigkeit seien unterbewertet worden und ein "Restless-Legs-Syndrom" unberücksichtigt geblieben. Sie verweise auf das Gutachten von Dr. S … (30.03.2000), erstellt für die Landesversicherungsanstalt Westfalen. Die beiden vom Beklagten gemachten Angebote – zunächst Feststellung eines GdB von 90 und der Nachteilsausgleiche aG und B und zuletzt eines GdB von 60 und des Nachteilsausgleichs G – hätten das Ausmaß ihrer Behinderungen nur unzureichend erfasst und seien daher unakzeptabel.
Der Beklagte hat sich auf Stellungnahmen von Dr. W … und Dr. M … sowie Dr. R … berufen.
Das Sozialgericht hat den Entlassungsbericht der orthopädisch-rheumatologischen Klinik M … (31.05.1999) beigezogen. Es hat Berichte von Dr. N … (03.12.1998), HNO-Arzt Dr. S … (04.12.1998) und Arzt für Psychotherapie Dr. von B … (18.12.1998) sowie Sachverständigengutachten von Orthopäde Dr. E … (25.11.1999) und Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. B … (21.12.1999) eingeholt. Das Sozialgericht hat den Beklagen unter Aufhebung der Verwaltungsentscheidung zur Feststellung eines GdB von 60 und des Nachteilsausgleichs G verurteilt und die Klage im übrigen abgewiesen (Gerichtsbescheid vom 15.08.2000).
Mit ihrer Berufung meint die Klägerin weiterhin, sie habe Anspruch auf Feststellung eines GdB von 100 sowie der Nachteilsausgleiche aG, B und Rf.
Im Termin der mündlichen Verhandlung ist für die Klägerin niemand erschienen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend.
Der Senat hat die Unterlagen der AOK Westfalen-Lippe (26.07.2001) – darin ein Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenkasse vom 31.07.1998 – und der Landesversicherungsanstalt Westfalen (08.08.2001) und Berichte von Dr. N … (07.09.2001) und Anästhesistin Dipl.-Med. K … (16.09.2001) beigezogen und hat Beweis durch die Sachverständige Chirurgin und Sozialmedizinerin Dr. D …-V … erhoben (31.01.2002).
Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte des Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Obwohl für die Klägerin im Termin der mündlichen Verhandlung niemand erschienen ist, konnte der Senat verhandeln und entscheiden. Die Klägerin ist in der Terminsbenachrichtigung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden.
Die Klägerin begehrt mit der Berufung sinngemäß, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Münster vom 15.08.200 abzuändern und den Beklagten unter Aufhebung der Bescheide vom 23.12.1997 und 22.06.1998 zu verurteilen, einen GdB von 100 und die Nachteilsausgleiche aG, B und Rf festzustellen.
Dieses Begehren ist nicht begründet. Die Klägerin kann, wie vom Sozialgericht zutreffend entschieden, weder nach § 48 SGB X die Feststellung eines höheren GdB als 60 noch die Feststellung der Nachteilsausgleiche aG, B und Rf beanspruchen.
Die Klägerin hat gemäß § 48 Absatz (Abs.) 1, Satz (S.) 1 SGB X und § 69 Abs. 1 und 3 SGB IX (bis 30.06.2001: § 4 Abs. 1 und 3 Schwerbehindertengesetz (SchwbG)) keinen Anspruch auf Feststellung eines höheren GdB als 60. Gemäß § 48 Abs. 1 S. 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eingetreten ist. Bei den Feststellungsbescheiden nach § 69 Abs. 1 und 3 SGB IX, nicht anders als bisher nach dem SchwbG handelt es sich um Verwaltungsakte mit Dauerwirkung (vgl. zum SchwbG, BSG, Urt. vom 19.09.2000, B 9 SB 3/00 R, SozR 3-1300 § 45 SGB X Nr. 43, S. 141 ff., 143; BSGE 60,287 (290) = SozR 1300 § 48 SGB X Nr. 29 für die Feststellung des GdB). Eine Aufhebung ist nur "insoweit" zulässig, als eine Änderung der Verhältnisse eingetreten ist (vgl. BSG, Urt. v. 19.09.2000, a.a.0., S. 146). Bei einer derartigen Neufestsetzung handelt es sich nicht um eine reine Hochrechnung des im alten Bescheid festgestellten GdB (zum Begriff vgl. weiter BSG, Urt. vom 10.09.1997, 9 RVs 15/96, SozR 3-3870 § 3 SchwbG Nr. 7), sondern um dessen Neuermittlung unter Berücksichtigung der gegenseitigen Beeinflussung der verschiedenen Leiden (vgl. BSG, Urt. vom 19.09.2000, a.a.0., S. 144). Nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens ist eine wesentliche Änderung im Sinne des § 48 SGB X – resultierend aus dem Vergleich zwischen den Verhältnissen im Zeitpunkt des Erlasses des bindend gewordenen Bescheides vom 01.07.1997 und den Verhältnissen bis zum Zeitpunkt der Entscheidung durch den Senat – im tatsächlichen Bereich insoweit nachgewiesen, als die Klägerin seit Antragstellung (September 1997) durch eine Zunahme des Wirbelsäulenschadens und der psychischen Störung stärker behindert ist und zusätzlich eine Blasenschwäche vorliegt. Dieser Änderung hat das Sozialgericht hinreichend Rechnung getragen, indem es den Beklagten zur Feststellung eines GdB von 60 ab Antragstellung verurteilt hat. Weitere wesentliche Änderungen im tatsächlichen Bereich sind nicht nachgewiesen. Dies ergibt sich unter Berücksichtigung der nach den Anhaltspunkten für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem SchwbG 1996 (AHP) maßgeblichen Beurteilungskriterien. Die AHP sind zu berücksichtigen, weil sie normähnliche Wirkung haben (vgl. BSG, Urteil vom 13.12.2000, B 9 V 8/00 R, SozR 3-3870 § 4 SchwbG Nr. 28, S. 105 ff., 106 f.; Urteil von 01.09.1999 – B 9 V 25/98 R – SozR 3-3100 § 30 Nr. 22; Urteil vom 09.04.1997, 9 RVs 4/95, SozR 3-3870 § 4 SchwbG Nr. 19, jeweils m.w.N.; zum Fehlen eines Grundrechtsverstoßes vgl. BVerfG, Beschl. vom 06.03.1995, 1 BvR 60/95, SozR 3-3870 § 3 SchwbG Nr. 6, S. 9 ff.; Abgrenzend für die gesetzliche Unfallversicherung BSG, Beschl. v. 15.02.2001, B 2 U 23/01 B und Hauck in Weiss/Gagel, Handbuch des Arbeits- und Sozialrechts, § 22 A II 4a Rdnr. 88 m.w.N.). Das Ergebnis der Beweisaufnahme beruht insbesondere auf den Feststellungen der Sachverständigen Dres. E …, B … und D …-V …
Wesentlich für das Ausmass der Änderung gegenüber den Verhältnissen vom 01.07.1997 sind zunächst die stärkeren Funktionsbeeinträchtigungen durch den Wirbelsäulenschaden mit Schmerzsymptomatik (zur Bildung des GdB bei mehreren Funktionsbeeinträchtigungen, vgl. BSG, Url. vom 13.12.2000, a.a.0., S. 35 und AHP Nr. 19). Nach den von den Sachverständigen Dres. E … und D …-V … mitgeteilten Befunden findet sich heute eine weitgehend eingesteifte und kaum bewegliche Lendenwirbelsäule bei altersentsprechend frei beweglicher Hals- und Brustwirbelsäule. 1997 bestand dagegen nur ein Wirbelsäulensyndrom mit Nervenwurzelreizungen. Den heute (vgl. Sachverständige Dres. E … und D …-V …) geklagten Ruhe-, Bewegungs- und Belastungsschmerzen der gesamten Wirbelsäule mit Schmerzfortleitung in beide Beine standen 1997 nur Bewegungsschmerzen der Wirbelsäule gegenüber. Unter besonderer Berücksichtigung der subjektiven Beschwerdesymptomatik der Klägerin schließt sich der Senat der Bewertung des Wirbelsäulenschadens durch die beiden Sachverständigen Dres. E … und D …-V … mit einem GdB von 40 an, obwohl die AHP Seite 140 bei schweren funktionellen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt an sich nur einen GdB von 30 vorsehen.
Zusätzlich hat sich die psychische Störung verschlimmert (Befunde von Dres. B … und D …-V …). Anders als noch 1997 besteht nicht mehr nur eine leichtere psychovegetative Störung, sondern eine stärker behindernde psychische Störung mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit. Die Hausärztin Dr. N … gab im Bericht vom 02.06.1997, der dem Bescheid von 1997 zugrunde lag, an Beschwerden der Klägerin nur eine ausgeprägte Schlafstörung an. Demgegenüber eruierte Dr. B … eine subdepressive Stimmungslage und eingeengte affektive Schwingungsbreite bei gedanklicher Fixierung auf das Schmerzerleben, schloss aber eine schwerwiegende depressive Herabgestimmtheit aus und ordnete die Auffälligkeiten ein als neurotisch-depressive Fehlentwicklung mit Somatisierungsneigung ein. Diese steht nach Dr. D …-V … in Verbindung mit einer somatoformen Schmerzstörung bei der auf körperliche Beschwerden eingeengten und zur Überbewertung ihrer Beschwerden neigenden Klägerin. Nach den Bewertungskriterien der AHP Seite 60 hält der Senat mit Dres. B … und D …-V … für diese stärker behindernde Störung einen GdB von 30 innerhalb des von den AHP vorgesehen Bewertungsrahmens (GdB 30 – 40) für angemessen. Die Angaben des behandelnden Psychotherapeuten Dr. von B … in seinem Befundbericht vom 08.12.1998 (Larvierte Depression und psychoreaktive Störung bei Besserung der depressiven Symptome im Behandlungszeitraum) und die Eigenangaben der Klägerin gegenüber Dr. D …-V … zu den noch zahlreichen Aktivitäten im privaten Bereich bestätigen trotz Zeitberentung der Klägerin und der damit indizierten sozialen Anpassungsschwierigkeiten im beruflichen Bereich nach Auffassung des Senats die Richtigkeit des Ansatzes eines GdB von 30 als unteren Wert des vorgesehenen Spielraums der AHP.
Gegenüber 1997 ist schließlich hinzugetreten die von Dr. D …- V … festgestellte Blasenschwäche sehr schwacher Ausprägung, für die ein GdB von (gerade) 10 anzusetzen ist, AHP Seite 110.
Unverändert zu 1997 liegt eine Beinnervenstörung (Restless-Legs-Syndrom) vor, die 1997 noch zusammen mit den psychovegetativen Störungen und Ohrgeräuschen einen GdB von 20 bedingte. In Übereinstimmung mit der Beurteilung durch die Sachverständigen Dres. B … und D …-V … ist diese Funktionsstörung eigenständig mit einem GdB von allenfalls 20 zu bewerten. Während das Syndrom anfangs nachts auftrat und zu Leistungseinbußen tagsüber führte, ist mittlerweile unter Medikamentation bei Bedarf (Madopar) der Schlaf relativ gut. Im Einklang mit den Angaben der Klägerin gegenüber Dr. D …-V … ist eine höherwertige Beeinträchtigung aus dieser Behinderung nicht mehr zu verzeichnen. In Anlehnung an Seite 63 der AHP (Polyneuropathien) ist daher ein GdB von höchstens 20 vertretbar, aber als "schwacher Wert" zu betrachten.
Eine weitere Einschränkung stellen unverändert, wie bereits 1997 festgestellt, die Ohrgeräusche dar, die mangels nennenswerter psychischer Begleiterscheinungen nach den AHP Seite 74 mit einem GdB von 10 zu bewerten sind. Die Klägerin gab selbst an, seit einem Hörsturz 1995 an Ohrgeräuschen zu leiden, dadurch aber seelisch nicht wesentlich belastet zu sein.
Unter Berücksichtigung der nachgewiesenen Änderungen erscheint im Ergebnis der vom Sozialgericht gebildete Gesamt-GdB von 60 bei den vorliegenden Einzel-GdB von 40, 30, 20, 10, 10 unter Beachtung der nach § 69 Abs. 3 SGB IX und den AHP Nr. 19 maßgeblichen Kriterien zur Bildung des Gesamt-GdB vertretbar. Jedenfalls ist aber ein höherer GdB als von insgesamt 60 nicht gerechtfertigt. Denn bei dem Einzel-GdB von 20 für die Beinnervenstörung handelt es sich um einen "schwachen Wert". Die beiden Einzel-GdB von 10 wirken sich nicht erhöhend aus. Der Ausnahmefall, in dem sich auch Einzel-GdB von 10 erhöhend auswirken können, wenn sich nämlich die dadurch bedingten Funktionsbeeinträchtigungen auf die anderen Funktionsbeeinträchtigungen besonders nachteilig auswirken, liegt nicht vor.
Die Klägerin hat gegenüber der Versorgungsverwaltung keinen Anspruch auf die Feststellung, dass die gesundheitlichen Voraussetzungen für die begehrten Nachteilsausgleiche B, aG und Rf bei ihr vorliegen, § 69 Abs. 1 und 4 SGB IX (entsprechend früher § 4 Abs. 4 in Verbindung mit Abs. 1 SchwbG). Diese Feststellung ist Grundlage für die Eintragung der Merkmale B, aG und Rf im Schwerbehindertenausweis (§ 4 Abs. 5 S. 1 und 5 SchwbG, § 1 Abs. 1 S. 1 und Abs. 4 in Verbindung mit § 3 Abs. 1 Nr. 1 und 4 und Ab. 2 Nr. 1 Ausweisverordnung SchwbG).
Abgesehen davon, dass die Frage der Feststellung der gesundheitlichen Voraussetzungen für den Nachteilsausgleich B nicht Gegenstand des Verwaltungsverfahrens war, bedarf die Klägerin nach übereinstimmender Feststellung aller Sachverständigen nicht der Notwendigkeit ständiger Begleitung nach § 146 Abs. 2 SGB IX (bis 30.06.01 § 60 Abs. 2 SchwbG). Der Senat sieht keinen Ansatz, dies in Frage zu stellen.
Die Klägerin ist nicht Schwerbehinderte mit außergewöhnlicher Gehbehinderung im Sinne des § 6 Absatz 1 Nr. 14 des Straßenverkehrsgesetzes in Verbindung mit der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift -AVO- zu § 46 Straßenverkehrsordnung -StVO-. Die Klägerin gehört nicht zu dem Personenkreis, der ausdrücklich in der AVO zu § 46 der StVO genannt ist (Querschnittsgelähmte, Doppelober- bzw. Doppelunterschenkelamputierte, Hüftexartikulierte und einseitig Oberschenkelamputierte, die dauernd außerstande sind, ein Kunstbein zu tragen oder nur eine Beckenkorbprothese tragen können oder zugleich unterschenkel- oder armamputiert sind). Sie ist diesem ausdrücklich genannten Personenkreis auch nicht gleichzustellen (zu den Voraussetzungen vgl. BSG, Urt. vom 27.02.2002 S. 4; Beschl. vom 15.08.2000, B 9 SB 33/00 B; Urt. vom 11.03.1998, B 9 SB 1/97 R SozR 3-3870 § 4 SchwbG Nr. 23, S. 88 ff., 89 f., m.w.N.). Eine Gleichstellung scheitert daran, dass bei der Klägerin beim Gehen die Fortbewegung nicht auf das Schwerste eingeschränkt ist, wie dies aber bei dem ausdrücklich benannten Personenkreis der Fall ist. Bei der Klägerin liegen keine wesentlichen Einschränkungen an den Beinen oder Füßen vor. Die von ihr behauptete außergewöhnliche Gehbehinderung lässt sich auch nicht auf ihren Wirbelsäulenschaden zurückführen. Dass die Klägerin in der Vergangenheit Gehstöcke benutzte und seit Anfang 2002 einen Gehwagen nutzt, ist nach den Feststellungen der Sachverständigen Dres. E … und D …-V … für kleine Wegstrecken medizinisch nicht erforderlich. Die von den behandelnden Ärzten und den Sachverständigen mitgeteilten Befunde zur Gehstrecke und zum Gangbild bestätigen dies. Im Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenkasse vom 31.07.1998 ist als Eigenangabe der Klägerin aufgenommen, das Gehen auf ebener Erde sei relativ beschwerdefrei möglich (Gehstrecke kleiner 100 Meter); (erst) für längere Strecken (größer 100 Meter) benötige sie zwei Unterarm-Gehstützen. Im Entlassungsbericht der Reha-Klink M … vom 31.05.1999 heißt es, die Klägerin gehe mit zwei Unterarmgehstützen, der Gang sei ausreichend sicher und ohne Gehstützen ebenfalls gut durchführbar, mit den Gehstützen fühle sich die Klägerin aber sicherer. Bei der Begutachtung durch Dr. E … im November 1999 war das Gangbild langsam und vorsichtig, dem Untersuchungsgang konnte die Klägerin aber in allen Schritten mühelos folgen. Nach Angabe der Hausärztin Dr. N … im Bericht vom 07.09.2001 beträgt die Gehstrecke der Klägerin ohne Gehhilfe 20 Meter, nach Angabe der Anästhesistin K … im Bericht vom 16.09.2001 ca. 100 Meter ohne Unterbrechung. Bei der Begutachtung durch Dr. D …-V … im Januar 2002 war das Gangbild etwas verlangsamt, aber insgesamt nicht höherwertig beeinträchtigt.
Die Klägerin erfüllt nicht die gesundheitlichen Voraussetzungen für eine Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht. Diese richten sich nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 der Verordnung der Landesregierung des Landes Nordrhein-Westfalen über die Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht vom 30.11.1993 (GVGBl. NW S. 970). Danach werden von der Gebührenpflicht Behinderte befreit, bei denen nicht nur vorübergehend ein GdB von wenigstens 80 zuerkannt ist, wenn sie wegen ihrer Leiden an öffentlichen Veranstaltungen ständig nicht teilnehmen können (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 28.06.2000 – B 9 SB 2/00 R, SozR 3-3780 § 4 SchwbG Nr. 26, S. 101 ff.). Diese landesrechtlich festgelegten Voraussetzungen erfüllt die Klägerin schon mangels eines GdB von 80 nicht.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Es bestand kein Anlass, die Revision zuzulassen, § 160 Absatz 2 SGG.
Erstellt am: 17.08.2003
Zuletzt verändert am: 17.08.2003