Die Beschwerde des Klägers vom 18./19.03.2004 gegen den Beschluss des Sozialgerichts Köln vom 17.03.2004 wird zurückgewiesen. Über die Kosten des Verfahrens vor den Sozialgerichten entscheidet das zuständige Amtsgericht als Insolvenzgericht.
Gründe:
I. Der Kläger ist Arzt und seit 1985 zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. Nach Steuerrückständen leitete das Finanzamt gegen den Kläger ein Insolvenzverfahren ein, das durch Beschluss des Amtsgerichts Köln vom 01.07.2002 eröffnet wurde. Eine von der Gläubigerversammlung beschlossene Praxisschließung konnte der Kläger verhindern; er betreibt seine Arztpraxis weiter. Die Praxiskosten bringt der Kläger auf. Der Beklagte zieht als Insolvenzverwalter seit Anfang 2003 die vom Kläger erwirtschafteten Honorarforderungen von der Kassenärztlichen Vereinigung ein.
Dagegen hat sich der Kläger mit einem Antrag an das örtlich zuständige Sozialgericht – SG – (Köln) gewandt. Das SG hat diesen Antrag sowohl im (hier betroffenen) Klageverfahren als auch im Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung behandelt. Der Kläger hat das SG für zuständig gehalten, weil die Sozialgerichte über Vertragsarztangelegenheiten im Sinne des Fünften Buchs des Sozialgesetzbuchs (SGB V) zu entscheiden hätten; auch Eingriffe Dritter in das Vertragsarztverhältnis seien als Vertragsarztangelegenheiten zu bewerten. Daher fielen derartige Maßnahmen, auch wenn sie von einem Insolvenzverwalter ergriffen würden, in die Zuständigkeit der Sozialgerichte.
Der Kläger hat beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, die Kassenhonorare des Klägers bei der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein, Bezirksstelle Köln, unter der Abrechnungsnummer 000, rückwirkend ab dem 01.01.2003, ihm dem Kläger – zwecks Übernahme der operativen Praxiskosten und zur Deckung des Pfändungsfreibetrages nach §§ 850 ff. der Zivilprozessordnung (ZPO) in Verbindung mit § 4 der Insolvenzordnung (InsO) zur Verfügung zu stellen.
Der Beklagte hat auf die Zuständigkeit des Amtsgerichtes als Insolvenzgerichts hingewiesen. Dieses Gericht habe auch darüber zu entscheiden, ob und inwieweit Arbeitseinkommen eines Schuldners pfändbar sei und deshalb zur Insolvenzmasse gehöre. Die Kassenarztzulassung werde von Entscheidungen des Insolvenzverwalters nicht berührt.
Mit Beschluss vom 17.03.2004 hat das SG – nach Anhörung der Beteiligten – den zu ihm beschrittenen Rechtsweg für unzulässig erklärt und den Rechtsstreit an das Amtsgericht Köln verwiesen, weil der Rechtsstreit nicht zu den in § 51 des Sozialgerichtsgesetzes genannten Streitigkeiten gehöre. Der am 19.03.2004 beim SG eingegangenen Beschwerde vom 18.03.2004 hat das Gericht nicht abgeholfen.
Der Kläger beantragt,
den Beschluss des SG Köln vom 17.03.2004 zu ändern und nach dem erstinstanzlichen Antrag zu entscheiden.
Der Beklagte hat sich nicht erneut geäußert.
II. Die Beschwerde ist nicht begründet.
1. Zur Entscheidung über die Beschwerde des Klägers ist der erkennende Senat gemäß Abschnitt A I., Seite 18 des Geschäftsverteilungsplans für das Landessozialgericht (LSG) Nordrhein-Westfalen (NRW) vom 18.12.2003, zuletzt geändert durch Präsidiumsbeschluss 3/2004 vom 30.04.2004, berufen. Denn bei der zur Entscheidung anstehenden Rechtssache handelt es sich um eine Angelegenheit, für die kein anderer Senat nach dem Sachzusammenhang zuständig ist. Insbesondere handelt es sich nicht um eine dem 10. oder 11. Senat zugewiesene Streitsache des Vertragsarztrechts, wie sich insbesondere auch aus den nachstehenden Erwägungen ergibt.
Zutreffend hat das SG gemäß § 17 a Abs. 2 des Gerichtsverfassungsgesetzes – GVG – durch die für sonstige Streitsachen zuständige 11. Kammer entschieden, dass für den vorliegenden Rechtsstreit nicht der Rechtsweg zu den Sozialgerichten eröffnet, sondern das Amtsgericht Köln als Insolvenzgericht das zur Entscheidung berufene Gericht ist. Dies ergibt sich aus den §§ 1 – 3, 36, 80, 148 der Insolvenzordnung – InsO – sowie im Gegenschluss aus § 51 des Sozialgerichtsgesetzes – SGG – , wie schon das SG zu Recht betont hat.
Durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens geht das Recht des Schuldners, das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen zu verwalten und über es zu verfügen, auf den Insolvenzverwalter über (§ 80 InsO). Dieser steht unter der Aufsicht des Insolvenzgerichts (§ 58 InsO). Maßnahmen im Rahmen eines Insolvenzverfahrens, hier etwa Maßnahmen des Insolvenzverwalters zur Übernahme und Sicherung der Insolvenzmasse (§§ 148 ff. InsO) sind gemäß der spezialgesetzlichen Zuweisung allein der Kontrolle des Insolvenzgerichts unterworfen. Überschreitet ein am Insolvenzverfahren beteiligtes Organ seine ihm zugewiesenen Rechte, kann dies allein durch Eingreifen des Insolvenzgerichts im allgemeinen öffentlichen Interesse korrigiert werden.
Demgegenüber enthält § 51 SGG keine Vorschrift, die das nach der InsO vorgeschriebene Handeln des Insolvenzverwalters der sozialgerichtlichen Kontrolle unterstellt. Denn § 51 SGG erfasst nur sozialrechtliche Streitigkeiten in Angelegenheiten der gesetzlichen Krankenversicherung, wozu auch das Vertragsarztrecht und Angelegenheiten der Vertragsärzte gehören. Dabei handelt es ich um Streitigkeiten etwa der vertragsärztlichen Versorgung, der Zulassung, der Entziehung der Zulassung, Wirtschaftlichkeitsprüfungen und ähnliches (vgl. dazu auch § 12 Abs. 3 SGG) oder aber um Angelegenheiten der Vertragsärzte usw. im Bereich der vertragsärztlichen Selbstverwaltung. Wesentlich ist dabei immer, dass es sich um Streitigkeiten zwischen dem am System der vertragsärztlichen Versorgung (§§ 72 ff. SGB V) beteiligten Stellen und Personen um die zwischen ihnen bestehenden sozialversicherungsrechtlichen Beziehungen handelt. Ein im Interesse der Bewältigung gesamtwirtschaftlicher Probleme nach einem Vermögensverfall von Staats wegen eingesetztes besonderes Insolvenzorgan gehört jedoch keinesfalls zum Kreis der von § 51 SGG erfassten Personen. Dessen Handeln unterliegt nicht der Kontrolle der Sozialgerichte, weil es nicht an einem öffentlich-rechtlichen Streit um die besondere Ausgestaltung des ärztlichen Versorgungssystems beteiligt ist. Sein Handeln bleibt allein den allgemeinen Vorschriften wie der InsO sowie der dort genannten Verweisungsregelungen, etwa der ZPO (vgl. § 4 InsO), unterworfen. Bei alldem bleibt unerheblich, dass sich die Eingriffe des Beklagten mittelbar auf die Stellung des Klägers als Vertragsarzt auswirken; denn entscheidend bleibt, dass der Insolvenzverwalter als besonderer Amtswalter nach den Vorschriften der InsO tätig wird, nicht aber im Rahmen der vertragsärztlichen Beziehungen.
Sollten im vorliegenden Fall entsprechend der Auffassung des Klägers, der sich auf Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 10.05.2000 – B 6 KA 67/98 R – in: BSGE 86, 121 ff.; auch BSGE 81, 143 ff.; 85, 1 ff.) stützt, die Maßnahmen des Insolvenzverwalters rechtswidrig sein und einen auch den Insolvenzorganen nicht zustehenden Eingriff in die Rechte des Schuldners oder Dritter darstellen (Eingriff in die Honorarverteilungsermächtigung der Kassenärztlichen Vereinigung; Eingriff in die Sicherstellung der kassenärztlichen Versorgung), hat darüber allein das Insolvenzgericht im Rahmen der ihm zustehenden Möglichkeiten zu entscheiden.
Angesichts der Zuständigkeit des Insolvenzgerichts ist den Sozialgerichten auch verwehrt, darüber zu entscheiden, ob die Klage der zutreffende Rechtsbehelf ist, ob bei Identität des Streitgegenstandes bereits Rechtshängigkeit wegen des beim Insolvenzgericht bereits eingeleiteten Verfahrens eingetreten ist (vgl. die Anträge des Klägers vom 08.01.2004 an das Amtsgericht Köln zum Az. 71 IN 25/02; siehe dazu Bl. 49/50 und 54-58 der Gerichtsakten – GA -) oder sogar schon eine rechtskräftige Entscheidung vorliegt (siehe den Rechtspfleger-Beschluss des Amtsgerichts vom 06.02.2004, Bl. 59 f. GA).
Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar, § 177 SGG bzw. § 17 a Abs. 4 GVG. Angesichts der klaren gesetzlichen Regelung hat kein Anlass bestanden, die weitere Beschwerde an das Bundessozialgericht nach § 17 a Abs. 4 Satz 4 GVG zuzulassen.
Erstellt am: 16.06.2005
Zuletzt verändert am: 16.06.2005